Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.03.2020, Az. XII ZB 474/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1210

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Gegenstand

Betreuungsrechtliche Genehmigung: Beschwerdebefugnis; Anfechtung einer Erbschaftsannahme oder -ausschlagung: Zustellungspflicht im Betreuungsverfahren


Leitsatz

1. Gegen eine Entscheidung, mit der eine nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 BGB erforderliche betreuungsgerichtliche Genehmigung versagt wird, kann der Betreuer nur im Namen des Betroffenen, nicht aber im eigenen Namen Beschwerde einlegen.

2. Das Verfahren über die Erteilung der nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 2 BGB erforderlichen betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die Anfechtung einer Erbschaftsannahme oder einer Erbschaftsausschlagung gehört nicht zu den Verfahren, auf die sich der Anwendungsbereich des § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG erstreckt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015 - XII ZB 292/14, FamRZ 2015, 1701).

3. In einem Betreuungsverfahren ist Voraussetzung für die Zustellungspflicht nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG, dass ein dem Beschluss nicht entsprechender Wille eines Beteiligten im Verfahren für das Gericht erkennbar geworden ist. Ausreichend ist, wenn sich ein entsprechender Wille durch sonstige Äußerungen des Beteiligten oder durch dessen Verhalten im Verfahren erkennen lässt. Bloßes Schweigen auf das Vorbringen eines anderen Beteiligten oder auf eine Äußerung des Gerichts sowie der mutmaßliche Wille eines Beteiligten genügen hierfür nicht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. März 2017 - XII ZB 51/16, FamRZ 2017, 1151).

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betroffenen und der weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 12. September 2019 werden zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Wert: 5.000 €

Gründe

A.

1

Der Betroffene und dessen Betreuerin (Beteiligte zu 2) begehren die Genehmigung der Anfechtung der Annahme einer [X.]rbschaft durch den Betroffenen.

2

Für den 1992 geborenen Betroffenen ist seit [X.] 2010 eine Betreuung eingerichtet. Zur ehrenamtlichen Betreuerin für sämtliche Angelegenheiten ist seine Mutter bestellt. Nach dem Tode des Vaters des Betroffenen im Dezember 2017 beantragte die Betreuerin beim Nachlassgericht einen gemeinschaftlichen [X.]rbschein. Dieser wurde am 18. Dezember 2017 dahingehend erteilt, dass der Betroffene und die Betreuerin [X.]rben je zur Hälfte geworden sind.

3

Am 22. Februar 2018 erklärte die Betreuerin zu Protokoll des Nachlassgerichts, dass sie die Annahme der [X.]rbschaft für den Betroffenen wegen Irrtums anfechte, die dem Betroffenen angefallene [X.]rbschaft ausschlage und die [X.]inziehung des [X.]rbscheins beantrage. Gleichzeitig beantragte die Betreuerin die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Anfechtungserklärung.

4

Das Amtsgericht hat den Antrag auf Genehmigung der [X.]rklärung über die Anfechtung der Annahme der [X.]rbschaft zurückgewiesen. Gegen diese [X.]ntscheidung hat die Betreuerin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 1. März 2019 Beschwerde eingelegt. Das Beschwerdegericht hat darauf hingewiesen, dass die Beschwerde wegen fehlender Beschwerdebefugnis der Betreuerin unzulässig sei. Daraufhin hat die Betreuerin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Mai 2019 beantragt, die Beschwerde vom 1. März 2019 hilfsweise als Beschwerde des Betroffenen auszulegen.

5

Das [X.] hat die Beschwerde der Betreuerin wegen fehlender Beschwerdebefugnis verworfen. Den Schriftsatz vom 21. Mai 2019 hat es als Beschwerde des Betroffenen ausgelegt und diese wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist verworfen. Hiergegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der Betreuerin und des Betroffenen.

B.

6

Die Rechtsbeschwerden bleiben ohne [X.]rfolg.

I.

7

Die Rechtsbeschwerden sind aufgrund der Zulassung durch das [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen und der Betreuerin folgt für das Verfahren der Rechtsbeschwerde bereits daraus, dass ihre [X.]rstbeschwerden verworfen worden sind ([X.]sbeschluss vom 25. Januar 2017 - [X.] 438/16 - FamRZ 2017, 552 Rn. 5 mwN).

