BT-Drucksache 14/1011

Ausbildung, Qualifizierung und Arbeit für junge Menschen

Vom 6. Mai 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/1011 vom 06.05.1999

Antrag der Fraktion der CDU/CSU Ausbildung, Qualifizierung und Arbeit
für junge Menschen =

06.05.1999 - 1011

14/1011

Antrag
der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Dr. Maria Böhmer, Karl-Josef
Laumann, Rainer Eppelmann, Klaus Hofbauer, Dr.-Ing. Rainer Jork, Heinz
Wiese (Ehingen), Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Julius Louven,
Wolfgang Meckelburg, Claudia Nolte, Franz-Xaver Romer, Heinz Schemken,
Johannes Singhammer, Andreas Storm, Thomas Strobl, Peter Weiß
(Emmendingen) und der Fraktion der CDU/CSU
Ausbildung, Qualifizierung und Arbeit für junge Menschen

Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Ausbildung ist der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit
Eines der wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Ziele ist es,
jedem jungen Menschen sowohl nach dem Beenden der Schulzeit eine
Ausbildung als auch danach den Einstieg in das Berufsleben zu
ermöglichen. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sich
nicht auf Maßnahmen der Arbeitsmarkt- oder Sozialpolitik beschränken
darf. Die Maßnahmen müssen aus Steuermitteln und nicht aus
Beitragsmitteln der Bundesanstalt für Arbeit finanziert werden.
Angesichts der wirtschaftlichen Lage in den neuen Bundesländern ist die
besondere Situation dort angemessen zu berücksichtigten.
Sowohl die große Zahl junger Menschen ohne Schulabschluß als auch die
weiter steigende Zahl der Schulabgänger veranschaulichen die
Notwendigkeit des Konsenses für die Zukunft junger Menschen in
Deutschland.
Obgleich auch in Deutschland die Jugendarbeitslosigkeit infolge der
allgemein schwierigen Arbeitsmarktlage und ihrer Auswirkungen auf das
Angebot von Ausbildungsplätzen gestiegen ist, gehört Deutschland im
Vergleich zu den Mitgliedstaaten der EU und auch der OECD zu den
Ländern mit der niedrigsten Jugendarbeitslosigkeit. Dies kann jedoch
nicht genügen. Deshalb hat die Schaffung von Ausbildungs-,
Qualifizierungs- und Arbeitsplätzen höchste Priorität.
Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hängt u. a. von gut
qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab. Der Bedarf an
qualifizierten Arbeitskräften wird in der Zukunft steigen. Daher ist
mehr Grundlagenbildung, weniger Spezialisierung und mehr
Wahlmöglichkeiten sowie die Schaffung von mehr Schnittstellen zwischen
den verschiedenen Ausbildungen erforderlich.
Eine gute Ausbildung ist mehr denn je der beste Schutz gegen
Arbeitslosigkeit. Zwischen 1990 und 2010 wird sich nach der Berechnung
des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt
für Arbeit der Bedarf an Personen ohne abgeschlossene Ausbildung bis
auf 10 bis 13 % aller Erwerbstätigen halbieren. Der Bedarf an
qualifizierten Erwerbstätigen wird in diesem Zeitraum ständig
ansteigen. Fundierte fachliche Kompetenz und Berufserfahrung sind dabei
entscheidende Faktoren für die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Neben
diesen fachlichen Qualifikationen gewinnen soziale Kompetenzen, wie
Flexibilität, Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft und selbständiges
Handeln, immer mehr an Bedeutung. Die Anforderungen an die Ausbildung
nehmen zu. Auf diese Anforderungen muß reagiert werden, wobei das Ziel,
einen Ausbildungsplatz im dualen System zu erhalten, im Vordergrund
stehen muß.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, folgende
Maßnahmen zu ergreifen:
1. Verbesserung der Schulausbildung
Die Grundlagen für die spätere berufliche Tätigkeit werden in der
Schule vermittelt. Deshalb sind besondere Anforderungen an die Qualität
der schulischen Bildung zu stellen. Die Länder sind aufgefordert, die
