Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2002, Az. X ARZ 208/02

X. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 288

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSS[X.]vom10. Dezember 2002in der [X.]:[X.] :[X.]: [X.] § 32Nach Inkrafttreten von § 17 Abs. 2 [X.] in der Fassung des Gesetzes vom17. Dezember 1990 ([X.]) hat das nach § 32 ZPO örtlich zuständigeGericht den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen [X.] zu entscheiden, wenn im Gerichtsstand der unerlaubten Hand-lung im Rahmen der Darlegung eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung eineinheitlicher prozessualer Anspruch geltend gemacht wird.[X.], [X.]. v. 10. Dezember 2002 - [X.] - [X.] [X.] hat am 10. Dezember 2002durch [X.] Melullis, [X.],Scharen, die Richterin [X.] und [X.]:Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird auf Ko-sten der Antragstellerin zurückgewiesen.Gründe:[X.] Die Antragstellerin will die Beklagten als Gesamtschuldner im [X.] in Anspruch nehmen. Nach ihrer Darstellungberuht ihr Begehren auf folgender Begebenheit: Zwischen einem Rettungswa-gen der Antragstellerin und einem von dem in [X.]wohnenden [X.] gelenkten PKW kam es in [X.]zu einem Verkehrsunfall. Halter des [X.] PKWs war die in [X.]ansässige Antragsgegnerin zu 1. Die Antrag-stellerin ersetzte der Leasinggeberin den am Leasingfahrzeug entstandenenSchaden in voller Höhe. Sie meint, die Antragsgegner hätten sich jedenfalls inHöhe einer Haftungsquote von 30 % (entsprechend 2.541,90 diese Weise entstandenen Kosten zu [X.] 3 -Die Antragstellerin hat am 10. April 2002 bei dem [X.] beantragt, für die beabsichtigte Klage einen gemeinsa-men Gerichtsstand zu bestimmen.Das [X.] möchte diesen Antrag ablehnen, weil seiner An-sicht nach ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand besteht. An dem gemäߧ 32 ZPO begründeten Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in [X.]könnten auch konkurrierende Ansprüche aus § 426 Abs. 1 BGB geltend ge-macht werden.Das [X.] sieht sich an der beabsichtigten [X.] durch den [X.]uß des [X.]ats vom 19. Februar 2002(X [X.], [X.], 1425) und durch Entscheidungen verschiedeneranderer [X.]e.I[X.] Die Vorlage ist nach § 36 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig.Die vom vorlegenden [X.] vertretene Rechtsauffassung,wonach im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch über konkurrierendemateriell-rechtliche Ansprüche nicht deliktsrechtlicher Art entschieden werdendarf, steht in Widerspruch zu Rechtsprechung des [X.] (z.[X.]. v. 11.2.1980 - [X.], [X.], 846; [X.]. v. 4.2.1986- VI ZR 220/84, NJW 1986, 2436, 2437) aus der [X.] vor Inkrafttreten von § [X.]. 2 [X.] in der Fassung des [X.] (BGBl. [X.]. 2809; zukünftig: [X.]) und der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesge-richte ([X.] NJW-RR 2002, 1291; KG KGR 1995, 202; [X.] [X.][X.] 1997, 166; [X.] Köln [X.], 170).- 4 -II[X.] Der Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands istunbegründet. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind nicht erfüllt.Für alle materiellen Ansprüche, die mit der beabsichtigten Klage geltend ge-macht werden sollen, ist ein gemeinsamer Gerichtsstand am Ort des Unfalls([X.]) begründet.1. Voraussetzung für die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO ist, daßder Kläger sein Begehren auf eine unerlaubte Handlung stützt, d.h. daß er ei-nen materiellen Anspruch aus unerlaubter Handlung darlegt (vgl. [X.].[X.]