Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.12.2011, Az. 7 ABR 36/10

7. Senat | REWIS RS 2011, 312

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Gegenstand

Mitbestimmung bei Eingruppierung - Zuordnung zum NV Bühne - Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 16. April 2010 - 6 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Betriebsrat bei der Zuordnung zum [X.] Bühne ([X.]) ein Mitbestimmungsrecht zusteht, wenn die Arbeitgeberin mit einem Arbeitnehmer der in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] genannten Berufsgruppen vereinbart, dass er überwiegend künstlerisch tätig ist.

2

Die Arbeitgeberin betreibt in [X.] ein Theater mit regelmäßig mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern. Für den Betrieb ist der antragstellende Betriebsrat errichtet. Im Betrieb findet entweder der [X.] oder der Tarifvertrag für die arbeitsrechtliche Vereinigung [X.]amburg e. V. (TV-AV[X.]) Anwendung. Vom Geltungsbereich des TV-AV[X.] sind nach dessen § 1 das künstlerische Theaterpersonal und das technische Theaterpersonal mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit ausgenommen. In § 1 Abs. 1 und Abs. 3 [X.] vom 15. Oktober 2002 ist geregelt:

        

„(1) Dieser Tarifvertrag gilt für [X.] und Bühnentechniker sowie Opernchor- und Tanzgruppenmitglieder (im folgenden insgesamt als Mitglieder bezeichnet) an Bühnen innerhalb der [X.], die von einem Lande oder von einer Gemeinde oder von mehreren Gemeinden oder von einem Gemeindeverband oder mehreren Gemeindeverbänden ganz oder überwiegend rechtlich oder wirtschaftlich getragen werden.

        

…       

        

(3) Bühnentechniker sind Technische Direktoren und technische Leiter, Vorstände der Malsäle, Leiter des Beleuchtungswesens, Leiter der Bühnenplastikerwerkstätten, Leiter des Kostümwesens, Leiter der Ausstattungswerkstätten, [X.], Referenten und Assistenten der Technischen Direktoren und technischen Leiter, Tonmeister.

        

Oberinspektoren und Inspektoren, Theater- und Kostümmaler, Beleuchtungsmeister und Beleuchter, Bühnenplastiker (Kascheure), Maskenbildner, Requisitenmeister und [X.], [X.], Bühnenmeister, Veranstaltungstechniker, Tontechniker und [X.]ersonen in ähnlicher [X.]tellung sind Bühnentechniker im [X.]inne dieses Tarifvertrags, wenn mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbart wird, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind.“

3

Für Bühnentechniker bestimmt § 67 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.], dass im Arbeitsvertrag eine Gage zu vereinbaren ist, die seit 1. Januar 2009 mindestens 1.600,00 Euro monatlich beträgt. Gestufte [X.] sieht der [X.] nur für die Bereiche Chor und Tanz vor.

4

Die Arbeitgeberin vereinbarte mit dem [X.], der [X.] und dem Veranstaltungstechniker [X.] in ihren Arbeitsverträgen jeweils die Anwendung des [X.] und „eine überwiegend künstlerische Tätigkeit“. Die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und [X.] waren zunächst bis 31. Juli 2010 befristet. Die Befristungen wurden über diesen Zeitpunkt hinaus verlängert. Alle drei Arbeitsverhältnisse bestehen fort. Die vereinbarte Vergütung entsprach bezogen auf eine Vollzeitstelle der Mindestgage des § 67 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.] oder überstieg diesen Mindestbetrag.

5

Die Arbeitgeberin beteiligte den Betriebsrat bei der Einstellung der drei Arbeitnehmer. Das geschah bei [X.]errn M unter dem 8. Juli 2008, bei Frau [X.] unter dem 25. März 2008 und bei [X.]errn [X.] unter dem 7. April 2008. Im Rahmen der Unterrichtung zu den [X.]ersonalmaßnahmen teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat jeweils mit, die drei Arbeitnehmer sollten „auf Basis/in [X.]“ beschäftigt werden. Der Betriebsrat stimmte den Einstellungen zu, verweigerte aber schriftlich die Zustimmung zu den Eingruppierungen unter dem 10. Juli 2008 für [X.]errn M, unter dem 28. März 2008 für Frau [X.] und unter dem 9. April 2008 für [X.]errn [X.]. Der Betriebsrat verwies auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 [X.]. Die Arbeitnehmer fielen aus seiner [X.]icht nicht in den Geltungsbereich des [X.], sondern in den des TV-AV[X.].

