Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2011, Az. 5 StR 4/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 8529

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5 StR 4/11 [X.]IM NAMEN DES VO[X.]ES URTEIL vom 17. März 2011 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 17. März 2011, an der teilgenommen haben: [X.] Dr. Raum als Vorsitzender, [X.] [X.], [X.]in Dr. [X.], [X.] Prof. Dr. König, [X.] [X.]als beisitzende [X.], [X.]

als Vertreter der [X.]schaft, der Angeklagte persönlich, Rechtsanwalt [X.]als Verteidiger, Rechtsanwalt S. als [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 19. Juli 2010 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die weitergehende Revision wird verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landge-richts zurückverwiesen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperver-letzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der hiergegen gerichtete, mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten bleibt zum Schuldspruch aufgrund der zutreffen-den Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] der [X.] versagt. Das Rechtsmittel führt allerdings mit der Sachrüge zur Aufhe-bung des Strafausspruchs. 1 1. Nach den Feststellungen des [X.]s schlug der Angeklagte den Nebenkläger mit zwei Bierflaschen aus Glas (0,33 I) auf den [X.], wobei eine Flasche zerbrach. Der Nebenkläger konnte den Angeklagten [X.] abdrängen. Der Angeklagte ging jedoch sofort wieder auf den [X.] - 4 - kläger los. Mit dem scharfkantigen Hals der zerbrochenen Bierflasche schlug und stach er mehrfach in Richtung des Halses und des Kopfs des Nebenklä-gers. Er verursachte glattrandige Verletzungen im Bereich des linken [X.] mit einer fast vollständigen Abtrennung des linken [X.] und mehre-re, teils schlitzartige und in einem Fall bis ins Unterhautfettgewebe reichende glattrandige Verletzungen an der linken Halsseite, die nur wenige Zentimeter von der [X.] bzw. der [X.] entfernt waren; der Angriff war deswegen lebensbedrohend ([X.], 14). Nur durch das Eingreifen weiterer Gäste und des [X.] konnte er von weiteren [X.] abgehalten werden. 2. Die sachverständig beratene Schwurgerichtskammer ist davon aus-gegangen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund des [X.] einer alkoholischen Beeinflussung (maximale Blutalkohol-konzentration: 1,26 ›), von Übermüdung und einer ängstlich gereizten Grundstimmung infolge von Nachstellungen und Provokationen von Seiten des [X.] im Vorfeld sowie unmittelbar vor der Tat nicht ausschließ-bar erheblich im Sinne von § 21 StGB vermindert gewesen sei. Sie hat die Strafe dem in § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB normierten minder schweren Fall der gefährlichen Körperverletzung entnommen. Die Annahme eines min-der schweren Falls sei dabei nur unter Berücksichtigung und Verbrauch des vertypten [X.] nach § 21 StGB gerechtfertigt. 3 3. Der Strafausspruch hat aufgrund der Nichtabhandlung der Voraus-setzungen des § 213 Alt. 1 StGB keinen Bestand. 4 a) Das [X.] hat es unterlassen, sich ausdrücklich mit den Vor-aussetzungen des [X.] der ersten Alternative des § 213 StGB auseinanderzusetzen. Hierzu bestand nach den tatsächlichen Gegebenheiten ungeachtet des festgestellten, für sich nicht massiven [X.] des [X.] gegen den Angeklagten und seine Freundin un-mittelbar vor Tatbegehung ([X.]) angesichts des vorangegangenen 5 - 5 - nachhaltigen Nachstellungsverhaltens des [X.] ([X.] f.) Anlass [X.], StGB, 58. Aufl., § 213 Rn. 5 a.E. mN zur [X.] Rspr.). Rechtlich war die Erörterung des § 213 Alt. 1 StGB angezeigt, weil sein Vorliegen auch im Rahmen des § 224 StGB die Annahme eines minder schweren Falles re-gelmäßig gebietet (vgl. zu § 226 Abs. 2 StGB aF: [X.], Beschlüsse vom 5. Februar 1991 [X.] 5 StR 6/91, [X.]R StGB § 226 [X.] 2; vom 19. Januar 1994 [X.] 2 StR 560/93, [X.]R StGB § 226 [X.] 5; [X.] auch [X.], Beschluss vom 9. August 1988 [X.] 4 StR 221/88, [X.]R StGB § 223a Abs. 1 Strafzumessung 2; ferner jeweils mwN: [X.], aaO, § 224 Rn. 15; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 224 Rn. 15). Sofern der Erregungszustand über den in § 213 StGB umschriebe-nen hinausgeht und zu einer von dieser Vorschrift nicht vorausgesetzten [X.] Verminderung der Schuldfähigkeit führt, kann nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ohne Verstoß gegen § 50 StGB eine zusätzliche Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommen (vgl. [X.], Urteil vom 24. August 1976 [X.] 1 StR 482/76; Beschlüsse vom 19. Januar 1994 [X.] 2 StR 560/93, [X.]R StGB § 226 [X.]; vom 6. November 1985 [X.] 2 StR 590/85, [X.], 115; vom 30. Juli 2008 [X.] 2 StR 270/08, [X.], 91, 92; vom 21. Dezember 2010 [X.] 3 [X.]). b) Danach kann sich die Nichterörterung des § 213 Alt. 1 StGB hier auf die [X.] ausgewirkt haben. Allerdings gehen die beiden [X.] nach §§ 213 und 21 StGB mit der durch die Provokation ver-ursachten affektiven Erregung des Angeklagten auf dieselbe Wurzel zurück. Dies kann einer nochmaligen Strafrahmenmilderung entgegenstehen, obliegt aber der Prüfung des Tatgerichts (vgl. [X.], Beschluss vom [X.] 2010 [X.] 3 [X.]; [X.] in [X.], § 213 Rn. 28 mwN; noch weiter einschränkend [X.] in [X.], 11. Aufl., § 213 Rn. 14). 6 Der Senat kann nicht ausschließen, dass das [X.] eine noch-malige Strafrahmenverschiebung vorgenommen oder aus dem Strafrahmen 7 - 6 - des § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB eine mildere Strafe verhängt hätte, wenn es die Voraussetzungen des § 213 Alt. 1 StGB geprüft und bejaht sowie [X.] diesen Umstand und die erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des nur unwesentlich vorbelasteten Angeklagten bei der allgemeinen Straf-zumessung zu seinen Gunsten bewertet hätte. c) Das neue Tatgericht wird bei der erneuten Straffindung [X.] im Blick auf die Voraussetzungen des § 213 Alt. 1 StGB das gesamte [X.] des [X.] und dessen Einfluss auf die Tatbe-gehung des Angeklagten umfassend aufzuklären und zudem erneut [X.] dazu zu treffen haben, ob die Voraussetzungen des § 21 StGB vor-liegen. 8 Raum [X.] [X.] [X.]

Meta

5 StR 4/11

17.03.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2011, Az. 5 StR 4/11 (REWIS RS 2011, 8529)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8529

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5 StR 4/11

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