Praxisbezogenheit und das Leistungsniveau der Schulbildung zu stärken.
Frühzeitig ist den Jugendlichen durch Praxiskontakte eine lebensnahe
Vorstellung von Berufen und Arbeitsinhalten zu vermitteln, damit
realistische eigene Berufswünsche entwickelt werden können. Die Schulen
müssen den Jugendlichen eine aktive Orientierung über
Berufswirklichkeit und Chancen sowohl im gewerblich-technischen als
auch im kaufmännische Bereich bieten. In diese Orientierung müssen
ebenso die Perspektiven einer universitären Ausbildung mit einbezogen
werden. Zur besseren Vermittlung der Betriebswirklichkeit muß den
Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit der Absolvierung von
Betriebspraktika gegeben werden. In der Hauptschule sind die Schüler so
weit zu qualifizieren, daß der Übergang in die Berufsbildung nahtlos
erfolgen kann.
Um den Übergang von der Schule in ein Ausbildungsverhältnis zu
verbessern, müssen bereits in der Schule die für die Ausbildung
erforderlichen Grundkenntnisse und -fähigkeiten vermittelt werden, so
daß möglichst alle Schülerinnen und Schüler die Ausbildungsfähigkeit
für die berufliche Bildung erreichen. Dabei sind auch die positiven
Aspekte ehrenamtlichen Engagements, das qualifizierende Wirkung hat und
Brücke in reguläre Beschäftigung sein kann, darzustellen.
Schulen mit einem hohen Anteil nicht deutschsprachiger Kinder müssen
personell und finanziell besser ausgestattet werden, um allen Schülern
die gleichen Startchancen zu vermitteln und um das gleiche
Leistungsniveau wie andere Schulen erreichen zu können. Dabei leistet
der Deutschunterricht an Grund- und Hauptschulen einen entscheidenden
Beitrag zur Integration der ausländischen Kinder. Wichtig ist dabei
auch die ganztägige Hauptschulförderung und ergänzende
Hausaufgabenhilfe sowie Sprach- und Lernhilfen.
2. Besondere Förderung von lernschwächeren Schülerinnen und Schülern
Es ist nicht hinnehmbar, daß 10 bis 15 % eines
Schulentlassungsjahrganges, also ca. 60 000 Jugendliche jährlich, nicht
ausbildungsfähig sind. Diesen jungen Menschen müssen besondere
Anstrengungen gelten, um sie für die Berufsausbildung zu qualifizieren.
Ein qualifizierter Schulabschluß ist auch für lernschwache oder
benachteiligte Jugendliche unverzichtbar. Sie müssen die spezifisch
notwendige Förderung erhalten; Analphabetismus muß gezielt bekämpft
werden.
Schülerinnen und Schüler benötigen eine ausreichende vorberufliche
Bildung, die sie zu einer qualifizierten Berufswahl befähigt. Bei der
Erstausbildung muß eine Konzentration auf allgemein verwendbare
Qualifikationen erfolgen, um die Chancen für einen späteren
Berufswechsel zu verbessern. Die in allgemeinbildenden Schulen
vermittelte Ausgangsqualität muß deshalb verbessert und mit einem
aussagekräftigen Zeugnis nachgewiesen werden.
Die größten Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind für Personen ohne
formellen Ausbildungsabschluß zu erwarten. Ausbildungsbetrieben, die
für diesen Personenkreis Ausbildungsstellen bereitstellen, werden
besondere Zuschüsse gezahlt. Zur Förderung von Lernschwächeren und
Benachteiligten müssen Ausbildungsangebote eröffnet werden, die ihren
spezifischen Fähigkeiten und Möglichkeiten entgegenkommen. Geeignete
Maßnahmen sind z. B. die Verstärkung der Benachteiligtenförderung, der
ausbildungsbegleitenden Hilfen und die Differenzierung der
Ausbildungsangebote.
Um auch lernschwächeren, aber praxisorientierten Jugendlichen den
Zugang zu einem Beruf überhaupt zu ermöglichen, sind
teilqualifizierende Ausbildungslehrgänge anzubieten, die eine
berufliche Arbeit unterhalb eines Facharbeiters ermöglichen und
jederzeit ausbaufähig sind. Angesichts der unterschiedlichen Vorbildung
der Lehrlinge und des Bedarfs in der Wirtschaft sind darauf bezogene
differenzierte Ausbildungs- und Berufsbilder zu gestalten.
Für junge Menschen mit Lernschwächen müssen auch Plätze in
