Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2008, Az. IV ZR 271/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 6135

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[X.] BESCHLUSS IV ZR 271/06 vom 16. Januar 2008 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] am 16. Januar 2008 einstimmig beschlossen: 1. Es ist beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des [X.] vom 28. September 2006 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. 2. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen.
Gründe: [X.] Der Kläger, der bei der Beklagten eine Unfallversicherung hält, welcher Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen der Beklagten (im Folgenden: [X.]) zugrunde liegen, begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, auf ihre Kosten die im Rahmen des Verfahrens zur Neufestsetzung einer Invalidität (§ 11 IV [X.]) erforderlichen Nachuntersuchungen zu veranlassen. 1 Der Kläger erlitt bei einem Unfall am 14. Oktober 2004 Quetschun-gen des [X.] und des [X.]. Am 13. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die vom Kläger begehrten Invaliditätsleistungen ab, weil die zur Begründung von Invalidität behauptete Gebrauchsbeeinträchtigung 2 - 3 -

seines rechten Beines nicht vorliege. Noch im Oktober 2005 verlangte der Kläger eine erneute ärztliche Bemessung der Invalidität. Hierzu sieht sich die Beklagte nicht verpflichtet, weil ihrer Rechtsauffassung nach ei-ne [X.] der Invalidität ausscheidet, wenn es an einer [X.] Feststellung von Invalidität dem Grunde nach fehlt.
Das Amtsgericht hat dem Feststellungsbegehren - abgesehen von der Frage der Kostentragung - im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die [X.] des erstinstanzlichen Urteils. 3 I[X.] Der Senat beabsichtigt, die Revision nach § 552a ZPO im [X.] zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für eine Zulas-sung der Revision nicht vorliegen und die Revision des [X.] auch keine Aussicht auf Erfolg hat. 4 1. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob - wie das [X.] angenommen hat - die Neufestsetzung der Invalidität nach § 11 IV [X.] ausgeschlossen ist, solange es - wie hier - an einer Erst-Feststellung der Invalidität durch Anerkenntniserklärung des [X.] nach § 11 I [X.] oder durch gerichtliche Entscheidung fehlt. Das [X.] meint, die Frage der Auslegung von § 11 IV [X.] sei insoweit von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. 5 2. Das trifft jedoch nicht zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine entscheidungserhebliche, [X.] - 4 -

rungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat ([X.], 182, 190 f.; 151, 221, 223; [X.], Beschluss vom 4. Juli 2002 - [X.]/02 - [X.], 1811 m.w.N.). An einer Klärungsbedürftigkeit fehlt es hier aber deshalb, weil die genannte Rechtsfrage durch die Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt erscheint und es umgekehrt - wie die [X.] einräumt - nicht ersichtlich ist, dass die vom Kläger ge-äußerte Rechtsauffassung, § 11 IV [X.] ermögliche auch bei Fehlen einer primären Invaliditätsfeststellung die Neufestsetzung der Invalidität, in Literatur oder Rechtsprechung vertreten wird.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an ([X.]Z 123, 83, 85 und stän-dig). 7 b) Der verständige Versicherungsnehmer geht regelmäßig [X.] vom Wortlaut der Klausel aus. 8 § 11 [X.] lautet auszugsweise: 9 "[X.] Sobald uns die Unterlagen zugegangen sind, die Sie zum Nachweis des Unfallherganges und der Unfallfolgen sowie über den Abschluß des für die Bemessung der Inva-lidität notwendigen Heilverfahrens beibringen müssen, sind wir verpflichtet, innerhalb eines Monats - beim [X.] von drei Monaten - zu erklären, - 5 -

