Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2015, Az. IV ZB 30/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11141

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I[X.]
30/14
vom

13. Mai
2015

in der
Nachlasssache

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: ja

[X.]R: ja

BGB § 1371 Abs. 1; EGBGB Art. 15, Art. 25

Der pauschale Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB ist im Sinne der Artt. 15, 25 EGBGB rein güterrechtlich zu qualifizieren.

[X.], Beschluss vom 13. Mai 2015 -
I[X.] 30/14 -
[X.] [X.]

AG [X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.]

am 13. Mai
2015

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 21. Zi-vilsenats des [X.] vom 30. Juli 2014 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurück-gewiesen.

Der Geschäftswert für das
Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 95.000

(vgl. §
40 Abs.
1 Satz
1 GNotKG).

Gründe:

I. Die Erblasserin war [X.] Staatsangehörige und verstarb am 18. Mai 2013 in [X.]. Sie hinterließ keine letztwillige Verfügung. Die Beteiligten, [X.]
(Beteiligter zu
1)
und Ehemann
([X.] zu
2) der Erblasserin, streiten um das Erbrecht des Beteiligten zu
2.

Die Erblasserin und der Beteiligte zu 2, ebenfalls [X.]r Staatsangehöriger,
hatten am 31. Juli 1983 in [X.] die Ehe [X.]. Am 6. November 2003 kauften sie zwei Eigentumswohnungen
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in H.

.
Die notarielle [X.] enthält
zu Beginn die Erklärung der Eheleute, dass sie für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe "mit sofortiger Wirkung den gesetzlichen Güterstand der [X.]"
wählen.

[X.] stellte die Erblasserin beim Amtsgericht -
Familien-gericht -
Scheidungsantrag, dem der Beteiligte zu 2 zustimmte. Später
beantragte
der Beteiligte zu 2 selbst die Scheidung, während die Erblas-serin gegenüber dem Familiengericht die Rücknahme ihres Antrags
er-klärte. Durch
Zwischenurteil vom 4. Dezember 2009 stellte das Familien-gericht fest, dass für den güterrechtlichen Ausgleich unter den Eheleuten [X.] Recht Anwendung finde. Das Scheidungsverfahren wurde bis zum Tode der Erblasserin nicht abgeschlossen.

Am 17. Januar 2014 hat
der Beteiligte zu 1 beim Nachlassgericht die
Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Miterben zu 3/4
und den Beteiligten zu 2 als Miterben zu 1/4
des im Inland belegenen Nach-lasses der Erblasserin nach [X.]m Recht ausweist.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 eingewandt, dass der Antrag
die zu seinen Gunsten zu berücksichtigende Erbteilerhöhung nach § 1371 Abs.
1 [X.] lasse.

Das Nachlassgericht hat die für die Erteilung des begehrten [X.] erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Das Be-schwerdegericht hat demgegenüber den [X.].
Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1, mit der
er seinen Erbscheinsan-trag weiterverfolgt.

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II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Er-folg.

1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss unter anderem in [X.] 2015, 158 veröffentlicht ist,
hat ausgeführt, dass die Beteiligten [X.] nach der Erblasserin zu
je 1/2-Anteil geworden seien.
Dem [X.] zu 2 komme
als Witwer
in Anwendung [X.]n Erbrechts ein Erbteil von 1/4
zu. Dem stehe das im Todeszeitpunkt anhängige Schei-dungsverfahren nicht entgegen, da die entsprechenden Ausschlusstat-bestände [X.]n Rechts nicht erfüllt seien.
Zudem sei zugunsten des Beteiligten zu 2
eine Erbteilerhöhung um 1/4
gemäß §
1371 Abs.
1 BGB, der aufgrund der wirksamen Wahl des [X.] Güterrechts durch die Eheleute einschlägig sei, vorzunehmen. Dieser pauschalierte Zugewinnausgleich sei trotz Zusammentreffens von [X.]m
Güter-rechtsstatut und ausländischem [X.] möglich, da das [X.] Recht, das schon keine güterrechtlichen Ansprüche im Todesfall vorse-he,
mit der gesetzlichen Erbquote keinen güterrechtlichen Ausgleich be-wirken wolle.
Angesichts der dem [X.] Recht entsprechenden ge-setzlichen Erbquote des überlebenden Ehegatten nach [X.]m Recht stelle sich die Frage der Erforderlichkeit einer Anpassung der Erbquoten
nicht.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
Dem Beteiligten zu 1 ist der von ihm begehrte Erbschein nicht zu erteilen.

