10. Senat | REWIS RS 2010, 3381
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Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen: Notwendigkeit schriftlicher Änderung des Versorgungsvertrags - kein Sonderausgabenabzug nach Wiederaufnahme willkürlich ausgesetzter Zahlungen - Prognose zur Erfüllung der Versorgungsleistungen - Rechtsbindungswillen der Vertragsparteien
1. Änderungen eines Versorgungsvertrags können nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie von den Vertragsparteien schriftlich fixiert worden sind .
2. Werden die auf der Grundlage eines Vermögensübergabevertrags geschuldeten Versorgungsleistungen "willkürlich" ausgesetzt, so dass die Versorgung des Übergebers gefährdet ist, sind die weiteren Zahlungen auch nach Wiederaufnahme der ursprünglich vereinbarten Leistungen nicht als Sonderausgaben abziehbar .
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2001 bis 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Vater des [X.] übertrug diesem mit notariellem Vertrag vom 23. Oktober 1998 (Übergabevertrag) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zum 1. Januar 1999 das Eigentum an einem Grundstück sowie an dem auf dem Grundstück befindlichen [X.]. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, seinen Eltern jeweils zum ersten eines Monats eine monatliche Rente in Höhe von 4.000 DM ab dem 1. Februar 1999 zu bezahlen. Im Übergabevertrag war die Abänderbarkeit der Rente gemäß § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorgesehen. Im Grundbuch wurde eine abänderbare Reallast eingetragen.
Der Kläger führte den [X.] im Rahmen einer GmbH fort und vermietete dieser die betrieblichen Grundstücke. Die monatliche Pacht betrug bis Ende des Jahres 2001 44.080 DM. Wegen der schlechten Ertragslage des [X.]s wurde die Pacht ab 2002 auf 16.000 [X.] monatlich vermindert. Zwischen dem Streitjahr 2003 und dem [X.] traf der Kläger weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Ausgaben des [X.]s (z.B. Wegfall des Weihnachtsgelds und freiwilliger Lohnzuschläge, Schließung einzelner Filialen, Minderung der Pacht angemieteter Ladengeschäfte). Mit den Banken vereinbarte er eine Tilgungsaussetzung. Sein Geschäftsführergehalt (2001 111.600 DM; 2002 55.224 [X.]; 2003 57.480 [X.]) wurde ab Juli 2004 auf 1.600 [X.] monatlich gekürzt.
In den Streitjahren 2001 bis 2003 leistete der Kläger folgende Rentenzahlungen:
2001 | 2002 | 2003 | ||||
Rate | Betrag in DM | Betrag in € | Betrag in € | |||
Januar | 19.01.01 | 4.000 | 21.01.02 | 2.045,17 | ||
Februar | 29.01.01 | 4.000 | 22.02.02 | 2.045,17 | ||
März | 27.02.01 | 1.000 | ||||
April | 01.04.01 | 4.000 | ||||
Mai | 30.04.01 | 4.000 | ||||
Juni | 16.05.01 | 4.000 | ||||
Juli | ||||||
August | 16.08.01 | 4.000 | 31.07.03 | 2.045,17 | ||
September | 28.08.03 | 2.045,17 | ||||
Oktober | 12.10.01 | 4.000 | 29.09.03 | 2.045,17 | ||
November | 30.10.01 | 4.000 | 31.10.03 | 2.045,17 | ||
Dezember | 29.11.01 | 4.000 | 11.12.03 | 2.045,17 | ||
Summe | 37.000 | 4.090,34 | 10.225,85 |
Die GmbH und das Vermietungseinzelunternehmen erzielten in den Streitjahren folgende --um die Absetzung für Abnutzung (AfA) und den Erhaltungsaufwand korrigierte-- Ergebnisse:
GmbH | Vermietungseinzelunternehmen | |
Jahr | Ergebnis in € | Ergebnis in € |
2001 | + 69.205 | + 156.563 |
2002 | + 15.769 | + 104.544 |
2003 | - 36.175 | + 105.645 |
In ihren Einkommensteuererklärungen machten die Kläger die Rentenzahlungen, die sie teilweise überwiesen und teilweise bar geleistet hatten, als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren gültigen Fassung geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erkannte lediglich Rentenzahlungen in Höhe von 24.000 DM für die Monate Januar bis Juni 2001 als Sonderausgaben an und versagte für die Streitjahre 2002 und 2003 den Sonderausgabenabzug vollständig. Die Einsprüche der Kläger hiergegen blieben erfolglos.
Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Versorgungsleistungen der zweiten Jahreshälfte 2001 sowie die Zahlungen im Januar und Februar 2002 seien trotz der Abweichung von den Vereinbarungen im Versorgungsvertrag als Sonderausgaben abziehbar. Der Kläger habe die Rente in den Jahren 1999 und 2000 vollständig und zeitnah bezahlt. Die vereinzelte Nichtzahlung der Rente in den Jahren 2001 und 2002 sei durch die finanziell verschlechterte betriebliche Lage der Bäckerei bedingt und daher nicht willkürlich. Zudem könne vernachlässigt werden, dass die Zahlungen gelegentlich verspätet geleistet worden seien. Auch die Versorgungsleistungen für die Monate August bis Dezember 2003 seien als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Zwar habe bei Übergabe des [X.] ein Versorgungsvertrag nach dem sog. Typus 2 vorgelegen, da der Ertrag des von den Eltern übergebenen Vermögens nicht zur Deckung der Versorgungsleistungen ausgereicht habe. Die Wiederaufnahme der Zahlungen ab August 2003 sei jedoch wegen der völligen Einstellung der Zahlungen im Vorjahr als Vertragsänderung anzusehen. Der Kläger habe sich mit seinen Eltern auf ein neues [X.] geeinigt und beschlossen, nach der begonnenen Sanierung die Rentenzahlungen in der ursprünglich vereinbarten Höhe wieder aufzunehmen. Deshalb sei zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Zahlungen eine neue Ertragsprognose zu stellen. Diese falle zugunsten des [X.] aus, da die Rentenzahlungen aus dem Betriebsergebnis der GmbH und des Vermietungsunternehmens hätten bedient werden können.
Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 12 EStG. Es liege ein Übergabevertrag nach dem sog. Typus 2 vor. Die Versorgungsleistungen seien nicht durch die laufenden Nettoerträge des übernommenen Vermögens gedeckt. Daher seien die in den Jahren 2001 und 2002 gezahlten Renten nicht als dauernde Last abziehbar, sondern stellten Unterhaltsleistungen oder Leistungen aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i.S. des § 12 EStG dar. Zwar habe es --das [X.]-- sich auf Antrag des [X.] im Einspruchsverfahren damit einverstanden erklärt, dass im Streitfall die Grundsätze des Schreibens des [X.] ([X.]) vom 26. August 2002 [X.] -S 2255- 420/02 (BStBl I 2002, 893) weiter anzuwenden seien, weil die Eltern dem Kläger eine existenzsichernde und ihrem Wesen nach ertragbringende Wirtschaftseinheit --wenn auch ohne ausreichende [X.] überlassen hätten (vgl. hierzu [X.] des [X.]-Schreibens vom 16. September 2004 [X.] -S 2255- 354/04, [X.], 922). Nach der Rechtsprechung des [X.] --[X.]-- (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 15. November 2006 [X.], [X.], 209) habe das [X.] diese auf Billigkeitsgründen beruhende Übergangsregelung aber nicht anwenden dürfen.
Die ursprünglich zwischen den Parteien des Vermögensübergabevertrags getroffenen Vereinbarungen seien nicht wie unter fremden [X.] durchgeführt worden. Ein Fremder hätte nicht die völlige Aussetzung der Zahlungen hingenommen, sondern allenfalls eine Minderung akzeptiert. Hinzu komme, dass der Kläger auch mit fremden Gläubigern (Arbeitnehmern, Vermietern) und sich selbst (als Vermieter und Geschäftsführer) nur eine Minderung der ursprünglich vereinbarten Zahlungsansprüche vereinbart habe. [X.] hätten zudem auch bei einer Sanierungsbedürftigkeit des übertragenen Betriebs im Voraus klare, eindeutige und einklagbare Vereinbarungen über den Charakter der Aussetzung (endgültiger Erlass oder nur vorübergehende Stundung) sowie über deren vorgesehene Dauer bzw. über eine Wiederaufnahme der Zahlungen getroffen. Die Bezugnahme auf § 323 ZPO im Übergabevertrag hätte allenfalls eine Minderung der künftigen Leistungen gerechtfertigt.
