BT-Drucksache 14/1123

Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes - Absenkung der Privatisierungspflicht und Aufhebung der Erlösabführung zum 1. Januar 2000

Vom 9. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1123
14. Wahlperiode

09. 06. 99

Antrag
der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Christa Luft, Gerhard Jüttemann,
Heidemarie Ehlert, Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS

Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes – Absenkung der Privatisierungspflicht
und Aufhebung der Erlösabführung zum 1. Januar 2000

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
einen Gesetzentwurf zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes (AHG)
mit folgenden Inhalten vorzulegen:
1. Wohnungsunternehmen, die Altschuldenhilfe, d.h. Teilentlastung nach

§ 4 AHG, in Anspruch genommen haben und fünf vom Hundert ihres
Wohnungsbestandes an Mieterinnen und Mieter bzw. an Genossen-
schaften veräußert haben, werden von der weiteren Verpflichtung zur
Wohnungsprivatisierung entbunden.

2. Wohnungsunternehmen, die diese Privatisierungsauflage bisher nicht er-
reicht haben, wird die erzielte Privatisierungsquote bei Veräußerung an
Mieterinnen und Mieter bzw. Genossenschaften gegenüber Veräuße-
rungen an Zwischenerwerber bzw. Dritte im Verhältnis 1 : 3 angerech-
net.

3. Seit 1992 durch Abriß oder Rückbau weggefallene und leerstehende
Wohnungen sowie durch Restitution belastete Wohnungen bleiben bei
der Bemessungsgrundlage außer Betracht.

4. Wohnungsunternehmen, die ihre Privatisierungsverpflichtung nach den
unter Punkt 1 bis 3 genannten Kriterien erfüllt haben, erhalten auf An-
trag sofort einen Schlußbescheid. Der Schlußbescheid wird auch dann
nicht aufgehoben, wenn sich der Wohnungsbestand oder die Wohnfläche
durch spätere Zuordnungen ehemals restitutionsbehafteter Wohnungen
erhöht.

5. Die weitere Abführung von Anteilen an den Veräußerungserlösen nach
§ 5 AHG an den Erblastentilgungsfonds wird den Wohnungsunterneh-
men unter der Maßgabe, daß die dafür vorgesehenen Mittel innerhalb
des Unternehmens zur Sanierung des verbleibenden Wohnungsbestan-
des eingesetzt werden, auf Antrag erlassen.

6. Aus den knapp 700 Mio. DM der an den Erblastentilgungsfonds bereits
abgeführten Veräußerungserlöse wird für jene Wohnungsunternehmen,
die diese Erlöse abgeführt haben, ein Fonds gebildet. Dieser Fonds ist
zweckgebunden für ein Sofortprogramm der Wohnraummodernisierung
in den Wohnungsbeständen dieser Unternehmen einzusetzen.

7. Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Entwurf so rechtzeitig vor-
zulegen, daß der parlamentarische Abschluß des Gesetzgebungsverfah-
rens noch vor Jahresende 1999 und ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2000
gewährleistet ist.

Bonn, den 8. Juni 1999
Christine Ostrowski
Dr. Christa Luft
Gerhard Jüttemann
Heidemarie Ehlert
Dr. Uwe-Jens Rössel
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung
Zielstellung der erforderlichen Novellierung des Altschuldenhilfe-Gesetzes
ist es, die Wohnungsunternehmen in Ostdeutschland von der Privatisie-
rungspflicht zu entlasten und sie in ihrer Investitionstätigkeit bei der Sanie-
rung der Wohnungsbestände zu unterstützen. Die Absenkung der Priva-
tisierungsauflage von 15 % auf 5 % sowie die Befreiung von der
Erlösabführung an den Erblastentilgungsfonds ist dazu ein richtiger, not-
wendiger und zeitgemäßer Schritt.
In den Jahren seit 1993 haben sich die über 600 Wohnungsunternehmen, die
Teilentlastungen nach dem AHG in Anspruch nehmen mußten, intensiv
bemüht, der Verpflichtung zur Veräußerung von 15 % ihrer Wohnungsbe-
stände nachzukommen.
Bis Ende 1997 wurden von den 337900 zu privatisierenden Wohnungen von
ostdeutschen Wohnungsunternehmen bereits 245000 Wohnungen ver-
äußert, im Jahr 1998 erhöhte sich diese Zahl noch einmal um rd. 30 000. Das
bedeutet eine Erfüllung der Privatisierungsauflage zu rd. 80 %. Allerdings
ist nicht einmal die Mehrzahl, sondern nur rd. ein Drittel der verkauften
Wohnungen in Mieterhand gegangen. Neben anderen Gründen liegt das dar-
an, daß hohe Arbeitslosigkeit, mangelnde Kaufkraft und soziale Sicherheit
es den Mietern nicht erlauben, ihre Wohnung zu erwerben. Bei einem Teil
der Wohnungsunternehmen leben bis zu 50 % der Mieterinnen und Mieter
von Transfer-Einkommen. Nach Einschätzung der Unternehmen finden sich
immer weniger Mieter bereit, ihre Wohnung direkt noch von Zwischener-
werbern zu erwerben. Auch die Veräußerung im Rahmen der sog. mieter-
nahen Privatisierungsformen wie Genossenschaftsgründungen oder Ab-
spaltung stößt immer mehr an Grenzen. Auch die Variante der Veräußerung
an Zwischenerwerber wird 1999 kaum noch zur Anwendung kommen, wo-
bei von ihnen wiederum auch nur ein Drittel der erworbenen Wohnungen an
Mieterinnen und Mieter weiter veräußert werden müssen.
Schon heute ist deshalb absehbar, daß ein Teil der Unternehmen die 15%ige
Privatisierungs- und Veräußerungspflicht als auch die Abführung von Erlö-
sen nicht fristgerecht bzw. nicht vollständig erfüllen kann. Diesen Tatsachen
muß man Rechnung tragen.
Deshalb sollte die Privatisierungspflicht von derzeit 15 % des maßgeblichen
Wohnungsbestandes auf 5 % abgesenkt werden, wenn diese 5 % an Miete-
rinnen und Mieter sowie Genossenschaften veräußert wurden.

Drucksache 14/1123 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Das wäre eine wesentliche Erleichterung für Wohnungsunternehmen und
Kommunen in den östlichen Bundesländern, die ihnen Planungs- und Inve-
stitionssicherheit sowie den Unternehmen langfristig Existenzsicherheit
garantieren können.
Die Streichung der Erlösabführung und die Bildung eines zweckgebunde-
nen Fonds zur Wohnraummodernisierung aus den Mitteln des Erblastentil-
gungsfonds können die Investitionskraft der Wohnungsunternehmen er-
höhen, Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft sichern und die soziale
Stadtentwicklung fördern. Eine befürchtete Ungerechtigkeit wegen Un-
gleichbehandlung von Wohnungsunternehmen, die ihre Verpflichtungen
gemäß AHG erfüllt haben, und denen, die noch keine Erlöse abgeführt haben,
muß ausgeschlossen werden.
Wohnungsunternehmen, die die Erlösabführung bereits getätigt haben, sol-
len durch die vorgesehenen Änderungen nicht schlechter gestellt werden.
Der Fonds aus den bereits abgeführten Erlösen soll ihnen deshalb in erster
Linie zur Verfügung stehen.
Die erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen für die Novellierung des
AHG sollten noch in diesem Jahr geschaffen werden, damit die Änderun-
gen zum 1. Januar 2000 wirksam werden können.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1123

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