Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. XII ZR 65/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1188

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:15. Oktober 2003Küpferle,[X.] Geschäftsstellein der [X.]:jaBGHZ:[X.]: [X.] §§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1Zur unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit von Beamten und Soldaten mit vorge-zogener Altersgrenze nach ihrer Pensionierung (hier: Pensionierung eines Strahlflug-zeugführers mit 41 Jahren).BGH, Urteil vom 15. Oktober 2003 - [X.]/01 - [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 15. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats - zugleich Famili-ensenat - des [X.], Zivilsenate in [X.], vom 23. Januar 2001 wird auf Kosten des Antragstellers zu-rückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die Antragsgegnerin verlangt vom Antragsteller im [X.] Unterhalt.Die Antragsgegnerin, geboren am 3. Juli 1956, und der Antragsteller, [X.] am 20. Januar 1958, haben am 9. April 1976 geheiratet. Aus der [X.] zwei zwischenzeitlich volljährige Kinder hervorgegangen. Die Parteien ha-ben sich im Januar 1994 getrennt. Die Antragsgegnerin war während des Zu-sammenlebens der Parteien nicht erwerbstätig. Von Mai 1997 bis August 1999erzielte sie aufgrund einer Teilzeitarbeit ein monatliches Nettoeinkommen von1.936 [X.]. Danach war sie arbeitslos und erhielt ein wöchentliches Arbeitslo-sengeld von 307,30 [X.] 3 -Der Antragsteller war bis zu seiner Ende März 1999 erfolgten Pensionie-rung Pilot der [X.]. Sein Nettoeinkommen aus dieser Tätigkeit betrug zu-letzt monatlich 5.797 [X.] einschließlich 13. Monatsgehalt und Urlaubsgeld. [X.] 1999 erhält er Versorgungsbezüge von monatlich netto 3.424,25 [X.]. SeitJuli 2000 ist der Antragsteller Lehrer für fliegertheoretische Ausbildung in [X.]. Er erhält dafür ein monatliches Bruttogehalt von 6.500 [X.] nebst Zulagen,Urlaubsgeld und 13. Monatsgehalt, monatlich werden ihm 14.840,50 [X.]. Auf die Schulden aus dem Erwerb eines im hälftigen Miteigentum [X.] stehenden Einfamilienhauses zahlt der Antragsteller monatlich758 [X.] hatten im einem vorausgehenden Rechtsstreit [X.] Januar 1996 einen Vergleich geschlossen, worin sich der Antragsteller ver-pflichtete, an die Antragsgegnerin einen Getrenntlebensunterhalt von [X.] zu zahlen. Gleichzeitig verpflichtete sich die Antragsgegnerin, [X.] anhängigen Scheidungsantrag zurückzunehmen und bis 31. März 1999keinen neuen Scheidungsantrag zu stellen, um dem Antragsteller [X.] zu ersparen, die im Falle einer Scheidung vor seiner Pensionierungentstehen würden.Das [X.] hat die Ehe der Parteien durch Verbundurteil ge-schieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Insoweit ist das Urteil seit21. März 2000 rechtskräftig. Den Antrag der Antragsgegnerin, den [X.] Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 1.500 [X.] ab Rechtskraft [X.] zu verurteilen, hat das Amtsgericht abgewiesen. Auf die Berufungder Antragsgegnerin hat das [X.] das familiengerichtliche [X.] und den Antragsteller unter Zurückweisung der weitergehendenBerufung verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung einenUnterhalt von monatlich 1.165 [X.] zu bezahlen. Hiergegen richtet sich die zu-- 4 -gelassene Revision des Antragstellers, mit der er die Wiederherstellung desamtsgerichtlichen Urteils erstrebt.Entscheidungsgründe:Die Revision des Antragstellers hat keinen Erfolg.I.1. Rechtlich bedenkenfrei und von der Revision als ihr günstig nicht [X.] ist das [X.] davon ausgegangen, daß der [X.] ab Rechtskraft der Scheidung ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 Nr. 1BGB wegen Krankheit nicht zustehe, sie vielmehr bei gehöriger Ausnutzungihrer Arbeitskraft aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ein monatlichesNettoeinkommen von 2.000 [X.] erzielen könnte.2. Nach Meinung des [X.]s steht der Antragsgegnerin [X.] ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2, § 1578Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von monatlich 1.165 [X.] gegen den Antragstellerzu. Hierzu führt das Berufungsgericht im wesentlichen aus: Das eheprägendeEinkommen des Antragstellers betrage 4.749 [X.]