Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2003, Az. V ZR 318/02

V. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2776

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:6. Juni 2003K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: ja[X.] § 1018Wird ein auf dem herrschenden Grundstück unterhaltener Betrieb durch Hinzu-pachten von Flächen erweitert, so erlaubt eine Grunddienstbarkeit in Form eines[X.] grundsätzlich keine Nutzung, die dem Betrieb auf den [X.]. Nur soweit der durch die Erweiterung des Betriebs erhöhte Bedarf auch [X.] an sich möglich gewesenen Erweiterung auf dem herrschenden [X.] wäre und dies auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung vorherseh-bare Bedarfssteigerung, in der Sache aber gleichbleibenden Nutzung zurückzufüh-ren ist, kann eine andere Betrachtung geboten sein.[X.], Urt. v. 6. Juni 2003 - [X.] - [X.] hat auf die mündliche [X.] durch den Vizepräsidenten des BundesgerichtshofesDr. [X.] und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision der Beklagten gegen das Urteil [X.] des [X.] inBremen vom 4. September 2002 wird zurückgewiesen.Auf die Revision des [X.] wird das vorgenannte [X.] Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen [X.] und insoweit aufgehoben, als der Antrag des[X.] auf Unterlassung auch solcher Verkehrsbewegun-gen abgewiesen worden ist, die dem von den [X.] ausgeübten Gartenbaube-trieb dienen.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Re-visionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwie-sen.Der Tenor des Berufungsurteils wird gemäß § 319 ZPO da-hin berichtigt, daß die Festsetzung eines [X.] 4 -nicht in Höhe von 250.000 ˚n-gedroht wird.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist seit 1983 Eigentümer des in [X.]gelegenen [X.] Das in der Nähe liegende [X.], zu dem das 12.335 qm große Flurstück 92gehört, steht seit 1985 im Miteigentum der Beklagten. Da dieses Grundstücküber keinen eigenen Zugang zum öffentlichen Straßennetz verfügt, wurde [X.] des Grundstücks des [X.] im Jahre 1931 eine Grunddienstbarkeit(Wegerecht) eingetragen, die den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 92 da-zu berechtigt, das nunmehr im Eigentum des [X.] stehende Grundstück "[X.]" zu überwegen. Bei Bestellung der Grunddienstbarkeit wurde [X.] 92 als Ackerland genutzt. Der Beklagte zu 1 betreibt dort jetzt eineGärtnerei, in der Blumen und Zierpflanzen aufgezogen und an Groß- und Ein-zelhändler veräußert werden. Zu diesem Zweck pachtete er weitere Grundstü-cke mit einer Fläche von insgesamt 14.927 qm hinzu.Die Beklagten errichteten im Jahre 1986 auf dem Flurstück 92 [X.] mit einer Gesamtfläche von 2.000 qm und in den Jahren 1995/96ein Wohnhaus ([X.]). Die Zuwegung zu den Baulichkeiten [X.] die Eintragung von Grunddienstbarkeiten (Geh- und Fahrrechte mit Aus-- 5 -nahme der Benutzung zu gewerblichen Zwecken) zu Lasten der im [X.] stehenden Flurstücke 60, 62 und 67 gesichert.Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nutzung des über seinGrundstück laufenden Wegs anders als zu landwirtschaftlichen Zwecken ins-besondere für Zwecke des Gartenbaubetriebs und des auf dem Flurstück 92befindlichen Wohnhauses sowie zugunsten der hinzugepachteten [X.] durch die Grunddienstbarkeit nicht gedeckt. Insoweit hat er die Beklagtenauf Unterlassung in Anspruch genommen. Das - sachverständig beratene [X.] hat den Beklagten untersagt, das Grundstück des [X.] mitLastwagen zu überwegen oder überwegen zu lassen, die ein zulässiges Ge-samtgewicht von 7,5 t überschreiten (mit Ausnahme von Heizöl- und Flüssig-gasanlieferungen für das Flurstück 92).Auf die Berufung des [X.] hat das [X.], dessen Grundstück für Fahrten zu und von den [X.] dem [X.] zu überwegen, und ihnen aufgegeben, derartigeFahrten Dritter zu verhindern. Auf die Berufung der Beklagten hat das Ober-landesgericht die Gewichtsbeschränkung für den Lkw-Verkehr zu den [X.] aufgehoben.Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgen [X.] ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Der Klä-ger erstrebt mit seiner Revision eine generelle Untersagung des Verkehrs "[X.] als zu landwirtschaftlichen [X.] 6 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht geht davon aus, daß sowohl die [X.] Flächen als auch die Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebslei-terhauses zu einem höheren Verkehrsaufkommen auf dem über das [X.] des [X.] laufenden Weg geführt hat. Dabei hält es die mit der räumli-chen Ausweitung des Gartenbaubetriebs verbundene Bedarfssteigerung füreine vorhersehbare, nicht willkürliche Benutzungsänderung, die von dem [X.] gedeckt sei. Die mit der Errichtung der Gebäude auf dem Flurstück 92verbundene Nutzungsausweitung übersteige hingegen das zulässige Maß, dasie auf Umständen beruhe, die bei Begründung des [X.] auch unterBerücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung nicht vor-hersehbar gewesen sei. Diese Nutzung könne der Kläger daher nach § 1004Abs. 1 [X.] verbieten. Soweit er den Verkehr zu dulden habe, müsse er grund-sätzlich auch das Befahren mit Lastkraftwagen, selbst mit einem Gesamtge-wicht von mehr als 7,5 t, hinnehmen. Die Beklagten seien allerdings wegen [X.] der möglichst schonenden Ausübung des [X.] gemäß § 1120[X.] verpflichtet, Materiallieferungen nach Möglichkeit auf mehrere kleinereLastwagen zu verteilen.II.Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.- 7 -Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die auf dem Grundstück des[X.] lastende Dienstbarkeit ihn nicht zur Duldung des durch die [X.] Flurstücks 92 hervorgerufenen gesteigerten Verkehrsaufkommens [X.] (§§ 1004 Abs. 2, 1018 [X.]), hält rechtlicher Prüfung stand. Der [X.] hierzu in dem insoweit gleichgelagerten Verfahren, in dem die [X.] Revisionskläger waren und mit denselben Argumenten das Urteil [X.] bekämpft haben, mit Urteil vom 11. April 2003 ([X.] Veröffentl. bestimmt) im einzelnen Stellung genommen. Hierauf wird [X.]. Der Umstand, daß in jenem Verfahren das Wegerecht, das aufeinem anderen dienenden Grundstück lastet, "zu landwirtschaftlichen Zwe-cken" bestellt wurde, während eine solche nähere inhaltliche Zweckbestim-mung hier bis auf den Zusatz, daß "mit Fuhrwerk" gefahren werden dürfe, fehlt,führt zu keiner anderen Beurteilung. Lage und Verwendungsart des [X.] Grundstücks zum Zeitpunkt der Eintragung des [X.] lassen mit dererforderlichen Klarheit erkennen, daß die Grunddienstbarkeit dem jeweiligenEigentümer des herrschenden Grundstücks lediglich ermöglichen soll, dortLandwirtschaft zu betreiben.[X.] Angriffen der Revision des [X.] hält das Berufungsurteil nurteilweise stand.1. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, er brauche auch insoweit diegesteigerte Nutzung des Wegs auf seinem Grundstück nicht zu dulden, als sichdiese auf die auf dem herrschenden Grundstück verbliebenen Freiflächen be-- 8 -ziehe. Diese Wegenutzung wird nämlich von der eingetragenen Grunddienst-barkeit erfaßt.Da sie - wie ausgeführt - dazu dient, Landwirtschaft auf dem [X.] Grundstück betreiben zu können, erlaubt sie auch den erwerbsgärtneri-schen Anbau von Blumen und Zierpflanzen in Freilandkulturen. Denn dieseBodennutzung ist der Landwirtschaft zuzuordnen (Senat, [X.]Z 8, 109, 112 f.;Senat, Urt. v. 11. April 2003, [X.], [X.]uck, S. 6 m.w.N., zur [X.]. [X.] es um ihren Inhalt und Umfang geht, so liegen diese bei [X.] wie hier - zeitlich unbegrenzten Dienstbarkeit nicht in jeder Beziehung vonvornherein für alle Zeiten fest, sondern sind Veränderungen unterworfen, diesich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben. [X.] ist nicht die augenblickliche, bei Bestellung der Dienstbarkeit gerade be-stehende Nutzung. Vielmehr kommt es auf den allgemeinen, der Verkehrsauf-fassung entsprechenden Charakter des betroffenen Grundstücks an sowie aufdas Bedürfnis, von dem Wegerecht in diesem Rahmen Gebrauch zu machen(vgl. Senat, Urt. v. 11. April 2003, [X.], [X.]. S. 7 f m.w.N., zur [X.]