Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2010, Az. VIII ZR 294/09

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6022

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 294/09 Verkündet am: 9. Juni 2010 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: jaBGB § 305c, § 307 Bb, § 535; ZPO § 545 Eine in Formularmietverträgen über Wohnraum enthaltene Klausel, wonach es dem Mieter obliegt, die Schönheitsreparaturen "ausführen zu lassen", benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deshalb unwirksam, wenn sie bei kundenfeindlichster Auslegung dem Mieter dadurch die Möglichkeit der kostensparenden Eigenleistung nimmt, dass sie als Fachhandwerkerklausel verstanden werden kann. BGH, Urteil vom 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - LG München I AG München - 2 - Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2010 durch den Richter Dr. Frellesen als Vorsitzenden, die Richte-rin Dr. Milger, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 30. September 2009 wird zu-rückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen Von Rechts wegen Tatbestand: Die Beklagten waren von Dezember 1963 bis September 2007 Mieter ei-ner von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gemieteten Wohnung in M. . Zu Schönheitsreparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen enthält § 8 des von der Rechtsvorgängerin der Klägerin verwendeten Formularvertrages vom 19. November 1963 unter anderem folgende Bestimmungen: 1 "5. Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen – in der Woh-nung ausführen zu lassen–, sowie die Roll-Läden, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Spülkästen oder Druckspü-ler und Wasch- und Abflussbecken instandzuhalten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen– 6. Dem Mieter obliegt auch die Instandhaltung, also kostenmäßige Übernahme der während der Mietzeit notwendig werdenden Repara-turen an den in der Wohnung evtl. vorhandenen elektrischen oder - 3 - Gas-Geräten – und an den evtl. in der Wohnung befindlichen Ein-baumöbeln. 7. Kommt der Mieter seinen vorstehend angegebenen Verpflichtungen trotz schriftlicher Mahnung innerhalb einer angemessenen Frist nicht nach, so hat die Vermieterin das Recht, die erforderlichen Arbeiten auf Kosten des Mieters vornehmen zu lassen." 2 Die Parteien haben im ersten Rechtszug um die Restmiete für die Mona-te August und September 2007 sowie um Schadensersatz für die Durchführung von den Beklagten verweigerter Schönheitsreparaturen und die von ihnen un-terlassene Entfernung bestimmter Einrichtungsgegenstände gestritten. Das Amtsgericht hat der Klage nur hinsichtlich der verlangten Restmiete sowie des Schadensersatzes für die unterlassene Entfernung von Einrichtungsgegenstän-den stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat die im Umfang der Klageabweisung eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewie-sen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin den Anspruch auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsrepara-turen in Höhe von 7.036,35 • weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. 3 I. Das Berufungsgericht (LG München I, NZM 2010, 40) hat zur Begrün-dung im Wesentlichen ausgeführt: 4 Die formularmäßige Schönheitsreparaturklausel in § 8 Nr. 5 des Mietver-trages unterliege gemäß Art. 229 § 5 EGBGB der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, genauso wie ihre Wirksamkeit zuvor schon gemäß § 28 Abs. 2 AGBG an 5 - 4 - § 9 AGBG habe gemessen werden müssen. Dieser Inhaltskontrolle halte die Klausel nicht stand, so dass der Klägerin auch kein Schadensersatz wegen un-terlassener Schönheitsreparaturen zustehe. Denn die Regelung könne jeden-falls bei mieterfeindlichster