Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.08.2020, Az. III ZR 160/19

3. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1971

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Notarhaftung: Pflichtverletzung bei Eintragung von Amtsgeschäften in Urkundenrolle und spätere Aufbewahrung von Urkunden; Richterspruchprivileg bei notarieller Vollstreckbarerklärung eines Anwaltsvergleichs


Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Revision des [X.] gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 24. Oktober 2019 gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses.

2. Der Antrag des [X.] auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt den beklagten Notar wegen behaupteter Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Vollstreckbarerklärung eines [X.]s auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Unter dem 7. November 2001 schlossen der Kläger und die [X.], jeweils vertreten durch bevollmächtigte Rechtsanwälte, einen [X.]. Darin erkannte der Kläger an, der [X.]            10 Millionen DM zu schulden, und verpflichtete sich gesamtschuldnerisch zur ratenweisen Zahlung von insgesamt 13 Millionen DM bis zum 31. März 2002. Wegen der aus dem Vergleich sich ergebenden Zahlungsverpflichtungen unterwarf er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen. Zugleich wurde bestimmt, dass der Vergleich durch einen Notar mit Amtssitz in [X.]    in Verwahrung genommen und für vollstreckbar erklärt werden kann.

3

In der Folgezeit leistete der Kläger keine Zahlungen. Mit gleichlautenden Schreiben vom 29. Oktober 2004 (Anlagen [X.], 2 = [X.] ff) teilte der [X.] dem Kläger und dessen seinerzeit bevollmächtigtem Rechtsanwalt mit, dass die [X.] als (Gesamt-)Rechtsnachfolgerin der [X.]           ihm den [X.] vom 7. November 2001 in Verwahrung gegeben und ihn beauftragt habe, diesen für vollstreckbar zu erklären. Er habe sowohl den Verwahrungsauftrag als auch den Antrag auf Vollstreckbarerklärung angenommen und beabsichtige, den [X.] gegen den Kläger in Höhe von 5.112.918,81 € (entsprechend 10.000.000 DM) für vollstreckbar zu erklären.

4

Trotz Widerspruchs des [X.] erklärte der [X.] den [X.] mit Beschluss vom 24. November 2004, in dem er sich ausführlich mit den erhobenen Einwendungen auseinandersetzte, für vollstreckbar. Er fügte dem Original des Beschlusses eine beglaubigte Abschrift des [X.]s mit folgendem [X.] bei ([X.] 341, [X.] 527):

5

"Dass vorstehende Abschrift, die mit der Urschrift, die [X.] vorgelegen hat, wörtlich übereinstimmt, beglaubige ich hiermit notariell."

6

Am 30. November 2004 stellte der [X.] dem Bevollmächtigten des [X.] eine Ausfertigung des Beschlusses vom 24. November 2004 nebst beglaubigter Abschrift des [X.]s (Anlage [X.] = [X.] 326 ff) zu. Unter dem 7. Dezember 2004 erteilte der [X.] der [X.] eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses vom 24. November 2004 (Anlage [X.] = [X.] ff).

7

Auf Antrag der [X.] eröffnete das [X.]    mit Beschluss vom 9. Juni 2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.].

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt, den [X.]n zur Zahlung von 5.112.918,80 € nebst Zinsen zu verurteilen sowie festzustellen, dass der [X.] alle entstandenen und noch entstehenden materiellen Schäden auf Grund der Vollstreckbarerklärung des [X.]s zu ersetzen habe. Zur Begründung hat er sich auf mehrere Amtspflichtverletzungen des [X.]n berufen. Der Vollstreckbarerklärung sei entgegen § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] das Original des [X.]s nicht beigefügt worden. Dieses habe dem [X.]n auch nicht vorgelegen. Der anders lautende [X.] sei unrichtig. Die statt des [X.] beigefügte Ausfertigung [beglaubigte Abschrift] des [X.]s weise keine lesbare Unterschrift des Bevollmächtigten der [X.] auf. Die Vollstreckbarerklärung, die entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 6 [X.] zudem keine [X.]nnummer trage, leide an erheblichen Mängeln und sei unwirksam.

9

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er seine Klageanträge weiter.

II.