a) Soweit der Beteiligte zu 1 rügt, das Beschwerdegericht sei [X.] Pflicht zur Ermittlung der Erbausschlussgründe nach [X.]m Recht nicht hinreichend nachgekommen, kann dahinstehen, ob das zu-trifft.
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Richtig ist allerdings, dass aufgrund der Verweisung des Art.
25 Abs.
1 EGBGB, die das [X.] Kollisionsrecht gemäß Art.
28 des Zivilgesetzbuches (ZGB) annimmt, für die Rechtsnachfolge nach der Erb-lasserin [X.]s Recht maßgeblich ist. Zutreffend ist auch, dass der Tatrichter den Inhalt des zur Anwendung berufenen ausländischen Rechts von Amts wegen zu ermitteln
hat (vgl. [X.], Beschluss vom 30.
April 2013
[X.], [X.], 1225 Rn.
39; [X.], FamFG 18. Aufl. §
26 Rn. 26; [X.], FamFG 3. Aufl. § 26 Rn. 18).

Ob dem Beschwerdegericht
wie der Beteiligte zu
1 geltend macht und was auch Gegenstand einer Überprüfung im Rahmen der Rechtsbe-schwerde nach dem FamFG sein kann (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2013
[X.] 197/12, [X.]Z 198, 14 Rn.
24)

insoweit Verfahrensfehler unterlaufen sind, kann hier aber offen bleiben, weil ein
eventueller Ver-fahrensfehler jedenfalls nicht entscheidungserheblich wäre. Dem [X.]antrag des Beteiligten zu
1 könnte auch in diesem Fall keine Fol-ge gegeben werden. Selbst wenn das Beschwerdegericht bei der von der Rechtsbeschwerde vermissten weiteren Ermittlung der [X.] nach [X.]m Recht zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass es an der
Er[X.]erechtigung des Beteiligten zu 2 zur Gänze fehlte, hätte
die
Beschwerde des Beteiligten zu 1 keinen
Erfolg, da sie auf
die Erteilung eines Erbscheins gerichtet ist, der ein
Erbrecht
des Beteiligten zu 2 von einem Viertel bezeugen soll
(zur Bindung an den [X.] vgl. Keidel/[X.], FamFG 18.
Aufl. § 352
Rn. 133).
Seinen ursprüng-lich auf Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden
Erbscheins hat der Beteiligte zu 1 nach der Einziehung dieses Erbscheins durch das Nachlassgericht gerade nicht weiter verfolgt.
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b) Geht man -
zugunsten der Rechtsbeschwerde -
von einer Er[X.]e-rechtigung des Beteiligten zu 2 nach [X.]m Recht aus, so findet auch die gesetzliche Erbteilerhöhung
gemäß §
1371 Abs.
1
BGB
statt.
Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei zu
dem Ergebnis gelangt, dass die Erblasserin
und der Beteiligte zu 2 für die güterrechtlichen [X.] ihrer Ehe unbeschränkt (hierzu aa))
und wirksam (hierzu [X.]))
das [X.] Recht gewählt haben. Die Maßgeblichkeit
[X.]
Rechts
als [X.]
führt zur Anwendbarkeit von §
1371 Abs. 1 BGB (hierzu [X.])), dessen tatbestandliche Voraussetzungen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.] hier erfüllt sind (hierzu dd)).

aa)
Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, dass
das Be-schwerdegericht
die im
notariellen Kaufvertrag vom 6.
November 2003 enthaltene Güterrechtswahl als umfassende Rechtswahl ausgelegt hat, ist damit kein beachtlicher Rechtsfehler dargetan.