6

Die Arbeitgeberin führte die Maßnahmen ohne weitere Beteiligung des Betriebsrats durch.

7

Mit dem von ihm am 6. November 2008 eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat das Ziel verfolgt, der Arbeitgeberin aufzugeben, für die Eingruppierungen der drei betroffenen Arbeitnehmer das Zustimmungsersetzungsverfahren des § 99 Abs. 4 [X.] durchzuführen. Bei der Beurteilung, ob anstelle des TV-AV[X.] der NV Bühne zur Anwendung komme, handle es sich um eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.].

8

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben,

        

bezüglich der Eingruppierung (vergütungsrechtlichen Zuordnung) des Mitarbeiters M als [X.] für Veranstaltungstechnik ein Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 [X.] durchzuführen;

        

bezüglich der Eingruppierung (vergütungsrechtlichen Zuordnung) der Mitarbeiterin [X.] als [X.] ein Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 [X.] durchzuführen;

        

bezüglich der Eingruppierung (vergütungsrechtlichen Zuordnung) des Mitarbeiters [X.] als Veranstaltungstechniker ein Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 [X.] durchzuführen.

9

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge des Betriebsrats abzuweisen. [X.]ie hat die Auffassung vertreten, die einzelvertragliche Vereinbarung des [X.] mit überwiegend künstlerisch tätigen Bühnentechnikern sei keine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung. Für die Arbeitnehmer M, [X.] und [X.] bestünden schon keine zwei einschlägigen kollektiven [X.], weil die Arbeitgeberin den TV-AV[X.] in den Zeitpunkten der [X.] und zuvor nur auf Gewerkschaftsmitglieder angewandt habe. Der [X.] enthalte für überwiegend künstlerisch tätiges [X.]ersonal keine Vergütungsordnung mit mehr als einer Vergütungsgruppe. Eine Eingruppierung setze ein aus mindestens zwei Vergütungsgruppen bestehendes [X.] voraus. [X.]oweit sie den [X.] arbeitsvertraglich in Bezug nehme, handle es sich nicht um die Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe, sondern um eine freie Vereinbarung.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das [X.] hat ihnen auf die Beschwerde des Betriebsrats stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat den Anträgen des Betriebsrats zu Recht stattgegeben. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 [X.] Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin nach der bereits erfolgten Verweigerung seiner Zustimmung zu den Eingruppierungen der drei betroffenen Arbeitnehmer in den [X.] das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchführt. Die Entscheidungen der Arbeitgeberin, die drei Arbeitnehmer dem [X.] zuzuordnen, sind mitbestimmungspflichtige Eingruppierungen i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]. Die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und [X.] erforderte keine neuen Eingruppierungen der beiden Arbeitnehmer, die der [X.] des Betriebsrats unterlägen.

I. Die Anträge sind zulässig.

1. Wie die gebotene Auslegung ergibt, berühmt sich der Betriebsrat keines Mitbestimmungsrechts bei der einzelvertraglichen Vereinbarung. Es geht ihm auch nicht darum, eine bestimmte andere Eingruppierungsentscheidung der Arbeitgeberin herbeizuführen. Er will lediglich an der von der Arbeitgeberin vorgenommenen Zuordnung der Arbeitnehmer zum [X.] nach § 99 [X.] durch [X.] beteiligt werden. Der Betriebsrat nimmt an, dass die Arbeitgeberin seine Zustimmung zu den Eingruppierungen bereits beantragt hat und deshalb aufgrund der von ihm verweigerten Zustimmung verpflichtet ist, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] einzuleiten.

