Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.04.2016, Az. B 14 AS 150/15 BH

14. Senat | REWIS RS 2016, 12889

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Prozessurteil - Zulässigkeit der Berufung - Differenzierung bei mehreren Streitgegenständen


Leitsatz

Liegen innerhalb eines Klageverfahrens mehrere Streitgegenstände vor, ist hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung danach zu differenzieren, ob die einzelnen Streitgegenstände vom Berufungsausschluss erfasst werden oder nicht.

Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem [X.] gegen den Beschluss des [X.] vom 25. September 2015 - L 9 AS 3442/14 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag des [X.] auf Bewilligung von PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG gegen den Beschluss des [X.] vom 25.9.2015 - L 9 AS 3442/14 - ist abzulehnen, weil die dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Nach § 73a S[X.] iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Denn eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die obige Entscheidung des [X.] kann voraussichtlich nicht zur Zulassung der Revision führen, weil Zulassungsgründe iS des § 160 Abs 2 S[X.] nicht ersichtlich sind.

2

Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 S[X.] genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das [X.] in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.

3

Der Kläger selbst begründet seinen Antrag vor allem mit allgemeinen Angriffen gegen die "strittigen [X.]", die wegen Verstoßes gegen das [X.] unwirksam seien, sowie mit allgemeinen Einwänden gegen das Verfahren des Beklagten und der Gerichte. Daraus lässt sich jedoch kein Zulassungsgrund ableiten, zumal insbesondere das [X.] wiederholt Grundlage von Entscheidungen des [X.] war (vgl letztens nur [X.] Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - [X.]E 137, 34) und auch den übrigen Einwänden kein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] S[X.] zu entnehmen ist.

4

Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 S[X.] genannten Gründe für die Zulassung der Revision ist auch bei der im [X.] gebotenen summarischen Prüfung des [X.] (vgl [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, [X.], [X.]) nicht zu erkennen.

5

Insbesondere ist kein Verfahrensmangel ersichtlich, auf dem die angefochtene Entscheidung des [X.] beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte. Ein solcher Verfahrensmangel - Prozessurteil statt Sachurteil (vgl nur BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 272/07 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 6 mwN) - liegt insbesondere nicht darin, dass das [X.] hinsichtlich der Absenkungen des Arbeitslosengeldes II ([X.]) des [X.] für die Monate März bis Mai 2011 dessen Berufung als unzulässig verworfen und hinsichtlich dessen Feststellungsanträgen als zulässig angesehen hat. Denn wenn innerhalb eines Klageverfahrens mehrere Streitgegenstände im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemacht werden, ist die Zulässigkeit von Rechtsmitteln hinsichtlich jedes Streitgegenstandes grundsätzlich eigenständig zu beurteilen (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 272/07 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.]), zumal ein Rechtsmittel auf einen von mehreren [X.] beschränkt werden kann (vgl nur BSG vom [X.] - B 7 [X.] 2/98 R - [X.], 198 = [X.] 3-4100 § 242v [X.], juris Rd[X.]7 mwN).

6

Hierfür spricht auch die differenzierende Regelung für verschiedene Fallkonstellationen in § 144 Abs 1 S[X.], nach der die Berufung der Zulassung bedarf, wenn der Wert des [X.] bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10 000 Euro nicht übersteigt, was wiederum nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Eine Auslegung, nach der in Verfahren, in denen einer von mehreren [X.] nicht unter eine dieser Ausschlussregelungen fällt, die Berufung hinsichtlich aller Streitgegenstände automatisch als zulässig angesehen wird, würde mit dem von § 144 Abs 1 S[X.] beabsichtigten Zweck, sog [X.] grundsätzlich auf eine Instanz zu beschränken, in Widerspruch stehen, wie auch das [X.] zu Recht unter Hinweis auf andere Entscheidungen ausgeführt hat (vgl BT-Drucks 12/1217 [X.] f; [X.] vom [X.] - DVBl 1996, 116, juris RdNr 9; [X.] Berlin-Brandenburg vom [X.] AS 886/10 - juris Rd[X.]3 f; [X.] vom 3.12.2010 - L 13 AS 2698/09 [X.] - juris RdNr 4; [X.] in [X.], S[X.], Stand 2/2016, § 144 Rd[X.]3; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], S[X.], 11. Aufl 2014, § 144 Rd[X.]6). Vielmehr ist in solchen Fällen nach [X.] zu differenzieren und nur hinsichtlich derjenigen, die unter § 144 Abs 1 S[X.] fallen, zu prüfen, ob diese zusammen einen Wert von 750 Euro im Sinne der [X.] oder 10 000 Euro im Sinne der [X.] übersteigen (vgl BSG vom 5.2.1998 - B 11 [X.] 19/97 R - [X.] 3-4100 § 65 [X.], juris Rd[X.]5), wofür auf § 4 ZPO iVm § 202 Satz 1 S[X.] zurückzugreifen ist.

7

Zumindest wenn wie vorliegend über mehrere Verwaltungsakte, die Absenkungen des [X.] des [X.] für eine bestimmte [X.] beinhalten, und über Feststellungsanträge des [X.] bezogen auf das Verwaltungsverfahren des Beklagten in anderen Fragen und dessen Verpflichtung zur Auskunft zu entscheiden ist, liegen mehrere Streitgegenstände vor, hinsichtlich derer die Zulässigkeit der Berufung getrennt zu beurteilen ist. Dass das [X.] die Berufung des [X.] hinsichtlich der Absenkungen des [X.] von März bis Mai 2011 als unzulässig mangels Erreichens des [X.] nach § 144 Abs 1 S[X.] verworfen hat, ist aufgrund des strittigen Betrags von insgesamt 362,50 Euro nicht zu beanstanden.

8

Im Übrigen erscheint die Rechtssache weder von grundsätzlicher Bedeutung, denn die Ausführungen zum Nichtvorliegen eines [X.] beruhen auf der bisherigen Rechtsprechung zum Umgang mit verschiedenen [X.] im Rahmen von Rechtsmitteln und zu der Absenkung des [X.] ist auf die Entscheidung des Senats vom [X.] ([X.] AS 19/14 R - BSGE = [X.] 4-4200 § 31a [X.]) hinzuweisen, noch enthält die Entscheidung des [X.] eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 [X.] S[X.].

9

Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a S[X.] iVm § 121 ZPO).

Meta

B 14 AS 150/15 BH

18.04.2016

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Stuttgart, 23. Mai 2014, Az: S 7 AS 982/11

§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 ZPO, § 160a SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 144 Abs 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.04.2016, Az. B 14 AS 150/15 BH (REWIS RS 2016, 12889)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12889

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