Auslegung dahin verstanden werden, dass Eigen-leistungen des Mieters einschließlich der Hinzuziehung von Freunden oder Be-kannten ausgeschlossen seien und die Durchführung der Schönheitsreparatu-ren nur durch eine Fachfirma erfolgen dürfe. Als so verstandene Fachhandwer-kerklausel gehe die Klausel über das hinaus, was zur geschuldeten fachgerech-ten Ausführung von Schönheitsreparaturen in mittlerer Art und Güte erforderlich sei. Ebenso wie ein Mieter bei fehlender Übertragung von Schönheitsreparatu-ren vom Vermieter keine Ausführung durch Fachhandwerker verlangen könne, sei auch einem Vermieter nur ein Interesse an einer fachgerechten Ausführung zuzubilligen; dem könnten ein Mieter oder dessen Verwandte oder Bekannte bei fachgerechtem Arbeiten auch selbst genügen. II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Revi-sion ist daher zurückzuweisen. 6 Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Schönheits-reparaturenklausel in § 8 Nr. 5 des Mietvertrags unwirksam ist, weil in ihr eine Selbstvornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter ausgeschlossen ist und dies den Mieter unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe bei der von ihm vorgenommenen Auslegung der Klausel gegen gesetzliche Auslegungsre-geln, namentlich gegen das Verbot einer ausschließlich am Wortlaut orientier-ten Auslegung, verstoßen. 7 - 5 - 1. Das Berufungsgericht ist bei seiner Auslegung des im Jahre 1963 ge-schlossenen Mietvertrages mit Recht vom Grundsatz der "mieterfeindlichsten Auslegung" ausgegangen, der auch im Individualprozess anwendbar ist, wenn er - wie hier - zu einer dem Mieter günstigen Unwirksamkeit der Klausel führt (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 19). Dies wird auch von der Revision nicht angegrif-fen. 8 Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anwendung dieses Grundsatzes auf den im Jahr 1963 geschlossenen Mietvertrag gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB unmittelbar auf § 305c Abs. 2 BGB gestützt werden kann (so OLG Stuttgart, Urteil vom 27. September 2006 - 4 U 74/06, juris, Tz. 45; Heinrichs, NZM 2003, 6, 7 f.). Denn auch wenn man auf das Recht abstellte, das beim Abschluss des Mietvertrags galt, käme man zu keinem anderen Ergebnis. Die heute in § 305c Abs. 2 BGB und zuvor schon in § 5 AGBG normierte Unklarhei-tenregel hat in der Rechtspraxis lange vor Erlass des AGB-Gesetzes bestanden und ist durch § 5 AGBG lediglich aufgegriffen worden (BT-Drs. 7/3919, S. 47; 7/5422, S. 5). Auch schon bei Abschluss des Mietvertrages der Parteien galt deshalb, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen an Hand des Verständnisses eines Durchschnittskunden grundsätzlich eng auszulegen sind und Unklarhei-ten zu Lasten dessen gehen, der sie aufgestellt hat (BGHZ 60, 174, 177; 62, 83, 88 f.; jeweils m.w.N.). 9 2. Das Berufungsgericht hat die in der Renovierungsklausel enthaltene Verpflichtung des Mieters, die Schönheitsreparaturen ausführen zu lassen, als unangemessene Benachteiligung des Mieters gewertet, weil diese Verpflichtung dahin verstanden werden könne, dass die Durchführung der Schönheitsrepara-turen nur durch eine Fachfirma erfolgen dürfe. Dies begegnet keinen rechtli-chen Bedenken. 