Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.01.2015, Az. 1 BvR 931/12

1. Senat | REWIS RS 2015, 17214

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

GESETZGEBUNG BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT BERUFSFREIHEIT GRUNDRECHTE LADENÖFFNUNGSZEITEN

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Gegenstand

Begrenzung der Samstagsarbeit gem § 12 Abs 3 des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes (juris: LÖG TH) formell und materiell verfassungsgemäß - Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers mangels abschließender Ausübung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes gem Art 74 Abs 1 Nr 12 GG - zudem keine Verletzung der Arbeitgeber in Grundrechten auf Berufsfreiheit, Gleichbehandlung oder Koalitionsfreiheit - abweichende Meinung: Abschließende Ausübung der konkurrierenden Bundeskompetenz für Arbeitszeitregelungen


Leitsatz

1. Eine landesrechtliche Begrenzung der Samstagsarbeit in Verkaufsstellen ist dem Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zuzuordnen. Die Kompetenz für das Recht des Ladenschlusses in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erstreckt sich nicht auf arbeitszeitrechtliche Regelungen.

2. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für Regelungen zur Arbeitszeit in Verkaufsstellen an Samstagen bisher nicht erschöpfend im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der [X.] [X.]gesetzgeber mit der im Jahr 2011 im [X.] Ladenöffnungsgesetz neu geregelten Beschränkung der Einsatzmöglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen in Verkaufsstellen gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 [X.] verstoßen hat, weil das Land für eine derartige Regelung nicht gesetzgebungsbefugt war.

2

1. Die Öffnungs- und Schließzeiten von Verkaufsstellen sowie diese flankierende Arbeitnehmerschutzvorschriften sind bundesrechtlich im Gesetz über den Ladenschluss ([X.]) vom 28. November 1956 ([X.], zuletzt geändert durch Art. 228 der [X.] vom 31. Oktober 2006, [X.]) geregelt (zur Vorgeschichte [X.] 1, 283 <284 ff.>). Das Ladenschlussrecht zielte schon immer sowohl auf die Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse als auch auf den Schutz der Beschäftigten; die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des [X.] ergab sich dementsprechend sowohl aus der Vorgängerregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] für Regelungen über den Handel als auch aus derjenigen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] für Regelungen zum Arbeitsschutz (vgl. [X.] 1, 283 <292, 297 f.>; 13, 230 <233>; 111, 10 <28>; stRspr). Generell finden sich Vorgaben zu Arbeitszeiten auf der Grundlage der Gesetzgebungskompetenz zum Arbeitsschutz im [X.] des [X.], das mit Wirkung vom 1. Juli 1994 die Arbeitszeitordnung aus dem [X.] abgelöst hat.

3

a) Im [X.] des [X.] gibt § 17 Abs. 4 [X.] vor, dass Beschäftigte die Freistellung an einem Samstag im Monat verlangen können. In anderen Bestimmungen des Gesetzes finden sich Regelungen zu Sonn- und Feiertagen, zur Höchstzeit der Beschäftigung in Verkaufsstellen während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten sowie 30 Minuten darüber hinaus und zur maximalen Tagesarbeitszeit. Für Betriebe, die an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein dürfen, wird auch die maximale Anzahl der [X.] festgelegt und für den Einsatz an Sonn- und Feiertagen ist ein Ausgleich durch Freistellungen an Werktagen vorgesehen. § 17 Abs. 4 [X.] lautet:

(4) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen können verlangen, in jedem Kalendermonat an einem Samstag von der Beschäftigung freigestellt zu werden.

4

b) Das [X.] ([X.]; [X.], S. 1170, zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 6 des Gesetzes zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der [X.] vom 20. April 2013, [X.]), regelt allgemein für alle abhängig Beschäftigten die Arbeitszeiten an Werktagen, zu denen auch der Samstag zählt (§§ 3 bis 8 [X.]); dazu kommen Regelungen über die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen (§§ 9 bis 13 [X.]). Ein Gesetzentwurf der Fraktion der [X.] und weiterer [X.] vom 28. Juni 1993 enthielt den Vorschlag, in das Gesetz zur Neuregelung des [X.]es die bislang in § 17 [X.] geregelte Möglichkeit der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen aufzunehmen und § 17 [X.] aufzuheben (BTDrucks 12/5282, [X.] und 8). Gleiches schlug der [X.]rat in seiner Stellungnahme vom 24. September 1993 zu dem Gesetzentwurf der [X.]regierung vom 13. Oktober 1993 vor, die diesen Vorschlag aber nicht aufgegriffen hat (BTDrucks 12/5888, [X.], 7 und 8). Eine solche Neuregelung kam nicht zustande.

5

2. Im Zuge der [X.] wurden die [X.] für den Ladenschluss geändert. Die Kompetenz für das "Recht des [X.]" wurde aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] a.F. herausgenommen und damit in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übertragen (vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, [X.]). Die Reform ging insgesamt auf die Initiative der Länder zurück, wonach die bundesstaatliche Ordnung einer kritischen Prüfung unterzogen werden sollte, um den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen. Im Oktober 2003 wurde die "[X.]" eingesetzt. Dort schlugen die Länder [X.] und [X.] im Januar 2004 vor, die Kompetenz für den Ladenschluss auf die Länder zu übertragen (vgl. Deutscher [X.]tag/[X.]rat, Dokumentation der [X.] von [X.]tag und [X.]rat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, Anlage [X.] Zusatzmaterial/Arbeitsunterlagen/[X.] 15); die für das Recht des [X.] zuständige Arbeitsgruppe behandelte das Thema erstmals im April 2004. Im Ergebnis sahen die Länder und einige Sachverständige das Ladenschlussrecht als Materie an, die auf die Länder übertragen werden könne (a.a.[X.], S. 444 ff.); dem schloss sich die [X.]regierung später an (a.a.[X.], Anlage [X.] Dokumentation/Zusatzmaterial/Ergebnisvermerk der Projektgruppen/PG 5/5. Sitzung, S. 4). Da insgesamt keine Einigung erreicht werden konnte, erklärte die [X.] ihre Arbeit zwar im November 2005 ohne konkretes Ergebnis für beendet. Der von den Vorsitzenden der [X.] erarbeitete Kompromissvorschlag enthielt aber bereits den Wortlaut des späteren Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] (a.a.[X.], Anlage [X.] Dokumentation/Zusatzmaterial/Sprechzettel der Vorsitzenden/Sprechzettel vom 3.12.2004). Später wurde dies aufgegriffen und Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] a.F. dementsprechend durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 ([X.]) geändert, das am 1. September 2006 in [X.] trat.

6

3. Nachfolgend erließen 15 Länder Ladenschluss- oder Ladenöffnungsgesetze. Derzeit hat einzig [X.] keine eigenen Regelungen erlassen; dort gilt weiterhin das [X.] des [X.].