Die
tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung
ist vom Rechtsbeschwerdegericht nur darauf hin zu überprüfen, ob Verstöße ge-gen gesetzliche Auslegungsregeln, Verfahrensvorschriften, anerkannte Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen und sich der Tatrichter mit dem Verfahrensstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinanderge-setzt hat (st.
Rspr., vgl. [X.], Beschluss vom 6. November 2013 -
XII [X.], NJW 2014, 294 Rn. 19; Urteil vom 13. Januar 2011 -
III ZR 87/10, [X.]Z 188, 71 Rn. 14).
Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich und werden auch von
der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.
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Bei der Rüge, dass die Rechtswahl nach Sinn und Zweck des [X.] als lediglich auf das unbewegliche Vermögen be-schränkt anzusehen sei, handelt es sich um die bloße Mitteilung des ei-genen Auslegungsergebnisses des Beteiligten zu 1, ohne dass sich [X.] ein Rechtsverstoß des [X.] ablesen ließe.

[X.]) Ebenso bestehen keine Bedenken dagegen, dass das Be-schwerdegericht die getroffene Rechtswahl als wirksam angesehen hat.

Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde zu den Grenzen der Rechtskraftwirkungen des
in der [X.] Zugewinn ergangenen Zwischenurteils des
Familiengerichts gehen ins Leere, da sich das Be-schwerdegericht an dessen Ergebnis nicht gebunden gesehen, sondern lediglich "zur Vermeidung von Wiederholungen"
auf dessen Begründung Bezug genommen hat.

Der Einwand, dass die notarielle Beurkundung
der Rechtswahl gemeinsam mit einem Vertrag zwischen den Eheleuten und einer dritten Person nicht der mit den Art. 15 Abs.
3, Art. 14 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bezweckten Schutzfunktion gerecht werde, verfängt ebenso nicht. Der Gesetzgeber sah
das
besondere Formerfordernis
aus Gründen der Rechtsklarheit und im Hinblick auf die unerlässliche Beratung der [X.] vor (so die Regierungsbegründung
zu Art. 14 Abs. 5 EGBGB-E,

BT-Drucks. 10/504 [X.] 57).
Dass die Aufnahme der Rechtswahl in eine [X.] die Rechtsklarheit gefährden würde, ist nicht er-kennbar. Auch gilt die Belehrungspflicht des Notars nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG unabhängig davon, ob er die Rechtswahl isoliert oder gemeinsam mit anderen Erklärungen der Eheleute oder auch eines Drit-15
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ten beurkundet. Der durch die besondere Formvorschrift vermittelte Schutz der Eheleute erfuhr
allein dadurch, dass der Verkäufer der Eigen-tumswohnungen aufgrund der gemeinsamen Beurkundungsverhandlung von der Güterrechtswahl der Eheleute erfuhr, keine Einschränkung.

[X.]) Ist [X.] Recht danach [X.], so ist der Anwen-dungsbereich von §
1371 Abs. 1 BGB
unabhängig vom einschlägigen [X.] eröffnet.

(1) Die Anwendbarkeit der Vorschrift hängt in Sachverhalten mit Auslandberührung von ihrer kollisionsrechtlichen Qualifikation ab, die seit jeher umstritten ist. Während sich früher noch einige Stimmen in der Literatur für eine rein erbrechtliche Einordnung
aussprachen (vgl. statt aller: [X.]/[X.], 12. Aufl. Vorb. zu Art. 24-26 EGBGB Rn. 227 m.w.N.),
entspricht es inzwischen einhelliger Auffassung, dass die Norm zumindest auch güterrechtlich zu qualifizieren ist. Die Meinungen gehen indes darüber auseinander, ob und gegebenenfalls unter welchen [X.] der pauschalierte Zugewinnausgleich durch Erbteilerhö-hung stattzufinden hat, wenn aufgrund kollisionsrechtlichen
Auseinander-fallens
von Güter-
und [X.] neben [X.]m
Güterrecht ausländi-sches Erbrecht zur Anwendung berufen ist.