10 - 6 - a) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Klauselauslegung unterliegt nach § 545 Abs. 1 ZPO in der gemäß Art. 29 Nr. 14a, Art. 111 Abs. 1 Satz 1, Art. 112 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586 - FGG-Reformgesetz) seit dem 1. September 2009 gel-tenden Fassung der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung. Zwar sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) keine Rechtsnormen, so dass ihre Auslegung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist. Nach der Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs, an die der Gesetzgeber bei der Neufas-sung des § 545 Abs. 1 ZPO angeknüpft hat (BT-Drs. 16/9733, S. 302), sind AGB aber wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen vom Revisionsgericht frei auszulegen, da bei ihnen ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (vgl. BGHZ 163, 321, 323 f.; 176, 191, Tz. 10 m.w.N.; BGH, Urteil vom 12. Oktober 2007 - V ZR 283/06, WM 2008, 313, Tz. 7; ferner Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - VIII ZR 180/08, WuM 2009, 463, Tz.11). 11 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von den Verständ-nismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen Ver-tragspartners einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (Senatsurteile vom 20. Oktober 2004, aaO; vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 105/07, WuM 2008, 219, Tz. 18 m.w.N.). Hieran ge-messen hält die Renovierungsklausel bei Anwendung der Unklarheitenregel (dazu vorstehend unter II 1) einer rechtlichen Überprüfung am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand. 12 - 7 - b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, die Klausel könne hinsichtlich einer Ausführung der geschuldeten Schönheitsreparaturen dahin verstanden werden, dass dem Mieter die Möglichkeit einer Selbstvor-nahme verschlossen sein sollte. Auch die Revision räumt ein, dass der in der Klausel gewählte Wortlaut "ausführen zu lassen" für das vom Berufungsgericht gefundene Auslegungsergebnis spricht. Sie meint jedoch, dies lasse noch nicht ohne Weiteres die Deutung zu, die Ausführung habe durch einen Fachmann zu erfolgen, sondern erlaube zunächst allenfalls - und bei mieterfeindlichster Aus-legung - ein Verständnis dahin, dass die Arbeiten Dritten zu übertragen seien, zumal eine Fachkraft als dritte Person weder genannt sei noch eine fachmänni-sche Erledigung verlangt werde. Hinzu komme, dass bei den Schönheitsrepara-turen von einem "ausführen zu lassen" die Rede sei, während der Mieter bei der anschließenden Reparaturklausel verpflichtet sei, "instandzuhalten und – zu ersetzen", also nach dem Wortlaut sogar zu einer Selbstvornahme verpflich-tet sei. Letzteres sei interessenwidrig und offensichtlich nicht gewollt. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass auch die Begriffe "ausführen zu lassen" nicht wörtlich und schon gar nicht im Sinne einer Fachhandwerkerklausel zu verste-hen seien. 13 Die von der Revision aufgezeigte Auslegung ist zwar möglich. Sie ist je-doch nicht zwingend und schließt insbesondere nicht die Möglichkeit der gegen-teiligen Auslegung aus, nach der dem Mieter entsprechend dem vom Verwen-der gewählten Wortlaut der Klausel eine Selbstvornahme der Schönheitsrepara-turen verschlossen sein sollte. Vor allem berücksichtigt die Revision, welche die dem Mieter auferlegten Verpflichtungen lediglich erfolgsbezogen verstanden wissen will, nicht, dass im anschließenden § 8 Nr. 6 des Mietvertrages, der wei-tere Instandhaltungspflichten des Mieters regelt, die Instandhaltung ausdrück-lich als "kostenmäßige Übernahme der während der Mietzeit notwendig wer-denden Reparaturen" definiert ist. Dies strahlt zugleich auf das Verständnis der 14 - 8 - zuvor in § 8 Nr. 5 des Mietvertrages gebrauchten Begriffe des Instandhaltens und Ersetzens dahin aus, dass der Mieter die betreffenden Arbeiten nicht selbst auszuführen hat, sondern nur für die aus einer fachkundigen Fremdvornahme entstehenden Kosten einstehen soll. Darüber hinaus findet sich in § 8 Nr. 7 des Mietvertrages für den Fall, dass der Mieter seinen zuvor geregelten Verpflich-tungen nicht nachkommt, die Bestimmung, dass die Vermieterin das Recht hat, "die erforderlichen Arbeiten auf