Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2016, Az. 1 ARs 21/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 11667

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:100516B1ARS21.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
ARs
21/15

vom
10. Mai
2016
in der Strafsache
gegen

wegen Totschlags
hier:
[X.] des 3. Strafsenats vom 15.
Oktober 2015

3 [X.]/15

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat am 10.
Mai
2016
beschlossen:

Der Umstand, dass die erhebliche Verminderung der Schuld-fähigkeit des [X.] auf von diesem zu [X.] beruht, rechtfertigt für sich allein die Versagung einer Strafrahmenverschiebung gemäß §§
21, 49 Abs.
1 StGB nicht.

Gründe:
1.
Der 3.
Strafsenat hat über die Revision eines Angeklagten zu [X.], der wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren ver-urteilt worden ist. Das [X.] hat eine Strafrahmenverschiebung nach §
213 bzw. §§
21, 49 Abs.
1 StGB mit der Begründung versagt, der Angeklagte habe die bei ihm festgestellte erheblich verminderte Schuldfähigkeit durch [X.] selbstverantwortlich herbeigeführt. Es ist sachverständig beraten davon ausgegangen, dass der Angeklagte aufgrund einer [X.] bei erhalten gebliebener Unrechtseinsicht nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Eine Alkoholkrankheit oder Alkoholüberempfindlichkeit, die ein Verschulden hinsichtlich der Trunken-heit ausgeschlossen hätte, hat das [X.] verneint. Feststellungen zu
einer vorhersehbar alkoholbedingten Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund persönlicher oder situativer Verhältnisse des Einzelfalls hat das [X.] nicht getroffen.

1
-
3
-
Der 3.
Strafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten zu verwer-fen und zu entscheiden:

Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 StGB grund-sätzlich nicht rechtsfehlerhaft aus,
wenn er im Rahmen einer Ge-samtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erheb-liche Verminderung der Schuldfähigkeit des [X.] auf von die-

Er fragt gemäß §
132 Abs.
3 Satz
1 GVG bei den anderen Senaten an, ob deren Rechtsprechung dem entgegensteht und ob

sollte dies der Fall sein

daran festgehalten wird.
2.
Der beabsichtigten Entscheidung des 3.
Strafsenats steht Rechtspre-chung des 1.
Strafsenats entgegen.
Der Senat stimmt dem anfragenden Senat darin zu, dass es in der Regel gegen eine Verschiebung des Strafrahmens gemäß §§
21, 49 Abs.
1 StGB spricht, wenn die erheblich verminderte Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit beruht. Dies setzt allerdings voraus, dass sich dabei aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Bege-hung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht hat (Senat, Urteil vom 19.
Oktober 2004

1
StR
254/04, [X.]R StGB §
21 Strafrahmenverschie-bung
37 unter Verweisung auf [X.], Beschluss vom 17.
August 2004

5
StR 93/04, [X.]St 49, 239; vgl. auch [X.], Beschluss vom 5.
August 2003

1
StR 302/03). Denn Umstände, die die Schuld erhöhen, können dann zur Versagung 2
3
4
5
-
4
-
einer Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte [X.] (vgl. Senat, Beschluss vom 23.
April 2013

1
StR
105/13). Über die fakultative Strafrahmenverschiebung entscheidet
der Tatrichter aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte. Einer revisionsrecht-lichen Überprüfung ist die Entscheidung über die fakultative Strafrahmenver-schiebung nur eingeschränkt zugänglich; insoweit steht dem Tatrichter ein wei-ter Ermessensspielraum zu (vgl. Senat, Urteil vom 19.
Oktober 2004

1
StR 254/04, [X.]R StGB §
21 Strafrahmenverschiebung
37).
Somit rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Senats der Umstand der selbst verschuldeten Trunkenheit des [X.] eine Versagung der [X.] gemäß §§
21, 49 Abs.
1 StGB nicht, wenn sich nicht zugleich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das [X.] der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge zu verantwor-tender Trunkenheit erhöht hat. Hierfür genügt etwa das Wissen des [X.], dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt, aber trotz-dem Alkohol trinkt (vgl.
Senat, Beschlüsse vom 23.
April 2013

1
StR
105/13 und vom 25.
März 2014

1
StR
65/14, [X.], 238; vgl. auch Senat, Urteile vom 16.
September 2004

1
StR
233/04, [X.]R StGB §
21 [X.]
36, vom 29.
April 1997

1
StR
511/95, [X.]St 43, 66, 78
und vom 6.
Mai 1993

1
StR
136/93, [X.]R StGB §
21 Vorverschulden
4; Be-schluss
vom 2.
März 1993

1
StR
26/93, [X.], 421; Urteile vom 6.
Okto-ber 1992

1
StR
574/92 und vom 15.
Dezember 1987

1
StR
498/87, [X.]St 35, 143). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es jedoch nicht (Senat, Urteil vom 19.
Oktober 2004

1
StR
254/04,
[X.]R StGB §
21 Strafrahmenverschie-bung
37).
6
-
5
-
3.
An dieser Rechtsprechung, die an den
Beschluss des 5.
Strafsenats vom 17.
August 2004

5
StR
93/04, [X.]St 49, 239 anknüpft, hält der Senat fest. Den Ausführungen des 5.
Strafsenats in der genannten Entscheidung schließt sich der Senat an.
Raum
Jäger
Cirener

Fischer
Bär
7

Meta

1 ARs 21/15

10.05.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2016, Az. 1 ARs 21/15 (REWIS RS 2016, 11667)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11667

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