Bundessozialgericht, Urteil vom 18.05.2011, Az. B 3 KR 10/10 R

3. Senat | REWIS RS 2011, 6523

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Krankenversicherung - kein Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Sportrollstühlen zur Teilnahme am Vereinssport - keine weitergehenden Leistungsansprüche aufgrund UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen - Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB 9 erstreckt sich auf alle Rechtsgrundlagen)


Leitsatz

In der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte haben keinen Anspruch auf Versorgung mit Sportrollstühlen zur Teilnahme am Vereinssport. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Versorgung des minderjährigen [X.] mit einem Sportrollstuhl.

2

Der 1999 geborene Kläger leidet an einer spastischen Tetraplegie (Lähmung aller vier Extremitäten) und ist deswegen auf den Rollstuhl angewiesen. Die Beklagte erbringt im Wege der Sachleistungsaushilfe für eine in [X.] ansässige Krankenkasse - dort ist der Vater des [X.] beschäftigt - [X.] nach Maßgabe der Vorschriften des [X.] und hat den Kläger mit einem Aktivrollstuhl versorgt; damit nimmt er am Schulsport und einer "Rollstuhl-AG" teil. Zusätzlich zu diesem Sport- und Bewegungsangebot der von ihm besuchten Schule für Körperbehinderte beteiligt er sich seit Mitte 2007 am wöchentlichen Training und den Spielen der [X.] eines Rollstuhl-Sportclubs, der mit seiner 1. Mannschaft in der [X.] vertreten ist. Aus diesem Grunde beantragte er im Januar 2008 die Versorgung mit einem zusätzlichen Sportrollstuhl, weil der vorhandene Aktivrollstuhl beim [X.] die Geschwindigkeit abbremse und viel schwerer zu handhaben sei als ein Sportrollstuhl. Zudem sei das Unfallrisiko mit einem Sportrollstuhl deutlich geringer. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab.

3

Das SG hat den [X.] als Zeugen vernommen und die Beklagte sodann antragsgemäß verurteilt, den Kläger mit einem "geeigneten Sportrollstuhl" zu versorgen; ein solcher Rollstuhl sei zu dessen [X.] Integration und damit zur Erfüllung eines Grundbedürfnisses erforderlich (Urteil vom [X.]). Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen: Die Versorgung mit einem zusätzlichen Sportrollstuhl überschreite den Bereich des Basisausgleichs, für den die [X.] beim mittelbaren Behinderungsausgleich ausschließlich zu sorgen habe. Vereinssport müsse nach der Zuständigkeitsverteilung des [X.] nicht die Krankenkasse, sondern ggf der Sozialhilfeträger ermöglichen. Für dessen Leistungspflicht bestünden vorliegend mangels Bedürftigkeit indes keine Anhaltspunkte (Urteil vom [X.]).

4

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt der Kläger, die Entscheidung des [X.] stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des [X.]. Danach sei der durch die Hilfsmittelversorgung anzustrebende Behinderungsausgleich auf eine möglichst weitgehende Eingliederung des behinderten Kindes in den [X.] auszurichten. Dazu gehöre auch die aktive Betätigung in einem Sportverein.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom [X.] zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom [X.] zurückzuweisen.

6

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass ein Anspruch auf Versorgung mit einem [X.] zur Teilnahme am Vereinssport nicht besteht. Dafür hat eine Krankenkasse nach dem Recht der [X.] auch für jugendliche Versicherte grundsätzlich nicht aufzukommen; über Leistungen im Rahmen der Sozialhilfe war mangels Bedürftigkeit des [X.] nicht zu befinden.

8

1. Anspruch auf eine zusätzliche Rollstuhlversorgung für den Rollstuhlsport als originäre [X.]-Leistung hat der Kläger nicht. Rechtsgrundlage eines solchen Anspruchs könnte nur § 33 Abs 1 Satz 1 [X.] (hier in der ab dem [X.] geltenden Fassung von Art 1 [X.] a des [X.]-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, [X.]) sein. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 [X.] aus der [X.]-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. An diesen Voraussetzungen fehlt es, weil die sportgerechte Rollstuhlausstattung weder zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung noch zum [X.] in dem von der [X.] abzudeckenden Bereich der medizinischen Rehabilitation erforderlich ist.