Nach einer Meinung ist § 1371 Abs. 1 BGB rein güterrechtlich zu qualifizieren, so dass
dessen Anwendungsbereich bei Maßgeblichkeit [X.] Rechts als
[X.] unabhängig vom einschlägigen [X.] eröffnet ist ([X.] 1994, 49, 53; [X.] München
[X.] 2012, 591, 593; [X.]/Hohloch, 14. Aufl. Art. 15 EGBGB Rn. 37; [X.]/[X.], 12.
Aufl. Art. 15 EGBGB Rn. 40; [X.]/[X.],
(2007) Art.
25
EGBGB Rn. 34
ff.; [X.]/Mankowski,
(2010) Art. 15 EGBGB 19
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Rn. 346-348; [X.] in [X.]/Kössinger, Handbuch der Testa-mentsgestaltung 4. Aufl. § 5 Rn. 17; [X.], [X.] 2014, 323, 325; [X.], [X.] 2009, 505, 509; Mankowski, [X.] 2014, 121, 122-124).

Nach der Gegenansicht kann der erbrechtliche Zugewinnausgleich keiner Normengruppe eindeutig zugeordnet werden, weshalb er sowohl güter-
als auch
erbrechtlich zu qualifizieren sei und damit nur zum Zuge komme, wenn [X.] Recht Güter-
und [X.] sei
([X.] Köln
[X.] 2012, 205, 206; [X.]/[X.], 5.
Aufl. Art. 25 EGBGB Rn.
158; [X.]/Kuchinke, Erbrecht 5. Aufl. [X.] Fn. 72).

Zwischen diesen beiden Positionen haben sich
darüber hinaus zwei äquivalenzorientierte Lösungsansätze herausgebildet:
Der
eine, den
das Beschwerdegericht
zugrunde legt,
sieht
ausgehend vom
rein güter-rechtlichen Ansatz den Anwendungsbereich des § 1371 Abs. 1 BGB als
eröffnet an, wenn das neben dem [X.] berufene
[X.] dem [X.] Erbrecht insoweit entspricht, als die gesetzliche Erbquote des überlebenden Ehegatten nicht zugleich einen güterrechtlichen Ausgleich beinhaltet
([X.] Frankfurt FamRZ 2015, 144, 145
(21. Zivilsenat); [X.] Schleswig [X.] 2014, 93, 95; [X.] Düsseldorf, Beschluss vom 10.
März 2015
[X.], juris; [X.]/[X.], 6. Aufl. Art. 15 EG-BGB Rn.
107; [X.]/[X.], 6. Aufl. Art. 25 EGBGB Rn.
157; [X.]/[X.], 74. Aufl. Art.
15 EGBGB Rn. 26; [X.], [X.] Privatrecht 6. Aufl. [X.] 353).
Der andere mildert
die strenge Begren-zung des pauschalierten Zugewinnausgleichs durch die [X.] dadurch ab, dass er ihn
auch bei ausländischem [X.] als eröff-net ansieht, wenn das einschlägige Erbrecht äquivalent zum
[X.] Recht eine dem § 1371 Abs.
1 BGB entsprechende Vorschrift kennt
([X.] Düsseldorf
MittRhNotK 1988, 68, 69 (aufgegeben durch
[X.] Düs-22
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seldorf,
Beschluss vom 10.
März 2015 aaO,
[X.] Frankfurt [X.] 2010, 253, 253 f.
(20. Zivilsenat); [X.] Stuttgart [X.] 2005, 443, 444).

(2) § 1371 Abs. 1 BGB ist
i.[X.]
der Art. 15, 25 EGBGB rein güter-rechtlich zu qualifizieren.

