Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2022, Az. 8 AZR 4/21

8. Senat | REWIS RS 2022, 8264

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Schadensersatz - Entschädigung - Vertragsstrafe


Leitsatz

1. Kommt der Arbeitgeber mit seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG in der bis zum 31. Juli 2022 geltenden Fassung (im Folgenden aF), dem Arbeitnehmer eine Ausschluss-/Verfallfrist nachzuweisen, in Verzug, hat er nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB dem Arbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch besteht in Höhe des erloschenen (Vergütungs)Anspruchs, wenn dieser nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und er bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre.

2. Weist der Arbeitgeber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF eine Ausschluss-/Verfallfrist nicht nach, ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die Frist im Falle eines Hinweises beachtet hätte.

3. Die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens reicht allerdings nicht so weit, dass angenommen werden kann, der Geschädigte hätte ihm nicht bekannte Ansprüche rechtzeitig vor Ablauf der Ausschluss-/Verfallfrist geltend gemacht. Ansprüche, die dem Arbeitnehmer nicht bekannt sind, hätte dieser auch in Kenntnis der Ausschluss-/Verfallfrist nicht rechtzeitig geltend machen können.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 4. August 2020 - 3 [X.]/20 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch über Schadensersatz für verfallene Ansprüche des [X.] auf Vergütung bzw. Entgelt nach einer höheren Vergütungs- bzw. [X.].

2

Der Kläger war in der [X.] vom 10. Juni 1996 bis zum 5. Juni 2016 bei der beklagten Kirchengemeinde als Küster beschäftigt. Er ist berechtigt, die Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfter Techniker“ zu führen. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 24. Juli 1996 nahm auf die „Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung ([X.]) … in ihrer jeweiligen Fassung einschließlich der Anlagen“ Bezug.

3

Nachdem der Kläger die Küsterprüfung bestanden hatte, wurde er ab Mai 1998 nach der Vergütungsgruppe [X.] Fallgruppe 3.1.2 der Anlage 1 zur [X.] für die ([X.] [X.], [X.], [X.], [X.] ([X.] Teil) und [X.] ([X.] aF) als „Küster mit Küsterprüfung“ vergütet. Nach zwei Jahren erfolgte eine weitere Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe [X.] Fallgruppe 3.1.6. Diese Vergütungsgruppe war Mitarbeitern mit abgeschlossener Berufsausbildung vorbehalten, die der Küstertätigkeit förderlich ist. Nach weiteren vier Jahren lagen die Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe K VIb vor. Die Beklagte vergütete den Kläger jedoch weiterhin nach der Vergütungsgruppe K VII.

4

Das Vergütungssystem der [X.] wurde zum 1. Oktober 2005 reformiert. Nach der neuen Fassung ([X.] nF) erfolgte die Vergütung nach [X.]n anstelle der alten Vergütungsgruppen. Der Kläger wurde aus der bisherigen Vergütungsgruppe [X.] in die neue [X.] 5 übergeleitet. Wenn sein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe K VIb nachvollzogen worden wäre, wäre er in die höhere [X.] 6 übergeleitet worden.

5

Nach seinem eigenen Vorbringen hatte der Kläger seine fehlerhafte Eingruppierung über viele Jahre hinweg nicht bemerkt und erst im November 2015 durch einen anderen bei der Beklagten beschäftigten Küster erfahren, dass er zu niedrig eingruppiert gewesen war. Nachdem der Kläger mündlich ein höheres Entgelt nach der [X.] 6 [X.] nF gegenüber der Beklagten geltend gemacht hatte, vergütete diese den Kläger rückwirkend ab dem 1. Mai 2015 nach der höheren [X.].

6

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. Dezember 2015 machte der Kläger rückwirkend ab dem 1. Juli 2002 [X.] wegen seiner fehlerhaften Eingruppierung geltend. Die Beklagte lehnte eine Nachzahlung ab und verwies auf die Ausschlussfrist des § 57 Abs. 1 [X.]. Diese Bestimmung lautet:

        

§ 57 Ausschlussfristen

        

(1)     

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit in dieser Ordnung nichts anderes bestimmt ist.“

