Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2016, Az. AK 63/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 602

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:151216BAK63.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 63-65/16
vom
15. Dezember 2016
in dem Ermittlungsverfahren
gegen

1.

2.

3.

wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland
u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie der Beschuldigten und ihrer Verteidiger am 15.
Dezember 2016 gemäß §§ 121, 122 [X.] beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesge-richtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemei-nen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
I.
Die Beschuldigten wurden am 2. Juni 2016 festgenommen und befinden sich seitdem aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungsrichters des [X.] vom 1. Juni 2016 -
2 [X.] 355/16 betreffend den Beschuldigten [X.]

, 2 [X.] 354/16 betreffend den Beschuldigten B.

und 2 [X.] 353/16 betreffend den Beschuldigten

[X.]

-
in Untersuchungshaft.
Gegenstand der Haftbefehle ist im Wesentlichen der Vorwurf, die [X.] hätten sich als Mitglieder ([X.]

und

[X.]

) an der Grup-pierung "[X.]" (im Folgenden: [X.]) und damit an einer außereuro-päischen terroristischen Vereinigung beteiligt, deren Zwecke und deren [X.] darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) so-1
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-
wie gemeingefährliche Straftaten in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 4 StGB und Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen zu begehen, bzw. diese Vereinigung unterstützt (B.

) und sich zugleich mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen (Mord, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und vorsätzlicher unerlaubter Erwerb der tatsächli-chen Gewalt über eine
Kriegswaffe) zu begehen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4 (im Hinblick auf B.

außerdem Abs. 5 Satz 1), § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, §§ 211, 308 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 2, § 52 StGB, § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 22a Abs. 1 Nr. 2 KWKG
i.[X.]. Nr. 29c der [X.]. In tatsächlicher Hinsicht wird den Beschuldigten zur Last gelegt:
[X.]

habe gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten [X.]

seit April 2014 im Auftrag einer Führungsperson des [X.] in [X.], [X.] und
[X.] einen Plan zur Ausführung eines Sprengstoffanschlags in [X.] erarbeitet und spätestens im Januar 2016 mit B.

vereinbart, dass dieser sich an dem Anschlag beteilige.

[X.]

sei im Oktober 2014 im Auftrag einer Führungsperson des [X.] als Angehöriger einer sog. Schläferzelle nach [X.] gereist, um sich an dem in [X.] geplanten terroristischen Anschlag zu beteiligen, und habe Ende Januar 2016 mit dem Mitbeschuldigten [X.]

ein Treffen für den 10. Februar 2016 in [X.] vereinbart, um [X.] mit ihm weitere Einzelheiten der Tatausführung zu besprechen.
Dem Beschuldigten

[X.]