9

2. Anspruch auf einen für den Rollstuhlsport besonders ausgestatteten zusätzlichen Rollstuhl "zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" iS von § 33 Abs 1 Satz 1, 1. Variante [X.] besteht nicht.

a) Allgemeine Maßnahmen oder Hilfen zur Bewegungsförderung fallen nur ausnahmsweise in die Leistungszuständigkeit der Krankenkassen (vgl Urteil vom 7.10.2010 - B 3 [X.] 5/10 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, Rd[X.]0 - [X.]). Jedenfalls zur Krankenbehandlung iS von §§ 27 Abs 1, 28 Abs 1 Satz 1 [X.] gehören regelmäßig nur Maßnahmen mit Behandlungs- und Therapiecharakter, die einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen ([X.], 132, 138 = [X.]-2500 § 27 [X.] - medizinische Fußpflege). Bloß allgemeine Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit genügen diesen Anforderungen demgegenüber selbst dann nicht, wenn sie von qualifizierten Fachkräften unter ärztlicher Betreuung und Überwachung (§ 44 Abs 1 [X.]) durchgeführt werden (BSG [X.]-2500 § 60 [X.] Rd[X.]3 - Krankentransport für Reha-Sport; BSG Urteil vom [X.] [X.] 5/08 R - Rd[X.]3). Demgemäß fällt Sport, der - anders als Krankengymnastik oder physikalische Therapie - in allgemeiner Weise den körperlichen und psychischen Zustand positiv beeinflussen soll und bei dem der medizinische Zweck nicht überwiegt, nicht unter den krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsbegriff (vgl BSG aaO Rd[X.]0 mwN). Unabhängig von der Art der Behinderung weisen behinderte oder chronisch kranke Menschen eine ausgeprägte körperliche Inaktivität mit einer Vielzahl negativer Folgen auf, die mit dem Behindertensport angegangen werden sollen (vgl Schmid/[X.]/[X.]/[X.], Medizinische Aspekte im Behindertensport, DÄBl 2004, [X.]). Gleichwohl dient selbst ärztlich [X.] Behindertensport in Gruppen nicht unmittelbar der Therapie einer Krankheit, sondern soll wesentlich dazu beitragen, die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, [X.] zu mobilisieren, die Ausdauer und Belastungsfähigkeit zu erhöhen und den Betroffenen bei der psychischen Bewältigung ihrer Krankheit und Behinderung sowie den Folgewirkungen zu helfen (so Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe, BT-Drucks 15/4575 [X.] unter 3.27).

b) Nach den Grundsätzen der [X.]sentscheidung vom 7.10.2010 (B 3 [X.] 5/10 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen - [X.]) können bewegliche sächliche Mittel zur Förderung oder Ermöglichung der Mobilisation nur in besonders gelagerten Fällen Hilfsmittel "zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" iS von § 33 Abs 1 Satz 1 [X.] sein. Der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient ein bewegliches sächliches Mittel nach der Rechtsprechung des BSG dann, wenn es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen ([X.], 213 = [X.]-2500 § 33 [X.], Rd[X.]1; [X.], 176 = [X.]-2500 § 33 [X.], Rd[X.]1; Butzer in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl 2010, § 33 Rd[X.]2). Eine unmittelbare Bedienung des Hilfsmittels durch den Arzt ist dabei nicht zwingend erforderlich, so dass ein Hilfsmittel nicht schon deshalb nach § 33 Abs 1 [X.] ausgeschlossen ist, weil die praktische Anwendung durch den Versicherten selbst erfolgt ([X.], 105, 109 = [X.]-2500 § 139 [X.] - Magnetfeldtherapiegerät; BSG [X.]-2500 § 33 [X.] - Therapie-Dreirad I). Jedoch ist nicht jedwede gesundheitsfördernde Betätigung als "spezifischer Einsatz im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung“ anzusehen. Keinen ausreichend engen Bezug zu einer konkreten Krankenbehandlung weisen nach den dargelegten Maßstäben diejenigen gesundheitsförderlichen Maßnahmen auf, die (nur) allgemein auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Mobilisierung von [X.] des behinderten Menschen, die Erhöhung der Ausdauer und Belastungsfähigkeit sowie die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung zielen. Andernfalls bedürfte es nicht der besonderen Leistungstatbestände ua der §§ 20 ff [X.] sowie des § 44 Abs 1 [X.] und 4 [X.], mit denen die Leistungspflicht der [X.] unter den dort jeweils genannten Voraussetzungen über die gezielte Krankheitsbekämpfung hinaus als Kernaufgabe ([X.], 240, 243 = [X.]-2500 § 27 [X.] - Diät- oder Krankenkost) im Rahmen der gesundheitlichen Prävention und Rehabilitation normiert worden ist (vgl dazu Schütze in [X.]Voelzke, juris-PK-[X.] Stand: [X.], § 20 [X.] Rd[X.] und § 23 [X.] Rd[X.]2 f). Ein weitergehender spezifischer Bezug zu ärztlich verantworteter Krankenbehandlung kommt daher nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation zu, die in engem Zusammenhang mit einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und/oder ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und die als planvolle Versorgung iS der Behandlungsziele des § 27 Abs 1 Satz 1 [X.] als erforderlich anzusehen sind. Davon ist auszugehen, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere seiner körperlichen Beeinträchtigung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat, diese entweder die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung wesentlich fördern oder die therapeutische Behandlungsfrequenz infolge der eigenen Bewegung geringer ausfallen kann und sich deshalb die Versorgung mit dem Hilfsmittel im Rahmen der Wahlmöglichkeit des Versicherten (vgl § 33 [X.] I und § 9 Abs 1 [X.]) als wirtschaftlich darstellt.