ob und in welcher Höhe wir einen Anspruch anerkennen. – IV. Sie und wir sind berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahren nach Eintritt des [X.], erneut ärztlich bemessen zu lassen. – Dieses Recht muss von uns mit Abgabe einer Erklärung entspre-chend [X.], von Ihnen innerhalb eines Monats nach Zugang dieser Erklärung ausgeübt werden. Ergibt die endgültige Bemessung eine höhere Invaliditätsleistung als wir sie be-reits erbracht haben, so ist der Mehrbetrag mit 5 Prozent jährlich zu verzinsen."
Diesen Bestimmungen kann der Versicherungsnehmer entnehmen, dass zunächst der Versicherer verpflichtet ist, sich nach Eingang der er-forderlichen Nachweise innerhalb der in § 11 I [X.] genannten Drei-monatsfrist verbindlich dazu zu äußern, ob er eine bedingungsgemäße Invalidität des Versicherungsnehmers anerkennt und mit welchem Grad er diese bemisst. Der Versicherungsnehmer erkennt weiter, dass die Er-klärung des Versicherers nach § 11 I [X.] dessen Leistungsverpflich-tung nicht unabänderlich festschreibt, sondern auf der Grundlage der anerkannten Invalidität die Möglichkeit besteht, den "Grad der Invalidi-tät", welcher sich ändern kann, binnen der in § 11 IV [X.] genannten Frist durch eine erneute ärztliche Prüfung neu bestimmen zu lassen. [X.] solche erneute Bestimmung der Invalidität setzt aber schon begrifflich voraus, dass bereits zuvor eine bedingungsgemäße, und das heißt auch: binnen Jahresfrist eingetretene (§ 7 I [X.]), Invalidität festgestellt worden ist, wie im Übrigen auch die Anknüpfung an die "Erklärung ent-sprechend I" hinreichend deutlich macht. Denn nur wenn der Versicherer bereits eine bedingungsgemäße Invalidität anerkannt hat oder dieses Anerkenntnis durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt worden ist, kann die so dem Grunde nach feststehende Invalidität unter den [X.] - 6 -

halt einer späteren [X.] gestellt werden. Anderenfalls fehlt für eine [X.] jeder Anknüpfungspunkt.
c) Wegen dieses Verständnisses der Klausel unterscheidet der Senat in ständiger Rechtsprechung zwischen der Erstfeststellung der [X.] und ihrer Neufestsetzung (vgl. nur Senatsurteil vom 4. Mai 1994 - [X.] - [X.], 971), ferner hat er mehrfach ausgespro-chen, dass in der Unfallversicherung die Neufestsetzung der Invalidität stets (lediglich) den Invaliditätsgrad betreffe (vgl. Senatsurteil vom 20. April 2005 - [X.] - [X.], 927 unter [X.]). In der Recht-sprechung der Oberlandesgerichte ist zudem bereits entschieden [X.], das Verfahren zur Neufestsetzung der Invalidität diene allein der Überprüfung der Erstentscheidung des Versicherers über die Feststel-lung der Invalidität ([X.], 1271, 1272) und der Versicherer dürfe das Verfahren zur [X.] der Invalidität nicht betreiben, solange es an einer Ersterklärung über die Anerkennung der Invalidität fehle ([X.], 302, vgl. dazu auch [X.], Un-fallversicherung 3. Aufl. § 11 Rdn. 25; [X.] in [X.]/[X.], [X.]. § 11 [X.] Rdn. 9, 10; [X.] VersR 1995, 902 f.). Damit ist - da Gegenstimmen in Literatur und Rechtsprechung insoweit ersichtlich nicht erhoben werden - die vom [X.] für grundsätzlich erachtete Rechtsfrage hinreichend geklärt. 11 - 7 -

12 3. Da dem Neufestsetzungsbegehren des [X.] unstreitig keine Erstfeststellung bedingungsgemäßer Invalidität durch den Versicherer vorausgegangen ist, hat das [X.] die Klage zu Recht abgewiesen und die Revision des [X.] keine Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 552a ZPO. [X.][X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 45 C 579/05 - [X.], Entscheidung vom 28.09.2006 - 2 S 130/06 -

Meta

IV ZR 271/06

16.01.2008

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2008, Az. IV ZR 271/06 (REWIS RS 2008, 6135)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 6135

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