In den letzten drei Jahren vor Betriebsübergabe habe der Durchschnittsgewinn des Einzelunternehmens des [X.] des [X.] 113.000 DM betragen. Dieser Gewinn hätte zwar ausgereicht, um die Zahlung der zugesagten Altenteilsleistungen in Höhe von 48.000 DM zu ermöglichen. Da der Vater jedoch noch vor der Betriebsübergabe am 1. Januar 1999 erhebliche Beträge in neue Maschinen und Geräte investiert habe, seien die früheren Betriebsergebnisse für [X.] um die bereits absehbaren Finanzierungskosten zu bereinigen. Der bisherige Durchschnittsertrag wäre davon aufgezehrt worden, während die erhoffte Steigerung der Umsätze und des Gewinns völlig ungewiss gewesen und auch nicht eingetreten sei. Deshalb habe das [X.] den Übergabevertrag zutreffend dem sog. Typus 2 zugeordnet.
Die Anerkennung der im Jahr 2003 wiederaufgenommenen Rentenzahlungen als Sonderausgaben stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.] zur willkürlichen Aussetzung und Wiederaufnahme von Zahlungen (vgl. Senatsurteil vom 3. März 2004 [X.], [X.]E 205, 261, [X.], 826). Aus dem Senatsurteil vom 13. Dezember 2005 [X.]/01 ([X.]E 212, 195, [X.], 16) könne nicht gefolgert werden, dass nach jeder Vertragsänderung eine erneute Ertragsprognose anzustellen sei und ursprünglich wegen ihrer Zuordnung zum sog. Typus 2 nicht als Sonderausgaben abziehbare Zahlungen für die Zukunft steuerlich anzuerkennen seien.
Das Finanzamt beantragt,
das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Entscheidung des [X.] stehe in Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] und enthalte keinen [X.].
[X.] Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des [X.] und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), soweit das [X.] die wiederkehrenden Zahlungen der Kläger in Höhe von 10.225,85 € im Streitjahr 2003 als Sonderausgaben anerkannt hat. Keinen Erfolg hat die Revision des [X.], soweit sie die Streitjahre 2001 und 2002 betrifft.
1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Hierzu hat die Rechtsprechung des [X.] im Wesentlichen die folgenden Grundsätze entwickelt:
a) Nach Maßgabe des § 12 EStG sind nicht abziehbar u.a. freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht (§ 12 Nr. 2 EStG). Dies gilt auch für die im Einleitungssatz des § 12 EStG nicht erwähnten Renten und dauernden Lasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG), soweit diese --außerhalb der für die Vermögensübergabe geltenden Sonderregelung-- Unterhaltsleistungen oder Leistungen aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht sind ([X.]surteil vom 27. Februar 1992 [X.], [X.]E 167, 381, [X.] 1992, 612).
b) Die steuerrechtliche Behandlung der Versorgungsleistungen als dauernde Last/wiederkehrende Bezüge "beruht auf dem Umstand, dass sich der [X.] in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen" (Beschluss des [X.]s des [X.] vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, [X.]E 161, 317, [X.] 1990, 847). Dem liegt nach dem Beschluss des [X.]s des [X.] vom 12. Mai 2003 GrS 1/00 ([X.]E 202, 464, [X.] 2004, 95) die normleitende Vorstellung zugrunde, dass der Übergeber das Vermögen --ähnlich wie beim [X.] ohne die vorbehaltenen Erträge, die nunmehr als Versorgungsleistungen zufließen, übertragen hat. [X.] Kriterium für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut Gegenstand einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein kann, ist, so der [X.], "die Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltsnießbrauch. Die Vermögensübergabe muss sich so darstellen, dass die vom Übernehmer zugesagten Leistungen --obwohl sie von ihm erwirtschaftet werden müssen-- als zuvor vom Übergeber vorbehaltene --abgespaltene-- Nettoerträge vorstellbar sind". Dies ist für die Abziehbarkeit und materiell-rechtlich korrespondierend für die Steuerbarkeit der privaten Versorgungsrente konstituierend ([X.]surteil vom 16. Juni 2004 [X.]/01 [X.]E 207, 114, [X.] 2005, 130, unter [X.] der Gründe).
