Bundessozialgericht, Urteil vom 21.02.2013, Az. B 10 ÜG 2/12 KL

10. Senat | REWIS RS 2013, 7984

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Entschädigung von 700 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt sieben Zwölftel, der Kläger fünf Zwölftel der Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 1200 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Entschädigung wegen einer unangemessenen Dauer des Verfahrens vor dem [X.] ([X.]) - B 6 [X.]/07 B - hat.

2

Der Kläger ist als psychologischer Psychotherapeut seit Juni 1999 in [X.] für das Behandlungsverfahren der Verhaltenstherapie zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Mit Beschluss vom 8.12.1999 ermächtigte ihn der Berufungsausschuss [X.] für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als psychologischer Psychotherapeut mit Wirkung vom 1.1.2000 für den [X.] zur Nachqualifikation für die Dauer von fünf Jahren. Diesen Beschluss hob das [X.] auf die Klage der Kassenärztlichen Vereinigung [X.] auf. Die dagegen gerichtete Berufung des [X.] wies das [X.] [X.]-Bremen ([X.]) zurück. Ebenso verneinte es einen seit Dezember 1998 verfolgten Anspruch des [X.] auf bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in E. (Urteil vom 23.5.2007).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem - ihm am [X.] zugestellten - Urteil legte der Kläger am [X.] beim [X.] Beschwerde ein, die er am 17.10.2007 begründete. Als Zulassungsgründe machte er Verfahrensmängel, Divergenz sowie grundsätzliche Bedeutung geltend. Die [X.] wurde den übrigen Beteiligten unter dem 18.10.2007 mit einer Äußerungsfrist von einem Monat zugeleitet. Am 18.2.2008 äußerte sich der Kläger zur Begründung seiner Beschwerde ergänzend. Durch Beschluss vom 28.1.2009, der dem Kläger am [X.] zugestellt wurde, wies der 6. Senat des [X.] die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] zurück. Mit Beschluss vom [X.], dem Kläger zugestellt am 15.6.2009, nahm das [X.] ([X.]) die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des [X.] nicht zur Entscheidung an. Am 14.12.2009 hat der Kläger beim [X.] ([X.]) ua wegen überlanger Verfahrensdauer Beschwerde eingelegt, die noch anhängig ist.

4

Am 3.6.2012 hat der Kläger beim [X.] durch elektronische Übermittlung Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer erhoben. Zur Begründung trägt er ua vor: Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde seien lediglich Rechtsfragen zu klären gewesen. Es habe etwa ein Jahr länger gedauert, als erforderlich gewesen wäre. Im Ergebnis erscheine mindestens eine Entschädigung auf der Basis von neun Monaten zu je 100 Euro angemessen.

5

Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der unangemessenen Dauer seines Verfahrens gegen den Berufungsausschuss [X.] für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit vor dem [X.] [X.]/07 B - eine angemessene Entschädigung von mindestens 900 Euro zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

7

Sie ist der Ansicht, angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage sei die Verfahrensdauer nicht unangemessen gewesen.

8

Der Senat hat gemäß § 106 SGG eine Auskunft des Vorsitzenden des 6. Senats des [X.] am [X.] zur Erläuterung des [X.] und der Schwierigkeit des Verfahrens - B 6 [X.]/07 B - eingeholt. Dieser hat sich mit Schreiben vom 12.7.2012 geäußert. Ferner hat der Senat die statistischen Zahlen des [X.] über die Dauer der in den Jahren 2005 bis 2011 erledigten Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde sowie die Verhandlungskalender des 6. Senats über die im [X.] durchgeführten Sitzungen beigezogen.

9

Die genannte Äußerung sowie die statistischen Unterlagen sind den Beteiligten zugeleitet worden. Der Inhalt der Verhandlungskalender ist auszugsweise mitgeteilt worden. Die Beschwerdeakten des [X.] [X.]/07 B - sind ebenfalls Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist zulässig.

a) Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff Gerichtsverfassungsgesetz ([X.]) sowie die §§ 183, 197a und 202 [X.] idF des [X.] bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ([X.]) vom 24.11.2011 ([X.]) maßgebend. Nach Art 23 [X.] [X.] gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten (gemäß Art 24 [X.] am 3.12.2011) bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen [X.]eschwerden beim [X.] ist oder noch werden kann. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Das vom Kläger als unangemessen lang angesehene Verfahren des [X.] [X.] 54/07 [X.] - ist durch den [X.]eschluss des [X.] vom [X.] - spätestens durch den [X.]eschluss des [X.] vom [X.] - beendet worden und damit bei Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 abgeschlossen gewesen. Die Dauer des vorbezeichneten Verfahrens des [X.] war bei Inkrafttreten des [X.] auch Gegenstand einer anhängigen [X.]eschwerde beim [X.]. Diese hat der Kläger - was im Rahmen des Art 23 [X.] [X.] erforderlich sein dürfte (vgl dazu [X.], [X.] 2012, 32, 35; [X.], NZ[X.]012, 493, 497; s auch Gesetzentwurf der [X.]regierung, [X.]T-Drucks 17/3802 [X.], identisch [X.]; [X.]eschlussempfehlung und [X.]ericht des Rechtsausschusses, [X.]T-Drucks 17/7217 [X.] f; s LSG [X.]aden-Württemberg Urteil vom 21.11.2012 - L 2 SF 436/12 EK - anhängig unter - [X.] ÜG 1/13 [X.] -) unter [X.]eachtung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art 35 Europäische Menschenrechtskonvention ([X.]) erhoben. Insbesondere ist die in Art 35 Abs 1 [X.] [X.] bestimmte Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung eingehalten worden. Als die "endgültige innerstaatliche Entscheidung" ist hier der dem Kläger am 15.6.2009 zugestellte [X.]eschluss des [X.] vom [X.] anzusehen. Die Sechsmonatsfrist ist durch die am 14.12.2009 eingelegte [X.]eschwerde beim [X.] gewahrt worden.

b) Für die Entscheidung über die Klage ist das [X.] zuständig. Nach § 200 [X.] [X.] haftet der [X.], die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten des [X.] eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen den [X.] ist nach § 201 Abs 1 [X.] [X.] der [X.]gerichtshof ([X.]) zuständig. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt § 202 [X.] [X.] diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des [X.] (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des [X.], an die Stelle des [X.] das [X.] und an die Stelle der ZPO das [X.] tritt.

c) Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 [X.]) statthaft.

Aus § 201 Abs 2 [X.] [X.], wonach die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug entsprechend anzuwenden sind, ergibt sich iVm § 202 [X.] [X.], dass auch für Verfahren vor dem [X.] die Vorschriften des [X.] über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen sind. Gemäß § 54 Abs 5 [X.] kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Der Kläger macht angesichts der Regelung des § 198 [X.] nachvollziehbar geltend, dass er auf die begehrte Entschädigungszahlung, eine Leistung iS des § 54 Abs 5 [X.], einen Rechtsanspruch habe. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl § 198 Abs 5 [X.]).

d) Die Klage ist formgerecht erhoben. Die gemäß § 90 [X.] für die Klage vorgeschriebene Schriftform ist eingehalten. Die Prozessbevollmächtigten des [X.] haben die Klageschrift unter [X.]eachtung der [X.]estimmungen des § 65a [X.] in Verbindung mit der Rechtsverordnung der [X.]regierung vom 18.12.2006 ([X.] 3219) mit qualifizierter elektronischer Signatur, die gemäß § 65a Abs 1 S 3 [X.] einer schriftlichen Unterzeichnung gleichgestellt ist, elektronisch übermittelt.

e) Die Einlegungsfrist ist eingehalten. Nach Art 23 S 6 [X.] muss die Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs 1 [X.] bei abgeschlossenen Verfahren spätestens am 3.6.2012 erhoben werden. Die Klage ist am letzten Tag der gesetzlichen Frist, nämlich am 3.6.2012, erhoben worden. Entgegen dem, auf der mit dem 3.6.2012 datierten Klageschrift aufgebrachten Eingangsstempel des [X.] "4.6.2012" ist die Klage am 3.6.2012 eingegangen. Dies ergibt sich bei der vorliegenden elektronischen Übertragung aus dem sog Transfervermerk "3.6.2012, [X.]". Damit wird das Ende des Empfangsvorgangs ausgewiesen.

f) Einer Verzögerungsrüge iS des § 198 Abs 3 [X.] bedurfte es hier nicht; denn gemäß Art 23 S 5 [X.] ist § 198 Abs 3 und 5 [X.] auf bei seinem Inkrafttreten abgeschlossene Verfahren nicht anzuwenden.

2. Die Zahlungsklage ist teilweise begründet.

Der Kläger begehrt Entschädigung wegen einer unangemessenen Dauer des Verfahrens - [X.] 6 [X.] 54/07 [X.] -. Insoweit macht er ausschließlich einen Nachteil geltend, der kein Vermögensnachteil ist. Er ist der Ansicht, das betreffende [X.] habe etwa ein Jahr länger als erforderlich gedauert. Da gemäß § 198 Abs 2 S 3 [X.] die Entschädigung für jedes Jahr der Verzögerung 1200 Euro beträgt und der Kläger eine Zahlung von "mindestens" 900 Euro begehrt, ist von einem streitigen [X.] in Höhe von 1200 Euro auszugehen. Der [X.] hält eine Entschädigung von 700 Euro für angemessen, weil das Verfahren - [X.] 6 [X.] 54/07 [X.] - etwa sieben Monate zu lange gedauert hat.