Der [X.] ist einstimmig davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und das Rechtsmittel im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 [X.] lägen nicht vor. Soweit der Kläger die Verletzung von Amtspflichten im Zusammenhang mit der Vollstreckbarerklärung des [X.]s rüge, bestehe schon deshalb keine Schadensersatzpflicht, weil bei dieser Amtshandlung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.] das [X.] des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.] einer Haftung entgegenstehe. Mit der Vollstreckbarerklärung eines [X.]s nach § 796c ZPO sei dem Notar eine richterliche Aufgabe übertragen worden. Er habe - wie das Prozessgericht gemäß § 796[X.] - in richterlicher Unabhängigkeit unter anderem zu prüfen, ob der [X.] wirksam sei und seine Anerkennung gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde (§ 796c Abs. 1 Satz 2 [X.]. § 796a Abs. 3 ZPO). Insoweit entfalte die Vollstreckbarerklärung auch materielle Rechtskraft, so dass das [X.] eingreife. Pflichtverletzungen des [X.]n, die gleichzeitig eine Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB und somit eine Straftat im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.] darstellten, seien nicht ersichtlich oder jedenfalls nicht bewiesen. Der [X.] habe gemäß § 418 Abs. 1 ZPO davon auszugehen, dass dem [X.]n bei der Vollstreckbarerklärung das Original des [X.]s vorgelegen habe. Der entsprechende [X.] des [X.]n auf der beglaubigten Kopie des [X.]s beweise als öffentliche Urkunde nicht nur die Übereinstimmung mit dem Original, sondern auch das Vorliegen der Urschrift des [X.]s. Den Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen nach § 418 Abs. 2 ZPO habe der Kläger nicht geführt. Insbesondere habe er sich nicht in einer Beweisnot befunden, auch wenn sich die streitigen Vorgänge im Bereich des Notariats des [X.]n ereignet hätten, in den der Kläger selbst keinen Einblick gehabt habe. Er hätte auf andere Beweismittel zurückgreifen können (Zeugenvernehmung der Mitarbeiter der [X.] bzw. der Angestellten des [X.]n, Antrag auf Vorlage der Akte des [X.]n gemäß §§ 421 ff ZPO).

Auch wegen anderer Handlungen des [X.]n, bei denen das [X.] von vornherein nicht gelte, seien keine Schadensersatzansprüche des [X.] gemäß § 19 Abs. 1 [X.] gegeben. Dass auf der Kopie des [X.]s, die der vollstreckbaren Ausfertigung des Beschlusses über die Vollstreckbarerklärung beigefügt gewesen sei, die Unterschrift des Bevollmächtigten der [X.] nicht lesbar gewesen sei, sei unschädlich. Zwar habe der [X.] fehlerhaft die Vollstreckbarerklärung entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 6 [X.] nicht mit einer [X.]nnummer versehen und entgegen § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht mit dem Original, sondern nur mit einer beglaubigten Kopie des [X.]s verbunden und in seine Urkundensammlung aufgenommen; daraus sei dem Kläger jedoch kein Schaden entstanden. Auch bei Beachtung der Bestimmungen der [X.] stünde er nicht besser. Vielmehr hätte ihm dann der Beweis der Unrichtigkeit des [X.] erst recht nicht gelingen können.

Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf die Frage zugelassen, ob die Tätigkeit des Notars, der einen [X.] gemäß § 796c ZPO für vollstreckbar erkläre, dem [X.] gemäß § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.] unterliege. Diese Frage sei höchstrichterlich noch nicht entschieden.

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Soweit das Berufungsgericht Amtspflichtverletzungen des [X.]n bei Erteilung der Vollstreckbarerklärung verneint hat, stellt sich die Frage nach der Geltung des [X.]s (§ 19 Abs. 1 Satz 3 [X.] [X.]. § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.]) nicht. Sie ist im Übrigen auch nicht klärungsbedürftig. Wegen sonstiger Pflichtverletzungen fehlt es bereits an der Zulassung der Revision. Zudem hat das Berufungsgericht die [X.] zutreffend verneint.

a) Der [X.] macht zu Recht geltend, dass sich die Revisionszulassung nur auf die (behaupteten) notariellen Amtspflichtverletzungen erstreckt, die das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der (möglichen) Geltung des [X.]s erörtert hat und die Erteilung der Vollstreckbarerklärung betreffen (S. 4-7 unter II.1: "Verletzung von Amtspflichten im Zusammenhang mit der Vollstreckbarerklärung"). Soweit das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche des [X.] "wegen anderer Handlungen des [X.]n, bei denen das [X.] nicht gilt", verneint hat (S. 8 unter II.2: unleserliche Unterschrift auf der der vollstreckbaren Ausfertigung beigefügten Kopie des [X.]s, Nichtbeachtung von § 8 Abs. 1 Nr. 6, § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.]) ist die Revision nicht zugelassen worden.