. [X.] - X [X.], [X.], 1425). Eine dadurch begründete örtlicheZuständigkeit erstreckt sich nach dem Wortlaut der Bestimmung auf die "[X.]". Der Gesetzeswortlaut knüpft damit insoweit nicht an materiell-rechtlicheKategorien an, sondern an den mit der Klage geltend gemachten prozessualenStreitgegenstand. Wird bei Darlegung einer unerlaubten Handlung mit der hier-auf gestützten Klage ein einheitlicher prozessualer Anspruch geltend gemacht,hat das insoweit örtlich zuständige Gericht deshalb den Rechtsstreit nicht nurunter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung, sondern unter allen in [X.] kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen und zu [X.] ist auch hier der Fall. Die Darlegung der Antragstellerin ergibt,daß gegen beide Antragsgegner sowohl ein im Wege der Legalzession nach§ 426 Abs. 2 BGB erworbener materieller Schadensersatzanspruch nach [X.], für den die örtliche Zuständigkeit jeweils nach § 32ZPO am Unfallort [X.]begründet ist, als auch ein Ausgleichsanspruch nach§ 426 Abs. 1 BGB in Betracht kommt. Die hiernach möglichen materiellenRechte bilden einen einheitlichen prozessualen Anspruch. Nach heutigem Ver-- 5 -ständnis sind hierfür maßgeblich der Klageantrag, in dem sich die vom Kläger [X.] genommene Rechtsfolge konkretisiert, und der Lebenssachverhalt(Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (st.Rspr., vgl. z.B. [X.]Z 117, 1, 5 m.w.[X.]; auch [X.].[X.]. v. 18.7.2000- [X.], [X.], 3492, 3493). Insoweit decken sich die hier in [X.] Hinsicht einmal auf das [X.] in Verbindung mit § 426 Abs. 2 BGB, zumanderen auf § 426 Abs. 1 BGB gestützten Begehren. Der materielle Anspruchaus § 426 Abs. 1 BGB ist zwar zunächst darauf gerichtet, daß der andere [X.] seinem Anteil entsprechend zur Befriedigung des Gläubigersmitwirkt, also bei Fälligkeit der Schuld einen seinem Anteil entsprechenden Be-trag an den Gläubiger zahlt und dadurch so handelt, daß es überhaupt nicht zueinem Rückgriff zu kommen braucht (st. Rspr., vgl. z.B. [X.], [X.]. v. 7.11.1985- III ZR 142/84, NJW 1986, 978, 979; [X.], 288, 290, 291). Sobald ein [X.] mehr als den von ihm im Innenverhältnis geschuldeten Anteil anden Gläubiger gezahlt hat, kann jedoch unter Berufung auf ein und denselbenSachverhalt derselbe Klageantrag sowohl nach dem [X.] in Verbindung mit§ 426 Abs. 2 BGB als auch nach § 426 Abs. 1 BGB begründet [X.] Soweit vor Inkrafttreten des § 17 Abs. 2 [X.] [X.] in der Rechtspre-chung des [X.] - dem [X.] ([X.], 385) folgend -aus § 32 ZPO entnommen wurde, im Gerichtsstand der unerlaubten Handlungdürfe trotz Geltendmachung eines einheitlichen prozessualen Anspruchs nurüber die deliktsrechtlichen materiellen Anspruchsgrundlagen entschieden wer-den ([X.], [X.]. v. 4.2.1986 - VI ZR 220/84, NJW 1986, 2436, 2437; [X.], [X.]. [X.] - [X.], [X.], 846, jeweils m.w.[X.]; vgl. auch [X.]Z 98,362; [X.], [X.]. [X.], NJW 1983, 1799), kann [X.] mehr festgehalten werden. Die dieser Auffassung zu Grunde liegende- 6 -Auslegung von § 32 ZPO, die zur Folge hat, daß dasselbe Begehren im [X.] Gerichtsstand des Beklagten unter Berufung auf nicht deliktsrechtlicheAnspruchsgrundlagen erneut geltend gemacht werden kann ([X.], [X.]. v.5.7.1977 - [X.], [X.], 59), ist in Anbetracht von § 17 Abs. 2[X.] in der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung nicht mehr sachge-recht.a) Nach dieser Vorschrift muß ein Gericht, zu dem für ein bestimmtesBegehren der Rechtsweg eröffnet ist, den Streitgegenstand auch unter ande-ren, an sich nicht zur Zuständigkeit seines Rechtswegs gehörenden [X.] prüfen und entscheiden. Hierdurch wird vermieden, daß [X.] denselben Streitgegenstand zu mehreren Verfahren in verschiedenen [X.] kommt ([X.]Z 114, 1, 2). Dabei wird in Kauf genommen, daß [X.] Entscheidung berufene Gericht über Sachverhalt und Rechtsfragen zu be-finden hat, die nicht zu seinem angestammten Zuständigkeitsbereich gehörenund