Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. 3 StR 302/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3877

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 302/14
vom
22. Juli 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
versuchten Mordes
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 22.
Juli 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 [X.] einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. März 2014, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgeho-ben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] und versuchtem Schwangerschafts-abbruch zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Mit seiner hierge-gen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].
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Der
Angeklagte beanstandet zu Recht, dass das [X.] einen Be-fangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen mit unzureichender und [X.] rechtsfehlerhafter Begründung zurückgewiesen hat (§ 74 [X.]).
1. [X.] liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Der Angeklagte hat den Sachverständigen, der mit seiner forensisch-psychiatrischen Begutachtung beauftragt war, wegen der Besorgnis der Be-fangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Gutachten sei nicht mit der erforderlichen wissenschaftlichen Sorgfalt erstellt worden. [X.] habe der Sachverständige den Wunsch des Angeklagten unterbunden, dass bei der Exploration sein Verteidiger anwesend sein sollte. Schließlich [X.] den Verteidiger nicht über dieses Anliegen informiert; vielmehr habe er diesem telefonisch bewusst wahrheitswidrig ausrichten [X.], die Begutachtung sei praktisch abgeschlossen und der Angeklagte habe ihm gegenüber nicht geäußert, dass er seinen Verteidiger dabei haben wollte.
Das [X.] hat diesen Antrag zurückgewiesen und dies damit [X.], weder das wissenschaftliche Vorgehen des Sachverständigen noch die Tatsache, dass dieser die Exploration in Abwesenheit des Verteidigers durchgeführt habe, rechtfertigten die Besorgnis der Befangenheit. Zu dem wei-teren Vorwurf, der Sachverständige habe den Verteidiger unzutreffend über den Wunsch des Angeklagten informiert, die Exploration im Beisein seines [X.] durchzuführen, verhält sich der den Antrag ablehnende Beschluss nicht.
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2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Anders als bei der Ablehnung eines Richters prüft das Revisionsgericht bei der Ablehnung eines Sachverständigen nicht selbstständig, ob die Voraus-setzungen für die Besorgnis einer Befangenheit im konkreten Fall vorliegen. Es hat vielmehr allein nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit ausreichender [X.] zurückgewiesen worden ist. Dabei ist es an die vom Tatgericht festgestell-ten Tatsachen gebunden und darf keine eigenen Feststellungen treffen. Aus diesem Grunde muss das Tatgericht in seinem Beschluss darlegen, von wel-chen Tatsachen es ausgeht ([X.], Beschluss vom 23. März 1994 -
2 StR 67/94, [X.], 388). Die gemäß § 34 [X.] erforderliche Begründung des Beschlusses muss im Übrigen so ausführlich sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob das Tatgericht die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt hat; daneben muss sie die Verfahrensbeteiligten in die Lage versetzen, ihr [X.] darauf einzurichten ([X.]/[X.], [X.], 57.
Aufl., § 74 Rn. 17 mwN).
Diesen Anforderungen wird die Begründung des Beschlusses des Land-gerichts nicht gerecht. Die [X.] hat zu einem wesentlichen Teil der [X.] nicht Stellung genommen. Damit ist weder erkennbar, von welchen Tatsachen sie insoweit ausgegangen ist, noch, ob ihre Entscheidung im Übrigen rechtsfehlerfrei ist. Eine sachliche Überprüfung der Entscheidung durch den Senat als Revisionsgericht ist
deshalb nicht möglich. Ebenso wenig konnte der Angeklagte sein weiteres Prozessverhalten auf die Begründung der [X.] einrichten.
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3. Der aufgezeigte Rechtsfehler berührt den Schuldspruch nicht. Es ist mit Blick auf die im Übrigen [X.] Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten und zur Tat auszuschließen, dass das [X.] im Falle des Erfolgs des Ablehnungsgesuchs und Zuziehung eines anderen Sachver-ständigen zu der Überzeugung gelangt wäre, der Angeklagte sei bei Begehung der Tat schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB gewesen. Allerdings beruht der Strafausspruch auf der fehlerhaften Ablehnung des Befangenheitsgesuches, denn der Senat kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die [X.] bei Einholung eines anderen Sachverständigengutachtens, auf eine geringere Strafe erkannt hätte, etwa weil weitere [X.] zutage getreten wären oder sie sich davon überzeugt hätte, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB war. Die Sache bedarf deshalb zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.
[X.]Schäfer Mayer

Ri[X.] Gericke befindet sich

Spaniol

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

Becker
9

Meta

3 StR 302/14

22.07.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. 3 StR 302/14 (REWIS RS 2014, 3877)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3877

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3 StR 302/14

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