7

a) Das in der [X.]regierung für die Regelungsmaterie zuständige [X.]ministerium für Arbeit und Soziales hat in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 gegenüber dem entsprechend zuständigen [X.] [X.] erklärt, es gehe zwar von einer fortbestehenden konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des [X.] für Vorschriften zur Arbeitszeit aus, sehe aber keine abschließende [X.]regelung. Es sei sinnvoll, Ladenschluss und Arbeitszeit gemeinsam zu regeln, weshalb der [X.] derzeit keine Initiative zur Regelung der besonderen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen für die Beschäftigten im Einzelhandel plane, das Thema aber im Hinblick auf seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz im Auge behalte.

8

b) Der [X.] [X.]gesetzgeber verabschiedete am 24. November 2006 das [X.] Ladenöffnungsgesetz ([X.]; [X.]). Zur Arbeitszeit in Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen regelt § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass eine Beschäftigung nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und in Ausnahmefällen 30 Minuten darüber hinaus erfolgen darf. Im Übrigen verweist § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] auf die Vorschriften des [X.]es des [X.]; § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] begrenzt die Beschäftigung einzelner Personen auf höchstens 22 Sonn- und Feiertage jährlich. [X.] hat der [X.]gesetzgeber den vorliegend angegriffenen § 12 Abs. 3 [X.] eingefügt. Nach Satz 1 sind für im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei, wovon nach Satz 2 im [X.] Ausnahmen zugelassen werden können; nach Satz 3 müssen Belange der Beschäftigten und insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beachtet werden. Die vollständige Regelung lautet:

§ 12 Besonderer Arbeitnehmerschutz

(1) In Verkaufsstellen dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und, falls dies zur Erledigung von Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten unerlässlich ist, während insgesamt weiterer 30 Minuten beschäftigt werden. Die Dauer der Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers darf acht Stunden nicht überschreiten.

(2) Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen finden die Vorschriften des [X.]es vom 6. Juni 1994 ([X.]) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend Anwendung. Eine Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers ist jährlich an höchstens 22 Sonn- und gesetzlichen Feiertagen erlaubt.

(3) Arbeitnehmer in Verkaufsstellen dürfen mindestens an zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden. Das für das Ladenöffnungsrecht zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des [X.] für bestimmte Personengruppen sowie in Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 durch Rechtsverordnung regeln. Bei der Häufigkeit der Arbeitseinsätze an Werktagen ab 20.00 Uhr sowie der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen hat der Arbeitgeber die [X.] Belange der Beschäftigten, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu berücksichtigen.

9

Die Länder haben die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen ansonsten weitgehend freigegeben. Durch das [X.] wurde eine Öffnung der Geschäfte von Montag 0:00 Uhr bis Samstag 20:00 Uhr ermöglicht. Gesetzliche Vorgaben zum Ladenschluss gerade an Werktagen gibt es im Übrigen in [X.], wo das [X.] des [X.] fortgilt, landesrechtlich sonst in [X.] und im [X.]. Hinsichtlich der möglichen Arbeitszeiten an Samstagen enthält das [X.] die Vorgabe, dass ein Wochenende im Monat frei bleiben muss, in [X.], [X.], [X.] und [X.] existieren § 17 Abs. 4 [X.] entsprechende Regelungen. An Sonn- und Feiertagen lassen die Ladenöffnungsgesetze der Länder für den Verkauf von bestimmten Waren (Zeitungen, Backwaren, Blumen und Pflanzen, landwirtschaftliche Produkte, Milch- und Milcherzeugnisse) und für Verkaufsstellen in besonderen Lagen (in Bahnhöfen, Fernbahnhöfen, Flughäfen und in Apotheken, an Tankstellen und in [X.]) begrenzte Öffnungszeiten zu. Zudem können in den Ländern unterschiedlich viele verkaufsoffene Sonntage allgemein freigegeben werden. Die tatsächlichen Öffnungszeiten der Verkaufsstätten variieren stark; sie schöpfen die zulässigen Ladenöffnungszeiten nicht aus.

Die Beschwerdeführerin betreibt als ein Unternehmen der Möbelbranche bundesweit Verkaufsstellen, unter anderem in [X.] in [X.].

Dieses Möbelhaus hat wochentags einschließlich samstags von 10:00 bis 19:00 Uhr und an verkaufsoffenen Sonntagen in der Regel von 13:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde waren dort insgesamt 125 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, davon 90 im Verkauf und zwölf im Kassenbereich. Insgesamt 44 % der Beschäftigten waren in Teilzeit tätig.

Die Vergütung im Verkauf erfolgt provisionsabhängig, wobei das Unternehmen eine monatliche und eine jährliche Mindestvergütung garantiert. Der höchste Umsatzanteil mit 45 % des wöchentlichen Umsatzes fällt nach Angaben der Beschwerdeführerin auf den Samstag. Die Ursache hierfür sei, dass das Einkaufen von Einrichtungsgegenständen heutzutage weniger als notwendige Tätigkeit und auch nicht als Entscheidung Einzelner, sondern häufig als Freizeitbeschäftigung mit Erlebniswert für die ganze Familie angesehen werde. Aufgrund der starken Kundenfrequenz gebe es an Samstagen einen hohen Verkaufsberatungsbedarf. Daher seien im Betrieb in [X.] in der Vergangenheit samstags rund 80 Beschäftigte im Verkauf tätig gewesen, die aufgrund des Vergütungsmodells bei hohem Umsatz auch erhebliche Provisionsgewinne hätten erzielen können.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 [X.]. Die unmittelbar angegriffene Regelung sei formell verfassungswidrig. Dem [X.] fehle die für einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit oder in Art. 9 Abs. 3 [X.] erforderliche Gesetzgebungskompetenz. § 12 Abs. 3 [X.] sei eine arbeitszeitrechtliche Regelung, die unter die bereits in Anspruch genommene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des [X.] für das Arbeitsrecht aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] falle. Die Regelungskompetenz für die Arbeitszeit an Wochenenden sei den Ländern durch die [X.] mit der Verschiebung der Gesetzgebungszuständigkeit für den Ladenschluss nicht mit übertragen worden. Zudem verstoße die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 [X.], denn die Beschwerdeführerin werde im Vergleich zu Betreibern von Verkaufsstellen mit abhängig Beschäftigten außerhalb [X.] benachteiligt.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie sei seit Inkrafttreten des in § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] geregelten Beschäftigungsverbots mit massiven Problemen konfrontiert. Die Regelung belaste sie selbst, aber auch einen Großteil der Beschäftigten. Die bislang an mehr als zwei - hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten attraktiven - Samstagen tätigen Beschäftigten verlören in erheblichem Maße Provisionen. Da an den übrigen Wochentagen kein Bedarf für weitere Einsätze bestehe, müssten sie ihre Arbeitszeit reduzieren, was wiederum die Mindestvergütung herabsetze. Das wirke sich insbesondere für Teilzeitkräfte negativ aus, die ihre Provisionen zum größten Teil an Samstagen erwirtschafteten. Es sei zudem unmöglich, an Samstagen ausreichend erfahrene Kräfte einzusetzen. Neue Kräfte ausschließlich für die Samstage seien nicht nur unerfahren, sondern auch nicht zu gewinnen, da eine solche Beschäftigung zu geringfügig sei. Die Beschränkung der Samstagsarbeit führe so dazu, dass die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin unattraktiv werde. Zudem belaste sie die Beschwerdeführerin mit erheblichen Kosten. Die Fixkosten blieben gleich oder stiegen, etwa durch die Einstellung von weiteren Aushilfskräften. Ohne erfahrene Beschäftigte an Samstagen könne sie ihre qualitativ hochwertige Verkaufsberatung nicht aufrechterhalten. Es stehe zu befürchten, dass Kunden in benachbarte [X.] in anderen Ländern abwanderten, denn im [X.] würden ohne weiteres 90 Minuten Fahrzeit in Kauf genommen. Wenn die Anzahl der zur Verfügung stehenden Verkaufsberater und -beraterinnen um 50 % abgesenkt werden müsse, führe dies zu einem Umsatzrückgang von 20 bis 25 %.

