Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.10.2016, Az. 2 StR 330/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 4381

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Gegenstand

Strafverfahren: Verweisung an das Landgericht wegen des besonderen Umfangs der Sache nach Scheitern von Verständigungsgesprächen beim Amtsgericht


Leitsatz

Eine Zuständigkeit des Landgerichts, welche zur Verweisung gemäß § 270 StPO führt, ergibt sich nicht daraus, dass nach Scheitern von Verständigungsgesprächen beim Amtsgericht (Schöffengericht) dieses einen besonderen Umfang der Sache (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG) annimmt.

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen – jeweils gewerbsmäßig begangener – strafbarer Verletzung einer Gemeinschaftsmarke in 32 Fällen, davon bei drei Taten in jeweils drei tateinheitlichen Fällen und bei acht Taten in jeweils zwei tateinheitlichen Fällen, ferner bei drei Taten in Tateinheit mit strafbarer [X.] sowie wegen strafbarer [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten führt zur [X.] und Zurückverweisung der Sache an das [X.].

2

Der Angeklagte veranlasste nach den Feststellungen des [X.]s in den Jahren 2011 bis 2014 in 33 Fällen die Einfuhr von insgesamt 29.032 [X.] ohne Zustimmung des Inhabers des Markenrechts. Die Revision macht zutreffend das Fehlen der sachlichen Zuständigkeit des [X.]s geltend.

I.

3

Dem liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:

4

Der Angeklagte befindet sich seit dem 15. November 2014 in Untersuchungshaft. Am 29. Juli 2015 wurde der Haftbefehl gegen ihn durch die Haftrichterin, die zugleich Vorsitzende des Schöffengerichts war, in neuer Fassung verkündet. Die Staatsanwaltschaft, die eine erste Anklage zurückgenommen hatte, erhob am 30. Juli 2015 erneut Anklage zum Schöffengericht bei dem [X.]. Die Vorsitzende ging im Hinblick auf vorausgegangene Gespräche zwischen Verteidiger und Staatsanwalt von der Möglichkeit aus, dass im Fall eines Geständnisses des Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung neben einer zusätzlichen Geldstrafe in Betracht komme. Am 31. Juli 2015 eröffnete sie das Hauptverfahren. In der Hauptverhandlung am 26. August 2015 schlug der Verteidiger vor, eine Verständigung durchzuführen. Staatsanwaltschaft und Gericht waren damit im Wesentlichen einverstanden, jedoch drängte der Staatsanwalt darauf, dass die Zahlung der Geldstrafe sichergestellt sein müsse. Der Verteidiger erklärte, dass der Angeklagte eine Unterbrechung der Hauptverhandlung nutzen wolle, um die Mittel bereitzustellen. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung am 14. September 2015 erklärte der Verteidiger, dass der Angeklagte versucht habe, 200.000 Euro auf ein [X.] überweisen zu lassen, was er wegen der Untersuchungshaft nicht selbst erledigen könne. Deshalb habe er seine Ehefrau darum gebeten. Diese habe Einblick in seine Kontounterlagen genommen und festgestellt, dass er einer anderen Frau eine Eigentumswohnung gekauft habe. Deshalb weigere sich die Ehefrau nun, die Überweisung auszuführen.

5

In einem Fortsetzungstermin am 21. September 2015 erklärte der Angeklagte bei seiner Vernehmung gemäß § 243 Abs. 5 [X.], dass er keine Angaben zur Sache mache. Der Verteidiger widersprach der Verwertung von Erkenntnissen aus der Telekommunikationsüberwachung. Sodann wurden die Verfahrensbeteiligten vom Schöffengericht zur Frage einer Verweisung der Sache an das [X.] angehört. Der [X.] der Staatsanwaltschaft erklärte, dass er der erörterten Verständigung nicht zustimmen könne. Das Schöffengericht verkündete danach einen Beschluss über die Verweisung der Sache gemäß § 270 [X.] an das [X.]. Dieser wurde damit begründet, dass nach Ausbleiben der Verständigung eine umfassende Beweisaufnahme durchzuführen sei. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] sei wegen des besonderen Umfangs der Sache das [X.] zuständig.

