Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.11.2018, Az. III ZR 628/16

3. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 1969

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Gegenstand

Beginn der Verjährung des Schadensersatzanspruchs eines Kapitalanlegers: Schadenseintritt bei vertraglichem Recht auf Widerruf der Beitrittserklärung zu einer Fondsgesellschaft; Vermögensschädigung bei möglichem Austritt aus der Gesellschaft nur noch nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft


Leitsatz

1. Steht dem Anleger ein vertragliches Recht auf Widerruf seiner Beitrittserklärung zu einer Fondsgesellschaft zu, welches - abgesehen von der Einhaltung einer Widerrufsfrist oder bestimmter Formerfordernisse - an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist, ist der Anleger durch das Zustandekommen des Beitrittsvertrages noch nicht im Sinne des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB geschädigt (Fortführung u.a. der Senatsurteile vom 8. Juli 2010, III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 23 f; vom 22. September 2011, III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 7 und vom 23. November 2017, III ZR 389/15, juris Rn. 34 sowie von BGH, Urteile vom 11. Juli 2012, IV ZR 151/11, juris Rn. 65 und vom 18. April 2012, IV ZR 193/10, VersR 2012, 1110 Rn. 21).

2. Ein den Verjährungsbeginn auslösender Schaden ist zu bejahen, wenn Umstände gegeben sind, aufgrund derer der Kapitalanleger von seiner Anlageentscheidung nicht (mehr) Abstand nehmen kann, ohne gegebenenfalls finanzielle Einbußen oder sonstige für ihn nachteilige Folgen hinnehmen zu müssen. Bei dem Beitritt zu einer Kapitalanlagegesellschaft ist dies insbesondere dann der Fall, wenn der Anleger bereits eine gesellschaftsrechtliche Stellung erlangt hat, aufgrund derer ein Austritt aus der Gesellschaft nur noch nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft möglich wäre.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] - 11. Zivilsenat - vom 14. September 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Kapitalanlage.

2

Nach Beratung durch den Beklagten unterzeichnete der Kläger am 10. November 2002 eine Beitrittserklärung als atypisch stiller Gesellschafter zu der [X.] ([X.]) und verpflichtete sich zur Zahlung einer [X.] über 60.000 € zuzüglich 3.600 € [X.] bis zum 15. November 2002. Auf dem Formular der Beitrittserklärung befindet sich folgende, von dem Kläger gesondert unterzeichnete "Widerrufsbelehrung":

"Meine Beitrittserklärung als atypisch stiller Gesellschafter der [X.] kann ich innerhalb einer Frist von zwei Wochen widerrufen. Diese Widerrufsfrist beginnt am Tag, der auf das Datum der von [X.] unterschriebenen Bestätigung über den Erhalt dieser Belehrung folgt. Der Widerruf ist schriftlich oder in Textform an die [X.] … zu richten. Der Widerruf bedarf keiner Begründung. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Die vorstehende Belehrung habe ich zur Kenntnis genommen. …"

3

Nach § 2 Abs. 2 des im Emissionsprospekt der [X.] abgedruckten atypisch stillen Gesellschaftsvertrages wird "die Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter … unabhängig vom Zeitpunkt der Eintragung des Vertrages in das Handelsregister gemäß § 294 [X.] wirksam mit der Annahme der Beitrittserklärung durch den Geschäftsinhaber, der Zahlung des [X.] ([X.]) und der vollständigen Zahlung der [X.]".

4

Mit Schreiben vom 12. November 2002 begrüßte die [X.] den Kläger "im Kreise der atypisch stillen Gesellschafter" und sandte einen gegengezeichneten Durchschlag der Beitrittserklärung an ihn zurück. Auf dem für die [X.] geführten Treuhandkonto ging am 13. November 2002 eine erste Teilzahlung des [X.] in Höhe von 33.600 € ein, die Einzahlung weiterer 30.000 € erfolgte am 28. November 2002.

5

Am 13. November 2012 reichten die Prozessbevollmächtigten des [X.] per Telefax einen Güteantrag bei Rechtsanwalt und Mediator R.    aus [X.]    , einer staatlich anerkannten Gütestelle, ein, dem keine Vollmacht des [X.] beigefügt war.

