Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2013, Az. X ZB 15/12

10. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7201

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Gegenstand

Honorarklage eine Patentanwalts: Einordnung als Patentstreitsache - Patentstreitsache II


Leitsatz

Patentstreitsache II

1. Bei der Honorarklage eines Rechts- oder Patentanwalts handelt es sich nicht notwendigerweise schon deswegen um eine Patentstreitsache, weil der Gegenstand des zugrunde liegenden Auftrags sich auf eine Erfindung bezogen oder ein Patent oder eine Patentanmeldung betroffen hat.

2. Dies ist vielmehr dann nicht der Fall, wenn zur Beurteilung der Frage, ob die Honorarforderung berechtigt ist, das Verständnis der Erfindung keine Rolle spielt und es deshalb keines besonderen Sachverstands bedarf, um die für die Entgeltung der dem Anwalt übertragenen Erwirkung eines technischen Schutzrechts maßgeblichen Umstände erfassen und beurteilen zu können.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 10. Juli 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Kläger haben von der [X.] Entgelt für ihre Tätigkeit als Patentanwälte im Zusammenhang mit einer Patentanmeldung beim [X.] verlangt; diese Klage hatte keinen Erfolg. Das [X.] hat mit Beschluss vom 6. Juli 2011 die der [X.] zu erstattenden Kosten auf 509,83 € festgesetzt. In diesem Betrag enthalten sind die Kosten der auf Seiten der [X.] neben den von ihr beauftragten Rechtsanwälten tätigen Patentanwälte in Höhe von 232,80 €.

2

Gegen die Kostenfestsetzung haben sich die Kläger mit der sofortigen Beschwerde gewandt. Das [X.] hat den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss teilweise abgeändert und die der [X.] zu erstattenden Kosten auf 277,03 € nebst Zinsen festgesetzt ([X.], 410).

3

Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde der [X.].

4

II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 statthafte und auch ansonsten zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil es an der gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO erforderlichen Erklärung fehlt, inwieweit der Beschluss des [X.]s angefochten wird. Umfang und Ziel der Anfechtung ergeben sich eindeutig aus der Rechtsbeschwerdebegründung. Danach will die Beklagte die Entscheidung des [X.]s anfechten, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, nämlich ihr Kostenfestsetzungsantrag vom 29. April 2011 zurückgewiesen worden ist. Das Fehlen eines förmlichen Antrags ändert nichts an der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde. Dass die Beklagte in der Beschwerdeinstanz keinen Antrag gestellt, sich gleichwohl in der Begründung in ihrer Rechtsbeschwerde auf einen solchen Antrag berufen hat, ist ebenfalls unschädlich. Das [X.] hatte ihrem Kostenfestsetzungsgesuch in vollem Umfang entsprochen. Ein ausdrücklicher Gegenantrag zu der hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerde war nicht erforderlich.

6

2. Das Beschwerdegericht hat zu Recht den Kostenfestsetzungsantrag der [X.] zurückgewiesen, soweit die Kosten durch die Mitwirkung von Patentanwälten entstanden sind. Die Kläger haben der [X.] diese Kosten nicht gemäß § 143 Abs. 3 [X.] zu erstatten, weil die zugrunde liegende [X.] keine [X.] im Sinne des § 143 Abs. 1 [X.] ist.

7

a) Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

8

§ 143 Abs. 3 [X.] sei nicht anwendbar, weil der Rechtsstreit keine [X.] sei. Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des § 143 [X.] sei eine Auslegung der Vorschrift, die so weit gehe, [X.] aus einem [X.] generell als [X.] zu qualifizieren, nicht gerechtfertigt. Die Kläger hätten in dem vergangenen Rechtsstreit jedenfalls keinen Anspruch aus dem [X.] geltend gemacht. Der [X.] beurteile sich als Geschäftsbesorgungsvertrag mit [X.] nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Es widerspreche dem Sinn und Zweck des § 143 [X.], ein solches Vertragsverhältnis grundsätzlich als sonstwie mit einer Erfindung eng verknüpftes Rechtsverhältnis zu betrachten. Der Inhalt des Schutzrechts und der Umstand, dass es sich dabei um ein Patent gehandelt habe, habe für die Begründung der Klage unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Rolle gespielt. Soweit patentrechtliche Fragen in einem Honorarprozess durch Einwendungen des [X.] aufgeworfen würden, könne sich im Einzelfall eine Erstattungspflicht auch bei einem nicht als [X.] einzuordnenden Verfahren aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergeben; im Streitfall lägen die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach dieser Vorschrift jedoch nicht vor.

