Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.02.2021, Az. B 10 EG 8/20 B

10. Senat | REWIS RS 2021, 8999

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - rechtliches Gehör - vorgetragene Rechtsansicht zur Anwendung des § 3 Abs 1 S 2 BEEG - Spezialvorschrift des § 4 Abs 5 S 3 BEEG - Überraschungsentscheidung - kein Überraschungsmoment bei gleicher Rechtswendung wie im Bescheid und im erstinstanzlichen Urteil)


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 24. Juni 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Beschluss vom 24.6.2020 hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld nach dem [X.] ([X.]) für ihre am 12.5.2018 geborene Tochter [X.] unter Zugrundelegung des Erwerbseinkommens aus der [X.] vor der Geburt ihrer Tochter [X.] ebenso verneint wie die Gewährung von Elterngeld für den 12. bis 14. Lebensmonat und die Berücksichtigung eines Geschwisterbonus für den 6. bis 12. Lebensmonat der Tochter [X.], hilfsweise für die [X.] von Mai 2018 bis August 2018. Unter Bezugnahme auf das Urteil des [X.] hat das [X.] ua ausgeführt, dass der Klägerin weder ein Geschwisterbonus zustehe, noch sei früheres Einkommen der Berechnung des [X.] zugrunde zu legen oder ständen der Klägerin trotz Zuflusses von Mutterschaftsgeld weitere [X.] zu. [X.], in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden sei, seien verbraucht. Dies gelte auch dann, wenn das Mutterschaftsgeld nur in einem Teil - ggf nur an einem Tag - des betreffenden Lebensmonats gezahlt worden sei. Ein Verstoß der hier einschlägigen Vorschriften gegen Verfassungsrecht sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin Beschwerde beim [X.] eingelegt. Sie rügt das Vorliegen eines [X.] in Form einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 [X.], § 62 [X.]G). Der Beschluss des [X.] setze sich mit der zentralen Frage, ob der Bescheid bereits wegen Nichtbeachtung der Regelung in § 3 Abs 1 Satz 2 [X.] rechtswidrig sei, nicht ansatzweise auseinander. Zur weiteren Frage der Verfassungswidrigkeit werde vom [X.] keine Stellung genommen.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der behauptete Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

4

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerde nicht.

5

a) Anders als geboten hat die Klägerin bereits den Sachverhalt, der dem angefochtenen Beschluss des [X.] zugrunde liegt, nicht mitgeteilt. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestanforderungen an die Darlegung bzw Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes; denn es ist nicht Aufgabe des [X.], sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung selbst herauszusuchen (stRspr, [X.] Beschluss vom 21.8.2017 - [X.] SB 3/17 B - juris Rd[X.] 6). Ohne Sachverhaltswiedergabe kann der Senat schon nicht beurteilen, ob sich für das beabsichtigte Revisionsverfahren entscheidungserheblich die von der Klägerin behaupteten Fehleinschätzungen durch das [X.] ergeben. Allein die Darstellung einer eigenen Rechtsansicht oder bloße inhaltliche Kritik an der Entscheidung des [X.] reichen für die Zulassung einer Revision nicht aus (Senatsbeschluss vom [X.] - [X.] [X.] B - juris Rd[X.] 5).

6

b) Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 [X.]) rügt, ist dieser Verfahrensfehler auch nicht hinreichend bezeichnet. Ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist oder seine Entscheidung auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl stRspr, [X.] Beschluss vom 2.12.2015 - [X.] V 12/15 B - juris Rd[X.] 20; [X.] Beschluss vom 1.8.2017 - B 13 R 323/16 B - juris Rd[X.] 14, jeweils mwN).

7

Mit ihren Ausführungen hat die Klägerin nicht dargelegt, dass sie mit der vom [X.] getroffenen Sachentscheidung nicht habe rechnen können. Die Klägerin behauptet nicht, daran gehindert worden zu sein, sämtliche ihr wichtig erscheinenden Aspekte vorzutragen. Soweit sie mit ihrer Beschwerde rügt, das [X.] habe die Regelung des § 3 Abs 1 Satz 2 [X.] nicht beachtet, so übersieht sie die Ausführungen des [X.] im angefochtenen Beschluss zu § 4 Abs 5 Satz 3 [X.], wonach [X.] als verbraucht gelten, in denen Mutterschaftsgeld in den betreffenden Lebensmonaten des Kindes gezahlt wird. Die Beschwerde setzt sich weder mit der Vorschrift des § 3 Abs 1 Satz 2 [X.] noch mit der [X.] des § 4 Abs 5 Satz 3 [X.] inhaltlich auseinander. Dass das [X.] die von der Klägerin in Bezug genommene Regelung des § 3 Abs 1 Satz 2 [X.] zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich zudem aus dem Tatbestand des angefochtenen Beschlusses (dort [X.]). Es gibt darüber hinaus keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, den Vortrag eines Beteiligten als zutreffend zu übernehmen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass ein Beteiligter mit seinem Vortrag "gehört", nicht jedoch "erhört" wird. Die Gerichte werden durch Art 103 Abs 1 [X.] nicht dazu verpflichtet, sich mit jedem Vortrag eines Beteiligten auseinanderzusetzen oder seiner Rechtsansicht zu folgen ([X.] Beschluss vom 28.9.2018 - [X.] V 21/18 B - juris Rd[X.] 11; [X.] Beschluss vom 20.11.2018 - [X.] [X.] 43/18 B - juris Rd[X.] 9). Dass sie insbesondere nach der Verwaltungsentscheidung der Beklagten und dem Urteil des [X.] unter keinen Umständen mit der vom [X.] getroffenen Entscheidung habe rechnen können, behauptet die Klägerin selbst nicht. Sie legt insbesondere nicht dar, inwiefern sie vor dem [X.] alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich weiteres rechtliches Gehör zu verschaffen. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die im Beschluss des [X.] umfangreich benannte Rechtsprechung des [X.] zur Anrechnung von Mutterschaftsgeld auf den [X.]. Ebenso wenig benennt die Klägerin einen Verstoß gegen Vorschriften des [X.] oder Rechtsprechung des BVerfG hierzu.

8

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

9

3. Die Beschwerde ist ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 [X.]G).

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 10 EG 8/20 B

02.02.2021

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Münster, 18. November 2019, Az: S 2 EG 1/19, Urteil

§ 4 Abs 5 S 3 BEEG, § 3 Abs 1 S 2 BEEG, § 3 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a Alt 1 BEEG, § 24i SGB 5, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.02.2021, Az. B 10 EG 8/20 B (REWIS RS 2021, 8999)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8999

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 10 EG 2/21 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld Plus - Mehrlingsgeburt - verlängerte Mutterschutzleistungen - …


B 10 EG 6/15 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegungsanforderungen - grundsätzliche Bedeutung - Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage - Anhaltspunkte in der vorhandenen …


B 10 EG 10/10 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Höhe - Einkommensermittlung - Bestimmung des Bemessungszeitraums - Bezug von Erziehungsgeld nach dem …


B 10 EG 3/22 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld - Steuerrechtsakzessorietät - Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids - …


B 10 EG 19/17 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Anrechnung von Mutterschaftsgeld auf Elterngeld für Mehrlingsgeburten nach …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.