II.

8

Die Rechtsbeschwerden sind jedoch unbegründet.

9

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner [X.]ntscheidung Folgendes ausgeführt:

Die Betreuerin sei nicht gemäß § 59 Abs. 1 FamFG berechtigt, im eigenen Namen Beschwerde gegen die angefochtene [X.]ntscheidung einzulegen. Gegen die Versagung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung sei der Betreuer nur zur [X.]inlegung der Beschwerde im Namen des Betroffenen berechtigt. Auch nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen fehle es vorliegend an einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung der Betreuerin. Die durch die Anfechtung erlangten Vorteile der Betreuerin, etwa der Anfall des Nachlasses an sie selbst sowie die Möglichkeit, frei über den Nachlass zu verfügen, seien lediglich mittelbare Vorteile, die eine Rechtsbeeinträchtigung [X.]. § 59 Abs. 1 FamFG nicht begründen könnten. [X.]ine Beschwerdebefugnis der Betreuerin ergebe sich auch nicht aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Das Verfahren über die [X.]rteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung einer Anfechtungs- und Ausschlagungserklärung gehöre nicht zu den von § 303 Abs. 2 FamFG erfassten Verfahren.

[X.]ine zulässige im Namen des Betroffenen erhobene Beschwerde liege ebenfalls nicht vor. Die Beschwerde vom 1. März 2019 könne nicht als im Namen des Betroffenen erhoben ausgelegt werden. In der Begründung der Beschwerde werde ausdrücklich und eindeutig darauf abgestellt, dass die Betreuerin in dem angegriffenen Beschluss in ihren Rechten beeinträchtigt werde und sie daher beschwerdeberechtigt sei. Der Schriftsatz vom 21. Mai 2019 sei zwar dahingehend auszulegen, dass nunmehr auch im Namen des Betroffenen Beschwerde eingelegt werde. Diese Beschwerde sei jedoch verspätet. Der angefochtene Beschluss sei dem Betroffenen gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG durch Aufgabe zur Post am 19. Februar 2019 bekanntgegeben worden, so dass die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG von zwei Wochen am 5. März 2019 abgelaufen sei. [X.]ine förmliche Zustellung des amtsgerichtlichen Beschlusses nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG sei nicht erforderlich gewesen, weil der Betroffene keinen dem angefochtenen Beschluss entgegenstehenden Willen geäußert habe. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist von Amts wegen nach § 18 Abs. 3 Satz 3 FamFG komme nicht in Betracht, weil nicht festzustellen sei, dass die Betreuerin ohne ihr Verschulden verhindert gewesen sei, die Beschwerdefrist einzuhalten.

2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Zu Recht hat das [X.] eine Beschwerdebefugnis der Betreuerin verneint.

aa) [X.]in Beschwerderecht im eigenen Namen gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht der Betreuerin nicht zu. Denn die Beschwerdeberechtigung nach dieser Vorschrift setzt eine unmittelbare Beeinträchtigung eigener Rechte des Beschwerdeführers voraus ([X.]sbeschluss vom 21. August 2019 - [X.] 156/19 - FamRZ 2019, 1890 Rn. 12). Bei der Versagung einer nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1822 BGB erforderlichen betreuungsgerichtlichen Genehmigung ist jedoch nur der Betroffene, nicht aber der Betreuer in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt (BayObLG [X.] 2002, 547; OLG Stuttgart NJW 2001, 3484; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 5. Aufl. Teil [X.] Rn. 168). Insoweit führt das [X.] zutreffend aus, dass der Verlust eigener Vorteile, die die Betreuerin durch die beabsichtigte Anfechtung erlangen würde, etwa durch die [X.]rhöhung ihres [X.]rbteils, nur eine mittelbare Auswirkung der angefochtenen [X.]ntscheidung ist, die nicht ausreicht, um eine Beschwerdebefugnis der Betreuerin [X.]. § 59 Abs. 1 FamFG zu begründen.