c) Eine solche enge Einbindung in die Krankenbehandlung weist die begehrte Rollstuhlversorgung nicht auf. Ziel dieser Versorgung ist nach der vom [X.] in Bezug genommenen Erläuterung der dem Leistungsantrag zu Grunde liegenden Verordnung der behandelnden Ärztin die Teilnahme des [X.] am Rollstuhlsport zur "Aufrichtung der körperlichen, geistigen und seelischen Belastbarkeit und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben". Ähnlich hat seine Mutter schon vorprozessual darauf abgestellt, dass der Rollstuhlsport die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit sowie das [X.] und psychische Verhalten ihres [X.] stärke und er mit einem [X.] besser mit den anderen Kindern mithalten könne. Für solche Zwecke haben die Krankenkassen indes nur aufzukommen, soweit sie auf spezialgesetzlicher Grundlage zur Verwirklichung ihres Rehabilitationsauftrages besondere Angebote etwa des [X.] oder des Funktionstrainings in Gruppen bereit zu halten haben (vgl § 44 Abs 1 [X.] und 4 [X.]). Darüber hinaus sind Hilfsmittel "zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" von der [X.] nicht zur Verfügung zu stellen.

3. Auch zum [X.] in dem von der [X.] abzudeckenden Bereich der medizinischen Rehabilitation (§ 33 Abs 1 Satz 1, 3. Variante [X.]) ist der zusätzliche [X.] nicht erforderlich. Die mit dem Leistungsbegehren des [X.] verfolgten Zwecke reichen über die Versorgungsziele hinaus, für die die Krankenkassen im Bereich der Mobilitätshilfen aufzukommen haben.

a) Im Ausgangspunkt bemisst sich die Leistungszuständigkeit der [X.] im Bereich des [X.]s gemäß ständiger Rechtsprechung des BSG danach, ob eine Leistung zum unmittelbaren oder mittelbaren [X.] beansprucht wird. Im Vordergrund steht zumeist der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst, wie es zB bei Prothesen der Fall ist. Bei diesem sog unmittelbaren [X.] gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des [X.], und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Daher kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte [X.] sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (vgl nur [X.], 183 = [X.]-2500 § 33 [X.] Rd[X.] - [X.]). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer [X.]). In diesem Fall hat die [X.] nur für den [X.] einzustehen; es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der [X.] ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 [X.] sowie § 6 Abs 1 [X.] iVm § 5 [X.] und 3 [X.]), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder [X.] Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl zB § 5 [X.] [X.]: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder § 5 [X.] [X.]: Leistungen zur Teilhabe am Leben in der [X.]). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren [X.] ist von der [X.] daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr, vgl zuletzt etwa [X.], 170 = [X.]-2500 § 36 [X.] Rd[X.]4 ff - [X.]; Urteil vom 7.10.2010 - B 3 [X.] 13/09 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen, Rd[X.]6 f - Treppensteighilfe; Urteil vom 7.10.2010 - B 3 [X.] 5/10 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, Rd[X.]4 - [X.]; jeweils mwN).