Berufsförderungswerken mit Internatsunterbringung zur Verfügung
gestellt werden. Die überbetriebliche Ausbildung muß durch lange
Praktika in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes ergänzt werden.
Lernbehinderten Menschen muß durch besondere Maßnahmen die
Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht werden.
Das Programm "Arbeit und Qualifizierung für junge Menschen (AQJ)", das
sich insbesondere an Jugendliche ohne Hauptschulabschluß wendet, ist
bundesweit anzuwenden. Es sieht vor, daß letztlich jeder Schulabgänger
wenigstens einen Praktikantenplatz mit einem monatlichen Nettoeinkommen
von rd. 500 DM bei gleichzeitiger Qualifizierung erhält.
3. Verbesserung des Ausbildungsangebots und der Ausbildung
Ausbildung und Weiterbildung jugendlicher Arbeitsloser werden nur bei
enger Verbindung mit dem Arbeitsmarkt möglich sein. Notwendig ist eine
Dezentralisierung und Regionalisierung sowie eine enge Zusammenarbeit
mit den Unternehmen und Betrieben vor Ort. Nur eine so am Arbeitsmarkt
orientierte Ausbildungspolitik ist in der Lage, die Arbeitslosigkeit
junger Menschen zu verringern. Die Stärkung der regionalen
Verantwortung bietet auch die Chance, daß die Arbeitslosen nicht
unpersönlich und anonym in Arbeitsämter abgeschoben werden, sondern
durch soziale Kontakte vor Ort aufgefangen werden. Die Handwerkskammern
müssen in diesen Prozeß eingebunden werden, wobei zu überprüfen ist,
inwieweit die Handwerkskammern wegen dieser Aufgabenerfüllung
förderungswürdig sind.
Subsidiär sowie zumindest temporär und regionalspezifisch ist die
Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze durch einen Ausbau der
vollschulischen Berufsfachschulen, die Einrichtung von
Ausbildungsgängen in schulischer Trägerschaft und die Ausbildung im
Verbund, die in Kooperation mit den beruflichen Schulen erfolgen
sollen, zu unterstützen. Voraussetzung ist, daß sie mit Prüfungen nach
dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) abschließen. Statt unproduktiver
Warteschleifen ist mehr qualitativ hochwertige Ausbildung notwendig.
Das Berufsbildungsjahr sollte in allen Bundesländern auf die
betriebliche Ausbildungszeit in vollem Umfang angerechnet werden. Die
weitere Verschulung ist durch die Schaffung neuer, an dem spezifischen
Bedarf der Betriebe orientierter Berufsbilder zu vermeiden.
Die Bewerbungstermine und -modalitäten der einzelnen Bundesländer sind
so aufeinander abzustimmen, daß Mehrfachbewerbungen um
Ausbildungsplätze unnötig werden. Diese Zielsetzung ist durch geeignete
organisatorische Fixierungen zu befördern.
Investitionshilfen und Vergaberichtlinien sind am Ziel der Schaffung
betrieblicher Lehrstellen zu orientieren.
4. Verbesserung der Bildungsberatung
Die Bildungsberatung muß intensiviert werden. Dabei sollte klargestellt
werden, daß berufliche Bildung keine Rang- und Wertigkeitsskala zu
scheuen braucht und daß ein beruflicher Abschluß zugleich Anschluß an
vielfältige Bildungsmöglichkeiten und angesehenen Status ist. In diesem
Sinne muß die Information bzw. Beratung über den eigenständigen und
erfolgversprechenden Weg der beruflichen Bildung gestärkt werden. In
die Berufsberatung müssen in verstärktem Maße auch die Eltern, in
besonderer Weise aber auch die Handwerkskammern einbezogen werden.
Viele Jugendliche sind verunsichert, ob ihre Berufsideale erfüllt und
ihre Qualifikationen und Leistungen später, in der Realität der
Arbeitswelt, anerkannt oder überhaupt gebraucht werden. Die
beispielsweise in Bayern praktizierten Berufswahltage sind ein
geeigneter Weg, um den Jugendlichen Perspektiven für den weiteren
beruflichen Werdegang aufzuzeigen. An den Berufswahltagen haben Schüler
oder Schulabsolventen die Möglichkeit, sich über die Vielfalt der 375
Ausbildungsberufe zu informieren. Durch die Mitwirkung von Schule,