. bestimmt). Ausgehend hiervon umfaßt das 1931 zum Befahren "[X.]" bestellte Wegerecht heute ein Befahren mit Lastkraftwagen auchüber 7,5 t. Die damit verbundene Bedarfssteigerung hält sich in den Grenzeneiner der Art nach gleichbleibenden Benutzung des Grundstücks und stellt [X.] willkürliche Benutzungsänderung dar. Einem Befahren mit Fuhrwerk ent-spricht heute ein Befahren mit Liefer- und Lastkraftwagen, nicht - wie die Revi-sion meint - mit Traktoren und modernem Erntegerät. Fuhrwerke dienten gera-de auch der Anlieferung von Gerät, Saatgut, Dünge- oder Futtermitteln oder- 9 -dem Abtransport von Erzeugnissen. Diese Aufgaben haben heute Last- [X.] übernommen. Auf einen solchen Fahrzeugverkehr erstreckt [X.] vernünftiger Betrachtung die Grunddienstbarkeit.2. Berechtigt ist hingegen der Einwand des [X.], das Berufungsge-richt habe zu Unrecht auch die Bewirtschaftung der zugepachteten Flächen zuden Vorteilen des herrschenden Grundstücks gerechnet.Die Grunddienstbarkeit auf dem Grundstück des [X.] ist nur zu-gunsten des im Eigentum der Beklagten stehenden Flurstücks 92 eingeräumt.Die hinzugepachteten Grundstücke gehören nicht dazu. Eine Benutzung desdienenden Grundstücks auch für Zwecke dieser [X.] ist widerrechtlich(vgl. Senat, [X.]Z 44, 171, 175). Daran ändert nichts die Erwägung des [X.], daß die Bedarfssteigerung wegen der [X.] angesichts dessen, daß Bodennutzung für Gartenbau flächenintensiv ist,vorhersehbar gewesen und daher noch der von dem Wegerecht gedecktennormalen wirtschaftlichen Entwicklung zuzurechnen sei. Die [X.] technischen und wirtschaftlichen Entwicklung dient der Anpassung [X.] an die sich wandelnden, der Entwicklung Rechnung tra-genden Zwecke des herrschenden Grundstücks. Nur um dessen Vorteil geht es(§ 1019 [X.]). Sie dient hingegen nicht der Ausweitung des Rechts auch aufandere Grundstücke. Zieht der Eigentümer des herrschenden Grundstücks ausder Dienstbarkeit auch Vorteile für andere Grundstücke, weil er etwa [X.] auf diese Grundstücke erweitert hat, so kann eine damit verbundeneBedarfssteigerung nur im Wege einer hypothetischen Einschätzung berück-sichtigt werden (Senat, aaO S. 177; Soergel/Stürner, [X.], 13. Aufl., § 1018Rdn. 15). Das heißt, der erhöhte Bedarf wird insoweit noch von der [X.] -dienstbarkeit gedeckt, als er, wenn der Betrieb nur auf dem herrschendenGrundstück in vorhersehbarer Weise ausgedehnt worden wäre, zu einer Be-darfssteigerung geführt hätte (Senat, aaO S. 177; vgl. auch BayObLG [X.], 304, 307).Für solche Überlegungen gibt es im konkreten Fall keine Anhaltspunkte,so daß der Kläger den durch die Hinzupachtung der Flächen verursachten er-höhten [X.] nicht zu dulden braucht. Eine Duldungspflicht kannentgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht deswegen bejahtwerden, weil sich das Verkehrsaufkommen noch stärker erhöhen würde, [X.] nicht in unmittelbarer Nachbarschaft, sondern weit verstreutbefände. Denn der Kläger braucht lediglich einen dem herrschenden [X.] zum Vorteil gereichenden erhöhten Verkehr - soweit er im Rahmen vor-hersehbarer wirtschaftlicher Entwicklung liegt - zu dulden. Jede weitere Be-darfssteigerung, sei es durch benachbarte, sei es durch entfernte Grundstücke,wird in § 1018 [X.] nicht geschützt.Insoweit unterliegt das angefochtene Urteil daher der Aufhebung. Es [X.] des Tatrichters, Feststellungen dazu zu treffen, in welchem Umfang dieBenutzung des Weges durch die Beklagten allein den zugepachteten Flächenzugute kommt und auf welche Weise dem berechtigten Unterlassungsbegehrendes [X.] - quantitativ oder qualitativ - Rechnung getragen werden kann.Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß eine von der Dienstbarkeit nicht ge-deckte Nutzung des Wegs auch dann vorliegt, wenn Fahrten dem Abtransportvon Waren dienen, die die Beklagten zunächst von den [X.] auf das herrschende Grundstück verbracht haben, oder wenn es um Lie-ferungen geht, die zunächst auf dem herrschenden Grundstück gelagert [X.] 11 -den, aber für die [X.] bestimmt sind. Ob hier eine Bestimmung dererlaubten Wegenutzung nach der Häufigkeit oder nach [X.] amehesten der Praktikabilität entspricht, wird das Berufungsgericht, unter [X.] nach sachverständiger Beratung, zu entscheiden haben.[X.]Tropf [X.]GaierSchmidt-Räntsch

Meta

V ZR 318/02

06.06.2003

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2003, Az. V ZR 318/02 (REWIS RS 2003, 2776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2776

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.