b) Als solches allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens ist in Bezug auf die Mobilität nur die Erschließung des [X.] um die Wohnung eines Versicherten anerkannt, nicht aber das darüber hinausreichende Interesse an sportlicher Fortbewegung oder an der Erweiterung des [X.]. Maßgebend für den von der [X.] insoweit zu gewährleistenden [X.] ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise noch zu Fuß erreicht (BSG [X.]-2500 § 33 [X.]9, 31 und 32 sowie BSG [X.]-1200 § 33 [X.]; stRspr). Dazu haben die Krankenkassen die Versicherten so auszustatten, dass sie sich nach Möglichkeit in der eigenen Wohnung bewegen und die Wohnung verlassen können, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen [X.] zu erledigen sind (BSG [X.]-2500 § 33 [X.]1 - [X.]). Dagegen können die Versicherten - von besonderen zusätzlichen qualitativen Momenten abgesehen - grundsätzlich nicht beanspruchen, den Radius der selbstständigen Fortbewegung in Kombination von Auto und Rollstuhl (erheblich) zu erweitern, auch wenn im Einzelfall die Stellen der [X.] nicht im Nahbereich liegen, dafür also längere Strecken zurückzulegen sind, die die Kräfte eines Rollstuhlfahrers möglicherweise übersteigen ([X.] 91, 60 Rd[X.] = [X.]-2500 § 33 [X.] Rd[X.]6 - [X.]; ebenso BSG [X.]-2500 § 33 [X.]9 S 173 - schwenkbarer Autositz und [X.], 213 = [X.]-2500 § 33 [X.] Rd[X.]0 - behinderungsgerechter [X.]; BSG [X.]-2500 § 33 [X.]1 S 187 - [X.]). Ebenso wenig rechnet die sportliche Betätigung ständiger Rechtsprechung des [X.]s zufolge zu den Grundbedürfnissen, für die die [X.] ihre Versicherten mit Hilfsmitteln zum [X.] auszustatten haben (vgl etwa BSG [X.]-2500 § 33 [X.] - Therapie-Tandem bei übersteigertem Bewegungsdrang; zuletzt nochmals bekräftigt mit Urteil vom 7.10.2010 - B 3 [X.] 5/10 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, Rd[X.] - [X.]).

c) Die Einstandspflicht der Krankenkassen für Mobilitätshilfen zum mittelbaren [X.] reicht auch bei Kindern und Jugendlichen nur dann weiter, wenn dies entweder zum Schulbesuch oder zur Integration in der kindlichen und jugendlichen Entwicklungsphase erforderlich ist; darauf hat auch das [X.] zutreffend abgestellt. So können die Krankenkassen bei Kindern und Jugendlichen zwar grundsätzlich über die sonst geltenden Grenzen hinaus zur Gewährung von Hilfsmitteln verpflichtet sein, soweit es zur Förderung ihrer Integration in der jugendlichen Entwicklungsphase erforderlich ist. Das hat der erkennende [X.] bereits früh für den Schulweg (Urteil vom [X.], [X.] 2200 § 182b [X.]3 - [X.]) und den Schulsport (Urteil vom 22.7.1981, [X.] 2200 § 182 [X.]3 - Sportbrille) entschieden und später auf alle sächlichen Mittel erstreckt, die einem behinderten Kind oder Jugendlichen die Teilnahme am gesetzlich vorgeschriebenen allgemeinbildenden Unterricht ermöglichen (Urteil vom 26.5.1983, [X.] 2200 § 182b [X.]8 - Mikroportanlage; Urteil vom [X.], [X.]-2500 § 33 [X.]2 - behinderungsgerecht ausgestatteter [X.]; Urteil vom [X.], [X.]-2500 § 33 [X.]0 Notebook für Jurastudium). Mit gleicher Zielrichtung hat der [X.] dies später auf diejenigen Hilfsmittel erstreckt, die eine Teilnahme an den allgemein üblichen Freizeitbetätigungen Gleichaltriger ermöglichen sollen (Urteil vom [X.], [X.]-2500 § 33 [X.]7 - [X.]; Urteil vom 23.7.2002, [X.]-2500 § 33 [X.]6 - behindertengerechtes Dreirad). Als nicht ausreichend angesehen wurde aber auch bei Kindern oder Jugendlichen einerseits die Begegnung nur in der Familie (vgl zuletzt Urteil vom 12.8.2009, [X.]-2500 § 33 [X.]5 - [X.]) und zum anderen das Bedürfnis nach sportlicher Betätigung an sich (vgl etwa Urteil vom [X.], [X.]-2500 § 33 [X.] - Therapie-Tandem bei übersteigertem Bewegungsdrang).