Es ist ausreichend, dass sich die Zulassungsbeschränkung - wie hier - klar und eindeutig aus den Urteilsgründen ergibt. Die Zulassung der Revision kann auf einen selbständigen Teil des [X.] beschränkt werden. Voraussetzung dafür ist eine Selbständigkeit in dem Sinne, dass der von der Beschränkung erfasste Teil des Streitstoffs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden kann und auch im Fall einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann. Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Entscheidung grundsätzlich so auszulegen, dass das Berufungsgericht die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des [X.] zugelassen hat. Die Beschränkung kann sich auch auf einzelne von mehreren (behaupteten) Pflichtverletzungen beziehen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 8. November 2018 - [X.] ZR 191/17, BeckRS 2018, 30617 Rn. 14 f; vom 16. Mai 2019 - [X.] ZR 176/18, [X.], 1203 Rn. 4 ff und vom 4. Juli 2019 - [X.] ZR 202/18, [X.], 1441 Rn. 6 ff; jeweils m. zahlr. wN).

Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf die bislang noch nicht höchstrichterlich geklärte Frage zugelassen, ob das [X.] des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch für die notarielle Vollstreckbarerklärung eines [X.]s gilt. Da die zur Zulassung führende Rechtsfrage somit nur etwaige Amtspflichtverletzungen bei Erteilung der Vollstreckbarerklärung betrifft, ist das Berufungsurteil so auszulegen, dass die Revision nur insoweit zugelassen worden ist. Soweit das Berufungsgericht eine Haftung des [X.]n unabhängig von den Voraussetzungen der Haftungsprivilegierung gemäß § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausgeschlossen hat, stellt sich die zur Begründung der Zulassung angeführte Rechtsfrage nicht. Auch im Fall einer Zurückverweisung würde sich kein Widerspruch zu dem von der Zulassung ausgenommenen Teil des Streitstoffs ergeben.

b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Würdigung des Berufungsgerichts, es sei davon auszugehen, dass dem [X.]n bei der Vollstreckbarerklärung das Original des [X.]s vorgelegen habe, dem Kläger sei der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht gelungen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision auch nicht beanstandet davon ausgegangen, dass der vom [X.]n angefertigte [X.] ("Dass vorstehende Abschrift, die mit der Urschrift, die [X.] vorgelegen hat, wörtlich übereinstimmt, beglaubige ich hiermit notariell") als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO grundsätzlich Beweis auch dafür erbringt, dass die Urschrift des [X.]s vorgelegen hat.

bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht erkannt, dass hiergegen gemäß § 418 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen zulässig ist, wobei der zu führende Gegenbeweis die volle Überzeugung des Gerichts erfordert. Bloße Zweifel an der Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen genügen nicht (vgl. [X.], Urteile vom 29. September 2010 - [X.], NJW 2011, 778 Rn. 21 und vom 31. Mai 2017 - V[X.] ZR 224/16, NJW 2017, 2285 Rn. 18; [X.]/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 418 Rn. 4; jeweils mwN). Für die Frage, ob der Beweis der Unrichtigkeit geführt ist, bedarf es einer umfassenden Würdigung, wobei die Beweiskraft der Urkunde und diejenige der Gegenbeweismittel gegeneinander abzuwägen sind. Erforderlich ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gegenbeweismitteln und der von ihnen ausgehenden Überzeugungskraft ([X.], Beschluss vom 5. Oktober 2000 - X Z[X.]3/00, NJW-RR 2001, 571). Da die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist, wird sie vom Revisionsgericht nur eingeschränkt dahin überprüft, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze- oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 12. Juni 2014 - [X.] ZR 245/13, BeckRS 2014, 13313 Rn. 10 und vom 12. Dezember 2019 - [X.] ZR 198/18, NJW 2020, 776 Rn. 12; [X.], Urteil vom 30. Oktober 2007 - [X.], [X.], 571 Rn. 8; jeweils mwN).

cc) Den Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen hat der Kläger - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat - nicht geführt.

