Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.01.2011, Az. 26 W (pat) 6/10

26. Senat | REWIS RS 2011, 10291

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "ROLLER" – Freihaltungsbedürfnis – Täuschungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 301 20 935 [X.]/08 Lö

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 19. Januar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.], des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Markenstelle für Klasse 20 des [X.] hat mit Beschluss vom 9.10.2009 eine Teillöschung der am 29.03.2001 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldeten und am 13.01.2006 eingetragenen Wortmarke 301 20 935.9/20

2

ROLLER

3

für die Waren „[X.], [X.], [X.], [X.]halter, [X.]kästen und [X.]kissen“ mit der Begründung angeordnet, für diese Waren fehle der eingetragenen Marke jede Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Sie stelle zugleich eine beschreibende und freihaltebedürftige Angabe zur Bestimmung von Waren im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar, weil sich „[X.]“, ein Begriff zur Bezeichnung einer bestimmten [X.]art, verkehrsüblich zu „Roller“ verkürzen lasse. Ein [X.] könne als Adress- und [X.] eingesetzt werden. „Roller“ bezeichne die Bestimmung der Waren „[X.]halter, [X.]kästen und [X.]kissen“ als solche, nämlich ihre Eignung zur Verwendung zusammen mit [X.]n.

4

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, dass dem Begriff „Roller“ nicht die gleiche beschreibende Bedeutung wie dem Begriff „[X.]“ zukomme. Ein [X.] stelle keinen Adress- oder [X.] dar. Die Waren „[X.]halter, [X.]kästen“ und „[X.]kissen“  seien nicht mit spezifischen Merkmalen gerade für die Verwendung im Zusammenhang mit [X.]n ausgestattet.

5

Die Markeninhaberin beantragt,

6

den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

7

Die Antragstellerin beantragt,

8

die Beschwerde zurückzuweisen.

9

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass das eingetragene Zeichen für alle von der Teillöschung umfassten Waren freihaltebedürftig sei und ihm für [X.] und [X.]zubehör jede Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.]. Gewerbliche Anbieter von [X.]n seien darauf angewiesen, die Bezeichnung „Roller“ innerhalb ihres [X.]angebots zum Hinweis auf [X.] zu benutzen. Ein Verbraucher werde „Roller“ automatisch zu „[X.]“ ergänzen. Für den Fall, dass bestimmte [X.]arten aus technischen Gründen nicht als [X.] ausführbar seien, beruft sich die Antragstellerin hilfsweise auf das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.]; ein zur Bezeichnung solcher Waren eingesetztes Markenwort sei zur Täuschung des Publikums geeignet.

Für die hier verfahrensgegenständlichen Waren habe die Markeninhaberin „Roller“ noch nie genutzt. Sie habe die Anmeldung insoweit nur in der Absicht vorgenommen, Wettbewerber an der Benutzung des [X.] zu hindern. Einer Eintragung habe im Anmeldezeitpunkt daher das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] und zusätzlich dasjenige des § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] entgegengestanden.

Ergänzend wird auf die Akten des [X.]. 301 20 935.9 und [X.]/08 Lösch Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da die Markenstelle im Ergebnis zu Recht die Löschung des angegriffenen Zeichens für die Waren „[X.], [X.], [X.], [X.]halter, [X.]kästen und [X.]kissen“ angeordnet hat, §§ 54, 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2, 4 [X.].

Einer Eintragung von „Roller“ für die Waren „[X.], [X.], [X.]halter, [X.]kästen und [X.]kissen“ stand bereits im Eintragungszeitpunkt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Nach dieser Vorschrift sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.

Der Begriff „Roller“ bezeichnet im [X.] eine Walze (www.dict.cc: „[X.]“ = „[X.], Farbwalze, Farbzylinder“; „roller“ = „[X.], [X.], [X.], [X.], Rolle, Roller, Walze, Plateau, [X.]“) und wird im [X.] Sprachgebrauch u. a. zur Bezeichnung eines Gegenstandes mit eingebauter Walze oder Rolle verwendet. So kann „Roller“ beispielsweise ein Malerwerkzeug zum Auftragen der Farbe (www.eugen-noelle.de/index.php?id=81) oder - als sprachübliche Verkürzung der Begriffe „[X.]“ oder „Roller [X.]“ - auch eine [X.]form bezeichnen, bei der die Farbe mittels einer Walze oder Rolle aufgetragen wird (vgl. Anlagen z. Löschungsantrag vom 07.08.2008, [X.] („Roller [X.]“), [X.] („speed roller“)).