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die [X.]regierung des [X.], die [X.], der [X.], die [X.]vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der [X.] Stellung genommen.

1. Die [X.]regierung des [X.] hält die Verfassungsbeschwerde bereits mangels hinreichender Begründung für unzulässig, denn Ausführungen zu den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 [X.] fehlten. Die Regelung verstoße aber auch nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Arbeitnehmerschutzvorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] unterfalle nach ihrem Wortlaut dem Recht des [X.] gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.]. Der verfassungsändernde Gesetzgeber habe die Zuständigkeit für das Ladenschlussrecht genau in dem Umfang rezipiert und auf die Länder zurückverlagern wollen, wie dies bisher durch [X.]gesetz geregelt war. Das Ladenschlussrecht habe zum Zeitpunkt des [X.] nicht nur Wirtschaftsrecht, sondern auch spezielles, für den Einzelhandel geltendes Arbeitsschutzrecht umfasst. Mit dem "Recht des [X.]" würden die beiden traditionellen Kompetenzgehalte Wirtschaft und Arbeitsschutz inkorporiert. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber diesen Zusammenhang habe auflösen wollen. Für ihn spreche auch die ständige Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts zur Auslegung von Kompetenznormen, nach der sachlich [X.] nicht durch begriffsjuristische Engführung auseinandergerissen werden solle (Verweis auf [X.] 97, 228; 97, 332). Eine [X.] sei aber selbst dann gegeben, wenn die angegriffene Regelung dem Arbeitsschutz im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] zuzuordnen wäre. Dann hätte der [X.] insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht abschließend Gebrauch gemacht.

2. Die [X.] und der [X.] sehen keine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin durch § 12 Abs. 3 [X.]. Für die Regelung der Arbeitszeit an Samstagen sei eine Gesetzgebungskompetenz des [X.] gegeben, denn es fehle an einer sperrenden Regelung des [X.]. Mit der [X.] seien die Kompetenzzuordnungen für den Ladenschluss und den Arbeitsschutz auseinandergefallen. [X.] Regelungen fielen nicht unter das "Ladenschlussrecht" des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.]. Auch eine Zuständigkeit der Länder zur Regelung der Arbeitszeiten im Einzelhandel aufgrund eines [X.] mit dem Ladenschluss komme nicht in Betracht. Dennoch verfüge das Land über die Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeiten an Werktagen aus Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.], da der [X.] von seiner Kompetenz durch das [X.] nicht abschließend Gebrauch gemacht habe. Abschließend seien lediglich die Regelungen im Hinblick auf die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen, nicht jedoch für die Werktage einschließlich des Samstags.

Die Regelung sei auch materiell verfassungsgemäß. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch § 12 Abs. 3 [X.] sei durch hinreichende, dem Gewicht der Beeinträchtigung entsprechende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 [X.] sei nicht gegeben, denn dieses enthalte kein Normsetzungsmonopol.

3. Die [X.]vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der [X.] halten die Verfassungsbeschwerde für begründet, da das [X.] nicht zum Erlass von § 12 Abs. 3 [X.] gesetzgebungsbefugt sei. Als arbeitszeitrechtliche Regelung falle die Norm unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.]. Zwischen Ladenöffnungszeiten und Arbeitszeitregelungen bestehe kein zwingender Sachzusammenhang. Der [X.] habe das Arbeitszeitrecht umfassend geregelt und damit im Sinne von Art. 72 Abs. 1 [X.] abschließend Gebrauch gemacht. Die angegriffene Regelung stelle die Einzelhandelsunternehmen in [X.] auch vor erhebliche praktische Probleme.

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. § 12 Abs. 3 [X.] verstößt nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Vorschrift ist auch materiell mit dem Grundgesetz vereinbar.

Die Verfassungsbeschwerde ist ausweislich ihrer Begründung auf eine Überprüfung lediglich der Sätze 1 und 2 des § 12 Abs. 3 [X.] gerichtet und insoweit zulässig.

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich in zulässiger Weise unmittelbar gegen die bereits in [X.] befindliche Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.], wonach im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei gestellt werden müssen. Davon können im [X.] Ausnahmen zugelassen werden. Das ist hier nicht geschehen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin durch diese Regelung in einem verfassungsbeschwerdefähigen Recht (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.], § 90 Abs. 1 BVerf[X.]) selbst, unmittelbar und gegenwärtig verletzt ist. Sie betreibt eine Verkaufsstelle in [X.], so dass die Regelung auf sie Anwendung findet, ohne dass es eines weiteren Vollzugsaktes bedarf (vgl. [X.] 126, 112 <133> m.w.N.). Sie darf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - anders als in der Vergangenheit üblich - nicht an mehr als zwei Samstagen im Monat im Verkauf einsetzen.

2. Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert allerdings, dass vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. [X.] 123, 148 <172>; 134, 242 <285 Rn. 150>; stRspr). Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass das [X.]verfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. [X.] 123, 148 <172> m.w.N.). Das [X.]verfassungsgericht hat die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte aber ausnahmsweise verneint, wenn sie nicht zumutbar ist, weil dies offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre. Dies kann der Fall sein, wenn der Misserfolg eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von vornherein feststeht, weil die Norm der Verwaltung keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum einräumt (vgl. [X.] 123, 148 <172>). Wirft ein Sachverhalt allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen auf, die das [X.]verfassungsgericht letztlich zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, ist die vorherige Nutzung fachgerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten auch im Hinblick auf einen in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht effektiven Rechtsschutz nicht zumutbar (vgl. [X.] 123, 148 <172 f.> m.w.N.). Außerdem verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nicht, dass Betroffene vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung aussetzen müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. [X.] 81, 70 <82 f.>; 97, 157 <165>).