. Dabei sei von seinem Netto-einkommen als Berufssoldat von 5.797 [X.] und nicht von seinen [X.] von monatlich 3.424,25 [X.] auszugehen. Denn die Vereinbarung [X.] vom 30. Januar 1996, aufgrund derer die Antragsgegnerin ihren [X.] -sprünglichen Scheidungsantrag zurücknahm, um dem Antragsteller Versor-gungsvorteile zu sichern, dürfe nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin führen.Außerdem treffe den Antragsteller nach seiner Pensionierung im Alter von41 Jahren die Obliegenheit, wenigstens sein früheres Erwerbseinkommen zuhalten. Der Betrag von 5.797 [X.] mindere sich pauschal um 5 % [X.] (290 [X.]) sowie die monatlichen Raten in Höhe von 758 [X.] zurDarlehensrückzahlung für das gemeinsame Haus auf 4.749 [X.]. Ein Erwerbs-tätigenbonus sei hiervon nicht in Abzug zu bringen, weil die [X.] pauschal um 5 % gekürzt worden seien und ein Arbeitsanreiz für [X.] nicht erforderlich sei.Das bedarfsprägende Einkommen der Antragsgegnerin betrage1.000 [X.]. Auch ein fiktives Einkommen für die Haushaltsführung gehöre zumprägenden Einkommen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse würden auchvon der Haushaltsführung geprägt. Deren Wert sei im konkreten Fall auf1.000 [X.] zu schätzen.Das die ehelichen Lebensverhältnisse insgesamt prägende [X.] daher 5.749 [X.] (4.749 [X.] + 1.000 [X.]). Davon stehe der [X.] als eheangemessener Unterhaltsbedarf die Hälfte, also 2.875 [X.], zu.Diesen Bedarf könne sie mit Einkünften in Höhe von 1.710 [X.] (Nettoeinkom-men von 2.000 [X.] abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen abzüglichErwerbstätigenbonus von 1/10) aus eigener Erwerbstätigkeit decken. [X.] (2.875 [X.] - 1.710 [X.]) könne sie vom Antragsteller Aufstok-kungsunterhalt von monatlich 1.165 [X.] verlangen.- 6 -II.Dies hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.1. Die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte - unabhängig von [X.] der Parteien vom 30. Januar 1996 - für die Bestimmung der [X.] ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 BGB nichtauf das Einkommen des Antragstellers als aktiver Berufssoldat, sondern aufseine im Zeitpunkt der Scheidung ausgezahlten Versorgungsbezüge [X.]. Dem kann nicht gefolgt werden.Richtig ist zwar, daß bei der Bestimmung des [X.] eineMinderung im Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu [X.] ist, sofern diese nicht auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit beruhtoder durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des [X.] veranlaßt ist und von diesem durch zumutbare Vorsorge hätteaufgefangen werden können (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - [X.]/01 - FamRZ 2003, 590, 592 m.N.). Dabei kommt es auch nicht entscheidenddarauf an, ob die entsprechende Absenkung des Einkommens des [X.] - wie hier - bereits im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung [X.] später erfolgt ist (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2003 aaO, 591 f. undvom 5. Februar 2003 - [X.], 848, 850). [X.] daher die Pensionierung des Antragstellers auch dann zu einer Minderungdes ehelichen Bedarfs führen können, wenn die Ehe der Parteien - ohne dieVereinbarung vom 30. Januar 1996 - noch in der [X.] geschieden worden wäre. Daß dies tatsächlich jedoch nicht derFall ist, liegt, im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichts, nicht in ersterLinie an der Vereinbarung vom 30. Januar 1996. Entscheidend ist vielmehr, daßder nach den Feststellungen des Berufungsgerichts voll erwerbsfähige [X.] -tragsteller seine Erwerbsobliegenheit verletzen würde, wenn er sich bereits [X.] von 41 Jahren mit seinen Versorgungsbezügen begnügte. [X.], daß er aufgrund seiner Beanspruchung als Strahlflugzeugführer einenbesonderen physischen und psychischen Verschleiß erlitten hätte, so daß ihmauch jede andere berufliche Tätigkeit nicht mehr zumutbar wäre, hat er nichtvorgetragen. [X.] obliegt es ihm unter diesen Voraussetzungenvielmehr, wie das [X.] zu Recht ausführt, das Niveau seines bis-herigen Erwerbseinkommens über seine Pensionierung hinaus durch eine [X.] Tätigkeit zu halten. Tatsächlich übt er auch eine Berufstätigkeit aus.2. Die Revision rügt weiter, das [X.] hätte, wenn es schondie vormaligen Erwerbseinkünfte des Antragstellers als Pilot den ehelichen [X.] zugrunde legt, diesem den üblichen