bb) [X.]ine Beschwerdebefugnis der Betreuerin ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Zwar zählt die Betreuerin als Mutter des Betroffenen zu den nahen Angehörigen, denen nach dieser Vorschrift im Interesse des Betroffenen ein eigenes Beschwerderecht gegen eine von Amts wegen ergangene [X.]ntscheidung zusteht, wenn sie - wie hier - am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt wurden. Der [X.] hat jedoch bereits entschieden, dass die Beschwerdeberechtigung privilegierter Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG nur in den betreuungsrechtlichen Verfahren besteht, auf die sich auch das Beteiligungsrecht der Betreuungsbehörde und deren Beschwerdeberechtigung erstreckt ([X.]sbeschlüsse vom 7. Mai 2014 - [X.] 138/13 - FamRZ 2014, 1191 Rn. 9 und vom 8. Juli 2015 - [X.] 292/14 - FamRZ 2015, 1701 Rn. 6). Hierzu zählen nach §§ 274 Abs. 3, 303 Abs. 1 FamFG nur [X.]ntscheidungen über die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines [X.]inwilligungsvorbehalts (Nr. 1) sowie über Umfang, Inhalt oder Bestand einer der in § 274 Abs. 3 Nr. 1 FamFG und § 303 Abs. 1 Nr. 1 FamFG genannten Maßnahmen. Das Verfahren über die [X.]rteilung der nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 2 BGB erforderlichen betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die Anfechtung einer [X.]rbschaftsannahme (vgl. hierzu [X.]/[X.] BGB 79. Aufl. § 1822 Rn. 3) oder einer [X.]rbschaftsausschlagung gehört - wie das [X.] zutreffend ausführt - deshalb nicht zu den Verfahren, auf die sich der Anwendungsbereich des § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG erstreckt (vgl. [X.] FamFG 20. Aufl. § 303 Rn. 20).

b) Soweit das [X.] die Beschwerde des Betroffenen wegen Nichteinhaltung der zweiwöchigen Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG verworfen hat, ist die angefochtene [X.]ntscheidung ebenfalls frei von Rechtsfehlern.

aa) [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann der Schriftsatz vom 1. März 2019 nicht als Beschwerde des Betroffenen ausgelegt werden. Zwar ist der [X.] insoweit nicht an die Auslegung durch das [X.] gebunden. Vielmehr ist das Rechtsbeschwerdegericht befugt und verpflichtet, [X.] selbständig auszulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]sbeschluss vom 15. April 2015 - [X.] 330/14 - FamRZ 2015, 1015 Rn. 11 mwN).

Die Auslegung führt jedoch zu dem [X.]rgebnis, dass mit dem Schriftsatz vom 1. März 2019 Beschwerde allein im Namen der Betreuerin eingelegt worden ist. Aus der Beschwerdeschrift geht hervor, dass die Beschwerde ausdrücklich allein namens und in Vollmacht der Betreuerin eingelegt worden ist. Im nachfolgenden Text der Beschwerdeschrift wird ausgeführt, dass die Betreuerin durch den angefochtenen Beschluss in ihren Rechten beeinträchtigt und daher beschwerdeberechtigt sei. Zwar stellen die Verfahrensbevollmächtigten der Betreuerin in diesem Schriftsatz auch dar, welche Auswirkungen die Nichtgenehmigung der Anfechtung für den Betroffenen haben würde, insbesondere dass es ihm dann wirtschaftlich nicht mehr möglich wäre, wie in den vergangenen Jahren sein Therapiepferd zu pflegen und zu reiten. Dass die Betreuerin bei Annahme der [X.]rbschaft dieses therapeutische Reiten für den Betroffenen voraussichtlich nicht mehr sicherstellen könne, zieht die Beschwerdeschrift aber gerade als Argument für eine Beeinträchtigung der Betreuerin in eigenen Rechten heran. Schließlich kann bei der Auslegung auch der Inhalt des Schriftsatzes der Verfahrensbevollmächtigten der Betreuerin vom 21. Mai 2019 nicht unberücksichtigt bleiben. Dieser enthält umfangreiche Ausführungen dazu, dass die Betreuerin durch die angefochtene [X.]ntscheidung in eigenen Rechten verletzt werde, weshalb sie zur [X.]inlegung der Beschwerde im eigenen Namen berechtigt sei, und schließt mit der Anregung, die fristgerecht eingelegte und zulässige Beschwerde der Betreuerin hilfsweise als Beschwerde des Betroffenen auszulegen. Auch diese Ausführungen zeigen, dass die Beschwerde vom 1. März 2019 allein im Namen der Betreuerin eingelegt wurde.

bb) [X.]benfalls zutreffend hat das [X.] angenommen, dass die mit Schriftsatz vom 21. Mai 2019 eingelegte Beschwerde des Betroffenen verfristet ist.

