Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.10.2011, Az. 3 StR 239/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 2429

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Gegenstand

Geld- und Wertzeichenfälschung: Maestro-Karten als Zahlungskarten mit Garantiefunktion


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. April 2011 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des Urteils; im Übrigen ist sie unbegründet.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s manipulierte der Angeklagte am 2. Oktober 2010 kurz nach 17 Uhr entweder den Türöffner einer Filiale der Bank in K.   oder den [X.] eines dort aufgestellten Geldautomaten mittels eines Vorsatzgerätes und brachte eine Kameraleiste oberhalb der Tastatur an, während sein unbekannt gebliebener Mittäter einen anderen Geldausgabeautomaten mit einer Kameraleiste versah. Kurz vor 21 Uhr demontierten beide die Vorrichtungen wieder. In der Zwischenzeit wurden von sieben Bankkunden die Kartendaten sowie deren [X.] ausgelesen bzw. abgefilmt. Nach Zuordnung durch den Angeklagten und den Mittäter stellten diese die Daten unbekannt gebliebenen [X.] zur Verfügung, welche die Daten - was vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war - auf sieben Kartendubletten übertrugen und anschließend mithilfe der [X.] im Zeitraum von 4. bis zum 7. Oktober 2010 unberechtigt Bargeld in Höhe von insgesamt umgerechnet 14.829,94 € an verschiedenen Geldautomaten in [X.] abhoben, wobei der Zugriff auf die Konten der sieben Geschädigten teilweise mehrfach an einem Tag und teilweise über verschiedene Tage hinweg geschah.

3

2. Taugliche Tatobjekte des § 152b StGB sind nach Absatz 4 der Vorschrift Kreditkarten, Euroscheckkarten und sonstige Karten, die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und die außerdem durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

4

Zwar verhält sich das Urteil nicht dazu, welche Arten von Karten durch den Angeklagten ausgelesen wurden. Die Verurteilung auch wegen Beihilfe zur Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion hält gleichwohl rechtlicher Nachprüfung stand.

5

Da mit den ausgelesenen Daten Abhebungen an Geldautomaten im außereuropäischen Ausland vorgenommen worden waren, handelte es sich bei den Karten entweder um Kreditkarten oder um [X.]. Kreditkarten sind Zahlungskarten mit Garantiefunktion (vgl. [X.], Beschluss vom 7. März 2008 - 2 StR 44/08, [X.], 568; Beschluss vom 17. Juni 2008 - 1 [X.], [X.], 280). Diese Qualität kommt aber auch den [X.] zu.

6

Die Maestro-Karte ist 2002 an die Stelle der [X.] getreten. Für letztere war bis dahin anerkannt, dass es sich um eine Zahlungskarte im Sinne des § 152a Abs. 1, 4 StGB aF (Zahlungskarte mit Garantiefunktion) handelte. Für die Maestro-Karte gilt nichts anderes. Es handelt sich um eine Karte, die im "[X.]" eingesetzt wird, also auch gegenüber anderen als dem Aussteller der Karte benutzt werden kann. Es besteht die Möglichkeit, mit der Karte den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen: Nutzt der Karteninhaber die Karte am Geldautomaten einer dritten Bank, so ist die kartenausgebende Bank verpflichtet, den abgehobenen Betrag an die Betreiberin des Geldautomaten zu erstatten (vgl. zur früheren ec-Karte [X.], Beschluss vom 21. November 2001 - 2 [X.], [X.]St 47, 160, 164 f.). Solche Karten sollten nach dem Willen des Gesetzgebers von § 152b Abs. 4 StGB erfasst werden (vgl. BT-Drucks. 15/1720 S. 9). Dass es möglich ist, die Karte auch auf eine Weise zu nutzen, in der eine Zahlung von der ausgebenden Bank nicht garantiert wird, ist unerheblich (vgl. [X.], Urteil vom 21. September 2000 - 4 StR 284/00, [X.]St 46, 146, 148).

7

3. Die konkurrenzrechtliche Einordnung des Geschehens durch das [X.] hält hingegen rechtlicher Prüfung nicht stand, denn die Bewertung als tatmehrheitlich begangenes Delikt wird durch die Urteilsgründe nicht belegt. Der Angeklagte hat nach Zuordnung der sieben [X.] zu den sieben Karten diese Kartendaten [X.] zur Verfügung gestellt, worauf die Kartendaten auf Dubletten übertragen wurden, die dann zu unterschiedlichen Zeitpunkten zum Einsatz kamen. Den [X.] kann schon nicht hinreichend entnommen werden, dass die zugeordneten Kartendaten jeweils einzeln zu verschiedenen Zeitpunkten an Dritte übermittelt worden sind. Selbst wenn die Kartendubletten später zu unterschiedlichen Zeitpunkten hergestellt und eingesetzt worden wären, es sich mithin um sieben in Tatmehrheit zueinander stehende Haupttaten gehandelt hätte, spricht somit alles dafür, dass der Angeklagte durch die einheitliche Weitergabe der Daten nur eine Beihilfe zu diesen Haupttaten geleistet hätte (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 27 Rn. 31 mwN). Da die Dubletten indes nach den Feststellungen in sechs Fällen noch am 4. Oktober 2010 zum Einsatz kamen und nur in einem Fall erst am 5. Oktober 2010 erstmals Geld abgehoben wurde, deutet darüber hinaus aber auch alles darauf hin, dass die sieben Dubletten in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang hergestellt wurden, um mit ihnen - wie geschehen - zeitnah Abhebungen vorzunehmen. Damit läge auch nur eine Haupttat des [X.] mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug vor (vgl. [X.], Urteil vom 10. Mai 2005 - 3 [X.], [X.], 566; Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 [X.], StraFo 2010, 391 f.). Selbst wenn der Angeklagte diese Haupttat durch mehrere selbständige Unterstützungshandlungen gefördert haben sollte, wäre er daher nur wegen einer einheitlichen Beihilfetat zu bestrafen (vgl. Fischer, aaO, Rn. 31a mwN).

8

Da weitergehende Feststellungen zum Konkurrenzverhältnis nicht zu erwarten sind, ändert der [X.] den Schuldspruch wie aus der [X.] ersichtlich ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den Vorwurf nur einer Beihilfetat nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

9

4. Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom [X.] festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der [X.] kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass bei richtiger Bewertung des [X.] eine niedrigere Strafe verhängt worden wäre.

5. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen auch nur teilweise zu entlasten, § 473 Abs. 4 StPO.

Becker                                  [X.]

                    [X.]

Meta

3 StR 239/11

13.10.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 14. April 2011, Az: 35 KLs 34/10

§ 152b Abs 4 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.10.2011, Az. 3 StR 239/11 (REWIS RS 2011, 2429)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2429

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 458/12

3 StR 239/11

Zitiert

2 StR 243/10

Zitieren mit Quelle:
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