2. Die Annahme des [X.], der im Oktober 1998 geschlossene Übergabevertrag sei dem sog. Typus 2 (sog. [X.] vom 23. Dezember 1996 [X.] -S 2257- 54/96, [X.], 1508; Anerkennung als Versorgungsleistungen bei deren mindestens 50 %iger Deckung durch das übertragene Vermögen) zuzuordnen, ist rechtsfehlerhaft.
a) Im Streitfall greift die vom [X.] in [X.]E 202, 464, [X.] 2004, 95 (unter [X.]) formulierte "Beweiserleichterung". Danach besteht bei der Übertragung eines gewerblichen Unternehmens gegen wiederkehrende Bezüge im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge eine nur in seltenen Ausnahmefällen widerlegliche Vermutung dafür, dass die Beteiligten im Zeitpunkt der Übertragung angenommen haben, der Betrieb werde auf Dauer ausreichende Gewinne erwirtschaften, um die wiederkehrenden Leistungen abzudecken. Das [X.] hat keinerlei Feststellungen getroffen, die diese Beweiserleichterung entkräften könnten. Vielmehr reichte der in den Jahren vor der Vermögensübergabe erzielte [X.] des Einzelunternehmens des Vaters des [X.] zur Erfüllung der Versorgungsleistungen selbst dann aus, wenn er nicht --wie von den Klägern im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragen-- bei ca. 300.000 DM, sondern bei 113.000 DM jährlich --so die Einlassung des [X.] in der [X.] gelegen hätte. Werden --wie vom [X.] in der Revisionsbegründung berechnet-- für [X.] die jährlichen Mehrbelastungen des Besitzunternehmens berücksichtigt, die aus den fremdfinanzierten Investitionen zwischen dem Abschluss des [X.] (23. Oktober 1998) und dem [X.] (1. Januar 1999) resultieren, ist diesen die Ertragssteigerung entgegenzusetzen, die die Investitionen nach Auffassung der Beteiligten zur Folge haben sollten. Dass die erhoffte Steigerung der Umsätze und Gewinne nicht sicher war und tatsächlich auch nicht eingetreten ist, ändert hieran schon deshalb nichts, weil die Versorgungsleistungen selbst in den Streitjahren 2001 bis 2003 nach den Feststellungen des [X.] (vgl. die Entscheidungsgründe unter 2.b) trotz der finanziellen Schwierigkeiten in diesen Jahren aus dem Ertragsüberschuss des Besitz- und des Betriebsunternehmens hätten bedient werden können. Im Übrigen rechnet nach der Rechtsprechung bei der Übertragung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft auch die Tätigkeitsvergütung für die Geschäftsführung zum erzielbaren Nettoertrag des überlassenen Vermögens ([X.]surteil vom 21. Juli 2004 [X.], [X.]E 207, 179, [X.] 2005, 133). Nichts anderes kann gelten in Fällen, in denen der [X.] ein Einzelunternehmen überträgt, der Vermögensübernehmer dieses als GmbH fortführt und ein Geschäftsführergehalt bezieht.
b) Der [X.] ist an die vom [X.] vorgenommene Wertung des [X.] (Typus 2 im Zeitpunkt der Vermögensübergabe) nicht gebunden. Zwar gehört die Auslegung von Verträgen grundsätzlich zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen i.S. des § 118 Abs. 2 [X.]O. Die Bindungswirkung entfällt jedoch, wenn die Auslegung des [X.] anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt ([X.]-Urteil vom 23. Januar 2003 [X.]/00, [X.]E 201, 278, [X.] 2003, 467, m.w.N.). Das [X.] hat im Streitfall den Versorgungsvertrag nicht ausgelegt. Es hat aus dem Umstand, dass der Ertragsüberschuss der Jahre 2001 bis 2003 die Versorgungsleistungen deckt, lediglich gefolgert, die neue Ertragsprognose im Jahr 2003 falle zugunsten der Kläger aus (Entscheidungsgründe des [X.] unter 2.b). Es hat nicht geprüft, ob die übereinstimmende Einschätzung der Kläger und des [X.], bei Vertragsschluss habe ein Übergabevertrag des sog. Typus 2 vorgelegen, zutreffend ist.
