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Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen: Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. Juni 2020 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des [X.] bemerkt der Senat:
Gegen die Bestimmung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge (§ 266a Abs. 1, 2 StGB) ist nichts zu erinnern. Insbesondere entspricht es den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben, dass das [X.] ausgegangen ist und hierauf im [X.] Lohnsteuern sowie Beiträge zur Sozialversicherung aufgeschlagen hat, um anschließend auf das derart ermittelte Bruttoarbeitsentgelt die im Tatzeitraum geltenden Sätze der Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung anzuwenden (§ 14 Abs. 2 Satz 2, 1 [X.]; vgl. dazu [X.], Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 [X.], [X.]St 53, 71 Rn. 10-17, 11; Beschlüsse vom 8. Januar 2020 - 5 StR 122/19 Rn. 15-17 und vom 10. November 2009 - 1 [X.] Rn. 38). Dem steht die Legaldefinition der "illegalen Beschäftigung" in § 1 Abs. 3 [X.] nF, in [X.] seit dem 18. Juli 2019 aufgrund des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11. Juli 2019 [BGBl. I 2019, 1066]) nicht entgegen.
a) Zwar wird der - hier einschlägige - Fall des Verstoßes gegen zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts (Nichterfüllung von Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten; vgl. etwa [X.], Urteile vom 16. April 2014 - 1 StR 516/13 Rn. 37 und vom 2. Dezember 2008 - 1 [X.], [X.]St 53, 71 Rn. 11 unter Übernahme der Rechtsprechung des [X.]) bzw. des Steuerrechts allein vom Begriff der "Schwarzarbeit" in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 [X.] erfasst; der "illegalen Beschäftigung" unterfallen gemäß § 1 Abs. 3 [X.] nF die dort im Einzelnen genannten Fälle, vornehmlich solche der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern oder des Verstoßes gegen die Vorschriften über die Arbeitnehmerüberlassung. Indes sind diese Definitionen nicht für die Auslegung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] verwendeten Tatbestandsmerkmals der "illegalen Beschäftigungsverhältnisse" maßgeblich. Dieses hat der Gesetzgeber als "Sammelbegriff für eine Vielzahl von verschiedenen Ordnungswidrigkeitstatbeständen oder Straftaten, von Verstößen gegen das [X.] bis hin zu Verstößen gegen das Steuerrecht oder zum [X.]" bestimmt (BT-Drucks. 14/8221 S. 11). § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist eine Norm des materiellen Sozialversicherungsrechts; § 1 Abs. 2 und 3 [X.] umschreiben hingegen den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (so auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Wirtschaftsstrafrecht, 7. Aufl., Rn. 36.5; a.[X.], [X.] 2019, 271, 274 f.; [X.]/[X.], [X.], 225, 229). Mit der Definition der "illegalen Beschäftigung" wollte der Gesetzgeber den Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung nicht erweitern, sondern klarstellend umschreiben (BT-Drucks. 19/8691 S. 43; vgl. auch [X.]. 97/19 S. 40 f.). [X.] folgt zugleich, dass er keineswegs mit der Gesetzesänderung den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] in Bezug auf "illegale Beschäftigungsverhältnisse" einschränken wollte (so auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO, Rn. 38.265).
b) Ohnehin wäre § 1 Abs. 3 [X.] nF auf die hier verfahrensgegenständlichen Fälle aus dem Tatzeitraum von Juni 2014 bis August 2018 nicht anwendbar. Denn die - sozialrechtsakzessorische - Bestimmung des Umfangs der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge richtet sich nach dem materiellen Sozialversicherungsrecht, das zur Tatzeit gilt, sofern der Gesetzgeber nichts an dessen Fortgeltung bezüglich des vergangenen Zeitraums geändert hat; § 2 Abs. 3 StGB ist insoweit nicht anwendbar (a.[X.] aaO S. 275; [X.]/[X.] aaO). Insoweit gilt nichts anderes als im Steuerstrafrecht (vgl. [X.], Urteil vom 28. Januar 1987 - 3 [X.], [X.]St 34, 272, 282-284 zur Änderung des [X.] bezüglich Parteispenden nach bereits eingetretener Verkürzung von Körperschaftsteuer; BFH, Urteil vom 24. Mai 2000 - [X.]/99, [X.], 240, 244 f. zu wegen der Hinterziehung von Vermögensteuer zu leistender Zinsen).
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Meta
08.09.2021
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Koblenz, 19. Juni 2020, Az: 2050 Js 76845/15 - 10 KLs
§ 266a Abs 1 StGB, § 266a Abs 2 StGB, § 14 Abs 2 S 2 SGB 4, § 1 Abs 3 SchwarzArbG vom 11.07.2019
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2021, Az. 1 StR 114/21 (REWIS RS 2021, 2768)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 2768
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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