(a) Zweck der Vorschrift ist es, den Güterstand als Sonderordnung des
Vermögens der Eheleute während und aufgrund ihrer Ehe abzu-wickeln, nicht aber den
[X.] kraft seiner nahen [X.] mit dem Verstorbenen an dessen Vermögen zu beteiligen (vgl. Ke-gel/[X.], Internationales Privatrecht 9. Aufl. [X.] 853 f.).
Der [X.] hatte bei Einführung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinn-gemeinschaft erkannt, dass der Ausgleich des Zugewinns durch Gewäh-rung einer Ausgleichsforderung auf die Schwierigkeit stößt, exakte Fest-stellungen über Bestand und Wert des Anfangs-
sowie des [X.] zu treffen, und
diese Schwierigkeit besonders groß ist, wenn ein Ehegatte verstorben ist, da die Erben über den Bestand des Anfangs-
und Endvermögens des Erblassers gemeinhin nicht Bescheid wissen und der Eintritt des Güterstandes in diesen Fällen nicht selten längere [X.] zurückliegt (vgl. [X.]/[X.], [X.] 1958 § 1371 BGB unter 1).
Die damit einhergehenden Probleme sollten durch die Pauschalierung des § 1371 Abs. 1 BGB vermieden werden, von welcher der Gesetzgeber annahm, dass sie tendenziell der güter-rechtlichen Lage entspricht ([X.], Erbrecht
I
2010 Rn. 1423). [X.] wählte er hierzu den Weg der
Erhöhung des gesetzli-chen Erbteils, die zu einer Erweiterung der unmittelbaren Beteiligung des [X.] am Vermögen des [X.] führt, jedoch nichts an ihrer Einordnung als "besondere Art des Zugewinnausgleichs"
(Bericht des [X.],
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BT-Drucks. 2/3409, [X.] 16 f., 20, sowie des [X.]"
BAnz. Nr. 154 vom 10. August 1956
[X.] 11, 13)
ändert, die der Gesetzgeber durch die Wahl des Worts
"verwirklicht"
zum Ausdruck gebracht hat ([X.]/[X.]
aaO unter 2).

(b) Die gegen die rein güterrechtliche Qualifikation vorgebrachte Kritik überzeugt nicht.

Der Einwand, dass die Erhöhung einer ausländischen Erbquote ei-ne verfälschte Anwendung des ausländischen Erbrechts darstelle und in die Verbindlichkeit des [X.]s eingreife ([X.] Köln [X.] 2012, 205, 206; [X.] Stuttgart
[X.] 2005, 443, 444), übersieht, dass die Nichtan-wendung des § 1371 Abs. 1 BGB in diesen Fällen das [X.] Güter-recht unzulässig verkürzen und damit die gleichermaßen anzuerkennen-de Verbindlichkeit des [X.]s vernachlässigen würde.

Zu kurz greift auch der Gedanke, dass die pauschale Erbteilerhö-hung den Anteil der anderen kraft Gesetzes berufenen Erben ebenso mindere wie etwaige Pflichtteilsansprüche ([X.]/[X.], 5.
Aufl. Art.
25 EGBGB Rn. 158). Ungeachtet der Frage, ob diese Rechtsfolgen nicht gerade im anwendbaren [X.] ihre Rechtferti-gung finden, berücksichtigen
die Vertreter dieser Auffassung nicht, dass der von ihnen befürwortete
schuldrechtliche Zugewinnausgleich gemäß
den §§ 1373 ff. BGB das Erbrecht der gesetzlichen Erben sowie beste-hende Pflichtteilsansprüche ebenfalls und mangels höhenmäßiger Be-schränkung auf ein Viertel des
Nachlasswerts unter Umständen nachhal-tiger beeinträchtigen könnte
als
die pauschale Erbteilerhöhung
(vgl. [X.],
[X.] 2014, 323, 325).

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Dass § 1371 Abs. 1 BGB tatsächlich keinen Zugewinn des [X.] Ehegatten voraussetzt, ist lediglich Ergebnis
der gesetzlichen Fik-tion der Wertgleichheit von Erhöhungsviertel
und Zugewinnanteil (vgl. Soergel/[X.], 12. Aufl. Art. 15 EGBGB Rn. 40), die ihre Grundlage im [X.] Güterrecht hat und damit an der güterrechtlichen Qualifikation der Vorschrift nichts zu ändern vermag
(a.A. [X.]/[X.], 12.
Aufl. Vorb. zu Art. 24-26 EGBGB Rn. 227). Das Gleiche gilt für die Überlegung, dass der [X.] vom Bestehen
eines gesetz-lichen Erbteils des [X.] abhänge
und danach zwar nicht ehe-vertraglich, aber erbrechtlich z.B. aufgrund letztwilliger Verfügung des Erblassers oder als gesetzliche Folge des § 1933 BGB ausgeschlossen sein
könne
(vgl. [X.]/[X.] aaO).
Dies folgt ausschließlich aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber zur Verwirklichung der Zugewinn-ausgleichspauschale den Weg des Erbrechts bevorzugt
hat, was deren
güterrechtliche Ausgleichsfunktion indessen
nicht in Frage stellt.