6

Der Kläger macht geltend, weder durch den Emissionsprospekt noch im Rahmen des Vermittlungsgesprächs zutreffend über die wesentlichen Risiken der Beteiligung aufgeklärt worden zu sein. Seine nach Scheitern des [X.] erhobene Klage auf Rückabwicklung der Beteiligung und Zahlung entgangenen Gewinns hat das [X.] wegen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche abgewiesen. Das [X.] hat die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich dieser mit seiner von dem erkennenden Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8

Das Berufungsgericht hat eine für die Anlageentscheidung des [X.] ursächliche [X.] bejaht, weil der Beklagte dem Kläger den Prospekt nicht vor Zeichnung der Beteiligung übergeben und ihn in dem [X.] nicht zutreffend über die wesentlichen Risiken der Beteiligung aufgeklärt habe. Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch stehe aber die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen.

9

Zwar werde der Güteantrag den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehenden inhaltlichen Anforderungen gerecht. Auch dass er nicht mit einer Vollmacht der Prozessbevollmächtigten versehen gewesen sei, hindere das Eintreten der Hemmungswirkung nicht. Die zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 [X.] habe aber mit dem Erwerb der Kapitalanlage zu laufen begonnen und sei zum Zeitpunkt der Einreichung des [X.] bereits abgelaufen gewesen.

Eine den Kläger bindende Verpflichtung, auf die für den Verjährungsbeginn abzustellen sei, sei bereits mit Annahme seiner Beitrittserklärung durch die [X.] am 12. November 2002 zustande gekommen. Auf den Zugang der Annahmeerklärung habe der Kläger nach den Umständen des Falles gemäß § 151 Satz 1 [X.] verzichtet.

Auf die Erfüllung der Zahlungsverpflichtung von Seiten des Anlegers komme es für die Entstehung des Schadensersatzanspruchs ungeachtet der Regelung in § 2 Abs. 2 des [X.]svertrages nicht an. Damit sei nur ein abweichender Zeitpunkt der [X.] vereinbart worden, das Inkrafttreten des [X.]svertrages selbst aber sei nicht an bestimmte Bedingungen geknüpft worden. Auch auf den Ablauf der Widerrufsfrist sei für den Verjährungsbeginn nicht abzustellen. Abgesehen davon, dass in Fällen fehlerhafter Widerrufsbelehrung ein Widerruf auch noch nach Jahren möglich wäre und damit der Beginn der Verjährungsfrist weit hinausgeschoben werden könnte, führten die Regelungen über die Grundsätze der fehlerhaften [X.] dazu, dass der fehlerhafte beziehungsweise einer Widerrufsmöglichkeit ausgesetzte Beitritt zunächst als wirksam anzusehen sei.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der Schadensersatzanspruch des [X.] wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit seiner Beteiligung als atypisch stiller [X.]er unterliegt der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 [X.], die entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Einreichung des [X.] am 13. November 2012 noch nicht abgelaufen war.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Eintritt eines Schadens, welcher den Lauf der Verjährung eines auf dessen Ersatz gerichteten Anspruchs des Geschädigten nach § 199 Abs. 1 Nr. 3 [X.] in Gang setzt, erst dann zu bejahen ist, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist, wofür das Entstehen einer lediglich risikobehafteten Situation nicht genügt (st. Rspr., s. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - [X.], [X.], 152 Rn. 23 f; vom 22. September 2011 - [X.], NJW-RR 2012, 111 Rn. 7 und vom 23. November 2017 - [X.], juris Rn. 34 sowie [X.], Urteil vom 18. April 2012 - [X.], [X.], 1110 Rn. 21). Erwirbt ein Anlageinteressent - wie hier - auf Grundlage einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechende Kapitalanlage, kann dieser Erwerb allerdings bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen. Der Schadensersatzanspruch entsteht dabei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (s. etwa Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO; vom 22. Juli 2010 - [X.], juris Rn. 12; vom 7. Juli 2011 - [X.]/10, juris Rn. 12; vom 22. September 2011 aaO und vom 23. November 2017 aaO sowie [X.], Urteile vom 11. Juli 2012 - [X.], juris Rn. 65 und vom 18. April 2012 aaO).

b) Nach diesen Maßstäben war am 12. November 2002 jedoch noch kein Schaden im Sinne des § 199 Abs. 3 Nr. 1 [X.] entstanden, weshalb der am 13. November 2012 eingereichte Güteantrag eine Hemmung der Verjährung noch bewirken konnte (§ 204 Abs. 1 Nr. 4, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 [X.]).

aa) Zwar ist der Beitrittsvertrag nach der von der Revision hingenommenen und rechtlich auch nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts bereits mit Annahme der Beitrittserklärung des [X.] durch die [X.] am 12. November 2002 zustande gekommen. Der Abschluss des [X.] allein konnte in der gegebenen Konstellation einen den Verjährungsbeginn auslösenden Schaden allerdings noch nicht begründen.

bb) Dem Kläger stand nämlich - wovon das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit den Parteien zu Recht ausgegangen ist - ein freies Recht auf Widerruf seiner Beitrittserklärung zu. Dabei kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für das Eingreifen eines gesetzlichen Widerrufsrechts gegeben waren, da aufgrund der von dem Kläger unterzeichneten "Widerrufsbelehrung" jedenfalls von dem Bestehen eines vertraglichen Widerrufsrechts auszugehen ist.