wird darüber hinaus vorgeworfen, sich seit dem [X.] in [X.] durch eine weitere selbständige Handlung als Mitglied an der Gruppierung "[X.] [X.]" (im Folgenden: [X.]) und damit an einer außereuropäischen terroristischen Vereinigung, de-ren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen, beteiligt und zugleich durch die Herstel-3
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lung von Sprengvorrichtungen, die zum Einsatz bei bewaffneten Ausein-andersetzungen und Anschlägen auf syrische Soldaten bestimmt gewesen [X.], eine schwere st[X.]tsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben, strafbar gemäß
§ 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, Abs. 4 Satz 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, §§ 52, 53 StGB.
II.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Die Beschuldigten sind der ihnen in den Haftbefehlen zur Last geleg-ten Taten dringend verdächtig.
a) Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
[X.]) Die Vereinigungen [X.] und [X.]
(1) Der [X.] ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islami-scher Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die historische Region "ash-Sham" -
die heutigen St[X.]ten [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] -
umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesst[X.]t" zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im [X.] sowie das Regime des [X.] Präsidenten
[X.] zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchte-5
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rung durch Gewaltakte sieht die Vereinigung als legitimes Mittel des Kampfes an.
Die Organisation geht zurück auf die als "[X.] im [X.] ([X.])" bekannt gewordene, von [X.] al-Zarqawi geführte Gruppierung "[X.] fi Bilad [X.]" ("Organisation der Basis des [X.] im [X.]") und deren
Vorgängerorganisationen. Nach Leistung des Treueids auf [X.] bin Laden und dessen "[X.]" ernannte [X.] im Dezember 2005 zu seinem Stellvertreter im [X.].
[X.] schloss sich die Vereinigung mit anderen Gruppierungen unter der
Dachorganisation "[X.] der [X.] im [X.]" zusam-men, aus der nach dem Tod [X.] im Juni 2006 der "Islamische St[X.]t im [X.]" ([X.]I) unter der Führung von [X.] hervorging. Nachdem die-ser im Frühjahr 2010 bei einer [X.] getötet worden war, übernahm [X.] die Führung des [X.]I und griff ab dem [X.] -
einem Aufruf des Anführers der [X.], [X.], folgend -
in den [X.] Bürgerkrieg ein, indem er Kämpfer dorthin entsandte.
Ende 2011 hatten sich die in [X.] agierenden, überwiegend [X.] Kämpfer unter der Führung des im [X.] kampferprobten [X.] zu der terroristischen Vereinigung [X.] zusammenge-schlossen, die von [X.] als dem [X.]I unterstehende Regionalorga-nisation vorgesehen war. Um seinen Führungsanspruch zu dokumentieren, verkündete er im April 2013 den Zusammenschluss von [X.]I und [X.] zur Organisation "[X.] [X.] und Großsyrien" (im Folgenden: [X.]IG). [X.] lehnte diesen Zusammenschluss in der Folgezeit ab, betonte die Eigenständigkeit der [X.] und legte den Treueid auf [X.] 10
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der Kern-[X.], [X.], ab. Seitdem fungiert die [X.] als Regionalorganisation von [X.] in [X.].
In der Folgezeit setzte sich der von [X.] befehligte [X.]IG mit eige-nen Kämpfern in [X.] fest und erhielt als radikalere Organisation vielfach Zu-lauf von [X.] anderer Organisationen, auch der [X.]. Nachdem ein [X.] der
[X.]-Führung erfolglos geblieben war, kam es Anfang des Jahres 2014 zum Bruch [X.]s sowohl mit [X.] als auch mit der [X.], der im April 2014 mit einer öffentlichen Lossagung des [X.]IG vom [X.]-Netzwerk bestätigt wurde.
Dem [X.]IG gelang es, sich in einigen Regionen [X.] als Ord-nungsmacht festzusetzen. Aus dem Kampf gegen das [X.]-Regime zog sich die Organisation in der Folge weitgehend zurück und konzentrierte sich auf die Machterhaltung in den von ihr beherrschten Gebieten. Angehörige anderer [X.] sowie Teile der Zivilbevölkerung, die den Herrschaftsan-spruch des [X.]IG in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrich-tung ausgesetzt. Im August 2013 kam es bei Operationen mehrerer Gruppen in der [X.] unter der Führung des [X.]IG zu Massakern unter der regie-rungstreuen alawitischen Zivilbevölkerung, denen 190 Menschen zum Opfer fielen; weitere ca. 200 wurden entführt. Unter den [X.] Oppositionsgrup-pen ist die Organisation wegen des von