Das Berufungsgericht hat das [X.] des § 286 ZPO nicht verkannt. Anders als die Revision behauptet, erschöpft sich seine Würdigung nicht in dem "bloßen Hinweis" auf die Beweiskraft öffentlicher Urkunden. Ausweislich der Urteilsgründe hat sich das Berufungsgericht mit der Überzeugungskraft der angebotenen Gegenbeweismittel ausführlich befasst (S. 6 f), ohne allerdings die vom Kläger gewünschten Schlüsse zu ziehen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Beweisnot des [X.] verneint und auch die Grundsätze der sekundären Darlegungslast beim Beweis negativer Tatsachen (hier: Nichtvorliegen der Urschrift des [X.]s bei der Vollstreckbarerklärung) als gewahrt angesehen hat (siehe auch [X.], Urteile vom 19. Oktober 2017 - [X.] ZR 565/16, [X.]Z 216, 245 Rn. 22 ff und vom 15. August 2019 - [X.] ZR 205/17, NJW-RR 2019, 1332 [X.] ff). In den dem Kläger bekannten Schreiben des [X.]n vom 29. Oktober 2004 (Anlage [X.] = [X.] f) und 4. Mai 2010 (Anlage [X.] = [X.]) teilte dieser nämlich mit, dass die [X.] den [X.] seinerzeit in Verwahrung gegeben, dieser im Original sodann bei der Vollstreckbarerklärung vorgelegen und schließlich mit Schreiben vom 27. April 2007 wieder an die [X.] zurückgegeben worden sei. Soweit die Revision meint, trotz dieser Angaben des [X.]n zur Inverwahrungnahme des [X.] des [X.]s sei es dem Kläger nicht zumutbar, die "maßgeblichen Mitarbeiter der [X.]" beziehungsweise [X.] als Zeugen zu benennen oder (wenigstens) die Vorlage der Vorgangsakte des [X.]n zu beantragen, versucht sie lediglich, durch eine unzulässige Beweisantizipation eine Beweisnot zu konstruieren. Ob etwaige Zeugen "sinnvollerweise" etwas hätten bekunden können, wäre erst nach der Beweiserhebung im Rahmen der gebotenen Beweiswürdigung zu beurteilen gewesen.

Das Berufungsgericht hat auch nicht übersehen, dass auf der letzten Seite der der vollstreckbaren Ausfertigung beigefügten Kopie des [X.]s oben eine [X.] (schwach) erkennbar ist. Seine hierzu vorgenommene Würdigung ist möglich und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ebenso wenig begegnet es rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht aus der Nichtbeachtung von § 8 Abs. 1 Nr. 6 und § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht auf das Nichtvorliegen des [X.] des [X.]s geschlossen hat. Die Verletzung von Bestimmungen über die Eintragung von Amtsgeschäften in die [X.] beziehungsweise die spätere Aufbewahrung von Urkunden stellt weder die Wirksamkeit der Amtshandlung in Frage noch besagt sie (zwingend), dass Urkunden zur [X.] der Amtshandlung im Original nicht vorgelegen haben.

Die Rüge, das Berufungsgericht hätte sich mit der fehlenden lesbaren Unterschrift des Bevollmächtigten der [X.] auf der der Vollstreckbarkeitserklärung beigehefteten Kopie des [X.]s und der Behauptung des [X.]n in den Schriftsätzen vom 23. Februar 2015 ([X.]) und vom 20. Mai 2019 ([X.]I 479), noch im Besitz des [X.] des [X.]s zu sein, explizit auseinandersetzen müssen, lässt außer Betracht, dass das Berufungsgericht sich nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO auf die wesentlichen Gesichtspunkte der Begründung beschränken darf. Allein aus der fehlenden Auseinandersetzung mit einem einzelnen Gesichtspunkt folgt keine lückenhafte Beweiswürdigung ([X.], Urteil vom 30. Oktober 2007 aaO Rn. 9). Es kommt hinzu, dass das gerügte Vorbringen des [X.]n eher beiläufig erfolgt ist und ersichtlich nicht dazu dienen sollte, den Inhalt des [X.]nschreibens vom 4. Mai 2010 (Anlage [X.] = [X.]) zu relativieren.