2. Mit diesem Verständnis sind die Anträge des Betriebsrats hinreichend bestimmt i[X.]v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 Z[X.]O. Eine ihnen stattgebende Entscheidungsformel kann nach § 85 Abs. 1 [X.]atz 1 und [X.]atz 3 ArbGG iVm. § 888 Abs. 1 [X.]atz 1 Z[X.]O vollstreckt werden (vgl. [X.] 22. April 2009 - 4 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.]E 130, 286). Die Anträge entsprechen den Formulierungen, die das [X.] in ähnlich gelagerten Fällen hinsichtlich des [X.] für sachdienlich gehalten hat (vgl. etwa [X.] 22. April 2009 - 4 [X.] - aaO; 26. Oktober 2004 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 112, 238). Wird den Anträgen stattgegeben, hat die Arbeitgeberin das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] einzuleiten (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 11, [X.], 513).

II. Die Anträge sind begründet. Ihr Erfolg beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 101 [X.]. Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin die Beteiligung an der Zuordnung der drei betroffenen Arbeitnehmer zum [X.] verlangen. Dabei handelt es sich um Eingruppierungen, die nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] mitbestimmungspflichtig sind. Die einzelvertragliche Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit mit einem Angehörigen der in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] genannten Berufsgruppen selbst ist mitbestimmungsfrei. Der Betriebsrat hat jedoch mitzubeurteilen, ob der betreffende Arbeitnehmer einer der Berufsgruppen des § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] angehört und damit die Vergütungsordnung des [X.] anzuwenden ist. § 118 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.] steht dem [X.]srecht des Betriebsrats nicht entgegen. Der Betriebsrat hat die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zu den Eingruppierungen verweigert. Der Arbeitgeberin ist daher aufzugeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und [X.] verlangt keine neue Ein- oder Umgruppierung.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s kann der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber eine Ein- oder Umgruppierung vorgenommen hat, ohne zuvor versucht zu haben, die nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] erforderliche Zustimmung des Betriebsrats einzuholen, entsprechend § 101 [X.] zur [X.]icherung seines Mitbestimmungsrechts verlangen, dass der Arbeitgeber seine Zustimmung nachträglich einholt und das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] durchführt, wenn der Betriebsrat die Zustimmung verweigert (vgl. [X.] 26. Oktober 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe mwN, [X.]E 112, 238). Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Maßnahme getroffen hat, die eine Ein- oder Umgruppierung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] ist (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 13, [X.], 513).

a) Nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] ist der Betriebsrat ua. vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen.

aa) Das „Mitbestimmungsrecht“ besteht in den Fällen der Ein- und Umgruppierung nicht in einem Mitgestaltungs-, sondern in einem [X.]srecht. Es setzt voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Ein- oder Umgruppierung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] vornehmen will. Eine Ein- oder Umgruppierung in diesem [X.]inn besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Diese Beurteilung hat der Arbeitgeber regelmäßig bei jeder Einstellung und Versetzung vorzunehmen. Das folgt bereits aus § 99 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.], der für diese Fälle die Unterrichtung des Betriebsrats über die vorgesehene Eingruppierung ausdrücklich vorschreibt (vgl. für die [X.]Rspr. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 15, [X.], 513 ; 27. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 19, EzA [X.] 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6 ).

bb) Gibt es im Betrieb mehrere in Betracht kommende [X.], hat der Betriebsrat nicht nur ein [X.]srecht bei der Einordnung eines Arbeitnehmers innerhalb einer der [X.], sondern auch bei der Frage, ob der Arbeitnehmer in die zutreffende Vergütungsordnung eingruppiert wird. Er kann die Zustimmung zu einer beabsichtigten Eingruppierung mit der Begründung verweigern, die Vergütungsordnung, in die der Arbeitgeber den Arbeitnehmer eingruppieren wolle, sei nicht die richtige. Der Betriebsrat hat deshalb beispielsweise mitzubeurteilen, ob ein Arbeitnehmer aufgrund einer Vertragsänderung nicht mehr der bisherigen Vergütungsordnung unterfällt, sondern einem außertariflichen - nicht weiter gestuften - Bereich zuzuordnen ist. Diese Beurteilung ist nicht identisch mit dem nicht mitbestimmten Abschluss des [X.]. [X.]ie ist erst dessen Folge. [X.]ie der [X.] des Betriebsrats zu unterziehen, entspricht [X.]inn und Zweck der Mitwirkung nach § 99 [X.] bei einer Umgruppierung. Das [X.]srecht dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Lohn- und Gehaltsgruppenordnung(en) in gleichen oder vergleichbaren Fällen. Es soll innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und Transparenz der im Betrieb vorgenommenen Eingruppierungen gewährleisten (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 16, [X.], 513 ; 27. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 24, EzA [X.] 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6 ).

