Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2014, Az. XII ZB 46/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7954

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 46/13
vom
12. Februar 2014
in der Kindschaftssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§
1836, 1915
Die nachträgliche rückwirkende Feststellung, dass ein Ergänzungspfleger
die Pflegschaft berufsmäßig führt, kann auch in [X.], in denen das Bestel-lungsverfahren vor dem 1.
September 2009 eingeleitet worden ist, nur im Bestellungsverfahren
selbst und nicht im Vergütungsfestsetzungsverfahren ge-troffen werden (im [X.] an Senatsbeschlüsse vom 8.
Januar 2014

XII
ZB
354/13
-
juris und vom 9.
November 2005
XII
ZB
49/01
FamRZ 2006, 111).
[X.], Beschluss vom 12. Februar 2014 -
XII ZB 46/13 -
OLG Frankfurt am Main

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 12.
Februar
2014
durch [X.] und [X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu
3 (Staats-kasse)
wird der Beschluss des 5.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 10.
Januar 2013 auf-gehoben.

Die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu
2 gegen die [X.] des Amtsgerichts

Familiengericht

Offenbach am Main vom 16.
Juni 2011 in der Form
des Abhilfebeschlusses vom 14.
September 2011 werden
mit der folgenden
klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen:
Die der weiteren Beteiligten zu
2 aus der Staatskasse zu erstat-tenden Ansprüche für ihre Tätigkeit als [X.] wer-den unter Zurückweisung ihrer weitergehenden [X.] vom 8.
September 2009, 7.
Dezember 2009, 16.
Februar 2010 und 14.
April 2010 auf 199,92

tungsantrag vom 11.
Oktober 2010
wird zurückgewiesen.
Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Außerge-richtliche
Kosten werden nicht erstattet.

-
3
-

Gründe:
I.
Das Verfahren betrifft die Festsetzung der
Vergütung für die
anwaltliche [X.]
eines unbegleitet eingereisten
minderjährigen Flüchtlings.
Die 2004 geborene Betroffene reiste im Jahr 2009 ohne ihre Eltern aus [X.] in die Bundesrepublik Deutschland
ein und wurde von dem Jugendamt der Stadt
G., ihrem späteren Amtsvormund, in Obhut genommen. Durch [X.] vom 14.
August 2009 richtete das Amtsgericht eine Ergänzungspfleg-
schaft mit dem Aufgabenkreis
"Vertretung in asyl-
und
ausländerrechtlichen An-gelegenheiten"
ein und bestellte die Beteiligte zu
2

eine Rechtsanwältin

zur [X.]. Die Feststellung einer
berufsmäßigen Führung der Pflegschaft wurde nicht getroffen.

Zwischen dem 8.
September 2009 und dem 14.
April 2010 reichte
die [X.]
für ihre Tätigkeit im Rahmen der Pflegschaft insgesamt vier Einzelabrechnungen nach [X.] über insgesamt 594,32

bei dem Amtsgericht ein, die allesamt im [X.] zur Auszahlung kamen. Als die [X.]
am 11.
Oktober 2010 eine weitere
Abrechnung
über 219,81

t-zung der Vergütung unter Beschränkung auf die Gebührensätze der Bera-tungshilfe.

Das Amtsgericht hat diesem Begehren entsprochen. Auf die ersten vier Vergütungsanträge der [X.]
zwischen dem
8.
September 2009 und dem
14.
April 2010 hat es eine Vergütung von 99,96

festgesetzt;
die [X.] hat es zurückgewiesen
und eine Rückforde-rung des überzahlten Betrages von 494,36

erner hat es durch 1
2
3
4
-
4
-

gesonderten Beschluss den [X.] vom 11.
Oktober 2010 zurück-gewiesen. Den dagegen gerichteten Beschwerden der [X.]
hat das Amtsgericht bezüglich des ersten Beschlusses teilweise abgeholfen und eine weitere Vergütung von nochmals 99,96

festgesetzt, wodurch sich die angekündigte Rückforderung auf 394,40

Der Familiensenat bei dem
[X.]
hat
den weitergehenden Beschwerden in vollem Umfang entsprochen. Er
hat
die berufsmäßige Führung der [X.] festgestellt und die der [X.]
aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf insgesamt 814,13

festgesetzt. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Staatskasse, welche mit ihrem Rechtsmittel das Ziel verfolgt, die Vergütung der Beteiligten zu
2 auf (lediglich) 199,92

