BT-Drucksache 14/1094

Feststellung der Identität von Flüchtlingen zwecks Abschiebung in den Libanon

Vom 27. Mai 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1094
27. 05. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Feststellung der Identität von Flüchtlingen zwecks Abschiebung in den Libanon

Nach Berichten libanesischer Flüchtlinge, die sich an das „Südbadische
Aktionsbündnis gegen Abschiebungen“ (SAGA) gewandt haben, werden
von der Deutschen Botschaft im Libanon in letzter Zeit örtliche Rechts-
anwälte, Regierungsvertreter und libanesische Polizei um Ermittlungen
gebeten, um die Identität von hier lebenden libanesischen Flüchtlingen zu
„klären“. Mit den so beschafften Informationen, so die Aussagen der liba-
nesischen Flüchtlinge gegenüber SAGA, sollen Rückreisepapiere be-
schafft und die Flüchtlinge zur Ausreise gezwungen werden. Um die du-
biosen „Ermittlungen“ zu erleichtern, sollen nach Angaben der SAGA
die Ausländerbehörden dazu übergehen, von libanesischen Flüchtlingen
Formulare mit Fotos zu verlangen, um mit Hilfe der Fotos leichter „er-
mitteln“ zu können.

Bisher vertrat die Libanesische Botschaft in Bonn in solchen Fällen die
Ansicht, daß bei fehlenden Identitätspapieren eine Abschiebung in den
Libanon nicht erfolgen kann. Eine Überprüfung der Identität dauere un-
überschaubare Zeit, eine Beschaffung der Rückreisepapiere könne nicht
erfolgen. In den meisten Fällen wurde deshalb für libanesische Flücht-
linge, die während des Bürgerkrieges hierhin geflohen waren und deren
Identität nicht aufzuklären war, eine Duldung ausgesprochen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung die Deutsche Botschaft im Libanon angewie-
sen, auf die oben beschriebene Weise, d. h. durch Einschaltung libane-
sischer Polizei, Regierungsvertreter oder anderer libanesischer Stellen
die Identität von hier lebenden libanesischen Flüchtlingen aufzuklären?

Wenn ja, wie genau lauten die Anweisungen an die Botschaft?

2. Erfolgte diese Anweisung ggf. auf eigene Initiative des Auswärtigen
Amtes oder gab es entsprechende Ersuchen durch Innenbehörden des
Bundes oder eines Bundeslandes?

Wenn ja, auf wessen Ersuchen?

3. Entspricht es nach Ansicht der Bundesregierung diplomatischen Ge-
pflogenheiten, auf die oben beschriebene Weise die diplomatischen
Vertretungen anderer Länder zu umgehen bzw. deren amtliche Stel-
lungnahmen zu ignorieren?

Wenn ja, in welchen anderen Fällen ist vergleichbar verfahren worden?

Wenn nein, wird die Bundesregierung die Deutsche Botschaft im Liba-
non anweisen, solche Aktivitäten einzustellen?

4. Wie viele libanesische Bürgerkriegsflüchtlinge leben in der Bundesre-
publik Deutschland, wie viele davon werden im Augenblick wegen feh-
lender Identitätspapiere geduldet?

5. Welche Mittel werden nach Kenntnis der Bundesregierung gegenüber
den hier geduldeten libanesischen Bürgerkriegsflüchtlingen angewandt,
um ihre Mitwirkung (Bereitstellung von Fotos usw.) bei solchen Ermitt-
lungen zu erreichen?

Bonn, den 19. Mai 1999

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 14/1094 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

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