7

Der Kläger hat zuletzt die Ansicht vertreten, er habe ursprünglich Anspruch auf Differenzvergütung für die [X.] ab dem 1. Mai 2004 gehabt, weil er fehlerhaft nach einer zu niedrigen Vergütungs- bzw. [X.] vergütet worden sei. Nachdem die [X.] nach § 57 Abs. 1 [X.] verfallen seien, habe er nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in gleicher Höhe. Die Beklagte habe dadurch, dass sie die Ausschlussfrist des § 57 Abs. 1 [X.] nicht nachgewiesen habe, ihre Pflichten aus dem [X.] verletzt. Wäre er auf die Ausschlussfrist hingewiesen worden, hätte er seine Ansprüche innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht. Er hätte auch rechtzeitig Klage erhoben, um die Verjährung zu hemmen. Insoweit komme ihm die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens zugute. Weder der zugrunde liegende [X.] auf höhere Vergütung noch der Anspruch auf Schadensersatz seien verjährt. Im Übrigen habe der Sechste Senat des [X.] im vorliegenden Rechtsstreit mit Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - [X.] 168, 254) mit bindender Wirkung für das weitere Verfahren entschieden, dass der primäre Entgeltanspruch nicht verjährt sei und der unterbliebene Nachweis der Ausschlussfrist für den Verfall der [X.] kausal gewesen sei.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.292,59 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 15. Januar 2016 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat zuletzt die Ansicht vertreten, die ursprünglichen [X.] des [X.] seien nach der Ausschlussfrist verfallen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Schadensersatz. Sie bestreite, dass der Kläger im Falle eines Nachweises der Ausschlussfrist seine Ansprüche fristgemäß geltend gemacht hätte. Für die [X.] vor dem 1. Januar 2013 sei der [X.] auf höheres Entgelt unabhängig von der Ausschlussfrist verjährt. Die von ihr erhobene Einrede der Verjährung beziehe sich sowohl auf den Entgeltanspruch als auch auf den Schadensersatzanspruch.

Das Arbeitsgericht hat die ursprünglich auf Zahlung rückständiger Vergütung gerichtete Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] mit Urteil vom 10. April 2018 (- 3 [X.]/17 -) zurückgewiesen. Auf die Revision des [X.] hat der Sechste Senat des [X.] mit Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - [X.] 168, 254) das Urteil des [X.]s aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - verurteilt, an den Kläger 1.594,27 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Es hat angenommen, der Kläger habe für den [X.]raum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. April 2015 Anspruch auf Schadensersatz für die verfallenen, aber insoweit nicht verjährten [X.]. Für den [X.]raum vor dem 1. Januar 2013 fehle es hingegen an einem adäquat-kausal auf die Verletzung der Nachweispflicht zurückzuführenden Schaden. Mit der Revision begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, an ihn über die vom [X.] zugesprochenen 1.594,27 Euro brutto hinaus weitere 12.698,32 Euro brutto zu zahlen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass dem Kläger wegen der verfallenen [X.] für die [X.] vor dem 1. Januar 2013 kein [X.]nspruch auf Schadensersatz zusteht.

I. Der Kläger hat keinen [X.]nspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz nach § 280 [X.]bs. 1 und [X.]bs. 2, § 286 BGB wegen Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] in der bis zum 31. Juli 2022 geltenden Fassung ([X.] aF). Zwar hat die Beklagte gegen ihre Pflicht aus § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF verstoßen, die [X.]usschlussfrist des § 57 [X.]bs. 1 [X.] als wesentliche Vertragsbedingung spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des [X.]rbeitsverhältnisses schriftlich nachzuweisen. Der unterbliebene Nachweis war für den Verfall der [X.] jedoch nicht kausal.

1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger für die [X.] vom 1. Mai 2004 bis zum 30. [X.]pril 2015 ursprünglich einen [X.]nspruch auf höheres Entgelt hatte. Der Kläger hätte nach Vorliegen der Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe [X.] der [X.]nlage 1 zur [X.] aF und, nach Überleitung in das neue Entgeltsystem im Jahr 2005, nach der [X.] 6 der [X.]nlage 1 zur [X.] nF vergütet werden müssen. Darüber streiten die Parteien in der Revision nicht mehr.