Nach § 198 Abs 1 [X.] [X.] wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs 4 [X.] ausreichend ist (§ 198 Abs 2 [X.] [X.]).

Damit setzt der vom Kläger geltend gemachte Anspruch voraus, dass eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens vorliegt (a), dass der Kläger als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten hat (b), dass nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs 4 [X.] nicht ausreichend ist (c) und dass der geforderte [X.]etrag als Entschädigung angemessen ist (d).

a) Das Verfahren - [X.] 6 [X.] 54/07 [X.] - war unangemessen lang.

Gemäß § 198 Abs 6 [X.] [X.] ist ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Darunter ist die formelle Rechtskraft einer Entscheidung zu verstehen, so dass in die Verfahrensdauer auch der [X.]raum bis zur Zustellung des Urteils oder einer anderen das Verfahren abschließenden Entscheidung einbezogen ist ([X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] RdNr 54 mwN). Damit erstreckt sich die Dauer des Verfahrens - [X.] 6 [X.] 54/07 [X.] - von der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] am [X.] bis zur Zustellung des [X.]eschlusses des 6. [X.]s vom [X.] beim Kläger am [X.].

aa) § 198 Abs 1 [X.] [X.] bestimmt, dass sich die "Angemessenheit der Verfahrensdauer" nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und der [X.]edeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter, richtet. Damit hat der Gesetzgeber von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen, weil eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, nicht möglich ist (vgl [X.], [X.] 2010, 205 ff; [X.]egründung des Gesetzentwurfs der [X.]regierung, [X.]R-Drucks 540/10 [X.]4 = [X.]T-Drucks 17/3802 [X.]). Er benennt hingegen nur beispielhaft ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die [X.]eurteilung der Angemessenheit bzw Unangemessenheit einer Verfahrensdauer besonders bedeutsam sind (s auch [X.]T-Drucks 17/3802 [X.]). Derartige Umstände reichen nach Auffassung des [X.]s jedoch für die Anwendung des [X.]egriffs der "unangemessenen Verfahrensdauer" (§ 198 Abs 1 [X.] [X.]) nicht aus. Vielmehr sind diese Umstände in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen, der sich aus folgenden Erwägungen ergibt:

[X.] für den gesetzlich begründeten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer ist die Verletzung des in Art 19 Abs 4 und Art 20 Abs 3 GG sowie Art 6 Abs 1 [X.] verankerten Rechts eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener [X.] (s [X.]T-Drucks 17/3802 [X.]; [X.], aaO, § 198 [X.] RdNr 63). § 198 Abs 1 [X.] knüpft für die [X.]estimmung der (Un)Angemessenheit inhaltlich an die Maßstäbe an, die [X.] und [X.] für die [X.]eurteilung der Verfahrensdauer entwickelt haben ([X.], aaO, § 198 [X.] RdNr 71; vgl auch [X.]T-Drucks 17/3802 [X.], 15; Roller, [X.], [X.]eilage Juni 2012, 1, 9; [X.]öcker, DStR 2011, 2173, 2174).

Die Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs gemäß § 198 [X.] an den als Grundrecht nach Art 19 Abs 4 GG (iVm Art 20 Abs 3 GG) sowie als Menschenrecht nach Art 6 Abs 1 [X.] qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener [X.] verdeutlicht, dass es darauf ankommt, ob der [X.]eteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht beeinträchtigt worden ist. Damit wird eine gewisse Schwere der [X.]elastung von vornherein vorausgesetzt. Es reicht also nicht jede Abweichung vom Optimum, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit [X.] (Art 97 Abs 1 GG) und auch zu dem Ziel einer inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidungen steht (vgl dazu Roller, aaO, 1, 3 f; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 198 [X.] RdNr 22). Auch das spricht dagegen, bei der [X.]estimmung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer eine enge zeitliche Grenze zu ziehen.

Die Dauer eines Verfahrens ist in hohem Maße von dem Verhältnis abhängig, in dem die Zahl der von Rechtsuchenden betriebenen Verfahren zu den persönlichen und sächlichen Mitteln des jeweils zuständigen Gerichts steht. Dabei reicht es aus, dass dieses Verhältnis angemessen ist. Der Staat ist jedenfalls nicht verpflichtet, so große Gerichtskapazitäten vorzuhalten, dass jedes anhängig gemachte Verfahren sofort und ausschließlich von [X.] bearbeitet werden kann. Vielmehr muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass [X.] neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat (vgl dazu Roller, aaO, 2 f). Insofern ist ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten. Im Hinblick darauf kann es von [X.]edeutung sein, in welcher [X.] vergleichbare Verfahren erledigt werden. Die betreffenden statistischen Zahlen sind allerdings daraufhin zu prüfen, ob sie eine im Durchschnitt überlange Verfahrensdauer wiederspiegeln. Ist das nicht der Fall, so können diese Zahlen einen hilfreichen Maßstab bei der [X.]eurteilung der Angemessenheit der Dauer eines konkreten Verfahrens bieten (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] RdNr 87; Roller, aaO, 6 f). Entscheidend sind dabei allerdings die Umstände des Einzelfalls.