ihr eingeschlagenen Weges zwischen-zeitlich isoliert; teils im offenen Kampf gegen den [X.]IG haben andere Gruppie-rungen in einigen Regionen wieder die Oberhand gewonnen. Auch [X.] distanzierte sich Mitte Mai 2014 ausdrücklich vom Vorgehen des [X.]IG.
Wegen der Parteinahme der [X.] "[X.]" für das [X.]-Regime verübte der [X.]IG ferner am 2. Januar 2014 einen Bombenanschlag in einem schiitischen Wohngebiet von [X.], der vier Menschen tötete und 77 13
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verletzte. Daneben kam es zu weiteren Aktionen im [X.], so zu dem Überfall auf die Gefängnisse in [X.] und [X.] am 22. Juli 2013 sowie einem Selbstmordanschlag in [X.] am 29. September 2013 mit jeweils mehreren
Todesopfern.
In der Folge verlagerte der [X.]IG seine Aktivitäten zunehmend in den [X.], wo es ihm Anfang Juni 2014 unter anderem gelang, die Stadt [X.] unter [X.] zu bringen.
Die Führung des [X.]IG bestand aus [X.], dem "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche unterstellt waren, so
ein "[X.]" und ein "Propagandaminister". Der Führungsebene [X.] waren beratende "[X.]" sowie "Gerichte", die über die Einhaltung der Regeln der Sharia wachten. Veröffentlichungen wurden in der [X.]" produziert und über die Medienstelle "al-I'tisam" verbreitet. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.] aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah -
Rasul -
Muhammad", auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islami-schen Glaubensbekenntnis. Die etwa 10.000 Kämpfer -
im Kern sunnitische Teile der ehemaligen [X.] von [X.] -
waren dem "[X.]" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
Im Juni 2014 rief der offizielle Sprecher des [X.]IG das "Kalifat" aus und erklärte [X.] zum "Kalifen", dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Zugleich wurde die Umbenennung des [X.]IG in "[X.]" ([X.]) verkündet. Dadurch verdeutlichte die Vereinigung -
bei Beibehaltung der bisherigen ideologischen Ausrichtung -
eine Abkehr von der regionalen Selbstbeschränkung auf ein "Großsyrien" und erhob einen Führungs-
und Herr-16
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schaftsanspruch in Bezug auf das gesamte "[X.]". Zugleich einge-leitete organisatorische Veränderungen, so die Bildung von "Räten" für [X.], die Einteilung der besetzten Gebiete in [X.] und die Ein-richtung eines [X.] zielen auf die Schaffung totalitärer st[X.]tlicher Strukturen.
(2) Ziel der [X.] ist nach wie vor der Sturz des [X.]-Regimes in [X.], das sie durch einen [X.] St[X.]t auf der Grundlage ihrer eigenen Interpretation der Sharia ersetzen will. Darüber hinaus erstrebt sie die "Befreiung" des historischen Großsyrien, das heißt [X.]s einschließlich von Teilen der südlichen [X.], des [X.]s, [X.]s, [X.] und der [X.]. Diese Ziele verfolgt die [X.] mittels militä-rischer Operationen, aber auch durch Sprengstoffanschläge, Selbstmordatten-tate, Entführungen sowie gezielte Tötungen von Angehörigen des [X.] Militär-
und [X.]. Insgesamt werden der Gruppierung allein bis Ende 2014 mehr als 1.500 Anschläge zugerechnet, bei denen mindestens 8.700 Menschen getötet wurden. So hat sich die [X.] auch zu meh-reren Selbstmordanschlägen auf Angehörige der [X.] Armee am 14. April 2014 und am 25. Mai 2014 mittels mit Sprengstoff beladener Fahrzeuge [X.].
Die [X.] ist militärisch-hierarchisch organisiert. Ihr Anführer ist weiterhin [X.], dem ein aus fünf bis sechs Personen gebildeter [X.] zugeordnet ist. Unterhalb dieser Führungsebene stehen die Kommandeure der kämpfenden Einheiten, die ihrerseits untergliedert sind in die vor Ort agierenden Kampfgruppen. Die Zahl der Kämpfer der [X.] wird derzeit auf 4.000 bis 6.000 geschätzt. Ihre militärische Ausbildung erhalten diese in einem verzweigten Netz von Trainingslagern. Daneben gibt es 19
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Hinweise auf sogenannte "[X.]" in den von der [X.] kontrollierten Gebieten, die religiöse Angelegenheiten regeln und den Aufbau eines eigenen Justiz-
und [X.] vorantreiben. Für ihre Öffent-lichkeitsarbeit bedient sich die [X.] der eigenen Medienstelle "[X.]" ("Der weiße Leuchtturm"), über die sie im [X.], Operationsberichte und Anschlagsvideos verbreitet. Darüber hinaus unterhält sie ein Netzwerk von "Korrespondenten" in [X.], die ihre Berichte über Twitter-Kanäle veröffentlichen.
bb) Die Tathandlungen der Beschuldigten
Der Beschuldigte [X.]