2. Der [X.]nspruch auf höheres Entgelt ist mangels rechtzeitiger Geltendmachung nach § 57 [X.]bs. 1 [X.] verfallen. Das hat das [X.] unter Bezugnahme auf die in seinem Urteil vom 10. [X.]pril 2018 (- 3 [X.]/17 -) getroffenen Feststellungen sowie unter Verweis auf die [X.]usführungen des [X.] in seinem Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - [X.] 168, 254) zutreffend angenommen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die [X.]usführungen des [X.] in seinem Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - Rn. 31 bis 45, aaO) Bezug genommen.

3. Die Beklagte hat auch gegen ihre Verpflichtung aus dem [X.] verstoßen, indem sie den Kläger entgegen der in § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF getroffenen Bestimmung in keiner der ihm überlassenen Niederschriften bzw. Vertragsexemplare iSv. § 2 [X.]bs. 1 bzw. [X.]bs. 4 [X.] aF ausdrücklich auf die [X.]usschlussfrist des § 57 [X.]bs. 1 [X.] hingewiesen hat. Die [X.]usschlussfrist ist eine wesentliche Vertragsbedingung iSv. § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF. [X.]uch insoweit wird wegen der Begründung im Einzelnen auf die [X.]usführungen des [X.] in seinem Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - Rn. 46 ff., [X.] 168, 254) Bezug genommen.

4. Der Kläger hat dennoch keinen [X.]nspruch auf Schadensersatz für die verfallenen [X.] für die [X.] vor dem 1. Januar 2013, weil die Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF den Verfall der [X.] nicht adäquat-kausal verursacht hat.

a) Kommt der [X.]rbeitgeber mit seiner Verpflichtung aus § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF in Verzug, ist er nach § 280 [X.]bs. 1 und [X.]bs. 2, § 286 BGB verpflichtet, dem [X.]rbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch ist in Höhe des erloschenen Vergütungsanspruchs begründet, wenn dieser nur wegen der Versäumung der [X.]usschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des [X.]rbeitgebers nicht untergegangen wäre ([X.] 30. Oktober 2019 - 6 [X.] - Rn. 47, [X.] 168, 254; 5. November 2003 - 5 [X.] - zu III 3 a der Gründe; 17. [X.]pril 2002 - 5 [X.] - zu III 4 b der Gründe, [X.] 101, 75).

Bei einem Verstoß des [X.]rbeitgebers gegen § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF ist grundsätzlich zu vermuten, dass der [X.]rbeitnehmer die [X.]usschlussfrist beachtet hätte, wenn er auf sie hingewiesen worden wäre (vgl. [X.] 30. Oktober 2019 - 6 [X.] - Rn. 47, [X.] 168, 254; für einen Verstoß gegen § 2 [X.]bs. 1 Satz 2 Nr. 10 [X.] aF vgl. auch: [X.] 21. Februar 2012 - 9 [X.] - Rn. 35; 17. [X.]pril 2002 - 5 [X.] - zu III 4 b der Gründe, [X.] 101, 75). Diese [X.]uslegung des [X.]es ist geboten, um den Zweck der bis 31. Juli 2022 geltenden Nachweisrichtlinie 91/533/[X.] vom 14. Oktober 1991, den [X.]rbeitnehmer vor Unkenntnis seiner Rechte zu schützen, wirksam zur Geltung zu bringen. Der [X.]rbeitnehmer könnte im Regelfall kaum nachweisen, dass er bei ordnungsgemäßem Verhalten des [X.]rbeitgebers die [X.]usschlussfrist beachtet hätte. Dem [X.]rbeitgeber bleibt die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen ([X.] 17. [X.]pril 2002 - 5 [X.] - aaO).

Dabei ersetzt die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens als [X.] allerdings nicht den [X.]. Die Tatsachen für die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden hat der [X.]rbeitnehmer darzutun ([X.] 20. Juni 2018 - 4 [X.] - Rn. 23; 20. [X.]pril 2011 - 5 [X.] - Rn. 27, [X.] 137, 375; 5. November 2003 - 5 [X.] - zu III 3 c der Gründe).

b) Danach hat der Kläger die Tatsachen für die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten in Form des unterlassenen Nachweises der [X.]usschlussfrist und dem Verfall seiner [X.] nicht ausreichend dargelegt. [X.]us seinem Vortrag ergibt sich nicht, dass die [X.] nur wegen der Versäumung der [X.]usschlussfrist erloschen sind und sie bei gesetzmäßigem Nachweis seitens der Beklagten nicht untergegangen wären. Vielmehr ist nach dem Vorbringen des [X.] davon auszugehen, dass die [X.] auch untergegangen wären, wenn die Beklagte die [X.]usschlussfrist iSv. § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF ordnungsgemäß nachgewiesen hätte.