bb) Mit einer Dauer von mehr als siebzehn Monaten zwischen dem Eingang der Nichtzulassungsbeschwerde am [X.] und der Entscheidung darüber durch [X.]eschluss des 6. [X.]s des [X.] vom [X.] war das vorliegend zu beurteilende [X.] länger als ca 95 % aller [X.]eschwerdeverfahren beim [X.]. Allein aufgrund der statistischen Zahlen zeigt die vorliegende Verfahrensdauer damit eine zeitliche Überlänge.

Nach den den [X.]eteiligten zur Verfügung gestellten statistischen Zahlen des [X.] aus den Jahren 2005 bis 2011 wurden von den anhängig gemachten Verfahren der [X.]eschwerde wegen Nichtzulassung der Revision zwischen 75,2 % und 81,5 % in einem [X.]raum von unter sechs Monaten abgeschlossen. 15,3 % bis 17,4 % aller Verfahren endeten in einem [X.]raum von sechs bis unter zwölf Monaten. Zwölf bis unter achtzehn Monate dauerten 3,7 % bis 9 % der Verfahren, achtzehn bis unter vierundzwanzig Monate 0,2 % bis 2,5 % und über vierundzwanzig Monate 0 % bis 0,5 %. Insoweit stehen erst seit 2009 nach Fachgebieten differenzierte Zahlen zur Verfahrensdauer zur Verfügung. [X.]ei den [X.]eschwerdeverfahren vor dem 6. [X.] des [X.], der seit jeher für die Streitigkeiten aufgrund der [X.]eziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten - unter Einschluss der Zahntechniker - sowie anderen an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilnehmenden Einrichtungen einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (Vertragsarztrecht) zuständig war und ist, ergeben sich für das [X.] relevante Abweichungen von den statistischen Werten aller Verfahren des [X.]. In den folgenden Jahren gleichen sich die betreffenden Zahlen des 6. [X.]s wieder an diejenigen des gesamten [X.] an. Während danach der 6. [X.] im [X.] - nur - 65,7 % der [X.]eschwerdeverfahren in einem [X.]raum bis zu zwölf Monaten abschließen konnte, belief sich der Vergleichswert im Jahr 2010 auf 96,2 % und erreichte 2011 den Wert von 100 %.

Zur Würdigung dieser statistischen Werte ist insgesamt zu berücksichtigen, dass darin alle [X.]eschwerdeverfahren eingehen, unabhängig von der Erledigungsart (insbesondere [X.]eschluss oder Zurücknahme) und unabhängig davon, ob eine [X.]eschwerde ohne Hinzuziehung [X.] als unzulässig verworfen (s § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.]) oder ob eine Entscheidung mit deren [X.]eteiligung getroffen worden ist (Zulassung der Revision, Zurückweisung der [X.]eschwerde oder Zurückverweisung der Sache bei Verfahrensmangel). Zudem ist besonders bei den Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu berücksichtigen, dass diese innerhalb der nach § 160a Abs 2 [X.] vorgegebenen zeitlichen Grenzen ablaufen und in [X.] der Rechtswegzuständigkeit des [X.] unterliegenden Rechtsgebieten relativ gleichgestaltet sind. Maßgebend ist die fristgerecht abzugebende [X.]egründung der [X.]eschwerde. [X.]eweisaufnahmen oder sonstige besondere Maßnahmen des Gerichts finden im Regelfall nicht statt. Schließlich ist zu beachten, dass in der Statistik des [X.] als Ende des jeweiligen Verfahrens der [X.]punkt der Entscheidung des [X.]s, nicht jedoch deren Zustellung berücksichtigt wird.

Entgegen der vom Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2012 vertretenen Auffassung ist bei einem Abschluss von rund 95 % aller [X.]eschwerdeverfahren in einer [X.] von bis zu zwölf Monaten nach deren Einlegung nicht davon auszugehen, dass beim [X.] Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde durchgängig unangemessen lange dauern (vgl dazu auch [X.], [X.] 2010, 179, 183 f). Ein "Systemfehler" im Sinne einer generell zu langen Verfahrensdauer, der durch die [X.]etrachtung der Statistik als Normalzustand angesehen würde, ist danach nicht erkennbar. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf vom [X.] entschiedene Sachen aus der [X.] Sozialgerichtsbarkeit bezieht, ist nicht ersichtlich, dass davon ein [X.] des [X.] betroffen war.