und der Mitbeschuldigte [X.]

schlos-sen sich spätestens im April 2014 in [X.] dem [X.]IG an. [X.]

wurde anschließend bei einem Treffen, das in [X.] stattfand und an dem verschie-dene Führungspersonen des [X.]IG teilnahmen, unter anderem

[X.]

,

Y.

und

L.

, damit beauftragt, ein Spreng-stoffattentat in der [X.] von [X.] durchzuführen. Er erhielt insoweit nähere Instruktionen anhand einer Karte, die ein [X.] St[X.]tsangehöriger namens

H.

skizzierte. Dieser hatte früher in der Nähe des [X.]er Hauptbahnhofs gelebt und fungierte mittlerweile als enger Mitarbeiter von

[X.]

. Anhand der Skizze arbeiteten

Y.

und

[X.]

Grundzüge des geplanten Anschlags aus, die letzten Entscheidungen sollten jedoch [X.]

überlassen bleiben. Er sollte insbe-sondere über den Tatzeitpunkt sowie die Details der Tatausführung befinden. Bei der Tat sollten Mitglieder einer sog. Schläferzelle mitwirken, die zu diesem Zweck nach [X.] reisen sollten.
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[X.]

wurde [X.]

unterstellt und angewiesen, dessen Befeh-len zu gehorchen. Er erhielt den Auftrag, sich als ein Mitglied der Schläferzelle nach [X.] zu begeben und sich dort nach näheren Anweisungen von [X.]

an dem Anschlag zu beteiligen. Zu
diesem Zweck erhielt er von [X.] des [X.] einen verfälschten [X.] Ausweis. [X.]

reiste an-schließend zunächst im Mai 2014 in die [X.], von dort im Juli 2015 nach [X.] und schließlich weiter nach [X.]. Von dort aus nahm er telefo-nisch Kontakt mit [X.]

auf, der sich schon seit März 2015 in [X.] aufhielt, um diesem zu signalisieren, dass er in [X.] eingetroffen sei und deshalb zur Ausführung des Anschlags bereit stehe.
[X.]

hatte sich zwischenzeitlich ein Bild von den Örtlichkeiten in der [X.]er [X.] gemacht und die Einzelheiten des geplanten [X.] festgelegt. Danach sollten sich zunächst zwei Personen auf der [X.] bzw. der [X.] mittels Sprengwesten in die Luft sprengen. An den vier Ausgängen der [X.] im Bereich der [X.], der [X.], der [X.] und der [X.] sollten sich jeweils zwei mit [X.] bewaffnete Mitglieder der "Zelle" positionieren. Sie soll-ten möglichst viele flüchtende Menschen erschießen und sich nach der Entlee-rung ihrer Magazine schließlich ebenfalls selbst in die Luft sprengen. Der [X.] sollte an einem Freitag oder an einem Samstag verübt werden, weil die [X.]er [X.] an diesen Tagen regelmäßig besonders belebt ist.
Nachdem [X.]

in [X.] eingetroffen war, setzte [X.]

ihn von den Einzelheiten des [X.] in Kenntnis. In der Folgezeit rekrutierten beide den in [X.] lebenden Beschuldigten B.

, indem sie ihn im Rah-men von persönlichen Gesprächen davon überzeugten, bei der Ausführung des 23
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Anschlags, dessen Einzelheiten sie ihm erläuterten, als Selbstmordattentäter mitzuwirken.
Der Beschuldigte

[X.]

beteiligte sich zumindest im [X.] als Anführer der zur [X.] gehörenden Gruppe "[X.]" an den Kämpfen gegen das Regime des St[X.]tspräsidenten Bashar al-[X.]. Außerdem stellte er zu dieser Zeit in [X.] Sprenggürtel und Grana-ten her, die zum Einsatz bei bewaffneten Auseinandersetzungen und bei [X.] auf syrische Soldaten bestimmt waren.
Spätestens im Oktober 2014 schloss sich

[X.]

dem [X.] an. In der Folgezeit übernahm er von

L.

den Auftrag, sich als Angehöriger der Schläferzelle nach [X.] zu begeben, deren Mitglieder sich an dem [X.] in der [X.]er [X.] beteiligen sollten; er sollte insbesondere die für den Anschlag benötigten Sprengwesten herstellen.
Zu diesem Zweck reiste er im Oktober 2014 nach [X.]. Hier nahm er über [X.] Kontakt zu [X.]

auf. Im Rahmen des Chat-Verkehrs erörterten sie die Einzelheiten des geplanten Anschlags und [X.]

forderte

[X.]

auf, die für die Ausführung der Tat benötigten Spreng-stoffe bereit zu halten. Schließlich verabredeten sie sich Ende Januar 2016 für den 10. Februar 2016 zu einem persönlichen Treffen in [X.], um dort insbesondere über die Lagerung der Sprengstoffe und deren Transport nach [X.] zu beratschlagen. Das Treffen kam dann nicht mehr zustande, weil [X.]

sich am 1. Februar 2016 in [X.] den [X.] Ermittlungsbe-hörden stellte.
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b) Der dringende Tatverdacht beruht im Hinblick auf die terroristischen Vereinigungen [X.] und [X.] auf den diesbezüglichen Auswertebe-richten des Bundeskriminalamtes und Gutachten des Sachverständigen Dr.
S.