(3) Die güterrechtliche Qualifikation ist durch keine äquivalenzori-entierte Betrachtung des einschlägigen [X.]s zu ergänzen.

(a) Die vermittelnde Ansicht, die eine Übereinstimmung des
ein-schlägigen
Erbrechts
mit dem [X.] insoweit fordert, als
die gesetz-liche Erbquote des überlebenden Ehegatten nicht zugleich einen
güter-rechtlichen Ausgleich enthalten dürfe, vermengt Fragen der Qualifikation der ausländischen Nachlassbeteiligung
sowie
der international-privat-rechtlichen Anpassung
mit der Qualifikation des § 1371 Abs. 1 BGB
so-wie
der Substitution seiner
Tatbestandsmerkmale:

Soweit das als [X.] maßgebliche Recht eine Beteiligung des längstlebenden Ehegatten am Nachlass des erstversterbenden -
zumin-29
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13
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dest auch -
unter Abgeltung seiner güterrechtlichen Beteiligung vorsieht, ist zunächst zu klären, ob diese Regelung nach der lex fori (vgl. [X.] vom 12. Juli 1965
I[X.] 497/64, [X.]Z 44, 121, 124) erb-rechtlich zu qualifizieren ist.

Ist dies der Fall, so ist weiter
zu fragen, ob das Tatbestandsmerk-mal
des "gesetzlichen Erbteils"
durch diese Beteiligung ersetzt werden kann.
Die Möglichkeit der
Substitution des
[X.] Rechtsbegriffs durch die
ausländische Rechtserscheinung hängt davon ab, ob und in-wieweit eine Übereinstimmung in der Funktion der beiden besteht ([X.], Beschluss vom 4. Oktober 1989 -
IVb [X.], [X.]Z 109, 1, 6). Hierzu ist
keine Normidentität erforderlich; vielmehr genügt eine [X.] der wesentlichen, normprägenden Merkmale
(vgl. [X.], [X.] Privatrecht 6. Aufl. [X.] 232; [X.] in Festschrift [X.], 2008 [X.] 353, 368).
Für den Fall des § 1371 Abs. 1 BGB setzt dies vo-raus, dass das ausländische Recht dem überlebenden Ehegatten einen echten
Anteil am Nachlass des Erblassers verschafft. Das bedeutet [X.] nicht, dass dieser
keine Elemente eines
güterrechtlichen Ausgleichs enthalten dürfte, zumal jene im ersten Schritt nicht zur güterrechtlichen Qualifikation der Beteiligung geführt haben.

Findet § 1371 Abs. 1 BGB nach dieser Maßgabe neben einer sol-chen erbrechtlichen Beteiligung des überlebenden Ehegatten
Anwen-dung, so ist der
damit einhergehenden
Vervielfachung
des güterrechtli-chen Ausgleichs nicht auf der Qualifikationsebene
zu begegnen; viel-mehr ist der aufgrund des Zusammenspiels
von Sachvorschriften ver-schiedener Rechtsordnungen entstehende Widerspruch
dadurch aufzulö-sen, dass das Ergebnis der Normanwendung den Umständen des [X.] angepasst wird
(sog. Anpassung oder Angleichung; vgl. Staudin-33
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-

ger/[X.],
(2007) Art. 25 EGBGB Rn. 745; [X.] aaO [X.] 235;
von Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht
2. Aufl. § 7 Rn. 251).

(b) Die andere äquivalenzorientierte Meinung, die
verlangt, dass das einschlägige [X.] eine dem pauschalen Zugewinnausgleich ent-sprechende Vorschrift kennen müsse, ist schon deshalb abzulehnen, weil sie -
ausgehend von der Theorie
der Doppelqualifikation -
der güter-rechtlichen Qualifikation des § 1371 Abs.
1 BGB widerspricht (vgl. hierzu bereits II.
2.
b)
[X.])
(2)).

dd) Danach
ist §
1371 Abs. 1 BGB hier einschlägig.

Auf Grundlage der insoweit nicht angefochtenen Feststellungen des [X.] ist
der überlebende Ehegatte nach griechi-schem Erbrecht neben Verwandten der ersten Ordnung, zu denen die Kinder des Erblassers zählen, zu einem Viertel der Erbschaft als gesetz-licher Erbe berufen.