cc) Die konkreten Umstände des Einzelfalles können die Länge des Verfahrens nicht in vollem Umfang erklären. [X.]ei deren [X.]eurteilung, insbesondere in [X.]ezug auf die Schwierigkeit des Verfahrens, aber auch hinsichtlich der übrigen Verhältnisse im 6. [X.] des [X.] legt der erkennende [X.] zunächst die Stellungnahme des Vorsitzenden des 6. [X.]s vom 12.7.2012 zugrunde. Sie ist als nach § 106 Abs 3 [X.] [X.] zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 [X.]) eingeholte Auskunft zulässige Grundlage für die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen über die Umstände des zu beurteilenden Gerichtsverfahrens. Einwände gegen den Inhalt der Auskunft des Vorsitzenden des 6. [X.]s sind sowohl hinsichtlich der mitgeteilten Tatsachen als auch hinsichtlich der darin enthaltenen Wertungen, etwa über die rechtliche Schwierigkeit des Verfahrens, auch vom Kläger nicht vorgebracht worden. Eine Vernehmung des Vorsitzenden des 6. [X.]s als (sachverständiger) Zeuge erübrigt sich daher.

aaa) Danach f[X.] folgende Einzelumstände ins Gewicht:

Zunächst handelte es sich - auch mit [X.]lick auf das vom Kläger parallel dazu geführte Verfahren gegen den [X.]erufungsausschuss in [X.]remen - [X.] 6 [X.] 53/07 [X.] - um ein formell- und materiell-rechtlich besonders schwieriges Verfahren. Diese Wertung des Vorsitzenden des 6. [X.]s ist nach eigener [X.]eurteilung des erkennenden [X.]s zutreffend. Das [X.]eschwerdeverfahren war vom Stoff her sehr umfangreich. Der Kläger hatte alle drei statthaften Zulassungsgründe in mehrfacher Form geltend gemacht. Dies zeigt sich insbesondere im Umfang des [X.]eschlusses vom [X.] mit mehr als 10 Seiten [X.]egründungstext. Diese Gegebenheiten erforderten demnach eine überdurchschnittliche [X.]earbeitungszeit mit entsprechenden Auswirkungen auf die Verfahrensdauer.

Als weiter maßgeblichen Umstand des Einzelfalles sieht der [X.] die [X.]edeutung des Verfahrens für den Kläger an, die sich darin zeigt, dass seine berufliche Stellung in erheblicher Weise betroffen war. Der Kläger war in [X.] seit 2000 nur vorübergehend im Rahmen einer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung in [X.] beteiligt und erstrebte eine Zulassung in E., die ihm die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zulässige vollständige Leistungserbringung an seinem gewünschten Sitz ermöglicht hätte und zwar bei gleichzeitigem Erwerb der Mitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung [X.]. Von besonderer [X.]edeutung für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde sieht der [X.] schließlich den Umstand an, dass das gesamte Verfahren, als die Nichtzulassungsbeschwerde im August 2007 beim [X.] anhängig wurde, bereits seit Dezember 1998 und das gerichtliche Verfahren seit März 2000 andauerte, ohne zu einem rechtskräftigen Abschluss gekommen zu sein. Unter beiden Gesichtspunkten war nach Auffassung des erkennenden [X.]s eine beschleunigte Erledigung des [X.]s geboten.

bbb) Andere Gegebenheiten, die die Verfahrensdauer vor dem 6. [X.] des [X.] tatsächlich beeinflusst haben mögen, sind hingegen nicht geeignet, eine Verzögerung der Erledigung zu rechtfertigen. Dies gilt zunächst für den Umstand, dass die Stelle des Vorsitzenden des 6. [X.]s des [X.] - nach Eintritt des bisherigen Amtsinhabers in den Ruhestand - vom 1.4. bis 31.7.2008 vakant war. Denn die [X.]eklagte hat als Gerichtsträger die ausreichende persönliche Ausstattung der Spruchkörper zu gewährleisten (vgl [X.]T-Drucks 17/3802, [X.]9; allg auch [X.] [X.]eschluss vom 13.8.2012 - 1 [X.]vR 1098/11 - NZ[X.]013, 21 Rd[X.]9 mwN). Auch die allgemeine Arbeitsbelastung des 6. [X.]s kann nicht als Rechtfertigung für eine längere Verfahrensdauer dienen. Die [X.]ehebung eines solchen Zustandes fällt ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich der [X.]eklagten. Zwar ist nicht zu verkennen, dass das Erfordernis der Hinzuziehung [X.] je nach Gegenstand des Verfahrens (vgl § 12 Abs 3 [X.]) besondere Dispositionen erfordert. Dieser Umstand erlaubt es jedoch nicht, die Dauer eines Verfahrens an der Grenze zur Unangemessenheit deutlich zu verlängern, zumal die beigezogenen Terminkalender des 6. [X.]s des [X.] aus dem Jahre 2008 zeigen, dass an einzelnen Sitzungstagen (6.2., 9.4., 16.7. und 5.11.2008) auch ein Wechsel [X.] stattgefunden hat.