Danach musste die Beschwerdeführerin hier vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Zwar ist ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] weder straf- noch bußgeldbewehrt, doch normiert § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] ein unmittelbar geltendes Beschäftigungsverbot ohne jeden Auslegungsspielraum. Die Beschwerdeführerin müsste bewusst gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßen, um Unterlassungsverfügungen gemäß § 13 Abs. 2 [X.] und in der Folge wohl auch Zweifel an ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zu provozieren. Auch ist hier mangels Auslegungsspielraums nicht ersichtlich, dass die weitere Fallanschauung der Fachgerichte die Entscheidungsgrundlage des [X.]verfassungsgerichts verbessern könnte. Im Mittelpunkt der Verfassungsbeschwerde stehen Fragen der Gesetzgebungskompetenz, deren Klärung ohnehin letztlich dem [X.]verfassungsgericht vorbehalten ist.

3. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt den Anforderungen an § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerf[X.]. Dafür reicht es aus, dass die Beschwerdeführerin die fehlende Gesetzgebungskompetenz für die unmittelbar angegriffene Vorschrift hinreichend substantiiert gerügt hat.

Die angegriffene Regelung ist formell und materiell verfassungsmäßig. Sie verstößt weder gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch gegen materielles Verfassungsrecht.

1. Die angegriffene Vorschrift kann einen Eingriff in Grundrechte rechtfertigen, denn sie ist vom [X.]gesetzgeber kompetenzgemäß erlassen worden. Die Länder haben gemäß Art. 70 Abs. 1 [X.] das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem [X.] Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Für die Gesetzgebungsmaterie des [X.] sind nach Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] die Länder zur Gesetzgebung befugt; das Arbeitszeitrecht ist demgegenüber gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des [X.]. Die angegriffene Regelung fällt nicht als Regelung des "[X.]" unter die Bereichsausnahme des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] zugunsten der Länder, sondern ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des [X.]. Von dieser Kompetenz hat der [X.] aber nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 [X.] Gebrauch gemacht (vgl., dies noch offen lassend, zum [X.]er Ladenschlussrecht [X.] 125, 39 <88 f.>).

a) Die Systematik des Grundgesetzes fordert im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. [X.] (vgl. [X.] 12, 205 <228 f.>; 15, 1 <17>; 26, 281 <297 f.>; 42, 20 <28>; 61, 149 <174>; 132, 1 <6 Rn. 19>).

aa) Für die Zuweisung einer Gesetzgebungsmaterie an [X.] oder Länder ist der in Betracht kommende Kompetenztitel anhand des Wortlauts, historisch, systematisch und mit Blick auf den Normzweck auszulegen (vgl. [X.] 109, 190 <212>). Dabei ist insbesondere das Gewicht der historischen Interpretation von der Struktur und Ausformung des [X.] abhängig. Die Regelungsgeschichte des jeweiligen [X.] ist weniger relevant, wenn die Kompetenzmaterie einen Lebenssachverhalt benennt, und maßgeblicher, wenn die Regelungsmaterie normativ-rezeptiv einen vorgefundenen Normbereich aufgegriffen hat; dann kommt dem Gesichtspunkt des Traditionellen oder Herkömmlichen wesentliche Bedeutung zu (vgl. [X.] 3, 407 <414 f.>; 61, 149 <175>; 97, 198 <219>; 106, 62 <105>; 109, 190 <213>; 134, 33 <55 Rn. 55>). Hat der Verfassungsgeber also eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie als solche nachvollziehend im Kompetenztitel benannt, ist davon auszugehen, dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznormen bestimmt (vgl. [X.] 109, 190 <218>).

bb) Bei der Zuordnung von Gesetzesmaterien zu Kompetenznormen dürfen die einzelnen Vorschriften eines Gesetzes allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Ausschlaggebend ist vielmehr der [X.]. Eine Teilregelung, die bei isolierter Betrachtung einer Materie zuzurechnen wäre, für die der Kompetenzträger nicht zuständig ist, kann nur dann gleichwohl in seine Kompetenz fallen, wenn sie mit dem kompetenzbegründenden Schwerpunkt der Gesamtregelung derart eng verzahnt ist, dass sie als Teil dieser Gesamtregelung erscheint (vgl. [X.] 97, 228 <251 f.>; 97, 332 <342 f.>; 98, 265 <299>). Daneben kann eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz als Kompetenz kraft [X.] bestehen. Sie stützt und ergänzt eine zugewiesene Zuständigkeit, wenn die entsprechende Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der zugewiesenen Materie ist (vgl. [X.] 3, 407 <421>; 98, 265 <299>). Ein solcher Sachzusammenhang kann auch eine Kompetenz der Länder begründen (vgl. [X.] 7, 29 <38 ff.>; 28, 119 <145 ff.>).

b) Danach ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des [X.] [X.] für § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] vorliegend nicht aus Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.]. Die angegriffene Regelung lässt sich weder dem "Recht des [X.]" als ausdrückliche Ausnahme von der konkurrierenden Gesetzgebung zuordnen noch ist sie mit den übrigen ladenschlussrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zwingend kompetenzbegründend verzahnt. Der [X.]gesetzgeber verfügt hier auch nicht über eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz kraft [X.].

aa) Das Grundgesetz selbst bestimmt den Begriff "Ladenschluss" nicht näher. Nach dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] wird mit dem Begriff "Ladenschluss" der gesetzlich geregelte Rahmen der täglichen Verkaufszeit in Einzelhandelsgeschäften umschrieben. Beschäftigungsbedingungen sind dem gängigen Wortsinn nach hiervon nicht umfasst.

bb) Gegen die Zuordnung arbeitszeitrechtlicher Regelungen zum Kompetenztitel Ladenschluss spricht - entgegen der Auffassung des [X.] (Urteil vom 21. Juni 2012 - [X.]. 77-II-11 -, juris, Rn. 97) - auch die Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.]. Über das gängige Wortverständnis hinaus sind für die Zuordnung zudem das rechtliche und historische Umfeld sowie die Zielrichtung einer Verfassungsnorm von Bedeutung (vgl. [X.] 74, 102 <116>; 83, 119 <126>). Hier ist zu berücksichtigen, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber in Ansehung des damaligen [X.] lediglich eine Kompetenznorm zugunsten des [X.] (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.]) verändert hat, obwohl das Gesetz stets auf zwei Kompetenztitel (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.]) gestützt wurde. Das [X.] war sowohl dem Arbeitsschutz als auch dem Handel zugeordnet; es sollte zum einen zur Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse einer übermäßigen Konkurrenz durch beliebige Ladenöffnungszeiten entgegensteuern sowie zum anderen dem Arbeitsschutz dienen (vgl. [X.] 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daraus ergab sich für die damaligen Vorschriften der §§ 1 - 16, 19, 20 [X.] eine - verfassungsrechtlich im Grundsatz unproblematische (vgl. [X.] 103, 197 <215 f.>) - doppelte Gesetzgebungszuständigkeit des [X.] sowohl aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] a.F. als auch zugleich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] (vgl. [X.] 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daneben gibt es im [X.] aber auch Regeln über speziell arbeitsschutzrechtliche Aspekte (§ 17 [X.]), die immer schon ausschließlich dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] zugeordnet waren.

