BT-Drucksache 14/1104

Bericht über den Einsatz von chemischen Waffen gegen die kurdische Guerilla durch die türkische Armee

Vom 28. Mai 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1104
28. 05. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidi Lippmann-Kasten und der Fraktion der PDS

Bericht über den Einsatz von chemischen Waffen gegen die kurdische Guerilla
durch die türkische Armee

Die Tageszeitung Özgür Politika berichtete am 18. Mai 1999 über den Ein-
satz von chemischen Waffen gegen die Guerilla der kurdischen Befrei-
ungsarmee (ARGK). Während militärischer Auseinandersetzungen zwi-
schen der türkischen Armee und Einheiten der ARGK am 11. Mai 1999
in der Nähe des Dorfes Balikaya in der Provinz Sirnak seien durch die
türkische Armee Raketen mit chemischen Sprengköpfen eingesetzt und
dabei 20 kurdische Guerillas getötet worden.

Dies ist der Zeitungsmeldung zufolge nicht der erste Einsatz von chemi-
schen Waffen durch die türkische Armee. Zuletzt soll die türkische Ar-
mee am 6. und 7. Oktober 1998 im Gebiet der kurdischen Provinz Dersim
chemische Waffen gegen die ARGK eingesetzt haben. Drei ARGK-
Kämpfer sollen dabei getötet worden sein. Die ARGK sei im Besitz so-
wohl der Teile der angewandten chemischen Sprengköpfe als auch der
sterblichen Überreste ihrer Kämpfer, heißt es im Bericht der Zeitung.
Diese könnten jederzeit internationalen Institutionen zwecks Nachfor-
schungen zur Verfügung gestellt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Trifft nach Kenntnis der Bundesregierung die o. g. Zeitungsmeldung
über den Einsatz von chemischen Waffen durch den NATO-Staat Tür-
kei zu?

Ist die Bundesregierung gewillt, diese Meldung zu überprüfen?

Wenn nein, warum nicht?

2. Ist die Bundesregierung aufgrund ihres derzeitigen Kenntnisstandes be-
reit, außenpolitisch tätig zu werden, und wenn nein, welche Beweise
über den Einsatz von chemischen Waffen müssen der Bundesregierung
vorgelegt werden, damit sie außenpolitisch tätig wird?

3. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, nach denen die Türkei
bereits in der Vergangenheit chemische Waffen gegen kurdische Zivil-
bevölkerung bzw. gegen die kurdische Guerilla eingesetzt hat?

Wenn ja,

— wann und wo wurden diese chemischen Waffen eingesetzt,

— wurde die türkische Regierung um Stellungnahme gebeten,

— wurden seitens der Bundesregierung Nachforschungen eingeleitet,

— in welchem Land wurden die chemischen Waffen hergestellt?

4. Ist die Bundesregierung willens,

a) Nachforschungen bezüglich des Einsatzes von chemischen Waffen
durch den NATO-Partner Türkei einzuleiten,

b) mit anderen Unterzeichnerstaaten des Genfer Protokolls von 1925
und der Genfer Konvention 1972 zur Ächtung von chemischen
Waffen die notwendigen in den internationalen Abkommen vorge-
sehenen Mechanismen einzusetzen,

c) andere als bei b) genannte außerordentliche Maßnahmen zu er-
greifen,

d) die oben genannten Beweise der ARGK über den Einsatz von che-
mischen Waffen in die Nachforschungen einzubeziehen?

5. Ergibt sich für das NATO-Land Bundesrepublik Deutschland nicht die
Verpflichtung, den eventuellen Einsatz chemischer Waffen und den
Verstoß gegen völkerrechtliche Grundsätze durch einen NATO-Part-
ner zu überprüfen und zu kontrollieren?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wird die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Rolle deutscher
Firmen bei dem irakischen Giftgas-Angriff auf die kurdische Bevölke-
rung in Halabja im Jahre 1988 prüfen, ob deutsche Firmen durch Mate-
riallieferung oder auf andereWeise in die Fertigung chemischer Kampf-
stoffe, die möglicherweise durch die türkische Armee eingesetzt wur-
den, verwickelt sind?

7. Welche außenpolitischen Konsequenzen hat die alte bzw. neue Bundes-
regierung bisher bei welchen Ländern, die chemische Waffen eingesetzt
hatten, eingeleitet?

Bonn, den 18. Mai 1999

Ulla Jelpke
Heidi Lippmann-Kasten
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 14/1104 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

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