. Hinsichtlich der den Beschuldigten zur Last gelegten Handlungen ergibt er sich im Wesentlichen aus den Angaben des Mitbeschuldigten [X.]

, die durch die Auswertung von Telekommunikationsdaten, insbesondere diverser [X.]-Profile, weitgehend bestätigt werden. Wegen der Einzelhei-ten wird auf die eingehenden Ausführungen in den Haftbefehlen Bezug ge-nommen. Ergänzend gilt Folgendes:
Die Glaubhaftigkeit der Angaben von [X.]

wird auf der Grundlage des derzeitigen [X.] nicht dadurch in Frage gestellt, dass er sei-ne ursprüngliche Darstellung gegenüber den [X.] Behörden, wonach [X.]

bereits in [X.] in die Tatplanung mit einbezogen worden war, im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung vom 11. November 2016 dahin korri-giert hat, dass [X.]

erst in [X.] von ihm über die Einzelheiten des [X.] informiert worden sei. Denn seine Angaben stehen auch mit den Ermittlungsergebnissen in Einklang, die nach Erlass der Haftbefehle gewonnen worden sind, vor allem durch Auswertung von Datenträgern, die bei der Durch-suchung des dem Beschuldigten [X.]

in der Asylbewerberunterkunft in Bl.

zugewiesenen Zimmers und der Wohnung des Beschuldigten

[X.]

sichergestellt wurden. Daraus ergeben sich weitere Hinweise auf den engen Kontakt zwischen [X.]

, [X.]

und B.

sowie auf die mitgliedschaft-liche Einbindung von [X.]

in den [X.] und diejenige des Beschuldigten

[X.]

in die [X.] sowie den [X.]. Insbesondere hat die bisherige Auswertung der Telekommunikationsdaten bestätigt, dass

[X.]

als [X.] der [X.] an Kampfhandlungen beteiligt war; das steht auch
in Einklang mit entsprechenden Zeugenaussagen. Danach besteht aufgrund 29
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13
-
des gegenwärtigen [X.] der dringende Verdacht, dass

[X.]

mit A

und [X.]

bei den Planungen für den Anschlag in der Düs-seldorfer [X.] zusammenwirkte.
c) Demgemäß
haben sich die Beschuldigten [X.]

und

[X.]

mit hoher Wahrscheinlichkeit als Mitglieder am [X.] und damit an einer terroristi-schen Vereinigung im Ausland beteiligt und sich zugleich mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen (Mord, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und vorsätzlicher Erwerb der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe) zu begehen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, § 129b Abs.
1 Sätze 1 und 2, §§ 211, 308 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 2, § 52 StGB, § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 22a Abs. 1 Nr. 2 KWKG i.[X.]. Nr. 29c der [X.]. Ihre mitgliedschaftliche Beteiligung an dem [X.] ergibt sich daraus, dass sie den ihnen von Führungspersonen des [X.] erteilten Auftrag annahmen, sich als Angehörige einer "Schläferzelle" nach [X.] zu begeben, um dort nach näherer Absprache mit [X.]

an dem Sprengstoffanschlag in der [X.]er [X.] mitzuwirken. Beide haben sich auch zumindest jeweils mit
[X.]

verabredet, den Anschlag unter Einsatz von Sprengstoff sowie au-tomatischen Gewehren des Typs [X.] auszuführen und damit Verbre-chen des Mordes, des [X.] einer Sprengstoffexplosion sowie des [X.] der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe zu
begehen.
Eine [X.] setzt den Entschluss von mindestens zwei Personen voraus, als Mittäter ein bestimmtes Verbrechen zu begehen. Die Festlegung aller Einzelheiten der in Aussicht genommenen Tat ist insoweit nicht erforderlich; es genügt vielmehr, wenn diese in ihren wesentlichen Grund-zügen konkretisiert ist. Notwendig ist außerdem, dass der Täter unbedingt zur Begehung der Straftat entschlossen ist (vgl. zu allem [X.], Urteil vom 31
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13.
November 2008 -
3 [X.], [X.], 497 f. mwN). Das war hier der Fall. Die Planung der Tat war bereits weit fortgeschritten. Die Details der [X.] standen ebenso fest wie der Umstand, dass der Anschlag an einem Freitag oder einem Samstag verübt werden sollte. [X.]

und

[X.]

