Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.10.2011, Az. 26 W (pat) 501/11

26. Senat | REWIS RS 2011, 2721

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Kloster Beuerberger Naturkraft (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – noch erforderliche Prüfung der Markenstelle hinsichtlich des Entgegenstehens des Schutzhindernisses des § 8 Abs 2 Nr. 4 MarkenG


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 014 000.3

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 5. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 19. November 2010 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 19. November 2010 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] der Anmeldung der zuletzt in schwarz-weiß beanspruchten Wort-/Bildmarke 30 2010 014 000.3

Abbildung

2

für die Waren „[X.]: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Spirituosen, nämlich [X.] (Kräuterlikör)“

3

die Eintragung mit der Begründung versagt, dass dem Zeichen das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. In der ohne weiteres verständlichen, rein sachbezogenen Bezeichnung „[X.]“ werde der Verkehr lediglich einen werblich anpreisenden Hinweis darauf sehen, dass die Waren geeignet oder dazu bestimmt seien, die der Natur innewohnende Kraft auszunutzen oder zu mobilisieren und diese Waren aus dem [X.] bzw. aus der Region um dieses Kloster stammten. Diese Deutung erfordere keine analysierende Betrachtung. Das Wort „Kloster“ und die freihaltebedürftige, adjektivisch verwendete Herkunftsangabe „[X.]“ wiesen lediglich auf das [X.] hin, ein ehemaliges Kloster der [X.] und heutiges Kloster der [X.] in der Ortschaft [X.], ein Ortsteil der Gemeinde [X.] im [X.] [X.]. Da seit alters her die Klöster Biere brauten und auch zur Therapie verschiedener Krankheiten alkoholische Getränke herstellten, werde der Verkehr in einer aus dem Begriff „Kloster“ und einer unmittelbar folgenden Ortsangabe kombinierten Kennzeichnung nur den Hinweis auf die geografische Herkunft der Waren erkennen. Mit dem weiteren Wortelement „Naturkraft“ werde auf „die der Natur innewohnende Kraft“ hingewiesen (vgl. [X.], 6. Auflage 2006, S. 1197) und dem angesprochenen Verkehr ausschließlich die Sachinformation vermittelt, dass die so beworbenen Waren auf natürliche Art und Weise mit [X.] der Natur wirkten. Auch ihre graphische Gestaltung vermöge der angemeldeten Marke keine Unterscheidungskraft zu verleihen.

4

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Die angemeldete Wortkombination sei nicht beschreibend; auch fehle ein unmittelbarer konkreter Sachbezug. „[X.]er“ sei ein als Name schutzfähiges Zeichen, jedoch keine geographische Herkunftsangabe; jedenfalls bestehe die [X.] nicht ausschließlich aus einer solchen. Dem angesprochenen Verkehr sei das [X.] überwiegend nicht bekannt. Er werde es in keinem Fall mit der Ware „Kräuterlikör“ in Verbindung bringen. Der Anmelder verweist auf eine Anzahl seiner Ansicht nach vergleichbarer Voreintragungen von Marken mit dem Wortbestandteil „Kloster“ in der [X.].

5

Der Anmelder beantragt,

6

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 19. November 2010 aufzuheben.

II.

7

Die gem. § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

8

Dem Anmeldezeichen fehlt nicht jede Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Zugleich ist es, - was die Markenstelle in ihrer Entscheidung geprüft, aber im Ergebnis offen gelassen hat, - in seiner konkreten Ausgestaltung nicht freihaltebedürftig [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Allerdings wird sich die Markenstelle mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob einer Eintragung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] i. V. m. § 37 Abs. 3 [X.] entgegensteht (vgl. [X.], 197 - 198 - ORIGINAL Klosterpforte).

9

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Prüfung des [X.] an geografischen Herkunftsangaben richtet sich dabei vor allem nach den [X.], die der [X.] in der „[X.]" zu Art. 3 Abs. 1 lit. c) der [X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 vorgegeben hat. Diese Vorschrift liegt der inhaltsgleichen Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zugrunde und ist für deren richtlinienkonforme Auslegung maßgeblich ([X.] GRUR 1999, 723). Bei der Prüfung des [X.] an Ortsangaben sind dementsprechend nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen, sondern es ist auch die Möglichkeit zu erörtern, ob eine entsprechende beschreibende Verwendung der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist ([X.] a. a. [X.]. 1, [X.]. 30; so auch [X.], 1050 - Cloppenburg).

Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht an der angemeldeten Marke kein Freihaltebedürfnis, weil es sich bei der Angabe „[X.]er“ nicht um eine Angabe über den Ort der Herstellung und/oder des Vertriebs der Ware, sondern um eine von der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht erfassten Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten klösterlichen Betrieb handelt. In seiner durch die Markenstelle zutreffend ermittelten Bedeutung weist „[X.]“ auf den konkreten Bezug eines so gekennzeichneten alkoholischen Getränkes zu einem bestimmten Kloster, nämlich zum [X.] in [X.] als dessen klösterliche [X.], und darauf hin, dass die Wirkung des Getränkes durch [X.] der Natur hervorgerufen wird.