für die ein anderer Gerichtszweig möglicherweise größere Sachnähe besä-ße.Der darin zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke muß im Zusam-menhang mit der örtlichen Zuständigkeit ebenfalls zur Anwendung kommen.Wenn nach der Entscheidung des Gesetzgebers ein Gericht befugt und ver-pflichtet ist, über "rechtswegfremde" Anspruchsgrundlagen zu entscheiden,muß es erst recht befugt sein, über in seine Rechtswegzuständigkeit fallendeAnspruchsgrundlagen zu entscheiden, die für sich gesehen seine örtliche [X.] nicht begründen [X.] 7 -Diesem Unstimmigkeiten zwischen den Regelungsbereichen von § 32ZPO einerseits und § 17 Abs. 2 [X.] [X.] andererseits vermeidenden Schlußsteht die Entstehungsgeschichte des [X.] nichtentgegen. Danach sollten die Regelungen der ZPO über Verweisungen wegenörtlicher und sachlicher Zuständigkeit von den Regelungen über die Rechts-wegzuständigkeit unberührt bleiben. Das zielte insbesondere auf § 281 ZPO,nicht auf § 32 ZPO; denn diese Vorschrift beinhaltet keine Regelung über [X.]; sie betrifft die einer Verweisung vorgelagerte Frage, ob ein Gerichtzur Entscheidung zuständig ist. Zwischen der Frage, ob ein Gericht als örtlichzuständiges entscheiden darf, und der Frage, wie im Falle der [X.] verfahren ist, besteht auch kein Zusammenhang, der es verlangte, von einerder Sache nach gebotenen Auslegung in dem einen Bereich abzusehen, solan-ge die Regelungen im anderen Bereich unverändert bleiben.b) Allerdings haben sich auch nach Inkrafttreten von § 17 Abs. 2 [X.][X.] zahlreiche Stimmen für eine Beibehaltung der bisherigen [X.] § 32 ZPO ausgesprochen (vgl. die bereits zitierten Entscheidungen ver-schiedener [X.]e; ferner [X.] Hamburg [X.]-Rep Hamburg1996, 347, 348 sowie aus der Literatur MünchKomm.ZPO/Patzina, 2. Aufl., § 32Rdn. 19; Musielak/[X.], ZPO, 3. Aufl., § 12 Rdn. 8 ff. u. § 32 Rdn. 10; [X.], ZPO, 21. Aufl., § 32 Rdn. 17; [X.], [X.]., § 12 II, [X.]; [X.], [X.] 106 (1993), 51, 75 f.; [X.], [X.], 1994, [X.], 340 m. Fn. 51; Banniza v. [X.], [X.] im [X.], dem [X.] und im [X.]Recht, 1995, [X.] ff. (mit dem Vorschlag, das Gesetz zu ändern); Spickhoff,[X.] 109 (1996), 493, 495 ff.; [X.], [X.] 1997, 173, 178; [X.], [X.], 723). Die hierfür angeführten Gründe stehen einer Auslegung des § 32- 8 -ZPO nach Maßgabe des § 17 Abs. 2 [X.] in der seit dem 1. Januar 1991 [X.] Fassung jedoch nicht entgegen (im Ergebnis ebenso: [X.] 1996, 509; [X.] Koblenz ZMR 1997, 77; [X.] Frankfurt NJW-RR1996, 1341; [X.] Hamburg [X.] 1997, 884; [X.] Köln NJW-RR 1999, 1081,1082; [X.] NJW-RR 2000, 727 f.; [X.], 413; Münch-Komm.ZPO/[X.], 2. Aufl., vor § 253 Rdn. 39 u. § 261 Rdn. 59; [X.],ZPO, 5. Aufl., § 32 Rdn. 5; [X.]/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 12 Rdn. 21 u.§ 32 Rdn. 20; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 15. Aufl.,§ 36 VI 2, [X.]; [X.], Festschrift [X.], 1994, [X.], 505 ff.; [X.],[X.] 107 (1994), 3, 11 ff.; [X.], [X.] § 29 ZPO Nr. 8; [X.], [X.] 1997, 92,93; U. Wolf, [X.] Int. 2 (1997), 125, 134 f.; Windel, [X.] 111 (1998), 3, 13 f.;Vollkommer, Festschrift [X.], 1999, [X.], 395 [X.] Gesichtspunkt ist, daß der Gesetzgeber durch § 17 Abs. 2[X.] [X.] zum Ausdruck gebracht hat, daß das Interesse an einer möglichstschnellen und einfachen Beilegung des Rechtsstreits höher zu bewerten ist [X.] Anliegen, das Bestehen von Rechten stets von demjenigen Gericht beant-worten zu lassen, das zu der jeweiligen Rechtsmaterie die engsten Beziehun-gen hat. Das kann seitdem auch bei der Auslegung von § 32 ZPO nicht [X.] bleiben. Denn auch im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit [X.] die durch § 17 Abs. 2 [X.] [X.] im Sinne der [X.] gelösteInteressenlage. Auch hier könnte es - wie ausgeführt - ansonsten dazu [X.], daß derselbe Streitgegenstand mehrfach Gegenstand eines Rechtsstreitswerden kann.c) Demgegenüber ist nicht entscheidend (so aber [X.] Hamburg [X.]