(1) Nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ist die Beschwerde gegen [X.]ntscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Die Bekanntgabe kann nach § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG durch Zustellung nach den §§ 166 bis 195 ZPO oder dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegeben wird. Welche der beiden Möglichkeiten der Bekanntgabe das Gericht wählt, liegt grundsätzlich in dessen pflichtgemäßem [X.]rmessen. [X.]ine Wahlmöglichkeit besteht allerdings nicht, wenn spezielle gesetzliche Regelungen eine bestimmte Form vorschreiben ([X.]sbeschluss vom 24. Oktober 2018 - [X.] 188/18 - FamRZ 2019, 477 Rn. 9 f. mwN). So ist nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG ein anfechtbarer Beschluss demjenigen zuzustellen, dessen erklärtem Willen er nicht entspricht. Diese Vorschrift findet im Betreuungsverfahren auf alle beschwerdeberechtigten Beteiligten Anwendung (vgl. [X.]sbeschluss vom 29. März 2017 - [X.] 51/16 - FamRZ 2017, 1151 Rn. 9). Das Unterbleiben einer gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG erforderlichen Zustellung führt zur Unwirksamkeit der Bekanntgabe, weshalb nach § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG die Beschwerdefrist nicht zu laufen beginnt ([X.]sbeschluss vom 29. März 2017 - [X.] 51/16 - FamRZ 2017, 1151 Rn. 8 mwN).

(2) [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war im vorliegenden Fall eine förmliche Zustellung des Beschlusses vom 12. Februar 2019 an den Betroffenen nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG nicht erforderlich, um für ihn die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG in Lauf zu setzen.

§ 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG beschränkt die Zustellungspflicht auf die Bekanntgabe an den Beteiligten, der mit seinem Vorbringen im Verfahren eine andere [X.]ntscheidung angestrebt oder wenigstens zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit einer [X.]ntscheidung wie der dann getroffenen nicht einverstanden ist ([X.]/[X.] FamFG 20. Aufl. § 41 Rn. 8). Damit soll sichergestellt werden, dass in den Fällen, in denen aufgrund von [X.]rklärungen oder dem sonstigen Verhalten eines Beteiligten erwartet werden kann, dieser werde ein Rechtsmittel gegen die getroffene [X.]ntscheidung einlegen, der Beginn der Rechtsmittelfrist zweifelsfrei festgestellt werden kann. Voraussetzung für die Zustellungspflicht ist jedoch stets, dass ein entsprechender Wille eines Beteiligten im Verfahren für das Gericht erkennbar geworden ist. [X.]ine ausdrückliche Ablehnung der getroffenen [X.]ntscheidung ist dabei nicht notwendig. Ausreichend ist, wenn sich ein entsprechender Wille durch sonstige Äußerungen des Beteiligten oder durch dessen Verhalten im Verfahren erkennen lässt. [X.] auf das Vorbringen eines anderen Beteiligten oder auf eine Äußerung des Gerichts reicht hingegen nicht (vgl. [X.]/[X.] FamFG 20. Aufl. § 41 Rn. 8; [X.]/Weinreich/Oberheim FamFG 6. Aufl. § 41 Rn. 35; [X.]/Feskorn ZPO 33. Aufl. § 41 FamFG Rn. 3). Auch ein mutmaßlicher Wille eines Beteiligten genügt nicht ([X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]lzer FamFG 3. Aufl. § 41 Rn. 16; MünchKommFamFG/[X.] 3. Aufl. § 41 Rn. 7).