d) Nach diesen Grundsätzen können auch jugendliche Versicherte die Versorgung mit besonders ausgestatteten Sportrollstühlen für den Vereinssport nicht beanspruchen. Hierfür bietet das besondere Sportinteresse des [X.] am Rollstuhlbasketball keine Grundlage und zudem reicht die Sportausübung in seinem Verein über den zwingend vorgegebenen Schulbesuch hinaus. Eine Einstandspflicht der Beklagten ist auch nicht zur Integration des [X.] in seiner jugendlichen Entwicklungsphase geboten. Zwar kann - anders als von der Beklagten anfangs geltend gemacht - die Begegnung in Gruppen von Kindern oder Jugendlichen mit Behinderungen wesentlich für den Entwicklungsprozess behinderter Kinder und Jugendlicher sein und ihnen Teilhabemöglichkeiten eröffnen, die ihnen ansonsten behinderungsbedingt verschlossen sind. Anders als vom [X.] angenommen, steht dem Leistungsbegehren des weiteren nicht notwendig entgegen, dass nicht für jede sportliche Betätigung in einem Verein immer ein besonderer Rollstuhl erforderlich ist. Vielmehr durfte sich der Kläger unter Teilhabegesichtspunkten an denjenigen Sportangeboten orientieren, die - wie hier in der Anbindung an den örtlichen [X.] - an seinem Wohnort erreichbar sind. Gleichwohl reicht der Anspruch auf Versorgung mit einem für den Vereinssport besonders geeigneten Rollstuhl über den von der [X.] zu gewährleistenden [X.] hinaus, weil die Teilhabe am Vereinssport eine grundsätzlich andere Zielrichtung hat als das in der Rechtsprechung anerkannte Grundbedürfnis auf Integration in der kindlichen und jugendlichen Entwicklungsphase.

Leitender Beweggrund für dessen Anerkennung ist das Bestreben, behinderte Kinder und Jugendliche nach Möglichkeit vor behinderungsbedingten Ausgrenzungen im täglichen Leben zu bewahren oder diese zu mildern und damit Beeinträchtigungen ihrer Entwicklung entgegenzuwirken. Zwar bestimmt § 1 Satz 1 [X.] grundsätzlich, dass "Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen ... erhalten, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der [X.] zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken". § 1 Satz 2 [X.] konkretisiert dies für den hier in Rede stehenden Personenkreis wie folgt: "Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getragen." In diesem Sinne müssen die Krankenkassen die notwendige Unterstützung leisten, damit behinderte Kinder und Jugendliche nicht von der Befolgung der allgemeinen Schulpflicht (vgl BSG [X.]-2500 § 33 [X.] 6) ausgeschlossen sind oder sie bei der Begegnung mit nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen in ihrer Umgebung nicht mehr als ohnehin schon isoliert werden. Behinderte Kinder und Jugendliche sollen nicht vom üblichen Leben ihrer Altersgruppe ausgeschlossen, sondern trotz ihrer Behinderung integriert werden (vgl BSG [X.]-2500 § 33 [X.]7 S 158 - [X.]). Bei der Betätigung in einem Sportverein geht es hingegen nicht um die Vermeidung von Ausgrenzung, sondern vielmehr um die Erweiterung von Teilhabemöglichkeiten - und zwar in einem Bereich, für den die Krankenkassen außerhalb des [X.] oder des Funktionstrainings gemäß § 44 Abs 1 [X.] und [X.] [X.] gerade nicht mehr leistungsverpflichtet sind.

4. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf das "Übereinkommen der [X.] über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" ([X.]) berufen. Diese Konvention ist am [X.] in [X.] getreten und durch Vertragsgesetz zum Übereinkommen vom [X.] ([X.] 2008 1419) innerstaatlich verbindlich geworden; sie war deshalb zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] als geltendes Recht zu beachten (andere Situation in BSG [X.]-2500 § 33 [X.]5 Rd[X.]8). Allerdings können aus der [X.] keine über § 33 [X.] hinausgehenden Leistungsansprüche hergeleitet werden. Insbesondere ergeben sich solche Ansprüche nicht aus Art 20 [X.]. Danach verpflichten sich die Vertragsstaaten zu wirksamen Maßnahmen, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen. Zu diesem Zweck haben sie ua den Zugang zu hochwertigen Mobilitätshilfen zu erschwinglichen Preisen zu erleichtern. Hierbei handelt sich indes nur um eine Verpflichtung der Vertragsstaaten, deren volle Verwirklichung gemäß § 4 Abs 2 [X.] nach und nach angestrebt werden soll (Rothfritz, Die Konvention der [X.] zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen, 2010, [X.]). Zudem kann aus den Regelungen der [X.] kein subjektiv-öffentliches Recht des Einzelnen abgeleitet werden, ein konkretes und der persönlichen Mobilität dienendes Hilfsmittel von einem bestimmten Leistungsträger verlangen zu können. Die [X.] trägt dem von der [X.] angestrebten Zweck, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten sowie die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern (Art 1 [X.]), ausreichend durch das gegliederte Leistungssystem des [X.] und insbesondere durch dessen [X.] (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - [X.]) Rechnung. Weitergehende [X.] werden - zumindest für den Bereich der [X.] - durch die [X.] nicht begründet.

5. Die Beklagte ist auch nicht nach dem Leistungsrecht eines anderen Rehabilitationsträgers zur Gewährung des begehrten [X.]s verpflichtet. Allerdings oblag der Beklagten nach § 14 Abs 2 Satz 1 [X.] als erstangegangenem Rehabilitationsträger die Prüfung aller weiter in Betracht zu ziehenden rehabilitationsrechtlichen Anspruchsgrundlagen. Denn der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger verliert im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine originäre Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beklagte Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 [X.] fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Eine so begründete Zuständigkeit der Krankenkasse nach § 14 Abs 2 Satz 1 [X.] erstreckt sich im Außenverhältnis zum Versicherten auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (vgl [X.], 283 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.] ff; [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]4, möglicherweise aA BSG [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]3; vgl auch [X.] 102, 90 = [X.]-2500 § 33 [X.]1, Rd[X.]3 - [X.]knoten). Zuständig ist also derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist, hier die beklagte Krankenkasse.

Im Ergebnis ist die Entscheidung der Beklagten indes auch unter Berücksichtigung von § 14 Abs 2 Satz 1 [X.] nicht zu beanstanden. Insbesondere ist dem Kläger ein [X.] zur Teilhabe am Leben in der [X.] nicht auf sozialhilferechtlicher Grundlage zur Verfügung zu stellen. Denn nach den Feststellungen des [X.] fehlt es dafür jedenfalls an einer Bedürftigkeit des [X.]. Dass die Vorinstanz Anlass gehabt hätte, dieser Frage im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht nach § 103 Satz 1 [X.] weiter nachzugehen, kann dem [X.] nicht entnommen werden (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 103 Rd[X.]). Im Gegenteil ist im angefochtenen [X.]-Urteil ausdrücklich festgehalten, dass die fehlende Bedürftigkeit des [X.] von seiner Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung am [X.] bestätigt worden ist; diese Feststellung des [X.] ist vom [X.] nicht als fehlerhaft gerügt worden. Offen bleiben kann deshalb, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen die Versorgung mit solchen Rollstühlen als Leistung der Eingliederungshilfe von der Sozialhilfe beansprucht werden kann.

6. [X.] beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 3 KR 10/10 R

18.05.2011

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Trier, 15. Juli 2009, Az: S 5 KR 69/08, Urteil

§ 33 Abs 1 S 1 Alt 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 33 Abs 1 S 1 Alt 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 34 Abs 4 SGB 5, § 14 Abs 2 S 1 SGB 9, Art 4 Abs 2 UNBehRÜbk

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.05.2011, Az. B 3 KR 10/10 R (REWIS RS 2011, 6523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6523

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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