Der [X.] im Rahmen der [X.] hat nicht beide Kompetenzgrundlagen erfasst. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Verfassungsänderung zur Kompetenz für den Ladenschluss die Zuständigkeit für alle bislang im [X.] des [X.] getroffenen Regelungen auf die [X.]gesetzgeber übergehen sollte. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hatte hier ausschließlich die handelsbezogenen Aspekte des Ladenschlussrechts im Blick. In den Arbeitsgruppen und Projektgruppen der [X.] bezogen sich die politischen Beratungen wie auch die Aussprachen auf die allgemeinen Begriffe "Ladenschluss", "Ladenöffnung" oder "Ladenschlussrecht" (Deutscher [X.]tag/[X.]rat, Dokumentation der [X.] von [X.]tag und [X.]rat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, [X.], 360, 370 - 372, 444 ff.; Anlage [X.] Dokumentation/Zusatzmaterial/Protokollvermerke der [X.], S. 22 f.) im Sinne der Möglichkeiten des Handels. Nur an einer Stelle wird pauschal auf die "Übertragung des [X.]" (a.a.[X.], S. 444 - [X.] -) verwiesen. Die einstige regulatorische Entscheidung des [X.]gesetzgebers, innerhalb des [X.] und nicht etwa im [X.] Vorgaben zu den Arbeitszeiten an Samstagen, Sonn- und Feiertagen für Verkaufsstellen zu normieren, ist für die neue kompetenzrechtliche Zuordnung im Zuge der [X.] damit nicht prägend geworden.

Der [X.] wurde zudem ausschließlich im Rahmen von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] a.F. und an keiner Stelle im Zusammenhang mit dem Kompetenztitel für das Arbeitsschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] diskutiert; diese Kompetenz verblieb vielmehr unangetastet beim [X.]. Auch in der Begründung des 52. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes 2006 (BTDrucks 16/813, [X.]) finden sich keine Hinweise darauf, dass durch die veränderte Zuständigkeit für das "Recht des [X.]" auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] berührt sein könnte. Ziel des [X.] war es vielmehr, [X.] wegen nur regionaler Auswirkungen auf die Länder zu übertragen, und dies nur insoweit, wie das Prinzip der Wirtschaftseinheit nicht gefährdet werde (vgl. BTDrucks 16/813, [X.]; Deutscher [X.]tag/[X.]rat, Dokumentation der [X.] von [X.]tag und [X.]rat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, [X.] - [X.] und [X.] -, [X.], 446 - [X.] -; Anlage [X.] Dokumentation/Zusatzmaterial/ Protokollvermerke der [X.], S. 22 f.). Dies trifft auf den Ladenschluss zu, nicht aber auf den Arbeitsschutz als Teil des Arbeitsrechts oder auf das spezielle Arbeitszeitrecht.

cc) Auch der Vergleich zu anderen Gesetzgebungsmaterien, die mit der [X.] anknüpfend an einen gewerberechtlichen Bestand von der konkurrierenden Gesetzgebung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] ausgenommen wurden (das Recht "der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte"), spricht dafür, dass die konkurrierende Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeit auch für den Einzelhandel beim [X.] verblieben ist. Benannt wurden ausschließlich Materien des Wirtschaftsrechts, die insofern einheitlich Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.] a.F. und nicht mehreren Kompetenztiteln zugeordnet waren.

dd) Der Zweck der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.], eine neu konturierte, klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft zu erzielen, steht einer nunmehr divergierenden Kompetenz für Ladenschluss im Wortsinn einerseits und Arbeitszeitregelungen andererseits nicht entgegen. Zwar können strenge arbeitszeitrechtliche Vorgaben des [X.] faktisch Ladenschlussregelungen sein und so die [X.] für den Ladenschluss begrenzen. Allerdings träfe dies nur Unternehmen mit abhängig Beschäftigten, denn für Selbständige gelten die arbeitnehmerschützenden Bestimmungen nicht. Zudem stießen arbeitszeitrechtliche Regelungen, die einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in den Ländern deutlich entgegengesetzt wären, wegen des bei der Ausübung der [X.] regelmäßig geltenden Gebots wechselseitiger bundesstaatlicher Rücksichtnahme auf verfassungsrechtliche Grenzen (vgl. [X.] 43, 291 <348>; 98, 106 <118 f.>; 98, 265 <301>).

ee) Die Gesetzgebungskompetenz des [X.] ergibt sich weder aus einer engen Verzahnung von § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] mit den übrigen, der Materie des [X.] zuzuordnenden Vorschriften des Gesetzes (1) noch kraft [X.] (2). Der arbeitszeitliche Ausgleich für den Einsatz von Beschäftigten im Rahmen der verlängerten Ladenöffnung an Samstagen, den das [X.] mit § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] schaffen wollte (vgl. [X.], [X.]), ist keine unerlässliche Bedingung für diese Verlängerung von Ladenöffnungszeiten.

(1) Eine Regelung der samstäglichen Arbeitszeit im Wege eines [X.] ist mit dem Ladenschlussrecht nicht derart zwingend verzahnt, dass sie von der diesbezüglichen geschriebenen Gesetzgebungskompetenz der Länder mit erfasst wäre. Es handelt sich lediglich um Materien, die aufeinander wirken, aber nicht zwingend zusammen geregelt werden müssen. Das Auseinanderfallen von [X.] in Bereichen, die einander beeinflussen, ist dem Grundgesetz nicht fremd. So regelt der [X.] etwa Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen im Rettungswesen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] oder in den Gaststätten in § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ungeachtet der im Übrigen bestehenden [X.]en für diese Materien. Die [X.]gesetzgeber sind auch nicht gehindert, von ihrer Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss Gebrauch zu machen, wenn sie nicht zugleich Regelungen zur Arbeitszeit treffen können. Vielmehr haben die Länder den Ladenschluss größtenteils neu geregelt, ohne jeweils auch den Arbeitsschutz neu zu fassen. Die Mehrzahl der Länder hat die Ladenöffnung an Werktagen weitgehend freigegeben, ohne die Beschäftigungsmöglichkeiten an Samstagen in größerem Maße einzuschränken, als dies durch § 17 Abs. 4 [X.] der Fall ist.