aa) Der Kläger hat zwar einerseits behauptet, dass er die [X.] rechtzeitig geltend gemacht hätte, wenn die Beklagte die [X.]usschlussfrist iSv. § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF nachgewiesen hätte. [X.]ndererseits hat er vorgetragen, seine fehlerhafte Eingruppierung über viele Jahre hinweg nicht bemerkt und erst im November 2015 durch einen anderen bei der Beklagten beschäftigten Küster erfahren zu haben, dass er zu niedrig eingruppiert gewesen sei. Nachdem der Kläger konkret vorgetragen hat, wann und unter welchen Umständen er von seiner fehlerhaften Eingruppierung erfahren habe, ist die pauschale Behauptung, dass er die Differenzentgeltansprüche rechtzeitig geltend gemacht hätte, nicht ausreichend. Wenn der Kläger seine [X.]nsprüche erst im November 2015 erkannt hat, steht das seiner Behauptung entgegen, dass er sie Jahre vorher geltend gemacht hätte, wenn ihm die [X.]usschlussfrist nachgewiesen worden wäre. Die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens hilft dem Kläger über dieses [X.] nicht hinweg. Diese Vermutung reicht nicht so weit, dass unterstellt werden kann, der Geschädigte hätte ihm nicht bekannte [X.]nsprüche rechtzeitig geltend gemacht (vgl. [X.] 21. Februar 2017 - 3 [X.] - Rn. 45; 21. Februar 2012 - 9 [X.] - Rn. 36). Einen dem Geschädigten nicht bekannten [X.]nspruch hätte dieser auch in Kenntnis der [X.]usschlussfrist nicht geltend machen können.

bb) Dass die [X.] auch bei ordnungsgemäßem Nachweis der [X.]usschlussfrist verfallen wären, wird im Übrigen durch das eigene Verhalten des [X.] bestätigt. Der Kläger hat die [X.] für die [X.] vor dem 1. Januar 2013 auch nicht in unverjährter [X.] eingeklagt, sondern erst im [X.] klageweise geltend gemacht. Dies spricht dafür, dass er die [X.]nsprüche auch in Kenntnis der [X.]usschlussfrist nicht rechtzeitig geltend gemacht hätte.

c) Der [X.]nnahme, dass es an einem adäquat-kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzung der Nachweispflicht durch die Beklagte und dem Verfall der [X.] fehlt, steht - entgegen der Rechtsauffassung des [X.] - nicht die in § 72 [X.]bs. 5 [X.]rbGG iVm. § 563 [X.]bs. 2 ZPO getroffene Regelung entgegen. Der erkennende Senat ist insoweit nicht durch das vorangegangene Urteil des [X.] vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - [X.] 168, 254) an dieser rechtlichen Beurteilung gehindert.

aa) Nach § 72 [X.]bs. 5 [X.]rbGG iVm. § 563 [X.]bs. 2 ZPO hat das [X.] die rechtliche Beurteilung, die der [X.]ufhebung seines früheren Berufungsurteils durch das [X.] zugrunde gelegen hat, seiner neuen Entscheidung zugrunde zu legen. Damit soll vermieden werden, die endgültige Entscheidung dadurch zu verzögern oder sogar zu verhindern, dass die Sache mehrfach zwischen Berufungs- und Revisionsgericht wechselt, weil keines der beiden Gerichte seine Rechtsauffassung ändert ([X.] 8. Februar 2022 - 1 [X.] - Rn. 21; [X.] 6. Februar 1973 - [X.] 1/72 - zu 4 der Gründe, [X.]Z 60, 392). Gelangt eine nach § 563 [X.]bs. 1 ZPO zurückverwiesene Sache erneut vor das Revisionsgericht, so ist dieses in gleicher Weise gebunden wie nach § 563 [X.]bs. 2 ZPO das Berufungsgericht (vgl. [X.] 6. Februar 1973 - [X.] 1/72 - aaO; [X.] 12. Februar 2009 - IX [X.]/08 - Rn. 9; Musielak/[X.]/[X.] ZPO 19. [X.]ufl. § 563 Rn. 14).