Ob das [X.] Recht dem überlebenden Ehegatten daneben unter Umständen einen schuldrechtlichen Anspruch auf [X.] zubilligt und das Beschwerdegericht das ausländische [X.] insoweit

wie die Rechtsbeschwerde geltend macht

verfahrensfehler-haft ermittelt hat, ist dagegen ohne Belang, da die entsprechenden Nor-men aufgrund ihrer ebenfalls güterrechtlichen Qualifikation nicht dem [X.]n [X.] unterfallen
und daher
entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hier außer Betracht zu bleiben haben.

Daran
ändert auch der Einwand des
Beteiligten zu 1 nichts, ein [X.]s Gericht dürfe aufgrund des von ihm zu beachtenden Kollisi-35
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15
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onsrechts die Rechtswahl der Eheleute nicht anerkennen, so dass der Beteiligte zu 2 trotz der erfolgten Erbteilerhöhung dort noch Zugewinn-ausgleichsansprüche nach [X.]m Recht geltend machen könne. Denn das
darin zum Ausdruck kommende Phänomen des so genannten "hinkenden Rechtsverhältnisses"
geht hier
nicht auf die Regelung des §
1371 Abs. 1 BGB, sondern die des Art. 15 Abs. 2 EGBGB zurück, der Eheleuten eine privatautonome Bestimmung
des für sie maßgeblichen [X.]s ohne Rücksicht auf ihr Heimatrecht
eröffnet. Es kann von [X.] Gerichten ohne Missachtung der gesetzlich gewährleisteten Wahlmöglichkeit nicht vermieden werden.

c) Das Ergebnis der kumulativen Anwendung [X.]n Erb-rechts und [X.] Güterrechts
bedarf
hier schließlich keiner Korrek-tur im Wege der Anpassung.
Dass der dem längstlebenden Ehegatten
nach [X.]m Erbrecht zukommende Erbteil einen güterrechtlichen Ausgleich mitbewirken soll, ist weder vom Beschwerdegericht festgestellt noch von der Rechtsbeschwerde eingewandt worden.

Ein korrekturbedürftiger Wertungswiderspruch
ergibt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht, wenn zugunsten
des Beteiligten zu 1 unterstellt
wird, dass der Beteiligte zu 2 nach
§ 1933 BGB nicht er[X.]erechtigt wäre, womit eine Erberhöhung gemäß § 1371 Abs. 1 BGB bei alleiniger Maßgeblichkeit [X.] [X.]s genauso ausgeschlossen wäre wie bei ausschließlicher Anwendung [X.]n Rechts. [X.] nach einer der beteiligten Rechtsordnungen die
Er[X.]e-rechtigung des überlebenden Ehegatten gänzlich aus (hier nach [X.] der Rechtsbeschwerde nach [X.]m Recht), so stellt sich dort die Frage einer Erhöhung seiner Erbquote von vornherein nicht. Das be-deutet allerdings nicht, dass eine entsprechend demselben [X.] 40
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16
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vorgenommene Modifikation der Er[X.]eteiligung nach einem anderen Recht (hier nach [X.]m Recht) einen Normwiderspruch
zur Folge hätte.
Vielmehr stellt die Entscheidung über das "Ob"
der Er[X.]erechti-gung nach einem [X.]
(hier nach [X.]m Recht)
nicht die Höhe und damit das "Wie"
der Er[X.]erechtigung
nach einem anderen [X.] (hier nach [X.]m Recht) in Frage, auch wenn sich diese
nach dem [X.] richtet, das im konkreten Fall einen
Erbausschluss vor-sehen würde.

[X.] [X.]

Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 02.05.2014 -
501 [X.] (2013) -

[X.] [X.], Entscheidung vom 30.07.2014 -
21 [X.]/14 -

Meta

IV ZB 30/14

13.05.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2015, Az. IV ZB 30/14 (REWIS RS 2015, 11141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11141

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZB 12/12 (Bundesgerichtshof)

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IV ZB 12/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
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IV ZB 30/14

VII ZB 22/12

V ZB 197/12

XII ZB 434/12

III ZR 87/10

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