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Verschulden des Rechtsanwalts an einer Fristversäumung in einer Familienstreitsache: Überlassen des Antrags auf Fristverlängerung an einen Kanzleiangestellten
Zum Verschulden eines Rechtsanwalts, der den Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist in einer Familienstreitsache seinem Kanzleiangestellten überlässt, an der Fristversäumung.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 30. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 12. Januar 2018 wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.
Wert: 11.069 €
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde wegen Versäumung der [X.].
Die Antragstellerin macht Schadensersatzansprüche gegen ihren früheren Ehemann, den Antragsgegner, geltend. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 11. Juli 2017 abgewiesen. Auf dem von der [X.]n der Antragstellerin an das Amtsgericht zurückgesandten Empfangsbekenntnis ist als Zustelldatum des Beschlusses der 25. Juni 2017 vermerkt. Die Antragstellerin hat am 27. Juli 2017 Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt. Das Beschwerdegericht hat mit Verfügung vom 4. August 2017 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde verspätet eingegangen sei, und zu diesem Hinweis eine Frist zur Stellungnahme gewährt. In einem von einem [X.] der [X.] [X.]n auf deren Anweisung verfassten und mit dem Zusatz "i.A." unterzeichneten Schreiben vom 29. August 2017 ist mitgeteilt, dass der Beschluss des Amtsgerichts erst am 25. Juli 2017 bei der [X.]n eingegangen sei. In dem Schreiben ist des Weiteren beantragt worden, "die Stellungnahmefrist (…) um 3 Wochen, also spätestens bis 20.09.2017, zu verlängern". Das Beschwerdegericht hat mit Schreiben des Vorsitzenden vom 29. August 2017 bestätigt, dass der Beschluss des [X.] erst im Juli 2017 an die [X.] zugestellt worden sein konnte, so dass die Beschwerde fristgerecht eingelegt worden sei. Ferner hat es "auf Antrag der Rechtsanwältin (…) vom 29.08.2017 die [X.] antragsgemäß verlängert".
Die Beschwerdebegründung ist am 13. Oktober 2017 beim Beschwerdegericht eingegangen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin verworfen und deren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
II.
Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Verfahrensbeteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - [X.] 257/14 - FamRZ 2015, 135 Rn. 9 mwN).
1. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Beschwerdebegründung der Antragstellerin verspätet eingegangen ist. Denn durch die Verfügung vom 29. August 2017 ist die [X.] nicht verlängert worden.
Für den Umfang einer gerichtlichen Fristverlängerung ist der objektive Inhalt der Mitteilung maßgeblich, die an die die Fristverlängerung beantragende [X.] gerichtet ist (vgl. [X.] Beschluss vom 8. April 2015 - [X.]/14 - NJW 2015, 1966 Rn. 12 mwN). Mit einer "antragsgemäßen" Verlängerung macht das Beschwerdegericht den Verlängerungsantrag zum Inhalt der Fristverlängerung selbst (vgl. [X.] Beschluss vom 2. Juni 2016 - [X.]/16 - juris Rn. 7 mwN).
Nach diesen Maßgaben ist die Verfügung des Vorsitzenden vom 29. August 2017 dahin zu verstehen, dass die Frist zur Stellungnahme auf den gerichtlichen Hinweis vom 4. August 2017 bis zum 20. September 2017 verlängert worden ist. Der Schriftsatz vom 29. August 2017 enthielt den ausdrücklichen Antrag, "die Stellungnahmefrist um 3 Wochen, also spätestens bis 20.09.2017" zu verlängern. Allein darauf bezog sich mithin die "antragsgemäße Verlängerung" in der gerichtlichen Verfügung. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Vorsitzende auf Grund eines Schreibversehens die "[X.]" verlängert hat. Denn es ist lediglich ein Antrag auf Verlängerung der Stellungnahmefrist zu dem gerichtlichen Hinweis gestellt worden, nicht dagegen ein Antrag auf Verlängerung der [X.].
Selbst wenn aber - über den Antrag hinausgehend - eine Verlängerung der [X.] ausgesprochen worden wäre, hätte diese sich nur auf die beantragte Dauer bis zum 20. September 2017 bezogen und wäre wegen der ohnehin bis zum 25. September 2017 laufenden gesetzlichen Frist gegenstandslos gewesen.
2. Das Beschwerdegericht hat der Antragstellerin auch zu Recht gemäß § 117 Abs. 5 FamFG iVm § 233 ZPO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der [X.] versagt, weil eine unverschuldete Fristversäumung nicht dargetan ist.
a) Der Antrag auf Fristverlängerung unterliegt gemäß § 114 Abs. 1 FamFG dem Anwaltszwang (vgl. [X.]Z 93, 300 = NJW 1985, 1558, 1559). Der Antrag konnte daher vom [X.] der [X.]n der Antragstellerin bereits nicht wirksam gestellt werden, was der [X.]n bekannt sein musste. Der Antragstellerin ist nach § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden ihrer [X.]n zuzurechnen. Da diese den Antrag ihrem [X.] überließ, ist es nicht ausschlaggebend, ob dieser - wie von ihr dargelegt - einen weitergehenden Antrag auf Verlängerung der [X.] hätte verfassen und an das Beschwerdegericht absenden sollen. Denn ein solcher Antrag hätte nur von der Rechtsanwältin selbst gestellt werden können und wäre mithin nicht wirksam gewesen.
b) Auf einen vom Gericht gesetzten Vertrauenstatbestand kann sich die Antragstellerin ebenfalls nicht berufen. Die vom zuständigen Senatsvorsitzenden bewilligte Fristverlängerung hätte die [X.] selbst bei wörtlichem Verständnis nur auf ihren Antrag vom 29. August 2017 beziehen können. Nur dieser war gestellt worden. Da der Antrag aber bereits in zeitlicher Hinsicht beschränkt war und in dieser Form keine Verlängerung der [X.] ergeben konnte, bestand insoweit für ein schützenswertes Vertrauen schon keine Grundlage.
Daraus ergibt sich zugleich, dass auch eine Auskunft der Geschäftsstelle des [X.] zu einem Fristablauf am 16. Oktober 2017 abgesehen von der insoweit nicht ersichtlichen richterlichen Fristverlängerung (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 1993 - [X.] 157/93 - FamRZ 1994, 302, 303 mwN; [X.] Beschluss vom 15. Oktober 2003 - [X.] 39/03 - [X.]Report 2004, 270, 271 mwN; [X.] Beschluss vom 22. Oktober 1997 - [X.] 32/97 - NJW 1998, 1155, 1156 mwN) kein schützenswertes Vertrauen hätte begründen können. Denn der [X.]n hätte zumindest bekannt sein müssen, dass ein entsprechender Antrag schon nicht gestellt worden war.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird nach § 577 Abs. 6 ZPO iVm § 564 ZPO abgesehen.
Dose |
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[X.] |
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Günter |
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Nedden-Boeger |
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Guhling |
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Meta
19.12.2018
Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend OLG München, 12. Januar 2018, Az: 30 UF 923/17
§ 114 Abs 1 FamFG, § 117 Abs 5 FamFG, § 85 Abs 2 ZPO, § 233 ZPO, § 234 ZPO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2018, Az. XII ZB 53/18 (REWIS RS 2018, 218)
Papierfundstellen: MDR 2019, 302 REWIS RS 2018, 218
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Bundesgerichtshof, XII ZB 53/18, 19.12.2018.
OLG München, 30 UF 923/17, 12.01.2018.
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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