Danach war im vorliegenden Fall eine Zustellung der angefochtenen [X.]ntscheidung an den Betroffenen nicht erforderlich. Das gesamte Verfahren wurde allein von der Betreuerin geführt. Der Betroffene hat während des Verfahrens weder [X.]rklärungen abgegeben noch ein sonstiges Verhalten gezeigt, aus dem das [X.] hätte schließen müssen, dass die Ablehnung der von der Betreuerin beantragten Genehmigung seinem Willen widerspricht. [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist insoweit unerheblich, dass möglicherweise ein entsprechender Wille des Betroffenen hätte festgestellt werden können, wenn dieser im amtsgerichtlichen Verfahren nach § 34 Abs. 1 FamFG angehört worden wäre. Denn maßgeblich für die Anwendung des § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist allein, ob der Beteiligte einen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck gebracht hat. Das war bei dem nach § 275 FamFG verfahrensfähigen Betroffenen nicht der Fall.

cc) Schließlich hat das [X.] zu Recht auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist von Amts wegen nach § 18 Abs. 3 Satz 3 FamFG abgelehnt. Zwar hat die Betreuerin die versäumte Rechtshandlung für den Betroffenen innerhalb der Frist des § 18 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 FamFG nachgeholt, indem sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Mai 2019 im Namen des Betroffenen Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss eingelegt hat. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen liegen jedoch keine Gründe dafür vor, dem Betroffenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren. Der Betroffene, der sich ein Verschulden seiner Betreuerin nach § 9 Abs. 4 FamFG zurechnen lassen muss, war nicht unverschuldet an der [X.]inhaltung der Beschwerdefrist verhindert (§ 17 Abs. 1 FamFG).

(1) Insbesondere greift die Vermutung des § 17 Abs. 2 FamFG nicht ein. Danach wird ein fehlendes Verschulden an der [X.]inhaltung einer gesetzlichen Frist vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Die der angefochtenen [X.]ntscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung war vollständig (vgl. § 39 Satz 1 FamFG) und inhaltlich zutreffend. [X.]ine Belehrung über die Beschwerdeberechtigung muss die Rechtsbehelfsbelehrung nicht enthalten (vgl. [X.] FamFG 20. Aufl. § 39 Rn. 13).

(2) [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann die möglicherweise schwierig zu beantwortende Frage, ob die Betreuerin im vorliegenden Fall berechtigt ist, im eigenen Namen Beschwerde gegen die amtsgerichtliche [X.]ntscheidung einzulegen, oder nur der Betroffene beschwerdeberechtigt ist, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nicht rechtfertigen. Auch wenn die Fristversäumung auf einem Rechtsirrtum beruht, kann Wiedereinsetzung nur bewilligt werden, wenn der Irrtum unverschuldet ist. Dies war hier nicht der Fall.

Ist ein Beteiligter anwaltlich vertreten, ist der Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet und verhindert eine Wiedereinsetzung ([X.]sbeschluss vom 23. Juni 2010 - [X.] 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 11). Hier war der Betroffene durch den von der Betreuerin als seiner gesetzlichen Vertreterin beauftragten Rechtsanwalt in den Vorinstanzen anwaltlich vertreten, und die angefochtene [X.]ntscheidung ist dem verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt auch zugestellt worden. Die Betreuerin hatte daher die Möglichkeit, sich vor [X.]inlegung der Beschwerde rechtlichen Rat darüber einzuholen, ob sie selbst oder nur der Betroffene berechtigt ist, gegen die ergangene [X.]ntscheidung Beschwerde einzulegen. Sollte sie von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben und von ihrem Verfahrensbevollmächtigten unzutreffend beraten worden sein, würde dies ebenfalls den [X.] nicht entfallen lassen. Denn eine fehlerhafte Auslegung des Verfahrensrechts durch einen Rechtsanwalt kommt nur dann als [X.]ntschuldigungsgrund für eine Fristversäumnis in Betracht, wenn der Rechtsanwalt die volle von ihm zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsanwendung zu gelangen ([X.]/Sternal FamFG 20. Aufl. § 17 Rn. 24). Hierzu verhält sich die Rechtsbeschwerde nicht.

III.

Von einer weiteren Begründung der [X.]ntscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Nedden-Boeger     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 474/19

18.03.2020

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Bochum, 12. September 2019, Az: I-7 T 108/19

§ 1908i Abs 1 S 1 BGB, § 1822 Nr 2 BGB, § 41 Abs 1 S 2 FamFG, § 59 Abs 1 FamFG, § 303 Abs 2 Nr 1 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.03.2020, Az. XII ZB 474/19 (REWIS RS 2020, 1210)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 947-949 REWIS RS 2020, 1210

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