Die Bindungswirkung bei Zurückverweisungen ist auf die ratio decidendi - die tragende Begründung - des Revisionsurteils beschränkt. Das können nur [X.]usführungen sein, mit denen das Revisionsgericht die Rechtsauffassung der Vorinstanz verwirft ([X.] 11. Oktober 2016 - 1 [X.] - Rn. 15; 23. Februar 2016 - 3 [X.] - Rn. 20, [X.] 154, 144).

bb) Danach hat das [X.] in seinem Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - [X.] 168, 254) keine nach § 72 [X.]bs. 5 [X.]rbGG iVm. § 563 [X.]bs. 2 ZPO bindende rechtliche Beurteilung in Bezug auf das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines adäquat-kausalen Zusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und dem Schaden des [X.] vorgenommen. Das [X.] hat das Berufungsurteil vielmehr mit der Begründung aufgehoben, das [X.] sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Küsterprüfung sei eine der Küstertätigkeit förderliche Berufs- oder Fachausbildung iSd. Vergütungsgruppe [X.] Fallgruppe 3.1.6 der [X.]nlage 1 zur [X.] aF. Ob der Kläger neben der Küsterprüfung über eine der Küstertätigkeit förderliche abgeschlossene Berufs- oder Fachausbildung verfüge, könne der Senat mangels Feststellungen zur Qualifikation des [X.] nicht beurteilen ([X.] 30. Oktober 2019 - 6 [X.] - Rn. 26 f., aaO). Die Begründung, mit der das [X.] das Berufungsurteil aufgehoben hat, bezog sich demnach auf den inzwischen nicht mehr streitgegenständlichen primären Entgeltanspruch. Soweit das [X.] in seinem Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - aaO) die Möglichkeit eines sekundären Schadensersatzanspruchs erörtert hat, handelt es sich nicht um [X.]usführungen, die die [X.]ufhebung tragen und damit bindend sind iSv. § 72 [X.]bs. 5 [X.]rbGG iVm. § 563 [X.]bs. 2 ZPO. Zur Frage eines adäquat-kausalen Zusammenhangs zwischen dem unterlassenen Nachweis der [X.]usschlussfrist durch die Beklagte und einem durch den Verfall der [X.] entstandenen Schaden des [X.] enthält dieses Urteil des [X.] keine bindende [X.]ussage.

II. Der Kläger hat auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 823 [X.]bs. 2 BGB iVm. § 2 [X.] aF. Bei § 2 [X.] aF handelt es sich nicht um ein Schutzgesetz iSv. § 823 [X.]bs. 2 BGB ([X.] 24. Mai 2017 - 5 [X.] - Rn. 69; 17. [X.]pril 2002 - 5 [X.] - zu III 5 der Gründe, [X.] 101, 75).

III. Soweit der Kläger ursprünglich [X.]nsprüche auf Schadensersatz aus § 280 [X.]bs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 8 [X.] bzw. § 823 [X.]bs. 2 BGB iVm. § 8 [X.] geltend gemacht hat, sind diese in der Revision nicht zur Entscheidung durch den Senat angefallen. Es kann deshalb offenbleiben, ob § 8 [X.], wonach der [X.]rbeitgeber verpflichtet ist, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge im Betrieb bekanntzumachen, auf kirchliche [X.]rbeitsrechtsregelungen analog angewendet werden kann (offenlassend [X.] 30. Oktober 2019 - 6 [X.] - Rn. 41, [X.] 168, 254). Ebenso kann dahinstehen, ob § 8 [X.] ein Schutzgesetz iSv. § 823 [X.]bs. 2 BGB ist oder eine bloße Ordnungsvorschrift (offenlassend [X.] 21. Februar 2007 - 4 [X.] - Rn. 20).

1. Mögliche [X.]nsprüche auf Schadensersatz aus § 280 [X.]bs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 8 [X.] oder § 823 [X.]bs. 2 BGB iVm. § 8 [X.] bilden einen anderen Streitgegenstand als Schadensersatzansprüche nach § 280 [X.]bs. 1 Satz 1 BGB wegen Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass einem möglichen Verstoß gegen § 8 [X.] ein anderer Lebenssachverhalt zugrunde liegt als einer Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] aF. Wenn den unterschiedlichen [X.]nsprüchen unterschiedliche Lebenssachverhalte zugrunde liegen, sind verschiedene Streitgegenstände gegeben (vgl. etwa [X.] 20. Juli 2022 - 10 [X.] - Rn. 12; 25. März 2021 - 8 [X.] - Rn. 45).