(1) Der Senat kann die auf dem Beitrittsformular abgedruckte, für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte "Widerrufsbelehrung", mit welcher der [X.] darauf hingewiesen wird, dass er seine Beitrittserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen ohne Angabe einer Begründung widerrufen könne, frei auslegen (vgl. Senatsurteil vom 1. Februar 2007 - [X.], [X.], 1114 Rn. 15 sowie [X.], Urteil vom 9. Mai 2000 - [X.], [X.]Z 144, 245, 248, [X.]. [X.]).

(2) Zwar lässt sich dem Wortlaut dieser "Widerrufsbelehrung" nicht ausdrücklich entnehmen, dass ihm auch für den Fall, dass die Voraussetzungen für das Eingreifen eines gesetzlichen Widerrufsrechts nicht gegeben sind, ein freies, vertragliches Recht auf Widerruf seiner Beitrittserklärung zustehen sollte. Für die Einräumung eines (inhaltlich voraussetzungslosen) vertraglichen Widerrufsrechts spricht allerdings, dass die Belehrung [X.] formuliert ist ("Meine Beitrittserklärung … kann ich … widerrufen"). Ihr ist - anders als es der [X.]. Zivilsenat des [X.] in zwei von ihm entschiedenen Fällen zugrunde gelegt hat (Urteile vom 6. Dezember 2011 - [X.] ZR 401/10, NJW 2012, 1066 Rn. 27 ff und vom 12. Juli 2016 - [X.] ZR 501/15, [X.]Z 211, 105 Rn. 43) - kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass das Recht zum Widerruf nur in den gesetzlich vorgesehen Fällen oder unter bestimmten Bedingungen gegeben sein soll (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 1982 - [X.], NJW 1982, 2313 f sowie [X.], Urteil vom 22. Juli 2009 - 27 U 5/09, juris Rn. 23). Aus diesem Grunde ist die "Widerrufsbelehrung" geeignet, aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden (vgl. [X.], Urteile vom 6. Dezember 2011 aaO Rn. 23 und vom 12. Juli 2016 aaO) die berechtigte Erwartung hervorzurufen, dass er sich bei Einhaltung der in der Belehrung genannten Formerfordernisse in jedem Fall innerhalb der aufgeführten Frist von seiner Beitrittserklärung lösen kann, ohne dass es hierfür auf das Vorliegen weiterer (insbesondere gesetzlicher) Voraussetzungen ankommt. Etwaige Zweifel an dieser Auslegung gingen zu Lasten des Verwenders (§ 305c Abs. 2 [X.]).

cc) Jedenfalls dann, wenn einem Anleger (wie hier) ein vertraglich eingeräumtes Recht auf Widerruf seiner Beitrittserklärung zu einer Kapitalgesellschaft zusteht, welches - abgesehen von der Einhaltung einer Widerrufsrist oder bestimmter Formerfordernisse - an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist, ist dieser durch das Zustandekommen des [X.] grundsätzlich noch nicht geschädigt (in diesem Sinne [X.], Urteil vom 16. Oktober 2013 - 11 O 224/12, juris Rn. 56 ff). Solange es nämlich zur alleinigen Disposition des Anlegers steht, ob er an dem geschlossenen Vertrag festhält oder sich durch Ausübung eines ihm eingeräumten Widerrufsrechts von der eingegangenen Verpflichtung wieder löst, ist es noch offen, ob die vorgeworfene Pflichtverletzung zu einem Schaden führt. Es liegt dann lediglich eine risikobehaftete Lage vor, welche sich aber noch nicht in der Bewertung des Gesamtvermögens niederschlägt und daher einem Schadenseintritt nicht gleichsteht (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2017 - [X.], juris Rn. 34 sowie [X.], Urteil vom 28. Oktober 1993 - [X.], [X.]Z 124, 27, 30 [X.]).