9

b) Dies hält der Nachprüfung stand.

(1) Wie der Senat mit Beschluss vom 22. Februar 2011 ([X.], [X.], 662 - [X.]) entschieden hat, zählen zu den [X.]n alle Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonstwie mit einer Erfindung eng verknüpft sind. Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt, sowie solche, deren Ansprüche auf einem Lizenz oder sonstigem Verwertungsvertrag beruhen ([X.], Urteil vom 7. November 1952 - [X.], [X.]Z 8, 16, 18). Die [X.] und das Interesse der Parteien, ihren eigentlichen Streit verhandelt und entschieden zu wissen, gebietet, eine [X.] anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine enge Verknüpfung mit einer Erfindung hinreichend dargestellt und erkennbar werden, woraus sich in der Praxis eine weite Auslegung des Begriffs der [X.] ergibt. Bei Klagen, deren Anspruchsgrundlage sich nicht aus dem [X.] ergibt und bei denen das den Klagegrund bildende Rechtsverhältnis auch keine sonstige Regelung durch das [X.] erfährt, sind Sinn und Zweck der Zuständigkeit gemäß § 143 [X.] zu beachten. Es soll damit gewährleistet werden, dass sowohl das Gericht als auch die zur Vertretung einer Partei berufenen und die bei der Prozessvertretung mitwirkenden Anwälte über besonderen Sachverstand verfügen, um die technische Lehre einer Erfindung und die für ihr Verständnis und die Bestimmung ihrer Reichweite maßgeblichen tatsächlichen Umstände erfassen und beurteilen zu können. An dieser Rechtfertigung fehlt es, wenn das den Streitgegenstand bildende Rechtsverhältnis ausschließlich Anspruchsvoraussetzungen und sonstige Tatbestandsmerkmale aufweist, für deren Beurteilung das Gericht und die [X.] der Parteien keines solchen Sachverstands bedürfen.

(2) Dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2011 ([X.], aaO) für den dort zugrunde liegenden Rechtsstreit angenommen, in dem der Kläger den [X.] darauf gestützt hatte, dass der Beklagte ihn vorsätzlich sittenwidrig durch Erschleichen eines Urteils in einem Vorprozess geschädigt habe; in diesem Vorprozess hatte der Kläger unter anderem die Übertragung eines Patents verlangt.

(3) Auch bei der [X.] eines Rechts oder Patentanwalts handelt es sich nicht notwendigerweise schon deswegen um eine [X.], weil der Gegenstand des zugrunde liegenden Auftrags sich auf eine Erfindung bezogen oder ein Patent oder eine Patentanmeldung betroffen hat. Dies ist vielmehr dann nicht der Fall, wenn zur Beurteilung der Frage, ob die Honorarforderung berechtigt ist, das Verständnis der Erfindung keine Rolle spielt und es deshalb keines besonderen Sachverstands bedarf, um die für die Entgeltung der dem Anwalt übertragenen Erwirkung eines technischen Schutzrechts maßgeblichen Umstände erfassen und beurteilen zu können. Es fehlt dann nach Sinn und Zweck des § 143 [X.] die Rechtfertigung für die Einordnung als [X.].

Das [X.] hat daher rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Inhalt der Patentanmeldung in dem Rechtsstreit unter keinem Gesichtspunkt eine Rolle gespielt habe. Hiergegen erinnert die Rechtsbeschwerde nichts.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck                                Mühlens                                Gröning

                         Schuster                                Deichfuß

Meta

X ZB 15/12

20.03.2013

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 10. Juli 2012, Az: 5 W 248/11, Beschluss

§ 143 Abs 3 PatG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2013, Az. X ZB 15/12 (REWIS RS 2013, 7201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7201

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

8 W 91/18

X ZB 15/12

Zitiert

X ZB 4/09

Zitieren mit Quelle:
x

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