cc) Für das [X.]srecht des Betriebsrats ist es unerheblich, woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt. [X.]ie kann in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (vgl. [X.] 12. Dezember 2000 - 1 ABR 23/00 - zu [X.] der Gründe, EzA [X.] 1972 § 87 [X.] Nr. 20). Für die betriebliche Mitbestimmung kommt es auch nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt ([X.] 4. Mai 2011 - 7 [X.] - Rn. 21, [X.], 1239).

b) Nach diesen Grundsätzen ist zwar die nach § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] getroffene arbeitsvertragliche Vereinbarung mit einem Arbeitnehmer, dass er überwiegend künstlerisch tätig werde, keine Eingruppierung im [X.]inne von § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]. Das gilt aber nicht für die vom Arbeitgeber vorgenommene Zuordnung des Arbeitnehmers zum [X.]. An ihr ist der Betriebsrat zu beteiligen.

aa) Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit ist keine Eingruppierung. Der Geltungsbereich des [X.] wird im [X.]inblick auf dieses Tatbestandsmerkmal nach § 1 Abs. 1, Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] konstitutiv durch die vertragliche Übereinkunft eröffnet. Das Kriterium für den maßgebenden Vertragsinhalt ist die vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die durch die individualvertragliche Vereinbarung definiert wird. Die Vereinbarung bestimmt den Inhalt der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit. Machen die Arbeitsvertragsparteien von dieser Möglichkeit einer vertraglichen Eingrenzung Gebrauch, ist der Tätigkeitsbereich schon aufgrund der Willensübereinkunft als überwiegend künstlerisch anzusehen. Die vereinbarte Tätigkeit ist sachlich geeignet, den besonderen Regelungen des speziell für den künstlerischen Bereich geschaffenen Tarifvertrags [X.] zu unterfallen. Der Inhalt eines solchen Arbeitsverhältnisses ist durch die Vereinbarung festgelegt, ohne dass dem Betriebsrat dabei ein [X.]srecht zukäme. § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] will damit auch auf die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 [X.]atz 1 GG Rücksicht nehmen (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 19, [X.], 513 ; 27. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 21, Ez A [X.] 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6, jeweils unter [X.]inweis auf BVerwG 22. April 1998 - 6 [X.] 4.97 - zu II 3 b der Gründe, [X.] 1999, 274 noch zu § 3 NV [X.]olo). Ein möglicher Widerspruch zwischen dem, was ein Angehöriger der in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] genannten Berufsgruppen tatsächlich an Arbeitsleistung erbringt, und der Charakterisierung dieser Tätigkeit als überwiegend künstlerisch ist keine Frage des personellen Anwendungsbereichs des [X.], sondern ein [X.]roblem der vertragsgemäßen Beschäftigung ([X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - aaO ; 27. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 22 mwN, aaO).

bb) Dagegen ist die Zuordnung des einzelnen Arbeitnehmers zum [X.] eine Eingruppierung. Der Arbeitgeber muss beurteilen, ob der betroffene Arbeitnehmer dem Anwendungsbereich des [X.] oder demjenigen einer anderen Vergütungsordnung unterfällt. Dabei ist der Betriebsrat zu beteiligen.

(1) Im Betrieb der Arbeitgeberin kamen in der Vergangenheit mit dem TV-AV[X.] und dem [X.] mehrere [X.] nebeneinander zur Anwendung. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin davon ausgeht, die Anwendung des TV-AV[X.] sei nach ihrer damaligen Vergütungssystematik jedenfalls für [X.] nicht in Betracht gekommen. Für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 [X.] ist nicht der Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers, sondern die betriebliche Geltung der Vergütungsordnung maßgeblich (vgl. [X.] 4. Mai 2011 - 7 [X.] - Rn. 21, [X.], 1239). Die von der Arbeitgeberin vorzunehmende Zuordnung zum [X.] und nicht zu einer anderen Vergütungsordnung unterliegt daher der [X.] des Betriebsrats.