2. Das [X.]rbeitsgericht sowie das [X.] in seinem (ersten) Urteil vom 10. [X.]pril 2018 (- 3 [X.]/17 -) haben [X.]nsprüche aufgrund einer möglichen Verletzung von § 8 [X.] aberkannt. Das [X.] hat in seinem Urteil vom 30. Oktober 2019 (- 6 [X.] - [X.] 168, 254) mögliche [X.]nsprüche wegen einer Verletzung von § 8 [X.] nicht mehr geprüft, sondern diese Bestimmung lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf die [X.]usschlussfrist erwähnt. Nach Zurückverweisung der Sache an das [X.] hat dieses Schadensersatzansprüche wegen einer möglichen Verletzung von § 8 [X.] in dem nunmehr angefochtenen Urteil nicht mehr geprüft. Der Kläger hat sich zuletzt auch nicht mehr auf eine Verletzung von § 8 [X.] berufen. Damit ist dieser Streitgegenstand in der Revisionsinstanz nicht zur Entscheidung angefallen.

IV. Ein möglicher [X.]nspruch auf Schadensersatz aus § 280 [X.]bs. 1 BGB iVm. § 108 [X.] bzw. § 29 [X.]bs. 7 [X.] ist aus diesen Gründen ebenfalls in der Revisionsinstanz nicht zur Entscheidung angefallen. Im Übrigen bezweckt § 108 [X.] die Information über die erfolgte Zahlung ([X.] 7. September 2021 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 39; 16. Dezember 2015 - 5 [X.]ZR 567/14 - Rn. 35 f., [X.] 154, 8). Die Bestimmung dient nicht der Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs ([X.] 7. September 2009 - 3 [X.]ZB 19/09 - Rn. 17; 10. Januar 2007 - 5 [X.]ZR 665/06 - Rn. 18, [X.] 120, 373).

V. Ebenfalls in der Revisionsinstanz nicht zur Entscheidung angefallen ist ein möglicher [X.]nspruch des [X.] auf Schadensersatz wegen unterlassener [X.]ufklärung durch die Beklagte darüber, dass die Voraussetzungen des [X.] vorlagen. Für einen etwaigen Schadensersatzanspruch aus § 280 [X.]bs. 1 iVm. § 241 [X.]bs. 2 BGB wegen unterlassener [X.]ufklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg fehlt es im Übrigen an einer Pflicht der Beklagten, insoweit die Vermögensinteressen des [X.] wahrzunehmen (vgl. [X.] 15. Dezember 2016 - 6 [X.]ZR 578/15 - Rn. 20; 21. Mai 2015 - 6 [X.]ZR 349/14 - Rn. 26). [X.]nhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Kläger falsche oder unvollständige [X.]ngaben zu seiner Eingruppierung erteilt hat, sind nicht festgestellt.

        

    Schlewing    

        

    Berger    

        

    Pulz    

        

        

        

    Dr. Felderhoff    

        

    [X.]    

                 

Meta

8 AZR 4/21

22.09.2022

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 12. Januar 2017, Az: 10 Ca 4540/16, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 NachwG, § 280 Abs 1 BGB, § 280 Abs 2 BGB, § 286 BGB, § 563 Abs 1 ZPO, § 563 Abs 2 ZPO, § 8 TVG, § 823 Abs 2 BGB, § 108 GewO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2022, Az. 8 AZR 4/21 (REWIS RS 2022, 8264)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8264 MDR 2023, 371 REWIS RS 2022, 8264 NJW 2023, 708 REWIS RS 2022, 8264

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 AZR 465/18 (Bundesarbeitsgericht)

Kirchliches Arbeitsrecht - Ausschlussfrist


3 Sa 194/20 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


3 Sa 144/17 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


9 AZR 486/10 (Bundesarbeitsgericht)

Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs - Anwendbarkeit von tariflichen Ausschlussfristen - Schadensersatzanspruch wegen Verstoß des Arbeitgebers …


5 AZR 7/10 (Bundesarbeitsgericht)

"Equal Pay"-Anspruch des Leiharbeitnehmers und Ausschlussfrist


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.