6

Nach Übersendung der Akten ging der Vorsitzende der [X.] davon aus, dass die Zuständigkeit des [X.]s eingetreten sei. Auf Überprüfungsbitte der Verteidigung bestätigte die [X.] dies durch Beschluss vom 26. November 2015. Sie führte aus, der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts sei nicht willkürlich erfolgt. In der Literatur werde zum Teil auch die Ansicht vertreten, dass eine geänderte Einschätzung des Umfangs der Sache auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens zum Anlass für eine Verweisung genommen werden dürfe. Insoweit sei die Ansicht des Amtsgerichts vertretbar. Dasselbe gelte für die Auffassung, der Umfang der Sache sei bei einer Verständigung anders einzuschätzen als im Fall ihres Ausbleibens. Die Zuständigkeit des [X.]s sei schließlich tatsächlich begründet. Dies ergebe sich auch aus einer Straferwartung, die den [X.] des Amtsgerichts überschreiten könne.

II.

7

Diese Entscheidungen verkennen die Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Sachlich zuständig ist das Amtsgericht.

8

1. Die Frage, ob die Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung im Revisionsverfahren nur aufgrund einer Verfahrensrüge (vgl. [X.], Beschluss vom 30. Juli 1996 – 5 [X.], [X.]St 42, 205, 212 ff.; Urteil vom 22. April 1997 – 1 [X.], [X.]St 43, 53, 56) oder gemäß § 6 [X.] von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Dezember 1991 – 4 StR 506/91, [X.]St 38, 172, 176; Urteil vom 27. Februar 1992 – 4 StR 23/92, [X.]St 38, 212; Beschluss vom 21. April 1994 – 4 StR 136/94, [X.]St 40, 120, 122 ff.; Urteil vom 11. Dezember 2008 – 4 [X.], [X.], 404 f.), kann offenbleiben. Der Beschwerdeführer hat jedenfalls eine zulässige Verfahrensrüge erhoben.

9

2. Die grundsätzliche Bindungswirkung des [X.] gemäß § 270 [X.] beschränkt die Prüfung des [X.] auf die Frage, ob höherrangiges Recht des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt wurde (vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 1980 – 3 StR 57/80, [X.]St 29, 216, 219; Urteil vom 22. April 1999 – 4 StR 19/99, [X.]St 45, 58, 60; krit. [X.]/[X.], 5. Aufl., § 270 Rn. 31a). Dafür genügt nicht jede irrtümliche Überschreitung der den Fachgerichten bei der Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen gezogenen Grenzen (vgl. [X.], Beschluss vom 3. November 1992 – 1 BvR 137/92, [X.]E 87, 282, 284). Eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters liegt aber unter anderem vor, wenn ein Gericht, das über die [X.] entscheidet, die Bedeutung und Tragweite der verfassungsrechtlichen Gewährleistung grundlegend verkannt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Juni 2012 – 2 BvR 1048/11, [X.]E 131, 268, 312; Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 1 BvR 2142/11, [X.]E 138, 64, 87). Das ist hier der Fall.

a) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind für Strafsachen in erster Instanz grundsätzlich die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 [X.] eingreift. Die Bestimmung der Zuständigkeit des Amtsgerichts durch den Eröffnungsbeschluss war insoweit nicht zu beanstanden. Die spätere Annahme einer Zuständigkeit des [X.]s war nicht gerechtfertigt.

aa) Die Entscheidung über die sachliche Zuständigkeit des Gerichts ist grundsätzlich mit der Eröffnung des Hauptverfahrens zu treffen (vgl. Senat, Urteil vom 20. Mai 2015 – 2 StR 45/14, [X.]St 60, 248, 251). Sie bleibt im weiteren Verfahrensgang regelmäßig konstant (vgl. [X.], Beschluss vom 14. November 2012 – 3 [X.], [X.], 181 f.). Der Umfang der Sache als relativ unbestimmtes Zuständigkeitskriterium (vgl. [X.], [X.] im Strafverfahren, 2002, [X.] ff.) kann nicht laufend der aktuellen Prozesslage angepasst werden. Deshalb tritt mit der Zuständigkeitsentscheidung beim Eröffnungsbeschluss insoweit eine Perpetuierung ein. Die Regeln der §§ 6, 270 [X.] über die Überprüfung der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts unterliegen insoweit einer teleologischen Reduktion. Nur die Zuständigkeitsmerkmale der besonderen Deliktsart (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]) oder einer Straferwartung oberhalb des [X.]s der Amtsgerichte (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 [X.]) gestatten eine Verweisung der Sache durch das Amtsgericht an das [X.], nicht aber die normativen Kriterien der Bedeutung und des Umfangs der Sache (vgl. [X.] 1977, 1, 12).

bb) Die Frage, ob in der Hauptverhandlung eine Verständigung erfolgt, ist für die Entscheidung über die sachliche Zuständigkeit unerheblich.