(2) Eine [X.] ergibt sich auch nicht kraft [X.]. Zwar liegt es nicht fern, auch die Arbeitszeit zu regeln, wenn der Ladenschluss normiert wird. Doch genügen reine Zweckmäßigkeitserwägungen zur Begründung von [X.] aus dem Gesichtspunkt des [X.] nicht (vgl. [X.] 3, 407 <421>). Notwendig ist vielmehr, dass das Übergreifen in den Kompetenzbereich des [X.] für den Arbeitsschutz unerlässlich ist, um eine Regelung des [X.] verständigerweise treffen zu können. Daran fehlt es hier. [X.] Regelungen erfassen weite Teile des Arbeitslebens und sind nicht [X.]. Ein verfassungsrechtlicher Schutzauftrag für Sonn- und Feiertage ist hier nicht einschlägig (dazu [X.] 125, 39 <80 ff.>; SächsVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - [X.]. 77-II-11 -, juris, Rn. 98).

c) Für die Regelungen in § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] besteht gleichwohl eine Gesetzgebungskompetenz des [X.] [X.]. Der [X.] hat zwar nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.] die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für arbeitszeitrechtliche Vorschriften zum Einsatz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen. Er hat von dieser jedoch nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 [X.] Gebrauch gemacht. Der [X.] hat die Arbeitszeiten nicht erkennbar erschöpfend geregelt. Damit ist dem Land die Regelungskompetenz derzeit auch durch den weiterhin geltenden § 17 Abs. 4 [X.] nicht vollständig entzogen.

aa) Zwar darf der [X.] die Arbeitszeiten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 [X.]) regeln, ohne dass dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im [X.]gebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist (Art. 72 Abs. 2 [X.]). Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 [X.] allerdings die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der [X.] von seiner in Art. 74 [X.] benannten Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

Ein Gebrauchmachen von einer Gesetzgebungskompetenz in einer den [X.]gesetzgeber im Sinne des Art. 72 Abs. 1 [X.] ausschließenden Weise liegt vor, wenn ein [X.]gesetz eine bestimmte Frage erschöpfend regelt (vgl. [X.] 7, 342 <347>; 20, 238 <248>; 49, 343 <359>; 67, 299 <324>). Auch diese Vorgabe ist zur Sicherung einer klaren vertikalen Kompetenzordnung strikt auszulegen (dazu oben II 1 a). Die Sperrwirkung für die Länder setzt voraus, dass der erschöpfende Gebrauch der Kompetenz durch den [X.] hinreichend erkennbar ist (vgl. [X.] 98, 265 <301>). Bloße Wert- und Zielvorstellungen entfalten keine Sperrwirkung (vgl. [X.] 49, 343 <359>). Eine erschöpfende Regelung kann allerdings positiv durch eine Regelung erfolgen oder negativ durch das Unterlassen einer Regelung (vgl. [X.] 2, 232 <236>; 34, 9 <28>); auch durch absichtsvollen Regelungsverzicht kann eine Kompetenzmaterie erschöpft sein (vgl. [X.] 32, 319 <327 f.>; 98, 265 <300>).

Die Sperrwirkung tritt nach Art. 72 Abs. 1 [X.] ein, solange und soweit der [X.] die Materie regelt; sie ist also zeitlich und sachlich begrenzt. Maßgeblich für die Bestimmung ihrer Reichweite sind die gesetzliche Regelung selbst und der hinter ihr stehende Regelungszweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte (vgl. [X.] 98, 265 <300>; 109, 190 <230 f.>). Entscheidend ist, dass ein bestimmter Sachbereich tatsächlich umfassend und lückenlos geregelt ist oder nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte ([X.] 102, 99 <115>). Der abschließende Charakter einer Regelung bestimmt sich insofern nach einer Gesamtwürdigung des betreffenden [X.] (vgl. [X.] 67, 299 <324>; 98, 265 <301>; 102, 99 <114>; 109, 190 <229>) und kann auch durch mehrere zusammenwirkende Gesetze erreicht werden (vgl. [X.] 34, 9 <28>). Ist die Regelung abschließend, ist es dem [X.]gesetzgeber verwehrt, die Materie ergänzend oder unter neuen Gesichtspunkten zu regeln; das Grundgesetz weist den Ländern nicht die Aufgabe zu, Entscheidungen des [X.]gesetzgebers nachzubessern (vgl. [X.] 36, 193 <211 ff.>; 102, 99 <115>).

bb) Hiernach ergibt sich aus der Regelung des § 17 Abs. 4 [X.] gegenüber den Ländern keine Sperrwirkung, soweit die Länder eine über den dort bundesgesetzlich vorgesehenen Freistellungsanspruch von nur einem Samstag im Monat hinausgehende Freistellung von Samstagsarbeit in Verkaufsstellen gesetzlich vorschreiben. Zwar hatte die bundesrechtliche Regelung zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung insofern faktisch abschließende Wirkung, als die Länder damals keine Regelungskompetenz für den Ladenschluss hatten. Doch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass § 17 Abs. 4 [X.] nach der Verlagerung der [X.] für den Ladenschluss auf die Länder in der hier zu entscheidenden Frage der Beschäftigung im Einzelhandel an Samstagen abschließend gelten soll. Der [X.]gesetzgeber musste sich darüber zum damaligen Zeitpunkt schlicht keine Gedanken machen; weder war die Regelung damals aus der Sicht des Gesetzgebers bewusst abschließend konzipiert noch ist sie heute objektiv eindeutig als abschließend zu verstehen. Es liegt damit also keine verfassungsrechtlich unzulässige nachträgliche Umdeutung (vgl. [X.] 109, 190 <235>), sondern ein Handeln in einer umfassend veränderten legislativen Situation vor.

Die bundesgesetzliche Norm beschränkt nach ihrem Wortlaut den Freistellungsanspruch auf einen Samstag im Kalendermonat, legt aber objektiv nicht ausdrücklich fest, dass dies als abschließende Vorgabe für eine diesbezüglich zwingende Arbeitszeitregelung zu verstehen ist. Ein Anhaltspunkt, dass der Freistellungsanspruch auf genau einen Samstag begrenzt sein soll, ist der Regelung nicht zu entnehmen. Insofern lässt sich die Regelung auch als eine bloße Minimalgarantie verstehen. Ausweislich der Beschlussempfehlung des [X.] im Deutschen [X.]tag zur Erweiterung der Ladenöffnungszeiten am Samstag sollte ein gesetzlicher Anspruch eingeführt werden, der "zumindest einen arbeitsfreien Samstag im Monat ermöglichen soll" (BTDrucks 15/591, S. 2).

Die Regelung des § 17 Abs. 4 [X.] bezieht sich, wird er im Zusammenhang mit den übrigen arbeitszeitrechtlichen Vorgaben des § 17 [X.] betrachtet, zudem erkennbar auf die damals geltenden bundeseinheitlichen Bestimmungen zum Ladenschluss. Dieser Normenkomplex ist jedoch als Grundlage für die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben im Wege der [X.] entfallen. Auch das steht der Annahme entgegen, es liege unter den Bedingungen der heutigen Kompetenzverteilung eine klar erkennbare abschließende [X.]regelung vor.