-Rep Hamburg 1996, 347, 348; [X.] [X.] [X.] 1997, 166, 167 f.;- 9 -[X.], [X.], 723; Spickhoff, [X.] 109 (1996), 493, 498; [X.], [X.]106 (1993), 51, 76), daß der Kläger im Zivilprozeß - anders als in den [X.] § 17 Abs. 2 [X.] [X.] - jedenfalls bei Inanspruchnahme lediglich eines [X.] - die Möglichkeit hat, eine einheitliche Entscheidung über alle [X.] herbeizuführen, indem er im allgemeinen Gerichtsstand [X.] klagt. Der Kläger braucht diese Möglichkeit nämlich nicht zu nutzen;für ihn mag es im Einzelfall sogar verlockend sein, eine "zweite Chance" zu ha-ben. Demgegenüber ist der Beklagte regelmäßig und berechtigter Weise daraninteressiert ist, daß er nach einer ersten Klage und deren Abweisung nicht er-neut mit demselben, auf denselben Sachverhalt gestützten Begehren gerichtlichkonfrontiert werden kann.Vor diesem Hintergrund vermag es auch nicht zu überzeugen, wenn eineumfassende Entscheidungsbefugnis des Gerichts im Gerichtsstand der uner-laubten Handlung als unberechtigte Bevorzugung des [X.] angesehen wird(so aber [X.] Köln [X.], 170; [X.], [X.], 723; [X.], [X.]106 (1993), 51, 75 f.). Die vor Inkrafttreten von § 17 Abs. 2 [X.] [X.] in [X.] des [X.] zu § 32 ZPO vertretene Meinung [X.] nunmehr vorgenommene Auslegung der Bestimmung bieten sowohl für [X.] als auch für den Beklagten Vor- und Nachteile (vgl. Vollkommer, Fest-schrift [X.], 1999, [X.], 398; Windel, [X.] 111 (1998), 3, 14). Keiner die-ser Nachteile ist so gravierend, daß die eine oder andere [X.] vornherein ausschiede. Im Ergebnis gibt deshalb die in § 17 Abs. 2 [X.] inder seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung zum Ausdruck kommendesachbezogene Wertung den Ausschlag zugunsten einer umfassenden Ent-scheidungskompetenz des berechtigter Weise angerufenen Gerichts des Ge-richtsstands der unerlaubten Handlung.- 10 -Hieran ändert auch die verschiedentlich hervorgehobene Gefahr einermißbräuchlichen Erschleichung von Zuständigkeiten ([X.] Hamburg [X.]-RepHamburg 1996, 347, 348; MünchKomm.ZPO/Patzina, § 32 Rdn. 19; Spickhoff,[X.] 109 (1996), 493, 502; [X.], [X.] 106 (1993), 51, 76 f.) nichts. [X.] schon dadurch begegnet, daß die Zuständigkeit nach § 32 ZPO nur dannbesteht, wenn der Kläger einen Anspruch aus unerlaubter Handlung darlegt([X.].[X.]. v. 19.2.2002 - X [X.], [X.], 1425). Hat der [X.]einer Darlegungslast insoweit genügt und ist lediglich ein einheitlicher Streit-gegenstand zu beurteilen, führt eine Klage im Gerichtstand der [X.] überdies regelmäßig dazu, daß der Streit insgesamt von einem orts-nahen Gericht erledigt werden kann, was die zu beurteilenden Handlungen an-belangt. Das dient nicht nur der [X.], sondern kann auch einesachgerechte Entscheidung des Einzelfalls fördern.d) Der vorgenommenen Auslegung von § 32 ZPO steht die Rechtspre-chung des [X.] zur internationalen Zuständigkeit nicht entge-gen. Danach ist die Entscheidungsbefugnis der [X.] Gerichte allerdingsauf deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen beschränkt, soweit § 32 ZPO [X.] der internationalen Zuständigkeit herangezogen wird ([X.]Z 132,105, 112 f.; zur entsprechenden Rechtsprechung des [X.] zu Art. 5 [X.]. [X.], [X.]