Arbeitsverwaltung und regionaler Wirtschaft wird die Vermittlung von
jugendlichen Arbeitslosen in zukunftsorientierte Ausbildungsplätze
verbessert.
5. Eigenverantwortung der jungen Menschen stärken - Mobilität fördern
Ziel muß es sein, allen arbeitslosen Jugendlichen einen Ausbildungs-,
Qualifizierungs- oder Beschäftigungsplatz bereitzustellen. Auch die
jeweiligen Kommunen sind aufgefordert, den jungen Menschen eine
berufliche Perspektive aufzuzeigen. Dazu gehört der Grundsatz, daß
derjenige, der eine Leistung von der Allgemeinheit erhält, eine
Gegenleistung erbringen muß. Überall dort, wo dieses Verständnis
verloren gegangen ist, müssen mit schulischen und sozialpädagogischen
Mitteln diese Kenntnisse vermittelt werden. Dazu gehört auch in Zukunft
die mögliche Kürzung oder Streichung aller staatlichen Unterstützung.
Das Angebot an Ausbildungsplätzen ist regional sowohl hinsichtlich der
Ausbildungsberufe als auch der Zahl der Ausbildungsplätze höchst
unterschiedlich. Ausbildungsbereite Jugendliche müssen daher oft lange
Fahrzeiten oder einen Wohnungswechsel in Kauf nehmen, um den
gewünschten oder überhaupt einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Hier
müssen finanzielle und soziale Unterstützungsleistung in Form von
Mobilitätsbeihilfen und Betreuungsangeboten an diejenigen Jugendlichen
erbracht werden, die zur Aufnahme einer Ausbildung einen
Wohnungswechsel vornehmen. Notwendig sind intelligente
Mobilitätsbeihilfen, die derart ausgestaltet sind, daß sie einen Anreiz
zur Rückkehr der Jugendlichen in ihre Heimatregion bieten.
6. Verzahnung von Betrieb und Berufsschule gewährleisten
Betrieb und Berufsschule dürfen nicht länger als unverbundene Bereiche
nebeneinander agieren. Die gegenseitige Nutzung der technischen
Infrastrukturen von Ausbildungsbetrieben, überbetrieblichen
Lernwerkstätten sowie Berufsschulen muß selbstverständlich werden.
Durch die wachsende Bedeutung von Schlüsselqualifikationen erhalten die
allgemeinbildenden Fächer und die überbetrieblichen Unterrichtsinhalte
einen zentralen Stellenwert.
Bei der Erarbeitung von Ausbildungsordnungen ist dem Wunsch nach
möglichst langer Anwesenheit der Auszubildenden im Betrieb bzw. der
Notwendigkeit, immer mehr theoretisches Wissen zu erlangen,
berufsspezifisch Rechnung zu tragen. Der Berufsschulunterricht ist
daher flexibel zu handhaben, wobei allerdings sichergestellt werden
muß, daß gemäß der Empfehlung der Kultusministerkonferenz in allen
Bundesländern mindestens zwölf Wochenstunden Unterricht stattfinden.
7. Modernisierung der Berufsbilder fortsetzen
Die Schaffung neuer Ausbildungsberufe sowie die Aktualisierung
bestehender Ausbildungsberufe sind wichtige Maßnahmen zur Schaffung
weiterer Ausbildungsplätze. Die alte Bundesregierung hatte 1997 das
"Reformprojekt Berufliche Bildung - Flexible Strukturen und moderne
Berufe" gestartet. Mit den Sozialpartnern wurde vereinbart, bestehende
Berufe schneller zu modernisieren und neue Ausbildungsberufe zügiger zu
entwickeln. Bis 1998 wurden 75 Berufe modernisiert und 34 neue
Ausbildungsberufe geschaffen. Die Bundesregierung wird aufgefordert,
dieses Reformprojekt weiter zu verfolgen.
Die Modernisierung der Berufsbilder muß weiter kontinuierlich
vorangetrieben werden, um den Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften
zu decken. Dabei müssen die Berufsbilder grundsätzlich im Zusammenhang
neu geordnet und von vornherein Schnittstellen zu anderen Berufsfeldern
eröffnet werden. Die Neuordnung sollte nach einem einheitlichen Schema
geordnet werden: Schlüssel-, Kern- und Fachqualifikationen. Die
wachsende Differenzierung der Produkte und Dienstleistungen erfordert
Flexibilität hinsichtlich der Produktionsstrukturen, des
Technikeinsatzes, der Arbeitsorganisation und damit auch der
Berufsfelder im Rahmen bestehender und neuer Berufe. Den Betrieben soll