Die Regelungsgeschichte spricht ebenfalls nicht für eine eindeutig abschließende Regelung des [X.], die eine Regelung der Länder sperren würde. Vorgaben zur Arbeitszeit finden sich seit jeher in mehreren gesetzlichen Regelungen (dazu oben [X.]). So gelten neben dem [X.] des [X.] besondere Vorschriften für Jugendliche im [X.] ([X.]) und Sonderregelungen für werdende und stillende Mütter im Mutterschutzgesetz (MuSchG). Desgleichen ist § 17 [X.] eine Sonderregelung für Verkaufsstellen des Einzelhandels. Da der [X.] für diese bis zur [X.] eine Regelungskompetenz besaß, ohne dass die Länder daneben über eine solche Kompetenz verfügten, kam es auf den Charakter der Regelung im Verhältnis zu eventuell unterschiedlichen Vorstellungen der Länder überhaupt nicht an.

Auch sonst liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, die bundesrechtliche Regelung zur Beschäftigung an Samstagen unter den geänderten Vorzeichen für abschließend zu halten. Jedenfalls seit der [X.] ist nicht hinreichend eindeutig erkennbar, dass die alten [X.]regelungen abschließenden Charakter haben. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung des [X.]es im Jahr 1993 hat der [X.] die Möglichkeit einer Vereinheitlichung und Klarstellung der Reichweite der Ausnahmen vom generellen Beschäftigungsverbot an Sonntagen ungenutzt gelassen (dazu oben [X.] b; anders hingegen die Konstellation in [X.] 109, 190 <231>, wo eine umfassende Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung durch den [X.] vor Verabschiedung eines entsprechenden [X.]gesetzes anzeigte, dass eine abschließende Regelung vorlag). Auch nach dem [X.] durch die [X.] ist eine solche Klarstellung mit Blick auf eine klare Kompetenzabgrenzung nicht erfolgt. Vielmehr ist nicht nur das [X.] nachfolgend davon ausgegangen, dass eigene Regeln zur Samstagsarbeit zum Ausgleich der Folgen weiter [X.] Ladenöffnungszeiten nicht durch [X.]recht gesperrt seien. Auch das fachlich zuständige [X.]ministerium für Arbeit und Soziales hat aus der Perspektive des [X.] in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass die Regelung nicht abschließend sei (oben [X.]); sie werde das Thema im Hinblick auf die eigene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz lediglich im Auge behalten. Entsprechend hat auch [X.] mit § 7 Abs. 5 Satz 5 [X.] (vom 18. Juni 2007, GVOBl 2007 [X.]) eine strengere Schutzvorschrift als § 17 Abs. 4 [X.] beschlossen und haben [X.] (§ 9 Abs. 6 Satz 1 [X.] vom 22. Dezember 2006, HmbGVBl 2006 [X.]11 in der Fassung des [X.], [X.]), [X.] (§ 13 Abs. 3 LadöffnG vom 21. November 2006, GVBl 2006 S. 351), [X.] (§ 12 Abs. 4 [X.] vom 14. Februar 2007, GBl 2007 [X.]5 in der Fassung des [X.], GBl [X.]28) und [X.] (§ 10 Abs. 3 [X.] vom 27. November 2006, [X.] 2006 S. 158 in der Fassung des [X.], [X.]) § 17 Abs. 4 [X.] entsprechende Regelungen erlassen. Die Länder haben mit dem Erlass von 15 unterschiedlichen [X.]gesetzen das Ladenschlussrecht heterogen normiert, ohne dass der [X.] eigene Regelungen zur Samstagsarbeit auf den Weg gebracht hätte, aus denen ein anderweitiger Regelungswille erkennbar würde.

Dem [X.]gesetzgeber ist es im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung allerdings unbenommen, einheitliche und, wenn er dies für angezeigt hält, auch abschließende arbeitszeitrechtliche Vorgaben zum Ladenschluss zu machen. Werden solche eindeutig abschließenden [X.]regelungen verabschiedet, träte gemäß Art. 72 Abs. 1 [X.] eine Sperrwirkung ein, die zur Nichtigkeit des bereits erlassenen [X.]rechts führen würde (vgl. [X.], in: [X.], [X.], 7. Aufl. 2014, Art. 31 Rn. 29; [X.], in: [X.], [X.], 7. Aufl. 2014, Art. 70 Rn. 54; [X.] in: von [X.]/[X.], [X.], [X.], 6. Aufl. 2012, Art. 72 Rn. 8; siehe auch [X.], in: [X.], [X.]gesetz, 1. Aufl. 2007, Art. 72 Rn. 24; [X.], in: v. Mangoldt/[X.]/[X.], [X.], [X.], 6. Aufl. 2010, Art. 72 Rn. 87, für die Nichtigkeit aufgrund von Art. 31 [X.] vgl. [X.], [X.], 26. Aufl. 2014, Rn. 726; BVerwG, Urteil vom 27. November 1992 - BVerwG 8 C 9.91 -, juris, Rn. 21).

cc) Da eine erschöpfende Regelung der in Rede stehenden Materie durch den [X.] mithin nicht eindeutig erkennbar ist, steht Art. 72 Abs. 1 [X.] der Regelung des § 12 [X.] nicht entgegen. Das im Sinne einer klaren Kompetenzverteilung strikte Verständnis der [X.] erlaubt es nicht, eine einstmals unter anderen kompetenziellen Vorzeichen getroffene Regelung nunmehr ohne hinreichende Anhaltspunkte insbesondere im Wortlaut der Norm als erschöpfend zu verstehen. Das [X.] durfte folglich in eigener Kompetenz die über § 17 Abs. 4 [X.] hinausgehende Vorgabe machen, dass abhängig Beschäftigte in Verkaufsstellen in [X.] an zwei Samstagen im Monat nicht eingesetzt werden dürfen.

2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] ist materiell mit der Verfassung vereinbar. Sie greift zwar in die nach Art. 12 Abs. 1 [X.] geschützte Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein, indem sie den gewünschten Einsatz der von ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen für den Samstag und entsprechende arbeitsrechtlich herzuleitende Befugnisse beschränkt. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.

a) Regelungen, die die Berufsausübung einschränken, sind verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind (vgl. [X.] 111, 10 <32>; 121, 317 <346>; stRspr). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (vgl. [X.] 103, 293 <307>; [X.], Beschluss des [X.] vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79 m.w.N.).

Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit muss den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Einschränkung von Freiheitsrechten genügen, die umso strenger ausfallen, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann, während Beschränkungen allein der Berufsausübung eher zu rechtfertigen sind. Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die [X.] erfordern. Die [X.] dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. [X.] 121, 317 <346> m.w.N.).

b) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch die Beschränkung der Möglichkeit der Beschwerdeführerin, nach § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen nur eingeschränkt einsetzen zu können, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

aa) Der Eingriff hat kein besonders hohes Gewicht. Zwar kann die Regelung für ein Unternehmen, das wie die Beschwerdeführerin insbesondere an Samstagen den höchsten Umsatz macht und im Verkauf dazu auf den Einsatz von Fachkräften angewiesen ist, nicht unerhebliche Umstellungen erforderlich werden lassen. Doch wiegt dies angesichts der vielfältigen verbleibenden Dispositionsmöglichkeiten eines Arbeitgebers über den Personaleinsatz nicht ausnehmend schwer.

bb) Das Gesetz zielt auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie und damit auf [X.], die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen vermögen (vgl. [X.] 111, 10 <32>). Der Gesetzgeber will so auf die mit den Ausweitungen der Ladenöffnungszeiten verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Einzelhandel reagieren, die sowohl die Gesundheit wie das Familienleben beeinträchtigen. Die mit der Liberalisierung des [X.] verbundene Zunahme von Wochenendarbeit verlagere Arbeit in Zeiten, die der physiologischen Erholung und der [X.] Teilhabe dienen; die beschränkte Einsatzmöglichkeit an Samstagen bezwecke insofern, dem Personal möglichst weitgehend ein zusammenhängendes arbeitsfreies Wochenende zu sichern und die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern (vgl. [X.], [X.]).

cc) Die Beschränkung der Einsatzmöglichkeit von Beschäftigten auf zwei Samstage im Monat ist verhältnismäßig.

Der auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung weite Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. [X.] 103, 293 <307>; [X.], Beschluss des [X.] vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79) erlaubt es dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Schutzkonzeptes auch, bestimmte Sachverhalte herauszugreifen und Problemstellungen nicht flächendeckend zu regeln (vgl. [X.] 96, 56 <64>; 121, 317 <356>). Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber die Regelung für die Verfolgung seiner Ziele nicht für erforderlich halten durfte, weil sie unter verschiedenen gleich geeigneten Möglichkeiten nicht die am wenigsten belastende sei (vgl. [X.] 102, 197 <217>). Nach der weitgehenden Freigabe der Ladenschlusszeiten sichern die ladenschlussrechtlichen Regelungen allein jedenfalls kein arbeitsfreies Wochenende. Die angegriffene Regelung garantiert Beschäftigten in regelmäßigen, kürzeren Abständen demgegenüber ein vollständig freies Wochenende für Erholung, ein gemeinsames Familienleben und [X.] Teilhabe (vgl. [X.] 125, 39 <82 f., 85 ff.>). Die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG bestehende Möglichkeit, Arbeitszeit betrieblich zu regeln, ist nicht gleich geeignet, dieses Ziel für alle zu erreichen; darauf hat der Gesetzgeber keinen Einfluss und ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht gibt es auch nur in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gebildet ist. Gleiches gilt für tarifvertragliche Regelungen, die eine Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit voraussetzen.

Die Regelung ist angemessen. Die Berufsausübungsfreiheit wird durch § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] nur geringfügig beschränkt. Sie hindert die betroffenen Unternehmen nicht etwa daran, ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen zu öffnen. Allerdings erzwingt sie organisatorische Vorkehrungen in personeller Hinsicht. Damit entstehen für die Unternehmen voraussichtlich Kosten. Auch können sich Umsatzeinbußen ergeben, wenn nicht alle erfahrenen Fachkräfte an allen besonders frequentierten Samstagen als Einkaufstag zur Verfügung stehen. Deren Einsatz hängt jedoch nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin mit davon ab, dass die unternehmerische Lohngestaltung den Verdienst bislang in erster Linie an Verkaufsprovisionen koppelt; wäre mit der Freistellung an zwei Samstagen kein besonderer Verdienstverlust verbunden, wäre auch eine andere Einsatzmotivation und Einsatzplanung des Personals zu erwarten. Es ist auch insofern nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn der Gesetzgeber die erheblichen Belange des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als überwiegend erachtet. Vor dem Hintergrund der Flexibilisierung der Arbeitszeiten und der Ausweitung von Ladenöffnungszeiten kann der Gesetzgeber der Möglichkeit zur Erholung und [X.] Teilhabe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend große Bedeutung beimessen. Insofern müssen sich Regeln zur Freistellung an Samstagen auch an der aus Art. 6 Abs. 2 [X.] resultierenden Schutzpflicht des Gesetzgebers zugunsten von Familien mit Kindern orientieren, wonach der Gesetzgeber dafür Sorge tragen muss, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbar sind (vgl. [X.] 88, 203 <260>). Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die angegriffene Regelung in Familien nicht nur die erwünschten positiven Wirkungen auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat, sondern auch negative Effekte, da sie einer flexiblen Aufteilung von Betreuungsaufgaben im Wege stehen kann. Der Gesetzgeber hat insofern auch mögliche faktische Diskriminierungen zu berücksichtigen, die von Schutzgesetzen zugunsten von Frauen ausgehen können (vgl. [X.] 85, 191 <209>; 109, 64 <90>). Vorliegend überschreitet der Gesetzgeber seinen Ausgestaltungsspielraum jedoch nicht, wenn er zur Arbeitszeit im Handel an Wochenenden normativ begrenzte Vorgaben macht.

3. Die angegriffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 [X.], weil in anderen [X.]ländern geringere Beschränkungen der Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen bestehen. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein [X.]gesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines [X.] mehr belastet oder begünstigt werden (vgl. [X.] 32, 346 <360>; 33, 224 <231>; stRspr). Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des [X.]staats (vgl. [X.] 134, 1 <21 Rn. 61>). Daneben ist eine branchenspezifische Ungleichbehandlung innerhalb des [X.] nicht ersichtlich.

4. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 [X.] liegt nicht vor. Art. 9 Abs. 3 [X.] schützt koalitionsspezifische Betätigungen (vgl. [X.] 84, 212 <224>) und der Staat überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen (vgl. [X.] 94, 268 <283>). Es ist jedoch weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die hier angegriffene Regelung einen Handlungsrahmen stecken würde, der die Koalitionsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen würde.

Im Ergebnis ist die angegriffene Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar.

Die Entscheidung ist zu [X.] und damit im Ergebnis mit 5 : 3 Stimmen ergangen.

Meta

1 BvR 931/12

14.01.2015

Bundesverfassungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvR

Art 3 Abs 1 GG, Art 9 Abs 3 S 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 70 Abs 1 GG, Art 72 Abs 1 GG, Art 72 Abs 3 GG, Art 74 Abs 1 Nr 11 GG, Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, § 17 Abs 4 LadSchlG, § 12 Abs 3 S 1 LÖG TH vom 21.12.2011, § 12 Abs 3 S 2 LÖG TH vom 21.12.2011

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.01.2015, Az. 1 BvR 931/12 (REWIS RS 2015, 17214)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2869 REWIS RS 2015, 17214 BVerfGE 138, 261-296 REWIS RS 2015, 17214

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zur Verfassungsmäßigkeit des Ladenschlussgesetzes


81 O 70/22 (Landgericht Köln)


1 BvR 1236/99 (Bundesverfassungsgericht)

Verkaufsoffene Sonntage für Apotheken


1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 (Bundesverfassungsgericht)

Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen (Berliner Ladenöffnungsgesetz)


6 U 65/23 (Oberlandesgericht Köln)


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