Erwerbstätigenbonusnicht versagen dürfen. Diese Rüge verhilft der Revision im Ergebnis nicht zumErfolg.Dem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen muß bei der Bemessung des[X.] nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Vergleich [X.] ein die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens maß-voll übersteigender Betrag verbleiben, um dem typischerweise mit der Berufstä-tigkeit erhöhten Aufwand, auch soweit er sich nicht in konkret meßbare Kostenniederschlägt, und dem Gedanken des Erwerbsanreizes Rechnung zu tragen(vgl. Senatsurteil vom 16. April 1997 - [X.] - FamRZ 1997, 806, 807).Die Meinung des [X.]s, daß im vorliegenden Fall dem [X.] kein Erwerbstätigenbonus zu gewähren sei, weil seine Einkünfte be-reits ohne besonderen Nachweis pauschal um 5 % gekürzt worden seien [X.] eines Erwerbsanreizes für den Antragsteller nicht bedürfe, erscheint bedenk-lich. Eine Entscheidung hierüber ist jedoch nicht erforderlich. Denn selbst wenndem Antragsteller ein Erwerbstätigenbonus von 1/10, den das [X.] 8 -richt der Höhe nach bei der Antragsgegnerin angesetzt hat, gewährt wird, führtdies, wie in der Berechnung am Ende des Urteils dargelegt, nicht zum [X.] Revision.3. Schließlich führen auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, wo-nach abweichend von der früheren Rechtsprechung des Senats für die [X.] der Antragstellerin ein die ehelichen Lebensverhältnisse prägen-des fiktives Einkommen anzusetzen sei, nicht zur Aufhebung des [X.].Der Senat hat mit Urteil vom 13. Juni 2001 - [X.] - [X.], 986) entschieden, daß sich der nach § 1578 BGB zu bemessende Unter-haltsbedarf eines Ehegatten, der seine Arbeitsfähigkeit während der Ehe ganzoder zum Teil in den Dienst der Familie gestellt, den Haushalt geführt und ge-gebenenfalls Kinder erzogen hat, nicht nur nach dem in der Ehe zur [X.] Bareinkommen des Unterhaltspflichtigen errechnet. Vielmehr solldieser Ehegatte auch nach der Scheidung an dem durch seine Familienarbeitverbesserten ehelichen Lebensstandard teilhaben, weil seine in der Ehe durchHaushaltsführung und etwaige Kinderbetreuung erbrachten Leistungen der [X.] des verdienenden Ehegatten grundsätzlich gleichwertig sind unddie ehelichen Lebensverhältnisse mitgeprägt haben. Ausgehend von dieserGleichwertigkeit hat der Senat daher ein Erwerbseinkommen des unterhaltsbe-rechtigten Ehegatten, welches dieser nach der Ehe erzielt und welches gleich-sam als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes seiner bisherigen Familienarbeitangesehen werden kann, bei der [X.] mitberücksichtigt undden Unterhalt nicht mehr nach der sogenannten [X.], sondern nachder Additions- bzw. [X.] 9 -Als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes der bisherigen Tätigkeit ist beider Bemessung des [X.] auch ein fiktives Einkommen anzuset-zen, das der Ehegatte, der in der Ehe den Haushalt geführt hat, bei [X.] ihm obliegenden Erwerbspflicht erzielen könnte (vgl. Senatsurteile vom13. Juni 2001 aaO, 991 und vom 5. Februar 2003 - [X.], 434, 435).Daraus folgt, daß bei der Bestimmung des eheangemessenen [X.] nicht, wie das [X.] angenommen hat, 1.000 [X.] fürdie Haushaltsführung der Antragsgegnerin anzusetzen sind, sondern ihr fiktivesNettoeinkommen von 2.000 [X.] vermindert um 5 % berufsbedingte Aufwen-dungen sowie einen Erwerbstätigkeitsbonus von 1/10, insgesamt also1.710 [X.].Nach der [X.] ergibt sich daher folgende Unterhaltsbe-rechnung, wobei zugunsten des Antragstellers von seinem bereinigten Netto-einkommen von monatlich 4.749 [X.] ein Erwerbstätigenbonus von 1/10(475 [X.]) abgezogen wird, so daß sich ein anzusetzendes Einkommen von4.274 [X.] errechnet:prägendes Einkommen des [X.] [X.]prägendes Einkommen der [X.] [X.]Summe:5.984,00 [X.]Bedarf: 5.984 [X.] : 2 =2.992,00 [X.]darauf anzurechnendes eigenes Einkommen [X.] 1.710,00 [X.]Unterhalt1.282,00 [X.]- 10 -Da das [X.] den Antragsteller lediglich zur Zahlung einesUnterhalts von 1.165 [X.] monatlich verurteilt hat, ist die Revision zurückzuwei-sen.HahneSprick[X.][X.]Ahlt

Meta

XII ZR 65/01

15.10.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. XII ZR 65/01 (REWIS RS 2003, 1188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1188

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