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Zur Begründung seiner in [X.], 894 veröffentlichten Entschei-dung hat das Beschwerdegericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der für ei-nen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling bestellte anwaltliche Ergänzungs-pfleger wählen könne, ob er für seine berufsspezifischen Dienste Aufwen-dungsersatz nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes verlangen oder eine Vergütung seiner Tätigkeit nach Stunden beanspruchen wolle. Der von der [X.] gewählte Vergütungsanspruch sei nicht auf die Gebührensätze der Beratungshilfe beschränkt, weil sie überzeugend dargelegt habe, dass die von ihr im Rahmen der Pflegschaft entfalteten Tätigkeiten über die typischen Dienste im Rahmen eines Beratungshilfemandats hinausgegan-5
6
7
-
5
-

gen seien. Zwar habe das Amtsgericht bei der Bestellungsentscheidung keine Feststellung zur berufsmäßigen Führung der Pflegschaft getroffen; dies könne aber noch im Festsetzungsverfahren und dort durch das Beschwerdegericht nachgeholt werden.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Die [X.] konnte nicht zwischen einer Vergütung nach Stundensätzen und einem Aufwendungsersatz nach anwaltlichem Gebühren-recht wählen. Denn es fehlt an der für den Vergütungsanspruch konstitutiven Feststellung
im Bestellungsbeschluss, dass die [X.] berufs-mäßig geführt wird; diese Feststellung kann entgegen der Ansicht des Be-schwerdegerichts im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht mit Rückwirkung nachgeholt
werden.
a)
Nach §
1915 Abs.
1 BGB iVm §
1836 Abs.
1 Satz
1 BGB wird die Er-gänzungspflegschaft unentgeltlich geführt. Sie wird ausnahmsweise entgeltlich geführt, wenn das Gericht bei der Bestellung des [X.] die be-rufsmäßige Führung der Pflegschaft feststellt (§
1915 Abs.
1 BGB
iVm §
1836 Abs.
1 Satz
2 BGB). Die Frage, ob der Ergänzungspfleger die Pflegschaft be-rufsmäßig führt, ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bereits "bei der Be-stellung"
des [X.] zu klären. Dies entspricht auch der
Intention des Gesetzgebers. Das Verfahren über die Festsetzung der Vergütung soll nicht mit einem Streit über die Berufsmäßigkeit der Pflegschaft belastet und die Klärung von Zweifelsfragen deshalb in das Bestellungsverfahren vorverlagert werden. Zugleich soll im Interesse der Rechtsklarheit und Kalkulierbarkeit für alle Beteiligten rechtzeitig feststehen, ob und welche Ansprüche (Vergütung oder Aufwendungsersatz) dem Ergänzungspfleger aus der Führung der Pfleg-
schaft erwachsen können und welche Lasten daher mit der Bestellung des Er-gänzungspflegers für den Pflegling oder für die Staatskasse verbunden sind. 8
9
-
6
-

Daraus folgt auch, dass der
Feststellung der Berufsmäßigkeit für den Vergü-tungsanspruch eines Berufspflegers eine konstitutive Bedeutung zukommt (grundlegend Senatsbeschluss vom 9.
November 2005

XII
ZB
49/01

FamRZ 2006, 111, 114).
Nach diesen Maßgaben
kommt nach der Rechtsprechung des Senats eine nachträgliche Feststellung der Berufsmäßigkeit mit Rückwirkung grundsätzlich nicht in Betracht. Hierfür besteht auch kein [X.], weil sich der Ergänzungspfleger, der sich gegen die unterbliebene
Feststellung der berufsmäßigen Führung einer Pflegschaft wenden will, insoweit die befristete Beschwerde (§
58 FamFG) gegen den Bestellungsbeschluss [X.] kann. Diese ermöglicht eine Überprüfung im engen zeitlichen Zusam-menhang mit dem Bestellungsbeschluss und eine Rückwirkung auf den Bestel-lungszeitpunkt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8.
Januar 2014

