Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2020, Az. 4 StR 91/20

4. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11404

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:160720U4STR91.20.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

Urteil
4 StR 91/20

vom
16. Juli 2020
in der Strafsache
gegen

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

-
2
-

Der 4.
Strafsenat des [X.]s hat in der Sitzung vom 16.
Juli 2020, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. Quentin
als Vorsitzender,

[X.] am [X.]
Bender,
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Rommel

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin des [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

,

als Verteidiger,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-

1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 10.
Oktober
2019 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der er-weiterten
Einziehung von Taterträgen abgesehen worden ist.
2.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Gründe:
I.

Han-von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; ferner hat es ein Elektroimpulsgerät, ein näher bezeichnetes Messer sowie 49,656
Gramm [X.] eingezogen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer
zuungunsten des Angeklagten eingeleg-ten und auf die Sachrüge gestützten Revision gegen die unterbliebene erweiterte Einziehung von Taterträgen (§
73a StGB). Zwar ist der Revisionsantrag

weitergehend

auf die Aufhebung
. Eine Auslegung der Revisionsbegründungsschrift
unter Berücksichtigung von Nr.
156 Abs.
2 [X.] ergibt jedoch
zweifelsfrei, dass die Staatsanwaltschaft die auf §
73 Abs.
1 StGB gestützte Ablehnung der Einziehung von
ihrem [X.]
-
4
-

nommen hat. Das wirksam auf die unterbliebene Anordnung der erweiterten [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 29.
März 2018

4
StR 568/17, [X.]St 63, 114, 115; vom 28.
August 2018

1
StR 103/18, NStZ-RR 2018, 335; vom
10.
Januar 2018

5
StR 465/17
und Beschluss vom 7. Juli 2011

3 [X.]) beschränkte
und vom [X.] vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
II.
1. Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte im Jahr 2019 einen schwunghaften Handel mit Kokain. Bei der am 4.
Juli 2019 durchgeführten [X.]sdurchsuchung wurden 49,656
Gramm Kokain
gefunden, die zum gewinnbrin-genden Weiterverkauf bestimmt waren; zudem fanden sich auf einer Fensterbank im Wohnzimmer zugriffsbereit ein Messer mit spitz zulaufender, einseitig geschärfter und 15
Zentimeter langer Klinge sowie ein als Taschenlampe getarntes
Elektroim-pulsgerät. Schließlich wurde im Wohn-
und im [X.] des Angeklagten [X.] in Höhe von insgesamt 18.929,12
Euro, welches er nicht durch die verfahrens-gegenständliche Tat erlangte, aufgefunden
und sichergestellt.
2.
Das [X.] hat von der erweiterten
Einziehung von Taterträgen abge-sehenVoraussetzungen des §
73d StGB

nicht vorlägen. Es sei zwar da-st ein nicht unerheblicher Teil des in der Wohnung aufgefundenen Bargelds aus Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten

stam-me; die Anordnung des erweiterten Verfalls

scheide jedoch aus, weil die [X.] verbleibe, dass nicht alle sichergestellten Geldbeträge aus früheren Betäu-bungsmittelgeschäften erlangt seien.
3. Diese
Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung
nicht stand.
a) Dabei ist letztlich unschädlich, dass das [X.] seiner Entscheidung §
73d Abs.
1 Satz
1 StGB aF zugrunde gelegt
und nicht bedacht hat, dass diese Vorschrift durch das am 1.
Juli 2017 in [X.] getretene Gesetz zur Reform der straf-2
3
4
5
-
5
-

rechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.
April 2017 ([X.]
I S.
872) aufgehoben und durch die Vorschrift des §
73a StGB ersetzt worden ist. Da §
73a StGB gegen-über §
73d Abs. 1 StGB
aF
in sachlicher Hinsicht im Wesentlichen keine Änderung erfahren hat (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
April 2018

3
StR 63/18; BT-Drucks. 18/9525, S.
66), liegt hierin kein den Bestand des Urteils gefährdender
Rechtsfehler.
b) Die Begründung, mit der
das [X.] die
erweiterte Einziehung von [X.] abgelehnt hat, ist nicht tragfähig.
aa) Die erweiterte Einziehung
von Taterträgen im Sinne des §
73a StGB setzt voraus, dass das Tatgericht aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, dass die von der [X.] erfassten und im Eigentum des Angeklagten stehenden Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt sind, ohne dass diese selbst im Einzelnen festgestellt werden müssten (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Januar 2018

5
StR 465/17; Beschluss vom 22.
November 1994

4
StR 516/94, [X.]St 40, 371, 373). Begründen [X.] Tatsachen die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass Vermögensgegenstände des Täters
aus anderen

legalen

Quellen und nicht aus rechtswidrigen Taten stammen, steht dies der Anordnung der erweiterten Einziehung von [X.] entgegen
(vgl. [X.], Beschluss vom 22.
November 1994

4
StR 516/94, [X.]St 40, 371, 373).
bb) Gemessen
hieran ist die tatgerichtliche Annahme, dass der
in der [X.] aufgefundene und im Eigentum des Angeklagten (vgl. zu diesem Erfordernis
[X.], Beschluss vom 23.
Oktober 2018

1
StR 503/18, [X.], 141) stehende erhebliche Bargeldbetrag zumindest teilweise aus legalen Quellen stammt, beweis-würdigend nicht tragfähig belegt.
Konkrete Tatsachen, die
teilsgründen auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht entnehmen. Sie liegen an-6
7
8
9
-
6
-

gesichts der Feststellungen zur Auffindesituation des Bargelds in
überwiegend
sowie den Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen (vgl.
§
437 StPO) des Angeklagten, der im Inland keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, eher fern. Das [X.] hätte sich daher zu einer Auseinandersetzung mit diesen Umständen gedrängt sehen müssen, an der es hier fehlt.

c) Der Senat vermag ein Beruhen des Urteils auf diesem Rechtsfehler nicht auszuschließen

337 StPO).
4. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.
Der Senat weist auf Folgendes hin:
Wegen des beschränkten Anfechtungsumfangs des Rechtsmittels ist die auf §
73 Abs. 1 StGB gestützte Ablehnung der Einziehung einschließlich der sie tragen-den Feststellung, dass der
sichergestellte Bargeldbetrag in Höhe von 18.929,12 Euro nicht aus der verfahrensgegenständlichen Tat erlangt ist, bindend geworden.
Sollte das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht tatsachenfundiert zu der Überzeugung gelangen, dass ein Teil des Bargelds möglicherweise aus einer legalen

10
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13
14
-
7
-

Quelle stammt, wird es den der erweiterten Einziehung unterliegenden Bargeldbetrag erforderlichenfalls durch Schätzung zu ermitteln (§
73d StGB) und die [X.] in den Urteilsgründen nachvollziehbar darzulegen haben.
Quentin
Bender
[X.]

[X.]
Rommel

Vorinstanz:
[X.], [X.], [X.]

56 Js 786/19 65 KLs 39/19 7 Ss 1/20

Meta

4 StR 91/20

16.07.2020

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2020, Az. 4 StR 91/20 (REWIS RS 2020, 11404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11404

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3 StR 144/11

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