ccc) Insgesamt gesehen halten sich die für eine längere Verfahrensdauer und die für eine beschleunigte Erledigung sprechenden Gesichtspunkte in etwa die [X.]. Unter [X.]erücksichtigung der genannten Umstände geht der [X.] davon aus, dass für das [X.] - [X.] 6 [X.] 54/07 [X.] - die Grenze der Angemessenheit - allgemein betrachtet - bei einer Verfahrensdauer von etwa einem Jahr überschritten war (vgl allg dazu [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 198 [X.] RdNr 25).

dd) In Ansehung des konkreten Ablaufs des Verfahrens - [X.] 6 [X.] 54/07 [X.] - kommt der [X.] zu dem Ergebnis, dass sich eine Verzögerung von etwa sieben Monaten feststellen lässt.

Das Verfahren vom Eingang der [X.]eschwerde am [X.] bis zu deren [X.]egründung am 17.10.2007 ist durch die auf Antrag des [X.] gemäß § 160a Abs 2 [X.] [X.] erfolgte Verlängerung der [X.]egründungsfrist um etwa einen Monat verzögert worden. Die sodann verfügte Äußerungsfrist von einem Monat für die übrigen [X.]eteiligten erscheint als angemessen, da diesen ausreichend rechtliches Gehör zu gewähren war (vgl § 62 [X.]). Dem Ablauf dieser Frist um den [X.] schließt sich notwendigerweise ein [X.]raum an, in dem die Meinungsbildung der beteiligten [X.]erufsrichter des [X.]s stattfindet. Wird die [X.]eschwerde durch die [X.]erufsrichter als unzulässig beurteilt, etwa weil die gesetzlich festgelegten Darlegungsanforderungen (s § 160a Abs 2 S 3 [X.]) nicht erfüllt sind, kann sie in erheblich kürzerer [X.] ohne [X.]eteiligung [X.] verworfen werden. Halten die [X.]erufsrichter die [X.]eschwerde - wie hier - für zulässig, sind an der [X.]eschlussfassung [X.] zu beteiligen, was sinnvollerweise an einem Sitzungstag des [X.]s geschieht, an dem auch Revisionsentscheidungen zu treffen sind. Der angemessene Umfang der für die Sitzungsvorbereitung erforderlichen [X.] wird maßgeblich durch Umfang und Schwierigkeit der Sache bestimmt. Im vorliegend zu beurteilenden [X.] hat der Kläger seine [X.]eschwerdebegründung am 18.2.2008 ergänzt. Dieser Vortrag ist im [X.]eschluss des 6. [X.]s vom [X.] auch berücksichtigt worden. Er hat damit zwar den Arbeitsumfang vermehrt, aber nicht zu einer Verzögerung der Entscheidung beigetragen.

Für die Prüfung sowohl der [X.]eschwerdebegründungsschrift als auch des ergänzenden Vortrags des [X.] und zur Vorbereitung der Entscheidung des 6. [X.]s ist nach Einschätzung des erkennenden [X.]s unter [X.]erücksichtigung aller relevanten Umstände ein [X.]raum von etwa sieben Monaten noch angemessen gewesen. Im Einzelnen sind dabei einerseits die Komplexität der [X.]eschwerde und andererseits die besondere [X.]edeutung des Verfahrens für den Kläger sowie die Gesamtdauer des Verfahrens berücksichtigt worden.

Diese [X.]spanne von sieben Monaten nach Ablauf der Äußerungsfrist der Gegenseite (etwa am [X.]) endete um den 20.6.2008. Da im Juni 2008 keine Sitzung des 6. [X.]s mit ehrenamtlichen Richtern terminiert war und die [X.]estimmung der einzelnen Sitzungstage grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden liegt (vgl § 110 [X.]), wäre es nach Auffassung des erkennenden [X.]s nicht zu beanstanden gewesen, wenn der 6. [X.] über die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] erst in seiner Sitzung am 16.7.2008 entschieden hätte. Es war angesichts der Notwendigkeit eines geordneten Geschäftsablaufs im Hinblick auf die übrigen Verfahren des 6. [X.]s nicht geboten, nur für die [X.]eschlussfassung über die Sachen [X.] 6 [X.] 53/07 [X.] und [X.] 6 [X.] 54/07 [X.] vor der am 20.6.2008 bereits absehbaren Sitzung am 16.7.2008 eine gesonderte [X.]eratung mit ehrenamtlichen Richtern anzusetzen. Allerdings wäre der 6. [X.] nach einer [X.]eschlussfassung am 16.7.2008 gehalten gewesen, die Abfassung und Zustellung der schriftlichen Entscheidung besonders zu beschleunigen. Dafür ist ein [X.]raum von ca drei Wochen als angemessen anzusehen, so dass das Verfahren etwa bis zum [X.] hätte vollständig abgeschlossen werden müssen.