Die Zubereitung von Kräuterlikören durch Ordensleute innerhalb ihrer von der Außenwelt abgeschlossenen Wohnstätte (vgl. zur Definition eines „Klosters“ Etymologisches Wörterbuch des [X.], 2. Aufl. [X.] 1993, [X.]) hat in [X.] Klöstern ebenso wie das Pflanzen und Kultivieren von Heilkräutern eine lange Tradition (vgl. etwa [X.] PAVIS PROMA 25 W (pat) 22/06 - Klostergarten/Klostergarten). So sind beispielsweise [X.] und [X.] auch heute noch nicht nur für eine unternehmerische Tätigkeit von Klöstern im Sinne der dort wohnenden Menschen im Allgemeinen, sondern insbesondere auch für die unternehmerische Zubereitung von Kräuterlikören bekannt. Wer den gem. § 3 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 12 BGB grundsätzlich schutzfähigen Namen eines Klosters (vgl. [X.] [X.] 2007, 560 - [X.], Der [X.]; [X.]. [X.], [X.], 76 - Kloster, Klosterbrauerei) zur Kennzeichnung der hier beanspruchten Waren der [X.] verwendet, weist daher nicht lediglich auf die räumliche Nähe irgendeines Klostergebäudes zu seinem Herstellungsbetrieb (vgl. hierzu [X.] OLG HH, [X.], 420 - Klosterbrauerei, [X.]) oder darauf hin, dass er sich zur Herstellung seiner Produkte eines ursprünglich von den Mönchen oder Nonnen entwickelten Rezeptes bedient. Vielmehr stellt er einen konkreten Bezug seiner Waren zu einer bestimmten klösterlichen [X.] (vgl. [X.], 628 - 631 Rn. 102 – Klosterbrauerei; [X.] [X.], 76 – Kloster, Klosterbrauerei; [X.], [X.] 2000, 764 – [X.]; [X.], [X.] 2000, 774 – Eschweger [X.] je zur Herstellung einer Verbindung zwischen einer den Wortbestandteil „Kloster“ enthaltenen Bierbezeichnung und einer klösterlichen Brauerei durch den angesprochenen Verkehr) und damit zu einem bestimmten Unternehmer her. Inwieweit ein solcher konkreter Bezug zur klösterlichen [X.] auch in Fällen fortbesteht, in denen moderne Herstellungsmethoden einen ursprünglich engen räumlichen Zusammenhang zum Klostergebäude gelockert oder Ordensleute die ursprünglich ihnen obliegende Verantwortung für den Herstellungsprozess an Dritte delegiert haben, bedarf in diesem Verfahren keiner Erörterung, denn entscheidend ist, dass das Anmeldezeichen entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsansicht auf ein bestimmtes verantwortliches Unternehmen, nämlich das [X.] als Herkunftsbetrieb alkoholischer Getränke hinweist.

Der frühere Augustinerchorherrenstift „[X.]“ in [X.] wird seit 1846 bis heute von [X.] betrieben. Ein zweites Kloster dieses Namens existiert in [X.] nicht. Insoweit kommt den heute das [X.] betreibenden [X.] zugleich eine langjährige, gegenwärtig noch bestehende und künftig nicht ohne weiteres in Frage zu stellende Monopolstellung für die Produktion von Waren aus diesem klösterlichem Herstellungsort sowie unter der unternehmerischen Verantwortung des Klosters zu. Denn nur sie können diese Waren selbst oder durch von ihnen autorisierte Dritte im [X.] herstellen (lassen). Ein Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit des Namens des Klosters zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren ist daher weder aktuell gegeben, noch liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis vor (vgl. [X.] PAVIS PROMA 33 W (pat) 187/04 – Burg Eltz).

Dass in diesem Verfahren nicht das [X.] oder sein Träger Anmelder der Marke ist und bisher auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass der Anmelder zur Anmeldung einer Marke ermächtigt worden oder aus anderen Gründen berechtigt sein könnte, die die Bezeichnung „[X.]er“ enthält, steht einer Verneinung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht entgegen. Denn ihrem Schutzzweck entsprechend soll diese Vorschrift die in ihr genannten Angaben lediglich der Allgemeinheit zur ungehinderten beschreibenden Verwendung durch jedermann offen halten. Der individuelle marken- oder firmenmäßige Gebrauch einer derartigen Angabe unterliegt dagegen keinem relevanten Allgemeininteresse (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 9. Aufl. Rn. 229 zu § 8).

Somit besteht weder ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] hinsichtlich der Waren der [X.] an der Gesamtbezeichnung „[X.]“ noch an dem angemeldeten [X.] in seiner konkreten – für sich genommen nicht schutzbegründenden – graphischen Gestaltung.

2. Der angemeldeten Marke kommt für die beanspruchten Waren auch das für einen bundesweiten Markenschutz erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu.

Unterscheidungskraft i. S. dieser Bestimmung bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; [X.] GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - [X.]). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - [X.]; BGH [X.] 2006, 395, 397, Rdn. 18 - [X.], m. w. N.).

Da den angesprochenen allgemeinen Endverbrauchern Klöster von jeher auch als [X.]n für die Zubereitung von Kräuterlikören und anderen alkoholischen Getränken bekannt sind, werden sie unabhängig davon, ob sie bereits zuvor vom [X.] in [X.] gehört haben, einen Bezug zu einer bestimmten, ihnen wenn auch bislang unbekannten klösterlichen [X.] herstellen, sofern die angemeldeten Getränke mit „[X.]“ gekennzeichnet sind.

Aus diesen Gründen war der Beschwerde stattzugeben.

3. Allerdings wird die Markenstelle nunmehr noch zu prüfen haben, ob der Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] i. V. m. § 37 Abs. 3 [X.] entgegensteht. Denn der Anmelder hat bislang nicht vorgetragen, von den Betreibern des Klosters [X.] zur Anmeldung der Marke 30 2010 014 000.3 ermächtigt worden zu sein.

Meta

26 W (pat) 501/11

05.10.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.10.2011, Az. 26 W (pat) 501/11 (REWIS RS 2011, 2721)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2721

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Referenzen
Wird zitiert von

26 W (pat) 568/20

27 W (pat) 533/12

27 W (pat) 23/12

27 W (pat) 43/11

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