XII
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354/13

juris Rn.
15
f. [X.] und vom 9.
November 2006

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49/01

FamRZ 2006, 111, 114).
b)
Im vorliegenden Fall ergibt sich nichts anderes dadurch, dass der vom 14.
August 2009 datierende Bestellungsbeschluss des Amtsgerichts noch unter der Geltung des bis zum 31.
August 2009 gültigen Verfahrensrechts erging.
Zwar kann diese Entscheidung

soweit sie die unterbliebene Feststel-lung der Berufsmäßigkeit betrifft

mit einer
unbefristeten Beschwerde nach §
19 [X.] angegriffen
werden, woran das zum 1.
September 2009 in [X.] getretene Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den An-
gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ([X.]-RG) und die in diesem Zusammenhang
erlassenen Übergangsvorschriften (Art.
111 Abs.
1 und 2 [X.]-RG)
nichts geändert haben
(Senatsbeschluss vom 3.
November 2010

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197/10
FamRZ 2011, 100 Rn.
9
ff.; [X.] Beschluss vom 1.
März 2010

II
ZB
1/10
RZ 2010, 639 Rn.
8
ff.).

10
11
-
7
-

Indessen bleibt es nach den Maßgaben der [X.] hierzu grundle-gend ergangenen
Senatsentscheidung (Senatsbeschluss vom 9.
November 2005

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ZB
49/01

FamRZ 2006, 111, 114) auch unter der Geltung des alten Rechtszustands dabei, dass der im
Bestellungsbeschluss getroffenen oder un-terbliebenen Feststellung der Berufsmäßigkeit sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht eine konstitutive Bedeutung für den Vergütungsanspruch des [X.] zukommt
und dass die Frage nach der Berufsmäßigkeit der Führung der [X.] im eigentlichen Bestellungsverfahren zu klären ist, welches bei Einlegung entsprechender Rechtsmittel auch mehrere Instanzen umgreifen
kann.
Die Nachholung der im Bestellungsbeschluss [X.] Feststellung nach §
1836 Abs.
1 Satz
2 BGB
war
schon
nach altem Recht nicht Teil des [X.]
(vgl. [X.] 2001, 19, 21), sondern sie stellte
die
Korrektur einer fehlerhaften Bestellungsent-scheidung dar, zu der nur die dafür zuständigen (Rechtsmittel-)Gerichte berufen sind (vgl. [X.], 1484, 1485). Auch unter der Geltung des bis zum
31.
August 2009 geltenden Rechts kommt daher eine mit Rückwirkung versehene Feststellung der Berufsmäßigkeit im Vergütungsfestsetzungsverfah-ren nicht in Betracht, wenn diese Feststellung auf ein Rechtsmittel im Bestellungsverfahren
getroffen werden kann (offengelassen in der von dem Be-schwerdegericht in Bezug genommenen Entscheidung des
OLG Brandenburg ZKJ 2009, 132, 133).
12
-
8
-

Im vorliegenden Fall war die Bestellung eines [X.] für ein
unter elterlicher Sorge oder Vormundschaft stehendes Kind (§
1909 BGB)
nach dem alten
Rechtszustand den Vormundschaftsgerichten zugewiesen und aus diesem Grunde
keine Familiensache nach §
621 Abs.
1 Nr.
1 ZPO. Mit der
Ent-scheidung über die Beschwerde (§
19 [X.]) gegen die Bestellungsentschei-dung wäre
daher das [X.], mit
der
weiteren
Beschwerde (§
27 [X.]) ein
Zivilsenat bei dem [X.] zu befassen.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.06.2011 -
317 F 2100/10 -

OLG Frankfurt
am Main, Entscheidung vom 10.01.2013 -
5 [X.]/11 -

13

Meta

XII ZB 46/13

12.02.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2014, Az. XII ZB 46/13 (REWIS RS 2014, 7954)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7954

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 46/13

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