3. Zu Recht hat das [X.] die in der zweiten Jahreshälfte 2001 und im Januar bzw. Februar 2002 gezahlten wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben anerkannt.
a) Zutreffend ging das [X.] davon aus, dass die vereinbarten Leistungen als abänderbar anzusehen sind. Da im Versorgungsvertrag auf § 323 ZPO Bezug genommen wurde, konnten die Beteiligten den Vertrag und damit auch die Höhe der wiederkehrenden Leistungen nicht nur im Hinblick auf eine veränderte Bedarfslage der Berechtigten, sondern auch auf eine verbesserte bzw. verschlechterte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten anpassen.
b) [X.] ist im Streitfall, dass der Kläger und seine Eltern die Abweichung des tatsächlich [X.] vom Vereinbarten nicht dokumentiert haben.
aa) Zwar ist nach § 761 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]) zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leibrente versprochen wird, die schriftliche Erteilung des Versprechens (ggf. auch in elektronischer Form) erforderlich. Änderungen der Verpflichtungsermächtigung bedürfen der Form jedoch nur bei Verpflichtungserweiterungen ([X.]/M. Terlau, [X.], 12. Aufl., § 761 Rz 1); nachträgliche Einschränkungen oder bloße Erläuterungen unterliegen nicht dem Formerfordernis ([X.]/ [X.] (2008), § 761 Rz 4).
bb) Das [X.] hat nicht festgestellt, ob die Vertragsparteien im Übergabevertrag geregelt haben, dass Vertragsänderungen formbedürftig sind. Der [X.] muss das Verfahren aus diesem Grund jedoch nicht zurückverweisen. Vertragsparteien können einen vereinbarten Formzwang jederzeit aufheben. Als actus contrarius zur formfreien Begründung des Formzwangs ist die Aufhebung der [X.] gleichfalls formfrei ([X.]/[X.], a.a.[X.], § 125 Rz 8; [X.]/Ellenberger, [X.], 69. Aufl., § 125 Rz 19; vgl. auch [X.]-Urteil vom 20. April 1999 VIII R 81/94, [X.]/NV 1999, 1452). Selbst wenn im Streitfall im Übergabevertrag die Formbedürftigkeit einer Vertragsänderung vereinbart sein sollte, müsste von deren stillschweigender Aufhebung ausgegangen werden, da die Parteien nach den Feststellungen des [X.] die Maßgeblichkeit der mündlichen Vereinbarung zur zeitweisen Aussetzung der Versorgungsleistungen übereinstimmend gewollt haben.
cc) Versorgungsleistungen sind nach der gesetzlichen Systematik (Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG) stets privat veranlasst. Der Bezugsberechtigte erhält Unterhaltsleistungen (vgl. § 22 Nr. 1a EStG), die im Anwendungsbereich der privaten Versorgungsrente (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) steuerlich begünstigt sind. Bei Abweichungen vom Vereinbarten ist deshalb stets zu prüfen, ob die Aussetzung und anschließende Wiederaufnahme der Zahlungen, aber auch Schwankungen in der Höhe des [X.] durch eine Änderung der Verhältnisse gerechtfertigt oder willkürlich ist. Diese Prüfung setzt voraus bzw. wird jedenfalls erleichtert, wenn die Vertragsparteien die Aussetzung oder Änderung der Höhe der Versorgungsleistungen schriftlich niederlegen und begründen (Änderung des Versorgungsbedürfnisses/Änderung des [X.]). Der [X.] hält es deshalb für geboten, dass künftig über das Formerfordernis in § 761 [X.] hinaus auch nachträgliche Einschränkungen der Rentenverpflichtung schriftlich belegt werden. Andernfalls können derartige mündliche oder konkludente Vereinbarungen, die nach Bekanntwerden dieser Entscheidung getroffen worden sind, steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden. Eine schriftliche Fixierung der Änderungen des [X.] ermöglicht es im Übrigen den Beteiligten auch, bei Meinungsverschiedenheiten den Inhalt der abweichenden Regelung nachzuweisen.