für entsprechende Anpassungen mehr Raum gegeben werden. Wichtig ist es
dabei, die Ausbildungsordnungen so zu formulieren, daß sie dynamisch an
branchenspezifische und betriebliche Entwicklungen angepaßt werden
können.
Grundsätzlich sollen auch Teilqualifikationen attestiert werden. Nach
dem Abschluß der Ausbildung sollten die Kern- und Fachqualifikationen
Bestandteil der Weiterbildung sein.
8. Ausbildungsfähigkeit der Betriebe stärken
Die Ausbildungsfähigkeit kleiner und mittlerer Betriebe muß gestärkt
werden. Das Konzept "Ausbilden im Verbund" zielt auf die Einbeziehung
von Betrieben zur verstärkten Ausbildung, die sich bisher aus
inhaltlichen, organisatorischen, personellen oder finanziellen Gründen
nicht in der Lage sahen, sich an der Ausbildung zu beteiligen.
Die Verbundlösung ist ein sinnvolles Instrument zur Gewinnung
zusätzlicher Ausbildungsplätze. Sie ist eine Form der Berufsausbildung
im dualen System, die kleinen und mittleren, oft spezialisierten
Betrieben einen Weg eröffnet, ihr eigenes Fachpersonal auszubilden.
Verbundausbildung ist eine der technischen und wirtschaftlichen
Entwicklungen adäquate Form der betrieblichen Ausbildung. Nicht alle
Betriebe können die in den Ausbildungsordnungen geforderte
Ausbildungsleistung komplett erbringen, da sie zu klein, zu
spezialisiert sind oder kein Ausbildungspersonal haben. Im Verbund
können jedoch neue Ausbildungsplätze durch die Nutzung brachliegender
(Teil-)Kapazitäten geschaffen werden. Diese Möglichkeiten gilt es, im
stärkerem Umfang als bisher zu nutzen.
Die bislang noch geringe Beteiligung ausländischer Selbständiger an der
Berufsausbildung muß erhöht werden.
Eine Ausbildungsplatzabgabe für nicht ausbildende Betriebe zur
Schaffung von mehr Ausbildungsstellen ist gänzlich ungeeignet und daher
abzulehnen. Eine solche Zwangsabgabe schafft erheblichen bürokratischen
Aufwand, und nicht ausbildende Betriebe würden sich leicht aus der
Verantwortung freikaufen. Positiv zu beurteilen und in der Praxis
bewährt sind dagegen freiwillige tarifvertragliche Regelungen zur
Förderung der Ausbildungsbereitschaft, wie z. B. in der Bauwirtschaft.
Es ist nicht sinnvoll, einerseits durch Zuschüsse aus öffentlichen
Mitteln betriebliche Lehrstellen zu fördern, andererseits aber einen
Teil dieser Mittel durch Steuern wieder abzuschöpfen. Von der
öffentlichen Hand gezahlte Zuschüsse für Ausbildungsplätze sind daher
steuerfrei zu stellen.
9. Europa als Chance ergreifen
Die Qualität und die inhaltliche Gestaltung der beruflichen Ausbildung
muß auch im Hinblick auf die wachsende Europäisierung ausgebaut werden.
Die Berufsberatung soll über die deutschen Grenzen hinweg ausgebaut
werden. Für die Schülerinnen und Schüler muß vermehrt
Mehrsprachlichkeit angestrebt werden.
Die Mobilität und Entwicklung der europäischen Dimension in allen
Bildungsbereichen muß weiter gefördert werden. Wichtig ist die
nachhaltige Verstärkung der Bildungszusammenarbeit, wie sie im EU-
Bildungs- und Jugendprogramm SOKRATES festgelegt ist. Durch das
SOKRATES-Programm konnten 1996/97 rd. 15 000 deutsche Studierende, 4
000 Jugendliche, 1 700 Lehrer, 500 Schulen sowie außer- und
überbetriebliche Berufsbildungseinrichtungen und Betriebe Fördermittel
für Mobilitäts- und Austauschmaßnahmen, Gemeinschaftsprojekte und
Schulpartnerschaften erhalten.
Bonn, den 6. Mai 1999
Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Maria Böhmer
Karl-Josef Laumann
Rainer Eppelmann
Klaus Hofbauer
Dr.-Ing. Rainer Jork
Heinz Wiese (Ehingen)
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Julius Louven
Wolfgang Meckelburg
Claudia Nolte
Franz-Xaver Romer
Heinz Schemken
Johannes Singhammer
Andreas Storm
Thomas Strobl
Peter Weiß (Emmendingen)
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

06.05.1999 nnnn

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