Kosten des Mieters vornehmen zu lassen". Auch diese terminologische Übereinstimmung mit dem in § 8 Nr. 5 des Mietver-trages anzutreffenden "ausführen zu lassen" spricht - anders als die Revision meint - dagegen, dass es sich bei letztgenannter Wendung nur um eine zufälli-ge sprachliche Unachtsamkeit ohne inhaltliche Bedeutung handelt. Jedenfalls ist hiernach die Auslegung, die Rechtsvorgängerin der Kläge-rin als Verwender des Formularvertrages habe darauf bestehen wollen, dass der Mieter bei Erfüllung der ihm auferlegten Verpflichtungen nicht selbst oder durch ihm nahe stehende Personen tätig wird, sondern fachkundige Dritte hin-zuzieht oder die Kosten für die Hinzuziehung solcher Dritter zu tragen hat, nicht ausgeschlossen. 15 c) Ist die Regelung in § 8 Nr. 5 des Mietvertrages danach objektiv mehr-deutig, weil durch Auslegung nicht eindeutig geklärt werden kann, ob durch die Klausel eine Selbstvornahme dieser Arbeiten durch den Mieter zugelassen wird oder nicht, kommt die Unklarheitenregel zur Anwendung. Das hat zur Folge, dass die nicht behebbaren Zweifel zu Lasten der Klägerin gehen und der Prü-fung, ob die Klausel den Mieter unangemessen benachteiligt, die den Beklagten günstigste Auslegungsalternative - das heißt diejenige, die zu einer Unwirksam-keit der Klausel führen würde - zugrunde zu legen ist (BGHZ 176, 244, Tz. 19; vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 1977 - VIII ZR 197/75, WM 1978, 10, unter II 3; vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06, WM 2007, 1142, Tz. 23; jeweils 16 - 9 - m.w.N.). Der Inhaltskontrolle zugrunde zu legen ist danach die Auslegung, nach der den Beklagten durch § 8 Nr. 5 des Mietvertrages die Verpflichtung auferlegt wird, die Schönheitsreparaturen in der von ihnen gemieteten Wohnung unter Ausschluss der Möglichkeit einer Selbstvornahme ausführen zu lassen. 17 d) Mit diesem Inhalt hält die Klausel der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht stand. aa) Es entspricht verbreiteter Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum, dass Fachhandwerkerklauseln in Formularmietverträgen über Wohnraum einen Mieter unangemessen benachteiligen und deshalb un-wirksam sind, wenn sie dem Mieter die Möglichkeit der kostensparenden Eigen-leistung nehmen, weil eine solche Klausel über das hinausgehe, was der Ver-mieter nach § 535 BGB ansonsten selbst schulden würde. Denn ohne eine Ab-wälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter sei der Vermieter lediglich zur fachgerechten Ausführung in mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB) verpflichtet, wozu es bei Schönheitsreparaturen nicht zwingend der Ausführung durch Fachhandwerker bedürfe. Außerdem könne der Vermieter nur ein Inter-esse an einer fachgerechten Ausführung haben. Diesem Interesse werde auch durch die Ausführung der Arbeiten durch einen Laien genügt, wenn dies fach-gerecht geschehe. Hierzu seien viele Mieter (oder deren Verwandte oder Be-kannte) durchaus selbst in der Lage (OLG Stuttgart, NJW-RR 1993, 1422, 1423; LG Köln, WuM 1991, 87; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rdnr. IX 55; Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau bei Wohn- und Gewerberaum, 3. Aufl., Rdnr. I 32; Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 535 Rdnr. 101; MünchKommBGB/Häublein, BGB, 5. Aufl., § 535 Rdnr. 124; Han-nemann/Wiegner/Over, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 3. Aufl., Rdnr. 151; Staudinger/Emmerich, BGB (2006), § 535 Rdnr. 111 m.w.N.). 18 - 10 - bb) Der Senat hat bislang die Frage offen lassen können, ob die in Rechtsprechung und Schrifttum erhobenen Bedenken gegen die Wirksamkeit des formularmäßigen Ausschlusses von Eigenleistungen des Mieters durchgrei-fen (BGHZ 105, 71, 82). Er bejaht diese Frage nunmehr. 