dd) Dem stehen die [X.] zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen nicht entgegen, wonach u.a. Verträge lediglich bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart, also nicht in jedem Fall schriftlich abgefasst werden müssen. Im Unterschied zu Miet- oder Arbeitsverträgen unter nahen Angehörigen liegen einem Versorgungsvertrag keine "entgeltlichen" Leistungen zugrunde; der Versorgungsvertrag wird nicht nach dem Wert von Leistung und Gegenleistung ausgehandelt. Die Änderung eines [X.] ist steuerrechtlich daher nur anzuerkennen, wenn die veränderte Bedarfslage des Berechtigten oder eine verbesserte bzw. verschlechterte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dies erfordert. Diese Voraussetzungen müssen für eine spätere Überprüfung festgehalten werden. So kann auch ein ertragloses Wirtschaftsgut nur dann Gegenstand einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein, wenn sich der Übernehmer im Übergabevertrag --und damit schriftlich-- zur Veräußerung des übertragenen Objekts und zum Erwerb einer ihrer Art nach bestimmten Vermögensanlage verpflichtet (Beschluss des [X.]s des [X.] in [X.]E 202, 464, [X.] 2004, 95, unter C.[X.]6.a).
c) Den Abzug der in der zweiten Jahreshälfte 2001 und in den Monaten Januar und Februar 2002 gezahlten Versorgungsleistungen als Sonderausgaben hindert nicht eine fehlende Fremdüblichkeit.
aa) Die Funktion des anzustellenden Fremdvergleichs in Fällen der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen unterscheidet sich von derjenigen des Fremdvergleichs bei sonstigen Vertragsverhältnissen zwischen Angehörigen: Bei Letzteren geht es um die Frage, ob eine Vereinbarung in dem einkommensteuerrechtlich vorausgesetzten sachlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften (§ 2 Abs. 1, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder mit dem nach § 12 EStG unbeachtlichen privaten Bereich steht ([X.]-Urteil vom 28. Juni 2002 [X.], [X.]E 199, 380, [X.] 2002, 699).
bb) Diese Zuordnungsentscheidung entfällt bei der Anerkennung einer dauernden Last, da diese nach der gesetzlichen Systematik ohnehin stets privat veranlasst ist (vgl. oben [X.] cc). Hier sollen durch den Fremdvergleich Versorgungsverträge, denen beide Parteien --durch äußere Merkmale erkennbar-- rechtliche Bindungswirkung beimessen, von Vereinbarungen abgegrenzt werden, die zwar der äußeren Form nach als bindend erscheinen, für die Parteien selbst jedoch den Charakter der Beliebigkeit haben und von denen sie nur Gebrauch machen, wenn es ihnen opportun erscheint ([X.]surteil in [X.]E 205, 261, [X.] 2004, 826). Entscheidend ist deshalb, ob die Vertragsparteien mit dem erforderlichen Rechtsbindungswillen handeln.
cc) Im Streitfall haben die Kläger im Zeitraum zwischen Juli 2001 bis einschließlich Februar 2002 in zwei Monaten (Juli 2001 und September 2001) keine Versorgungsleistungen erbracht. Angesichts der Tatsache, dass im Übergabevertrag auf § 323 ZPO Bezug genommen wurde und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des übernommenen Bäckereibetriebs in dieser Zeit, die auch zu finanziellen Zugeständnissen Dritter (Vermieter, Arbeitnehmer, ab 2004 auch der Banken) führte, lässt diese Abweichung vom vertraglich Vereinbarten nicht den Schluss zu, die Parteien hätten ihren vertraglichen Pflichten insgesamt nicht mehr nachkommen wollen.
(1) Der [X.] hat im Hinblick auf den Rechtsbindungswillen bei [X.] und Versorgungsverträgen bereits in seinem Vorlagebeschluss an den [X.] des [X.] vom 10. November 1999 [X.] ([X.]E 189, 497, [X.] 2000, 188, unter [X.]) die Auffassung vertreten, lediglich die Unregelmäßigkeit der Zahlungen hindere für sich allein die Anerkennung einer dauernden Last nicht.
(2) Auch wenn in einer finanziell schwierigen Situation des übergebenen Unternehmens einzelne Versorgungsleistungen ausgesetzt werden, ist nach Auffassung des [X.]s nicht der Schluss gerechtfertigt, die Parteien würden dem Versorgungsvertrag keine rechtliche Bindungswirkung mehr beimessen. Solange in solchen Fällen der Übernehmer seine --sich aus dem Sinn und Zweck des [X.] ergebende-- Hauptpflicht, nämlich die Sicherung des finanziellen Unterhalts des [X.]s, erfüllt, sind die geleisteten Rentenzahlungen als Sonderausgaben abziehbar.