Nach alledem ist der danach verstrichene Verfahrenszeitraum vom 8.8.2008 bis zur Zustellung des [X.]eschlusses vom [X.] am [X.] (volle sieben Monate) als unangemessen lang anzusehen.

b) Durch diese überlange Verfahrensdauer hat der Kläger einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten. Dies folgt aus § 198 Abs 2 [X.] [X.], wonach ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet wird, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Umstände, die diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und auch von der [X.]eklagten nicht vorgebracht worden.

c) Weitere Voraussetzung für den vom Kläger verfolgten Entschädigungsanspruch ist es nach § 198 Abs 2 [X.] [X.], dass eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Abs 4 dieser Vorschrift nicht ausreichend ist. § 198 Abs 4 [X.] [X.] sieht vor, dass Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich ist durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, wobei nach der [X.]egründung des Gesetzentwurfs der [X.]regierung zugleich eine "Freistellung" des [X.] von den Kosten des [X.] in [X.]etracht zu ziehen sein soll ([X.]R-Drucks 540/10 [X.]6 unten).

Nach der Rechtsprechung des [X.] zu Art 6 und Art 41 [X.] kommt bei vorliegender Überlänge eines Gerichtsverfahrens eine derartige Kompensation eines Nichtvermögensschadens nur ausnahmsweise in [X.]etracht ([X.], [X.], 3. Aufl 2011, Art 6 RdNr 209 und Art 41 RdNr 25). [X.] kann eine schlichte Feststellung der unangemessenen Dauer danach beispielsweise in Verfahren, die für den Entschädigungskläger keine besondere [X.]edeutung hatten oder in denen er durch sein Verhalten erheblich zur Verzögerung beigetragen hat (s [X.]T-Drucks 17/3802 [X.]0 li Spalte; Guckelberger, [X.], 289, 296; [X.]/[X.], NJW 2012, 1, 4 f). [X.] hat der [X.] in 16 Entscheidungen gegen [X.] eine Verletzung des Art 6 Abs 1 [X.] (Recht auf ein Gerichtsverfahren innerhalb angemessener Frist) festgestellt (s [X.]MJ, [X.]ericht über die Rechtsprechung des [X.] und die Umsetzung seiner Urteile in Verfahren gegen die [X.]republik [X.] im Jahr 2010, [X.]0 bis 19). In drei Verfahren davon hat der [X.] von der Festsetzung einer Entschädigung abgesehen (s Urteile in den Sachen 40009/04 vom 7.1.2010, 36395/07 vom [X.] und 12852/08 vom [X.]), in zwei Verfahren, weil der [X.]eschwerdeführer selbst in erheblichem Umfang Verzögerungen verursacht hatte, und in einem Verfahren, weil eine Kausalität zwischen der Verletzung des Art 6 Abs 1 [X.] und dem geltend gemachten immateriellen Nachteil nicht vorlag. [X.] ist von den 7 Entscheidungen des [X.] gegen [X.] in einem Fall von der Festsetzung einer Entschädigung abgesehen worden, weil für den [X.]eschwerdeführer eine Dringlichkeit des Ausgangsverfahrens entf[X.] war (s Urteil 854/07 vom 29.9.2011, zitiert nach dem [X.]ericht des [X.]MJ über die Rechtsprechung des [X.] und die Umsetzung seiner Urteile in Verfahren gegen die [X.]republik [X.] im Jahr 2011, [X.]5 bis 18). Gemäß § 198 Abs 4 S 3 Halbs 2 [X.] kommt die bloße Feststellung einer Überlänge des Verfahrens in [X.]etracht, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des § 198 Abs 3 [X.], etwa Vorliegen einer ordnungsgemäßen Verzögerungsrüge, nicht erfüllt sind.

[X.]ei Würdigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen sich der erkennende [X.] anschließt, kommt eine Ausnahme von der regelmäßigen Feststellung einer angemessenen Entschädigung im vorliegenden Fall schon deswegen nicht in [X.]etracht, weil das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wie auch das gesamte Gerichtsverfahren über die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in [X.] für den Kläger von besonderer [X.]edeutung und angesichts der gesamten bisherigen Länge des Verfahrens zeitlich dringlich war. Eine Fallgestaltung nach § 198 Abs 4 S 3 [X.] liegt nicht vor.