„Roller“ bezeichnet mithin eine Unterart der von der Markeninhaberin beanspruchten Ware „[X.]“, ist für diese Ware freihaltebedürftig und nicht eintragungsfähig. Da auch [X.] als [X.] ausgeführt werden können, besteht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch für diese Ware.

Gleiches gilt für die Ware „[X.]kästen“, denn solche Kästen, die ein Sortiment von [X.]n und Zubehörteilen beinhalten, können [X.] mit entsprechendem Zubehör wie beispielsweise austauschbare Walzen mit verschiedenen Schriftzügen enthalten. [X.]halter können ebenfalls speziell zur Aufnahme von [X.]n konstruiert werden. Wie die von der Antragstellerin zur Akte gereichten Unterlagen belegen, sind [X.] in den Formen eines Textmarkers oder eines länglichen Farbstiftes erhältlich, die das Abrollen der Walze ermöglichen, welches einer Schreibbewegung nahe kommt. [X.]halter für [X.] können daher Stifthaltern ähnlich gestaltet werden. Da der Austausch der Walze bei handelsüblichen [X.]n häufig nicht vorgesehen ist, kann es sich ebenso bei anderen [X.]arten empfehlen, mehrere [X.] mit verschiedenen Schriftzügen vorrätig zu haben und diese in einem [X.]halter aufzubewahren. Auch insoweit besteht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

[X.]kissen können ebenfalls speziell für [X.] konstruiert werden. Das in einen [X.] integrierte Kissen zur Aufnahme der [X.]farbe kann für einem Austausch vorgesehen und als Ersatzteil ebenso am Markt vertrieben werden wie in [X.] integrierte, austauschbare [X.]kissen. „Roller“ ist daher auch für diese Ware beschreibend und freihaltebedürftig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Demgegenüber wurden [X.] im Anmeldezeitpunkt nicht als [X.] ausgeführt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Eigene Recherchen des Senats haben diesen durch Anwendungsbeispiele belegten Vortrag der Markeninhaberin bestätigt. Der Mechanismus eines [X.]s, der nach jedem [X.]vorgang die [X.]platten in Form einer Zahl um eine Ziffer vorrückt und die fortlaufende Paginierung sechs- oder siebenstelliger Blattzahlen ermöglicht, lässt sich mit einem [X.], dessen Charakteristikum in einer eingebauten Walze besteht, nicht umsetzen. Wie die von der Anmelderin zur Akte gereichten Unterlagen erkennen lassen und wie dem Senat aus eigener Erfahrung im Umgang mit [X.]n bekannt ist, sind auf einem solchen [X.] die Ziffern auf einzelnen Rädern und nicht auf einer Rolle angeordnet; der [X.] wird nicht auf dem Untergrund abgerollt. „Roller“ bezeichnet damit weder die Art oder Bestimmung dieser Ware, noch stellt „Roller“ einen engen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihr her.

Allerdings ist „Roller“ angesichts dessen geeignet, das Publikum über die Beschaffenheit eines [X.]s zu täuschen, § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.]. Eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] relevante Täuschungsgefahr muss von der Marke selbst ausgehen und darf nur von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen her beurteilt werden ([X.]. 1998, 371 - [X.]). Bei ihrer Beurteilung ist auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ([X.], 1074, 1076 – Original [X.]; [X.] 43, 30, 33 - [X.]), wobei in erster Linie die Abnehmer dieser Waren und Dienstleistungen maßgeblich sind, aber auch die Hersteller und Händler der betroffenen Waren bzw. die Erbringer der betroffenen Dienstleistungen nicht unberücksichtigt bleiben dürfen ([X.] GRUR 2004, 682, 683, Nr. 23-25 - [X.]). Ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher hat Anlass, der Kennzeichnung eines [X.]s mit dem Wort „Roller“ zu entnehmen, dass es sich um einen [X.] handelt. Er wird mithin getäuscht, wenn er in der Erwartung, einen [X.] zu erhalten, einen auf andere Weise hergestellten [X.] erwirbt.

Da einer Eintragung des [X.] für alle von der Teillöschung umfassten Waren schon im Anmeldezeitpunkt entweder das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] oder dasjenige des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] entgegenstand und sich daran bis heute nichts geändert hat, können Erwägungen zu den weiteren, von der Antragstellerin zusätzlich geltend gemachten Schutzhindernissen dahinstehen.

Der Beschwerde der Markeninhaberin war aus diesen Gründen der Erfolg zu versagen.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 [X.] gibt der entschiedene Fall keine Veranlassung, so dass gemäß § 71 Abs. 1 S. 2 [X.] jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt.

Meta

26 W (pat) 6/10

19.01.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.01.2011, Az. 26 W (pat) 6/10 (REWIS RS 2011, 10291)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10291

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