4. Zu Unrecht hat das [X.] jedoch die ab August 2003 gezahlten wiederkehrenden Leistungen in Höhe von 10.225,85 € als Sonderausgaben anerkannt.
Mag der Kläger auch subjektiv der Meinung gewesen sein, die Versorgungsleistungen zwischen März 2002 und Juli 2003 nicht erbringen zu können, ohne den Bestand des übernommenen Vermögens zu gefährden, stehen dieser Annahme doch die objektiven Zahlen entgegen. Nach den Feststellungen des [X.] überstiegen die Nettoerträge der GmbH und des Vermietungseinzelunternehmens in allen Streitjahren die Versorgungsleistungen. Hinzu kommt, dass auch die Tätigkeitsvergütung als GmbH-Geschäftsführer zum erzielbaren Nettoertrag des überlassenen Vermögens rechnet. Der Kläger selbst hat bis 2004 keine Vermögenseinbuße in Form eines Gehaltsverzichts als Geschäftsführer der GmbH erbracht. Dieses Verhalten lässt darauf schließen, dass er sich nicht mehr an den Versorgungsvertrag gebunden fühlte. Ein am Versorgungsvertrag festhaltender Vermögensübernehmer würde die [X.] nicht über einen so langen Zeitraum (insgesamt 17 Monate) vollkommen aussetzen und so die Versorgung desjenigen gefährden, der ihm Vermögen --wirtschaftlich betrachtet-- jedenfalls teilweise unentgeltlich übertragen hat. Würde man die Zahlungen steuerlich berücksichtigen, stünde es im Belieben der Vertragsparteien eines Vermögensübergabevertrags, in welchem Umfang sie den Vertrag als bindend anerkennen und erfüllen wollen.
Auch wenn die Beteiligten den Versorgungsvertrag ab August 2003 stets vertragsgerecht erfüllt haben sollten (nach dem Vortrag des [X.] wurden jedenfalls auch im [X.] zwei Rentenzahlungen nicht erbracht), kommt eine Rückkehr zum vertragsgerechten Verhalten nach einer Phase einer schwerwiegenden Abweichung vom Vereinbarten nicht in Betracht (so auch BMF-Schreiben vom 11. März 2010 IV C 3 - [X.], [X.], 227, [X.], bzw. in BStBl I 2004, 922, [X.] 39). Das gravierende vertragswidrige Verhalten während eines längeren Zeitraums (im Streitfall 17 Monate) zeigt den fehlenden Rechtsbindungswillen der Parteien und lässt den Übergabevertrag als Ganzes deshalb nicht unberührt (a.[X.], Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2005, 223). Erfüllt der Übernehmer in späteren Jahren die vereinbarten Versorgungsleistungen vertragsgemäß, sind deshalb auch diese Aufwendungen nicht als Sonderausgaben abziehbar. Andererseits hat der [X.], der über einen längeren Zeitraum vertragswidrig keine Versorgungsleistungen erhalten hat, auch bei Wiederaufnahme der Zahlungen keine sonstigen Einkünfte zu versteuern.
Meta
15.09.2010
Urteil
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. August 2008, Az: 3 K 219/06, Urteil
§ 10 Abs 1 Nr 1a EStG 1997, § 12 EStG 1997, § 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002, § 12 EStG 2002, § 118 Abs 2 FGO, § 125 BGB, § 761 BGB, § 22 Nr 1a EStG 1997, § 22 Nr 1a EStG 2002, § 22 Nr 1 EStG 1997, § 22 Nr 1 EStG 2002
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.09.2010, Az. X R 13/09 (REWIS RS 2010, 3381)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 3381
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
(Keine Versagung des Sonderausgabenabzugs bei bloß verspäteter Zahlung von Versorgungsleistungen - Erfordernis einer Gesamtwürdigung - …
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen: Vorübergehende Reduzierung der Zahlungen unschädlich - Wiederkehrende Leistungen als Sonderausgaben
Umschichtungen im Rahmen der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen in nicht ausreichend ertragbringende Wirtschaftsgüter - Aufgabe der …
(Abziehbarkeit von Vermächtnisleistungen - Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG)
Einkommensteuerrechtliche Abziehbarkeit von Vermächtnisleistungen - Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben - Generationennachfolge-Verbund