. v. 27.9.1998 - Rs. 189/87, NJW 1988, 3088, 3089). Die Ent-scheidung über die internationale Zuständigkeit ist aber mit besonders [X.] Konsequenzen verknüpft. Von ihr hängt ab, welche nationalen Vor-schriften für das Verfahrensrecht und das Kollisionsrecht anwendbar sind. [X.] davon ist es für die Beteiligten in aller Regel von besonderer Be-deutung, ob sie in ihrem Heimatstaat oder im Ausland vor Gericht stehen ([X.] -[X.]Z 132, 105, 113 f.). Schon die Entscheidung, ob im Inland die ordentlichenGerichte oder die Gerichte eines anderen Rechtswegs zuständig sind, ist [X.] von deutlich geringerem Gewicht. Erst recht gilt dies, wenn es [X.] die örtliche Zuständigkeit innerhalb desselben [X.] geht. [X.], daß die Entscheidungsbefugnis des Gerichts weniger weit reicht, wenn§ 32 ZPO nicht für die örtliche, sondern für die internationale Zuständigkeitmaßgeblich ist, kann deshalb hingenommen werden. Zwar leitet sich nach in-nerstaatlichem Recht die internationale Zuständigkeit gesetzestechnisch ausder örtlichen Zuständigkeit ab. Dennoch bleibt die internationale Zuständigkeiteine selbständige Prozeßvoraussetzung, bei der sich im Vergleich zur örtlichenZuständigkeit unterschiedliche Interessen der Parteien ergeben können und zubeachten sind.e) Die vorgenommene Auslegung von § 32 ZPO steht schließlich auchnicht im Widerspruch zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese Vorschrift verlangt,daß sich der für den Einzelfall zuständige Richter möglichst eindeutig aus einerallgemeinen Norm ergibt ([X.] 48, 246, 253). Ist die Zuständigkeit in einemförmlichen Gesetz geregelt, sind die insoweit geltenden allgemeinen [X.] heranzuziehen. Danach hat sich die Auslegung nicht auf [X.] der Norm zu beschränken; zur Erfassung ihres Sinns sind [X.] alle anderen [X.] heranzuziehen ([X.] aaO, 254). Sieergeben hier - wie ausgeführt - eine umfassende [X.] Gerichtsstand der unerlaubten Handlung. Dabei kann dahingestellt bleiben,ob Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG es zuläßt, von einer ständigen höchstrichterlichenRechtsprechung zur Auslegung einer Zuständigkeitsnorm ohne Anlaß abzuwei-chen. Ein solcher Fall ist hier nämlich nicht gegeben. Der Wortlaut des § 32ZPO ist zwar unverändert geblieben. Durch das Inkrafttreten des § 17 Abs. 2- 12 -[X.] [X.] ist die Norm aber in einen anderen [X.] ge-stellt worden. Dies erlaubt und gebietet, sie in anderem Sinne auszulegen alses in der Rechtsprechung des [X.] bis dahin geschehen ist.f) § 132 Abs. 2 [X.] hindert nicht, daß der für Gerichtstandsbestimmun-gen geschäftsplanmäßig zuständige X. Zivilsenat die gebotene Entscheidungohne Vorlage an den Großen [X.]at trifft. Auch dies folgt aus dem soeben [X.]. Durch Inkrafttreten von § 17 Abs. 2 [X.] [X.] stellt sich die Rechts-frage der Tragweite von § 32 ZPO auf Grund einer geänderten [X.]; bis dahin ergangene Entscheigungen anderer [X.]ate des [X.] sind gleichsam überholt. Wie bei anderem zu Grunde liegendemSachverhalt fehlt es mithin an der nach § 132 Abs. 2 [X.] erforderlichen Iden-tität der Rechtslage (vgl. [X.], [X.]. [X.] - 2 BvR 972/92, NStZ1993, 90; [X.]. v. 16.8.1994 - 2 BvR 647/93, [X.], 76).3. Da nach allem im vorliegenden Fall gemäß § 32 ZPO für alle geltendzu machenden Anspruchsgrundlagen ein gemeinsamer Gerichtsstand in [X.]besteht und es deshalb einer Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichtsnicht bedarf, ist der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung kostenpflichtig- 13 -(vgl. [X.], [X.]. v. 5.2.1987 - I ARZ 703/86, [X.] 1987, 735) durch den nach§ 36 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Entscheidung berufenen [X.] [X.].MelullisJestaedtScharen[X.]Meier-Beck

Meta

X ARZ 208/02

10.12.2002

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ARZ

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2002, Az. X ARZ 208/02 (REWIS RS 2002, 288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 288

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