c) Unabhängig davon, dass eine schadensursächliche Amtspflichtverletzung des beklagten Notars nicht festgestellt ist, ist die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage nach der Geltung des [X.] des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch nicht klärungsbedürftig. Es ist unumstritten, dass der Notar bei der Vollstreckbarerklärung eines [X.]s gemäß § 796c ZPO an die Stelle des nach § 796[X.] zuständigen Prozessgerichts tritt und somit in rechtsprechender Funktion entscheidet. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, die für die Vollstreckbarerklärung durch das Gericht gelten (§ 796c Abs. 1 Satz 2 [X.]. §§ 796a, [X.]), wobei allen Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren ist (§ 796b Abs. 2 Satz 1 ZPO). Prüfungsumfang und Entscheidung unterscheiden sich nicht von dem gerichtlichen Erkenntnisverfahren. Der Notar muss insbesondere prüfen, ob ein wirksamer und nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßender [X.] zustande gekommen ist (§ 796a Abs. 3 ZPO). Da die Funktion der Vollstreckbarerklärung darin besteht, einen Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 4b [X.]. § 796c ZPO zu schaffen, entscheidet der Notar mit Bindungswirkung über die Vollstreckbarkeit des [X.]s. Seine Entscheidung steht der Entscheidung des unabhängigen staatlichen Gerichts gleich. Die Vollstreckbarerklärung ist gemäß § 796c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 [X.]. § 796b Abs. 2 Satz 3 ZPO unanfechtbar (siehe nur [X.] ZPO/[X.], § 796c Rn. 3, 6 [Stand: 1. März 2020]; [X.], 8. Aufl., § 796c Rn. 3; MüKoZPO/[X.], 5. Aufl., § 796c Rn. 2, 6 f; [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 796c Rn. 6; [X.]/[X.] aaO § 796c Rn. 1). Der notarielle Beschluss über die Vollstreckbarerklärung eines [X.]s erfüllt deshalb die Kriterien eines "urteilsvertretenden Erkenntnisses" (dazu [X.], [X.], § 839 Rn. 655 ff [Stand: 15. April 2020]), das dem Haftungsprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.] unterfällt ([X.] ZPO/[X.] aaO Rn. 3; [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO; [X.]/[X.] aaO Rn. 5; zweifelnd nur Musielak/[X.], ZPO, 17. Aufl., § 796c Rn. 4).

3. Nach alledem hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg, da die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung des [X.]s vom 7. November 2001 nach § 796c [X.]. §§ 796a, [X.] gegeben waren. Insbesondere ist davon auszugehen, dass der [X.] das [X.] in Verwahrung genommen und dieses bei der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung vorgelegen hat. Dementsprechend bietet die Rechtsverfolgung auch keine Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der [X.] gibt im [X.] zu erwägen, die Revision zurückzunehmen.

[X.]     

        

Reiter     

        

Arend 

        

Kessen     

        

Herr     

        

Meta

III ZR 160/19

12.08.2020

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 8. Januar 2020, Az: III ZR 160/19, Beschluss

§ 19 Abs 1 S 3 BNotO, § 839 Abs 2 S 1 BGB, § 796b ZPO, § 796c ZPO, § 8 Abs 1 Nr 6 NotDO, § 18 Abs 1 S 2 NotDO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.08.2020, Az. III ZR 160/19 (REWIS RS 2020, 1971)

Papier­fundstellen: WM2021,129 REWIS RS 2020, 1971


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. III ZR 160/19

Bundesgerichtshof, III ZR 160/19, 01.12.2020.

Bundesgerichtshof, III ZR 160/19, 12.08.2020.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 160/19 (Bundesgerichtshof)

Notarhaftung: Richterspruchprivileg bei notarieller Vollstreckbarerklärung eines Anwaltsvergleichs


VI ZB 27/20 (Bundesgerichtshof)

Formunwirksame Berufungseinlegung: Heilung eines Unterschriftsmangels der Berufungsschrift durch Beifügung einer Abschrift mit Beglaubigungsvermerk; Grundsatz der …


22 U 53/96 (Oberlandesgericht Köln)


5 AZR 849/13 (Bundesarbeitsgericht)

Zulässigkeit der Berufung - Unterzeichnung der Berufungsschrift - Zustellung der Klageschrift - Beglaubigungsvermerk


III ZR 141/18 (Bundesgerichtshof)

Anspruch auf Schmerzensgeld bei Erstattung eines unrichtigen Gutachtens in Missbrauchsverfahren


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.