(2) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats entfällt nicht deswegen insgesamt, weil für seine rechtliche [X.]rüfung und damit für eine mögliche Zustimmungsverweigerung nur noch wenige Umstände in Betracht kommen. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit durch die Arbeitgeberin mit einem der Arbeitnehmer, die in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] genannt sind, ist für die Beurteilung der Zuordnung zum [X.] verbindlich. Mit ihr wird der Inhalt des Arbeitsverhältnisses auch in tarifrechtlich zulässiger Weise festgelegt. Der Betriebsrat kann bei der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Zuordnung zum [X.] aber noch selbständig und unabhängig von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der überwiegend künstlerischen Tätigkeit prüfen, ob der Arbeitnehmer zu den in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] genannten Berufsgruppen der sog. nachgeordneten Bühnentechniker gehört. Ebenso ist Teil der rechtlichen [X.], ob ein zu den Berufsgruppen des § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 [X.] gehörender Arbeitnehmer, den der Arbeitgeber dem [X.] zuordnen will, mit dem Arbeitgeber tatsächlich eine Vereinbarung getroffen hat, überwiegend künstlerisch tätig zu sein. Der Umstand, dass sich die Zuordnung zum [X.] als - weitgehend einfacher - Normvollzug darstellt, führt nicht dazu, dass es sich um keine Eingruppierung handelte. Bei tariflichen [X.] ist Eingruppierung vielmehr regelmäßig vom Betriebsrat [X.] (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 22, [X.], 513 ; 27. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 25, Ez A [X.] 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6 ).

2. Dem [X.]srecht des Betriebsrats steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin ein Tendenzunternehmen ist.

a) Nach § 118 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.] finden die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend künstlerischen Bestimmungen dienen, keine Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht. Eine Einschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats kommt dabei nur in Betracht, wenn die Maßnahmen [X.] betreffen. Ein Arbeitnehmer gilt als [X.], wenn die Bestimmungen und Zwecke des betreffenden Unternehmens oder Betriebs seine Tätigkeit prägen ([X.] 13. Februar 2007 - 1 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 121, 139). Auch bei [X.]n werden die Mitbestimmungsrechte nur ausgeschlossen, soweit sie von einer tendenzbezogenen Maßnahme betroffen sind, bei der die Ausübung des Beteiligungsrechts des Betriebsrats die Verwirklichung der geistig-ideellen Zielsetzung ernstlich beeinträchtigte. Die Beteiligung des Betriebsrats bei Ein- und [X.] steht der Eigenart eines Tendenzunternehmens nicht entgegen. Bei diesen personellen Maßnahmen hat der Arbeitgeber keinen Gestaltungsspielraum. Er ist verpflichtet, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer in die zutreffende Gruppe der in seinem Betrieb geltenden Vergütungsordnung einzureihen. Da es sich um einen Akt der Rechtsanwendung handelt und dem Betriebsrat nur ein [X.]srecht zukommt, wird die tendenzbezogene [X.]andlungs- und Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers durch das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht beeinträchtigt (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 24 mwN, [X.], 513 ).

b) Bei der Arbeitgeberin, die ein Theater betreibt, handelt es sich um ein Tendenzunternehmen (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 25 mwN, [X.], 513 ). Es kommt dennoch nicht darauf an, ob die drei betroffenen Arbeitnehmer [X.] sind. [X.]elbst wenn davon auszugehen wäre, käme dem Betriebsrat ein [X.]srecht bei ihrer Eingruppierung zu.