Schließlich ist eine bloße Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer hier auch nicht deshalb geboten, weil bei einer unangemessenen Verzögerung von weniger als einem Jahr eine Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nicht möglich wäre. Gemäß § 198 Abs 2 S 3 [X.] beträgt die Entschädigung "für jedes Jahr der Verzögerung 1200 Euro". Nach einhelliger Meinung in der zu § 198 [X.] vorliegenden Literatur wird durch diese Gesetzesfassung eine Entschädigung für nicht vermögenswerte Schäden, die durch unberechtigte Verzögerungen von unter einem Jahr entstanden sind, nicht ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Entschädigung auch für einzelne oder mehrere Monate der Verzögerung möglich (s [X.]T-Drucks 17/3802 [X.]0; [X.], [X.], 1905, 1907; [X.], NZ[X.]012, 493, 496; Schenke, NVwZ 2012, 257, 262; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] RdNr 224 mwN).

d) Die dem Kläger zustehende angemessene Entschädigung beläuft sich auf 700 Euro.

Aus dem gemäß § 198 Abs 2 S 3 [X.] vorgegebenen Richtwert von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung errechnet sich eine Entschädigung von 100 Euro pro Monat. [X.]ei einer unangemessenen Dauer (Überlänge) von sieben Monaten ergibt sich danach ein Entschädigungsbetrag von 700 Euro.

Zwar wird in der Literatur - jeweils ohne nähere [X.]egründung - die Auffassung vertreten, dass die gesetzlich vorgesehene pauschale Entschädigung 1200 Euro für jedes "angefangene" Jahr der Verzögerung betrage ([X.]öcker, DStR 2011, 2173, 2176; Horn, WZ[X.]012, 270, 273). Der ganz überwiegende Teil der Literatur ist jedoch der Ansicht, dass sich nach § 198 Abs 2 S 3 [X.] bei einer Verzögerung von unter einem Jahr die Entschädigung auf einen entsprechenden Teilbetrag verringere ([X.], aaO, § 198 [X.] RdNr 224 mwN; [X.], [X.], 1905, 1907; Schenke, NVwZ 2012, 258, 262; [X.], [X.], 327, 331; [X.], NZ[X.]012, 493, 496). Dem schließt sich der [X.] an. Neben dem Wortlaut des Gesetzes, das nur von jedem Jahr nicht aber von jedem angefangenen Jahr spricht, folgt diese Auslegung auch aus der [X.]egründung des Gesetzentwurfs der [X.]regierung. Zum Entwurf des § 198 [X.] wird dort insoweit ausgeführt, dass der [X.] an die [X.]emessungsgröße von einem Jahr, dh zwölf Monaten, anknüpfe, für [X.]räume unter einem Jahr aber eine zeitanteilige [X.]erechnung erfolge (s [X.]T-Drucks 17/3802 [X.]0). Dass im Gesetzgebungsverfahren möglicherweise eine dritte Rechtsauffassung durch einzelne Abgeordnete dahin angedeutet worden ist, dass bei der vorgeschlagenen Gesetzesfassung (1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung) [X.]eschwerdeführer, deren Verfahren sich um elf Monate verzögert haben, Gefahr liefen, keine Entschädigung zu erhalten (s [X.]T-Drucks 17/7217 [X.]5), veranlasst den [X.] nicht zu einer anderen Gesetzesauslegung.

Zwar kann nach § 198 Abs 2 S 4 [X.] das Gericht einen höheren oder niedrigeren [X.]etrag - als 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung - festsetzen, wenn der [X.]etrag von 1200 Euro unbillig ist. Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Abweichung von dem gesetzlichen Richtwert nach oben oder unten sind im vorliegenden Verfahren jedoch weder ersichtlich noch von den [X.]eteiligten vorgetragen.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 [X.] Halbs 3 [X.] iVm § 155 Abs 1 VwGO.

4. Die [X.] folgt aus § 63 Abs 2 [X.] und § 52 Abs 1 und Abs 2 GKG.

Meta

B 10 ÜG 2/12 KL

21.02.2013

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend SG Hannover, 4. Juni 2003, Az: S 10 KA 239/00, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.02.2013, Az. B 10 ÜG 2/12 KL (REWIS RS 2013, 7984)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7984

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 10 ÜG 1/12 KL (Bundessozialgericht)

Überlanges Gerichtsverfahren - Entschädigungsklage - Nichtzulassungsbeschwerde - unangemessene Dauer - Umstände des Einzelfalls - allgemeiner …


B 10 ÜG 8/13 B (Bundessozialgericht)


B 10 ÜG 7/13 B (Bundessozialgericht)


B 10 ÜG 9/13 B (Bundessozialgericht)

(Überlanges Gerichtsverfahren - abgeschlossenes Verfahren - Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG - Zulässigkeit und Begründetheit …


B 10 ÜG 3/13 B (Bundessozialgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1098/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.