Zurzeit des [X.] sind das Zustandekommen einer Verständigung in der Hauptverhandlung (§ 257c Abs. 3 Satz 4 [X.]) und deren spätere Auflösung (§ 257c Abs. 4 [X.]) ungewiss. Auf die vorherigen Erörterungen mit dem Ziel einer Verständigung gemäß § 202a [X.] kommt es nicht an. Das Gericht darf bei seiner Eröffnungsentscheidung für die Einschätzung des Umfangs der Sache als Kriterium der sachlichen Gerichtszuständigkeit nicht die Erwartung einer Abkürzung der Hauptverhandlung aufgrund einer Verständigung zu Grunde legen. Andernfalls könnte ein Gericht niedriger Ordnung umfangreiche Verfahren nach verständigungsbezogenen Vorgesprächen wegen eines vermeintlich geringen Verhandlungsaufwands an sich ziehen und diese bei Nichtzustandekommen oder Widerruf einer Verständigung an das Gericht höherer Ordnung verweisen. Das wäre mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar.

Deshalb kann nur eine vollständige Sachaufklärung den Prüfungsmaßstab bilden, wenn es für die Bestimmung der Gerichtszuständigkeit auf den Umfang der Sache ankommt. Schließlich bleibt die Aufklärungspflicht des Gerichts im Sinne von § 244 Abs. 2 [X.] durch eine Verständigung unberührt (§ 257c Abs. 1 Satz 2 [X.]). Auch ein verständigungsbasiertes Geständnis bedarf der Überprüfung im Strengbeweisverfahren (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628, 2883/10, 2155/11, [X.]E 133, 168, 209 f.; Senat, Beschluss vom 24. September 2013 – 2 StR 267/13, [X.]St 59, 21, 27 f.; Beschluss vom 5. November 2013 – 2 StR 265/13, [X.], 170), namentlich bei komplexen Fallgestaltungen (vgl. [X.], Beschluss vom 15. März 2013 – 3 StR 35/13, [X.], 53 f.; Senat, Beschluss vom 3. März 2016 – 2 [X.], [X.], 489 f.). Nicht geständnisfähige Tatsachen müssen durch weitere Beweiserhebungen in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Zusätzliche Beweiserhebungen können für die Prüfung von Strafzumessungstatsachen erforderlich werden. Insgesamt ändert die zurzeit des [X.] bestehende Möglichkeit einer Verständigung die Beurteilungsgrundlagen für die Zuständigkeitsbestimmung nicht grundlegend.

b) Durch die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Schöffengericht war hinsichtlich der Zuständigkeitsannahme im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.]. 3 [X.] eine Perpetuierung eingetreten. Eine Verweisung der Sache in der Hauptverhandlung an das [X.] durfte nicht aufgrund einer nachträglich geänderten Einschätzung des [X.] ausgesprochen werden, erst recht nicht wegen Ausbleibens einer erwarteten Verständigung.

aa) Eine die Zuständigkeitsbestimmung im Eröffnungsbeschluss „korrigierende Verweisung“ ist nur zulässig, wenn sich schon aus dem Anklagesatz eindeutig ergibt, dass die ursprüngliche Zuständigkeitsannahme im Eröffnungsbeschluss rechtsirrig war (vgl. [X.]/[X.], 5. Aufl., § 270 Rn. 7; [X.], Aktuelle Probleme im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit der Strafgerichte, insbesondere die Folgen fehlerhafter [X.], 2002, S. 54 f.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

bb) [X.] im Hinblick auf die Merkmale gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] ist auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens beschränkt; das Tatgericht bleibt anschließend an seine Zuständigkeitsannahme gebunden (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Mai 2016 – 1 [X.]/16; [X.] aaO S. 57; [X.] 1977, 1, 12; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 24 [X.] Rn. 9; [X.], [X.], 26. Aufl., § 270 Rn. 8; AK-[X.]/[X.], 1993, § 270 Rn. 4; aA [X.]/[X.], 4. Aufl., § 24 [X.] Rn. 38). Der Gesetzgeber des 19. Strafverfahrensänderungsgesetzes ist auch davon ausgegangen, es bedürfe keines ausdrücklichen Hinweises im Gesetzestext darauf, dass die Zuständigkeit eines Gerichts gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nur bis zum Eröffnungsbeschluss zu prüfen ist (BT-Drucks. 8/976, [X.]). Die Verweisungsnorm des § 270 [X.] ist deshalb auf Fälle einer Änderung der Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Zuständigkeit des [X.]s gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 [X.] beschränkt. Sie konnte die Zuständigkeitskriterien gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] auch noch nicht erfassen, weil diese erst später in das Gesetz eingefügt wurden.