Entgegen einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur vertretenen Auffassung (s. [X.], [X.], 609, 612 f; [X.], Urteile vom 16. Dezember 2009 - 31 U 80/09, juris Rn. 79 und vom 3. März 2010 - 31 U 106/08, BeckRS 2010, 08982; Edelmann in [X.]/Schütze, Handbuch des [X.], 4. Aufl., § 3 Rn. 123; sowie BeckOGK/Piekenbrock, [X.], § 199 Rn. 53.1 [Stand: 1. August 2018]) kommt es für die Frage nach dem Verjährungsbeginn nicht darauf an, ob der Kapitalanleger von einem ihm eingeräumten Widerrufsrecht bereits Gebrauch gemacht hat. Soweit zur Begründung dieser Auffassung darauf verwiesen wird, erst die Ausübung eines Widerrufsrechts könne nach der [X.] einen Vermögensschaden entfallen lassen (vgl. [X.] aaO und [X.] aaO), setzt dies voraus, dass ein Vermögensschaden schon entstanden ist, was aus den ausgeführten Gründen nicht zutrifft.

dd) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich ein mit dem Abschluss des [X.] zeitlich zusammenfallender Verjährungsbeginn im gegebenen Fall auch nicht mit einer Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften [X.] begründen.

(1) Zwar steht die freie Widerrufbarkeit der Beitrittserklärung dem Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 [X.] dann nicht (mehr) entgegen, wenn Umstände gegeben sind, aufgrund derer der [X.] von seiner Anlageentscheidung nicht Abstand nehmen kann, ohne aus Gründen, welche sich seiner Einflussmöglichkeit entziehen, gegebenenfalls finanzielle Einbußen oder sonstige für ihn nachteilige Folgen hinnehmen zu müssen. In derartigen Fällen haben sich die aus einer Anlageentscheidung möglicherweise ergebenden negativen Folgen bereits so weitgehend konkretisiert, dass bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht mehr lediglich von einer Gefährdung, sondern bereits von einer Schädigung des Vermögens des Anlegers ausgegangen werden muss.

(2) Bei dem hier zu beurteilenden Beitritt als atypisch stiller [X.]er zu einer Kapitalanlagegesellschaft ist von einer solchen Situation insbesondere dann auszugehen, wenn der Anleger bereits eine gesellschaftsrechtliche Stellung erlangt hat, aufgrund derer ein Austritt aus der [X.] nur noch nach den Grundsätzen der fehlerhaften [X.] möglich wäre.

(a) Nach diesen Grundsätzen, die einen "gesicherten Bestandteil des [X.]srechts" bilden ([X.], Urteil vom 29. Juni 1970 - [X.], [X.]Z 55, 5, 8 f) und auch für den fehlerhaften Beitritt zu einer bestehenden, atypisch stillen [X.] gelten (s. nur [X.], Urteil vom 19. November 2013 - [X.], [X.]Z 199, 104 Rn. 10 f [X.]), ist der Widerruf der Beitrittserklärung bei einem bereits in Vollzug gesetzten [X.]svertrag als außerordentliche Kündigung zu behandeln, die nicht zu einer rückwirkenden Beseitigung der [X.]erstellung führt. Vielmehr ist der widerrufende [X.]er bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung wie ein [X.]er mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten (sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis) anzusehen, er ist zur Leistung seiner Einlage, soweit sie nicht vollständig erbracht ist, verpflichtet und nimmt bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens an den Gewinnen und Verlusten der [X.] teil (s. nur [X.], Urteil vom 16. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 214, 221; Beschluss vom 5. Mai 2008 - [X.], [X.], 1018 Rn. 9 sowie Urteil vom 30. Januar 2018 - [X.]/16, [X.], 709 Rn. 52, [X.]. [X.]). Mit dem Wirksamwerden des Ausscheidens des [X.]ers tritt damit an die Stelle der Mitgliedschaft (lediglich) ein Anspruch auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens, welcher nach dem Verkehrswert des Anteils im Zeitpunkt des Ausscheidens zu berechnen ist (s. nur [X.], Beschluss vom 5. Mai 2008 aaO). Der widerrufende [X.]er kann daher unter Umständen seine Einlageleistung nicht zurückfordern, sondern muss sich an etwaigen Verlusten der [X.] beteiligen, was gegebenenfalls sogar zu einem negativen Abfindungsguthaben führen kann ([X.] aaO Rn. 11).