, die ihre Beteiligung an der Tat zugesagt und sich zu diesem Zweck von [X.] nach [X.] begeben hatten, waren auch nicht bloß tatgeneigt, sondern unbedingt dazu entschlossen.
Zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung der Beschuldigten [X.]

und

[X.]

am [X.] und der [X.] besteht jeweils Tat-einheit (§ 52 StGB). Da sich die den Haftbefehlen zugrunde liegenden mitglied-schaftlichen Beteiligungshandlungen von [X.]

und

[X.]

am [X.] in der [X.] erschöpften, kann dahinstehen, ob die mit der Ver-brechensverabredung idealkonkurrierende Erfüllung des Vereinigungsdelikts in Tatmehrheit (§ 53 StGB) zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit tritt, der alle sonstigen mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte an der [X.], die nicht zugleich den Tatbestand des § 30 Abs. 2 i.[X.]. § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB verwirklichen (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 9. Juli 2015 -
3 StR 537/14, [X.]St 60, 308, 319 f.).
Es kann offenbleiben, ob der Beschuldigte

[X.]

auch der ihm mit dem Haftbefehl zur Last gelegten Vorbereitung einer schweren st[X.]tsgefähr-denden Gewalttat (§ 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3,
Abs. 4 Satz 1 StGB) drin-gend verdächtig ist. Jedenfalls
hat er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit durch seine Teilnahme an Kampfhandlungen der [X.] auch als Mitglied dieser terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt, strafbar nach §
129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB. Der drin-gende Tatverdacht der Mitgliedschaft in der [X.] und der dazu im 33
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Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehenden, tateinheitlich mit der Ver-brechensverabredung verwirklichten mitgliedschaftlichen Beteiligung im [X.] tra-gen bereits für sich den Fortbestand der Untersuchungshaft.
Im Hinblick auf den Beschuldigten B.

lässt der Senat dahinstehen, ob dieser der ihm mit dem Haftbefehl zur Last gelegten Unterstützung einer aus-ländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) dringend verdächtig ist. Denn auch B.

hat sich jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem an-deren zu einem Verbrechen (Mord, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Erwerb einer Kriegswaffe) verabredet (§ 30 Abs. 2 StGB, § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 22a Abs. 1 Nr. 2 KWKG i.[X.]. Nr. 29c der Kriegswaffenliste); schon dies trägt die Fortdauer der Untersuchungshaft. B.

war ebenso wie [X.]

und

[X.]

über die Einzelheiten des von [X.]

erarbeiteten [X.] informiert und nicht bloß tatgeneigt, sondern den Angaben von [X.]

zu-folge jederzeit bereit, seine Zusage, an dem Anschlag als Selbstmordattentäter mitzuwirken, in die Tat umzusetzen.
d) Die nach § 129b Abs. 1 Sätze 2 und 3 StGB erforderlichen Ermächti-gungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern des [X.] sowie der [X.] liegen vor.
e) Die Zuständigkeit des [X.] und damit auch diejeni-ge des Ermittlungsrichters des [X.] ist gegeben. Sie folgt hin-sichtlich der Beschuldigten [X.]

und

[X.]

-
auch soweit es die tat-einheitlich mit der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereini-gung verwirklichte Verabredung
zu einem Verbrechen anbelangt -
aus § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142a Abs. 1 Satz 1 [X.], § 169 Abs. 1 Satz 2 [X.], im Hinblick auf den Beschuldigten B.

aus § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 142a Abs. 1 Satz 1 35
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-
[X.], § 169 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Die Verabredung zum Verbrechen war darauf gerichtet, durch den Sprengstoffanschlag unter anderem Morde (§ 211 StGB) zu begehen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des [X.] und damit einer ausländischen Vereinigung stehen, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat;
die Übernahme der Strafver-folgung durch den [X.] war wegen der besonderen [X.] gerechtfertigt.
2. Bei allen drei Beschuldigten besteht jedenfalls der den Haftbefehlen zugrunde liegende Haftgrund der [X.] (§ 112 Abs. 3 [X.]). Sie sind der Verabredung zu Verbrechen des Mordes (§ 211 StGB) sowie des [X.] einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 bis 3 StGB) -
die Beschul-digten [X.]

und

[X.]

außerdem der Mitgliedschaft in einer ausländi-schen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, §
129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) -
dringend verdächtig; der Haftgrund des §
112 Abs. 3 [X.] gilt auch für die Fälle des § 30 StGB ([X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 112 Rn. 36). Die Beschuldigten haben im Falle ihrer Verurteilung mit nicht unerheblichen Freiheitsstrafen zu rechnen; dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthin-dernden Umstände entgegen.
Der Beschuldigte B.

unterhält zwar Kontakt zu seinem in [X.] lebenden Onkel. Dies lässt es indes nicht als hinreichend gesichert erscheinen, dass er, auf freien Fuß gesetzt, dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz widerstehen wird. Im Übrigen verfügt B.