19 20 Nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 BGB) ist die Durchfüh-rung von Schönheitsreparaturen an sich zwar Teil der Instandhaltungspflicht des Vermieters. Gleichwohl hält der Senat auch vor dem Hintergrund von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine formularvertragliche Überwälzung entsprechender Vor-nahmepflichten auf den Mieter in ständiger Rechtsprechung für grundsätzlich zulässig (Senatsurteil vom 12. September 2007 - VIII ZR 316/06, NJW 2007, 3776, Tz. 7 m.w.N.). Diese Billigung trägt insbesondere dem Umstand Rech-nung, dass sich eine vertragliche Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter seit langem als Verkehrssitte herausgebildet hat und die Vertrags-parteien eines Wohnraummietvertrages es deshalb als selbstverständlich anse-hen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen übernimmt (Senatsurteil vom 14. Juli 2004 - VIII ZR 339/03, WuM 2004, 529, unter II 1 b m.w.N.). Zudem tra-gen Schönheitsreparaturen nicht nur dem Interesse des Mieters an einer gebrauchsfähigen Mietsache, sondern auch seinem nicht selten noch darüber hinausgehenden Interesse an einem entsprechenden äußeren Erscheinungs-bild der Mietsache Rechnung und kommen ihm als demjenigen, dem der Gebrauch der Mietsache zusteht, dadurch in besonderer Weise zugute (vgl. BGHZ 111, 301, 305). Allerdings hat der Senat zugleich darauf hingewiesen, dass die zur Ver-kehrssitte gewordene Praxis einer Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch dadurch geprägt ist, dass der Mieter die ihm übertragenen Schönheitsreparaturen in Eigenleistung ausführen kann (Senatsurteil vom 14. Juli 2004, aaO). Dieser Gesichtspunkt ist für die Beurteilung der Angemes-21 - 11 - senheit nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil auf diese Weise die übernomme-nen Pflichten für den Mieter überschaubar und in ihren wirtschaftlichen Auswir-kungen vorauskalkulierbar werden und er durch Ansparen Vorsorge treffen so-wie sich durch Eigenleistungen Kosten ersparen kann (BGHZ 105, 71, 81). Wird deshalb dem Mieter - wie hier bei Zugrundelegung der kundenfeindlichsten Auslegung der Vornahmeklausel - die Möglichkeit einer Vornahme der Schön-heitsreparaturen in Eigenleistung genommen, verliert die Überwälzung dieser Arbeiten am Maßstab des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ihre innere Rechtfertigung. Das gilt umso mehr, als Schönheitsreparaturen ihrer Natur nach nicht zwingend die Ausführung durch eine Fachfirma bedingen und deshalb auch ein Vermieter nicht verpflichtet wäre, im Rahmen seiner Instandhaltungspflichten die Schön-heitsreparaturen durch Vergabe an Dritte ausführen zu lassen, sondern nur ein bestimmtes Arbeitsergebnis, nämlich eine fachgerechte Ausführung in mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB), schuldet (vgl. BGHZ 105, 71, 78; Senatsurteil vom 26. Mai 2004 - VIII ZR 77/03, WuM 2004, 466, unter II 2 a cc). e) Die unwirksame Beschränkung der Vornahme von Schönheitsrepara-turen auf eine Vornahme durch Dritte unter Ausschluss einer Selbstvornahme führt zur Unwirksamkeit des gesamten Klauselteils betreffend die Schönheitsre- 22 - 12 - paraturen. Denn mit einer Streichung der Worte "ausführen zu lassen" verbleibt schon sprachlich kein sinnvoller Klauselrest mehr. Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger Vorinstanzen: AG München, Entscheidung vom 09.12.2008 - 453 C 4014/08 - LG München I, Entscheidung vom 30.09.2009 - 15 S 6274/09 -

Meta

VIII ZR 294/09

09.06.2010

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2010, Az. VIII ZR 294/09 (REWIS RS 2010, 6022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6022

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