Dem Fall einer Änderung der rechtlichen Bewertung der Sache dahin, dass ein Straftatbestand erfüllt sein kann, welcher eine ausschließliche Zuständigkeit eines Spruchkörpers beim [X.] begründet (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]), oder die Annahme, dass die Strafe den [X.] des Amtsgerichts überschreiten werde, weshalb es nicht zur Sachentscheidung berufen ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]), steht eine Neubewertung des Umfangs der Sache in der Hauptverhandlung nicht gleich. Das Amtsgericht kann die Sache auch nach einer unvorhergesehen langen Hauptverhandlung entscheiden. [X.] aufgrund einer geänderten Einschätzung der Sach- oder Rechtslage sind daher auf Fälle zu beschränken, in denen die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung unverzichtbar ist. Mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind dagegen [X.] nur wegen Veränderung der Prognose des Verhandlungsaufwands unvereinbar.

c) Allerdings geht die jüngere Rechtsprechung aus Gründen der [X.] davon aus, dass selbst objektive Willkür bei einer Verweisung der Sache durch das Amtsgericht an das [X.] gemäß § 270 [X.] nicht zur Unwirksamkeit des [X.], sondern nur zum Wegfall seiner Bindungswirkung führt. Eine Rückgabe der Sache kommt trotz willkürlicher Verweisung nicht in Frage, wenn die Zuständigkeit des [X.]s tatsächlich eindeutig gegeben ist (vgl. [X.], Urteil vom 22. April 1999 – 4 StR 19/99, [X.]St 45, 58, 60 f.; KK-[X.]/Greger, 7. Aufl., § 270 Rn. 26; MünchKomm-[X.]/[X.], 2016, § 270 Rn. 49; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 270 Rn. 15; [X.]/Voll, [X.], § 270 Rn. 31; AK-[X.]/[X.], § 270 Rn. 8). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Die geänderte Einschätzung des Umfangs der Sache (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.]) ist wegen der Zuständigkeitsperpetuierung unerheblich. War insoweit schon § 270 [X.] nicht anwendbar (vgl. [X.] 1976, 1, 16), so ist nach einer gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßenden Verweisung der Umfang der Sache auch für eine weitere Prüfung unerheblich, ob die Zuständigkeit des [X.]s gegeben ist.

Die vom [X.] zur Zuständigkeitsbegründung angeführte Straferwartung (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]), die den [X.] des Amtsgerichts (§ 24 Abs. 2 [X.]) überschreiten würde, ist ersichtlich nicht gerechtfertigt.

Die Strafobergrenze für jede der angeklagten Taten beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Auch bei einer Gesamtstrafe war auf dieser Grundlage im vorliegenden Fall keine Überschreitung des [X.]s des Amtsgerichts von vier Jahren Gesamtfreiheitsstrafe zu erwarten. Eine hohe Freiheitsstrafe wegen strafbarer [X.] wäre nur bei Verursachung eines Schadens für den Inhaber des Markenrechts zu erwarten gewesen (vgl. Kaiser in [X.]/[X.], Strafrechtliche Nebengesetze, [X.]., § 143 [X.] Rn. 45), der hier aber nicht festzustellen ist. Zwar kann auch die Einfuhr von Originalwaren, insbesondere bei Reimporten, Kennzeichenrechte verletzen (vgl. [X.], 2. Aufl., § 143 [X.] Rn. 39). Es lag aber kein besonders strafwürdiger Fall der Markenpiraterie vor. Die Herkunftsfunktion der Marke als strafrechtlich geschütztes Rechtsgut (krit. gegenüber der Strafdrohung [X.], [X.]. [X.] – Legitimation – Perspektiven, 2013, [X.]) wurde durch das Inverkehrbringen der [X.] nicht konkret beeinträchtigt. Auch deshalb war selbst unter Berücksichtigung von Zahl und Umfang der Einfuhren eine Gesamtfreiheitsstrafe, welche den [X.] des Amtsgerichts überschreiten würde, offensichtlich nicht zu erwarten. Sie war zu recht auch vom Amtsgericht nicht in Betracht gezogen worden.

Fischer                    Krehl                       Eschelbach

              Bartel                     Wimmer

Meta

2 StR 330/16

06.10.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bonn, 7. März 2016, Az: 27 KLs 4/15

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 257c Abs 3 S 4 StPO, § 257c Abs 4 StPO, § 270 StPO, § 24 Abs 1 Nr 1 GVG, § 24 Abs 1 Nr 2 GVG, § 24 Abs 1 Nr 3 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.10.2016, Az. 2 StR 330/16 (REWIS RS 2016, 4381)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4381

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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