(b) Von einer Invollzugsetzung im Sinne dieser Rechtsprechung ist allerdings erst dann auszugehen, wenn [X.] geschaffen worden sind, an denen die Rechtsordnung nicht vorbeigehen kann. Das ist der Fall, wenn der [X.] Beiträge geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat ([X.], Urteile vom 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, NJW 1992, 1501, 1502; vom 27. Juni 2000 - [X.] ZR 174/99, [X.], 1685, 1686 und vom 11. Mai 2016 - [X.]I ZR 147/14, [X.], 759 Rn. 22) Einen Beitrag hat der Kläger erst mit seiner Teilzahlung von 33.600 € (Agio und 50 % der vereinbarten Einlageleistung) am 13. November 2002 auf das Treuhandkonto der [X.] erbracht. Vorher hatte er weder Beiträge geleistet noch gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt.

Da die Grundsätze der fehlerhaften [X.] für den Fall eines Widerrufs der Beitrittserklärung mithin frühestens ab dem 13. November 2002 zur Anwendung gelangen konnten, vermochte der am 13. November 2012 eingereichte Güteantrag die Verjährung noch zu hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 4, § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 [X.]).

ee) Ob einer mit dem Zustandekommen des [X.] zeitlich zusammenfallenden Entstehung des Schadens entsprechend der Rechtsauffassung des Revisionsführers auch § 2 Abs. 2 des [X.]svertrages entgegensteht, wonach die Beteiligung als atypisch stiller [X.]er unabhängig vom Zeitpunkt der Eintragung des Vertrages in das Handelsregister (erst) mit vollständiger Zahlung des [X.] und der [X.] "wirksam" wird, bedarf nach dem Vorstehenden keiner Entscheidung.

2. Der am 13. November 2012 bei einer staatlich anerkannten Gütestelle eingegangene Güteantrag war auch geeignet, eine Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 [X.] zu bewirken.

a) Nach der von dem [X.] tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts wird der Inhalt des [X.] den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen (s. etwa Senatsurteil vom 18. Juni 2015 - [X.], juris Rn. 22 ff) gerecht und bezeichnet insbesondere den verfolgten Anspruch hinreichend genau.

b) Der Güteantrag erfüllte auch die formalen Anforderungen, die von den für die Tätigkeit der [X.]eiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden, wie es notwendig ist, um die Hemmungswirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 [X.] herbeizuführen (s. nur Senatsbeschluss vom 4. Mai 2016 - [X.]/15, juris Rn. 3 [X.]). Entgegen der Ansicht des Beklagten steht dem nicht entgegen, dass dem Antrag eine Vollmacht für die Prozessbevollmächtigten des [X.] nicht beigefügt war. Zwar ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 9 der Verfahrensordnung des als Gütestelle angerufenen Rechtsanwalts und [X.]    dem Antrag auf Verfahrenseinleitung eine schriftliche Vollmacht "beizufügen oder auf Antrag nachzureichen". Nach dem Senatsbeschluss vom 4. Mai 2016 (aaO Rn. 4 ff) ist § 3 Abs. 1 Satz 9 der auch jenem Fall zugrunde liegenden Verfahrensordnung des Rechtsanwalts und [X.]     allerdings dahingehend auszulegen, dass ein Nachweis der Vollmacht nur dann erforderlich ist, wenn sein Fehlen bemängelt worden ist oder der Gegner einen solchen verlangt hat.

Da auch der [X.] Beklagte einen Mangel der Vollmacht nicht geltend gemacht oder die Nachreichung einer Vollmacht gefordert hat, konnte der rechtzeitig eingereichte Güteantrag die Hemmung der Verjährung auch ohne gleichzeitige Vorlage einer Vollmacht bewirken.

3. Nach alledem ist das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und die Sache gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. § 563 Abs. 3 ZPO greift nicht ein, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat zwar das Bestehen einer für die Anlageentscheidung kausalen Beratungspflichtverletzung bejaht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig aber keine Feststellungen zu Art und Höhe des daraus resultierenden Schadens getroffen. Dies nachzuholen wird das Berufungsgericht in der neuen Tatsacheninstanz Gelegenheit haben.

[X.]     

      

Ri[X.] [X.] ist wegen
Urlaubsabwesenheit an der
Unterschrift gehindert

      

Remmert

      

      

Hermann

      

      

        

Reiter     

        

     Pohl     

        

Meta

III ZR 628/16

08.11.2018

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 14. September 2016, Az: 11 U 248/14

§ 199 Abs 3 Nr 1 BGB, § 280 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.11.2018, Az. III ZR 628/16 (REWIS RS 2018, 1969)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 28-29 WM2018,2317 NJW 2019, 356 REWIS RS 2018, 1969

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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