-
ebenso wie die [X.] [X.]

und

[X.]

-
in [X.] über keine tragfähigen [X.] Bindungen von fluchthemmendem Gewicht. Den Angaben von
[X.]

zufolge beabsichtigte B.

zudem, bevor er diesen kennenlernte, 38
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-
nach [X.] zu gehen, um dort am Dschihad teilzunehmen, hatte bislang aller-dings noch keinen Ansprechpartner gefunden.
[X.]

und

[X.]

sind allein deshalb nach [X.] gekom-men, um sich an dem Anschlag in [X.] zu beteiligen. In Anbetracht [X.] liegt es nahe, dass auch sie sich, sollten sie in Freiheit gelangen, dem Strafverfahren entziehen werden.
Zumindest begründen die genannten Umstände die Gefahr, dass die Ahndung der Tat ohne die weitere Inhaftierung der Beschuldigten vereitelt wer-den könnte, so dass die Fortdauer der Untersuchungshaft auch bei der gebote-nen restriktiven Auslegung der Vorschrift (vgl. [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) auf den Haftgrund des § 112 Abs. 3 [X.] zu stützen ist.
Weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 [X.] sind aus den oben genannten Gründen nicht erfolgversprechend.
3. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 [X.]) liegen vor. Die be-sondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil bislang noch nicht zugelassen.
Das Verfahren weist einen hohen Grad an Komplexität auf. Es richtet sich gegen vier Beschuldigte und hat vielfältige Auslandsbezüge. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts besteht bislang Rechtshilfeverkehr mit [X.], den [X.], [X.], [X.] und der [X.]. Es ist absehbar, dass wei-tere Rechtshilfeersuchen an die Vereinigten St[X.]ten von Amerika und [X.] erforderlich sein werden. Das an die Niederlande gerichtete Ersuchen ist 40
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erst teilweise erledigt, die an [X.], [X.] und die [X.] gerichteten sind noch gänzlich unerledigt. Von wesentlicher Bedeutung sind die Angaben des Mitbeschuldigten [X.]

und die Ermittlungsergebnisse der [X.] Behörden. Die Überstellung von [X.]

wurde sofort nach dem Erlass des gegen ihn gerichteten Haftbefehls am 1. Juni 2016 beantragt; er wurde jedoch erst am 29. September 2016 an die Bundesrepublik [X.] ausgeliefert. Die Übersetzung der unmittelbar danach übersandten [X.] Verfah-rensakten dauert noch an und wird erst Ende Dezember 2016 bzw. Anfang
Januar 2017 abgeschlossen sein. Auch die Auswertung der Beweismittel, die bei den nach der Festnahme der Beschuldigten [X.]

, B.

und

[X.]

durchgeführten Durchsuchungen sichergestellt wurden, insbesondere der auf den Mobiltelefonen gespeicherten Daten, konnte wegen deren Umfangs noch nicht abgeschlossen werden. Die Auswertung wird dadurch erschwert, dass die gespeicherten Texte und Chatverläufe nahezu vollständig in [X.] verfasst sind und deshalb zunächst übersetzt werden müssen, bevor sie einer inhaltlichen Analyse zugänglich sind. Schließlich sind seit der Verkündung der Haftbefehle bislang 57 Zeugen vernommen worden, deren Angaben sich teilweise widersprechen, so dass [X.] erforderlich sind.
In Anbetracht dessen ist das Verfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
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4. Schließlich steht die Fortdauer der Untersuchungshaft auch nicht
außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle der Verurteilung zu erwartenden Strafen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 [X.]).
[X.] Schäfer

Tiemann

46

Meta

AK 63/16

15.12.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2016, Az. AK 63/16 (REWIS RS 2016, 602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 602

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3 StR 537/14

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