3. Das [X.] hat in [X.] nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Betriebsrat die Beteiligungsschreiben der Arbeitgeberin als Zustimmungsanträge zu den beabsichtigten Eingruppierungen verstand und verstehen durfte. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung auf der Grundlage der unangegriffenen Feststellungen des [X.]s jeweils form- und fristgerecht sowie ordnungsgemäß. Er kann deshalb verlangen, dass der Arbeitgeberin aufgegeben wird, für alle drei Arbeitnehmer das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] durchzuführen.

a) Für den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zu einer der in § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] bezeichneten personellen Einzelmaßnahmen sieht das Gesetz keine besondere Form vor. Fehlt ein ausdrückliches Zustimmungsersuchen, genügt es, wenn der Betriebsrat der Mitteilung des Arbeitgebers entnehmen kann, dass er um Zustimmung zu einer personellen Maßnahme i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] gebeten wird. Maßgeblich sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze der §§ 133, 157 BGB (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 27, [X.], 513).

b) Das [X.] hat die Unterrichtungsschreiben vom 8. Juli 2008, 25. März 2008 und 7. April 2008 im Ergebnis widerspruchs- und denkfehlerfrei dahin ausgelegt, dass die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zu den Eingruppierungen einholen wollte und der Betriebsrat die [X.]andlungen der Arbeitgeberin in dieser Weise verstehen durfte. Die [X.] stehen fest. Der Betriebsrat entnahm den Unterrichtungsschreiben, dass die Arbeitgeberin seine Zustimmung zu den Eingruppierungen einholen wollte. Ein solches Verständnis ergab sich für ihn aus dem [X.]inweis, die Einstellung erfolge „auf Basis/in [X.]“. Er verweigerte seine Zustimmung zu den Eingruppierungen der drei Arbeitnehmer daher form- und fristgerecht nach § 99 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.] unter [X.]inweis ua. auf den [X.] des § 99 Abs. 2 Nr. 1 [X.] mit [X.]chreiben vom 10. Juli 2008, 28. März 2008 und 9. April 2008 (vgl. zu einem etwas anderen [X.]achverhalt aber auch [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 28, [X.], 513).

4. Die Anträge des Betriebsrats sind auch nicht deshalb unbegründet geworden, weil die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und [X.] bis 31. Juli 2010 befristet waren. Die Arbeitsverhältnisse wurden zu diesem Termin nicht beendet, sondern unverändert fortgesetzt. Der Betriebsrat kann deswegen weiter beanspruchen, an den bereits vorgenommenen Eingruppierungen beteiligt zu werden. Die Verlängerungen verlangten keine neuen Eingruppierungen.

a) Die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses ist nicht zwingend mit einer Eingruppierung verbunden. In einem solchen Fall handelt es sich zwar um eine mitbestimmungspflichtige Einstellung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]. [X.]ie erfordert aber nur dann eine erneute Eingruppierung, wenn sich die Tätigkeit mit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ändert. Dem steht nicht entgegen, dass § 99 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] für den Fall der Einstellung die Unterrichtung des Betriebsrats über die vorgesehene Eingruppierung vorschreibt. Die Vorschrift trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass Einstellungen regelmäßig mit einer neuen Tätigkeit verbunden sind. Ist das ausnahmsweise nicht der Fall, ist eine (Mit-)Beurteilung entbehrlich. Die Zwecke der Beteiligungsrechte bei Einstellung und Eingruppierung unterscheiden sich. Das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen schützt in erster Linie die Belange der übrigen Belegschaft. Das [X.]srecht des Betriebsrats bei Eingruppierungen dient demgegenüber der [X.]. Für die Beurteilung, ob eine Eingruppierung dem betrieblichen Vergütungssystem entspricht, kommt es auf die vorgesehene Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht an (vgl. ausführlich [X.] 11. November 1997 - 1 ABR 29/97 - zu [X.]I 2 a der Gründe mwN, A[X.] [X.] 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 17 = EzA [X.] 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 1).

b) Nach diesen Grundsätzen sind für die Arbeitnehmer M und [X.] weder (Neu-)Eingruppierungen noch [X.] bei fortdauernden Arbeitsverhältnissen geboten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich ihre Tätigkeiten oder die anzuwendenden [X.] geändert haben.

        

    Linsenmaier    

        

    [X.]chmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Deinert    

        

    Donath    

                 

Meta

7 ABR 36/10

15.12.2011

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Hamburg, 3. Juli 2009, Az: 13 BV 30/08, Beschluss

§ 99 Abs 1 S 1 BetrVG, § 99 Abs 1 S 2 BetrVG, § 101 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.12.2011, Az. 7 ABR 36/10 (REWIS RS 2011, 312)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 312

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