Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2011, Az. 4 StR 22/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 7692

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 22/11 vom 12. April 2011 in der Strafsache gegen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u. a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 12. April 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 [X.] beschlossen: [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. August 2010 1. aufgehoben, a) soweit der Angeklagte in den Fällen 1, 3, 7 und 15 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, mit den zur Gefährdung anderer Personen, zum Wert der durch die jeweiligen [X.] gefährdeten Fahrzeuge und den inso-weit zur inneren Tatseite getroffenen Feststel-lungen; die übrigen Feststellungen zum äuße-ren Tatgeschehen und zur absichtlichen [X.] der Verkehrsunfälle durch den [X.] bleiben aufrecht erhalten; b) mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte in den [X.] und 18 der Urteilsgründe ver-urteilt worden ist; 2. im Schuldspruch dahin geändert, dass der Ange-klagte in den Fällen 10 und 11 einerseits sowie den Fällen 13 und 14 andererseits jeweils eines ver-suchten Betruges schuldig ist; - 3 - 3. aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzel-strafen in den Fällen 10, 11, 13 und 14 der Urteils-gründe sowie über die Gesamtstrafe. I[X.] Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen. II[X.] Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in acht Fällen, Betruges in drei Fällen und versuchten [X.] in sieben Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und wegen überlanger Verfahrensdauer sechs Monate dieser Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung for-mellen und materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der [X.] er-sichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.]. 1 1. Die Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den Fällen 1, 3, 7 und 15 der Urteilsgründe hat keinen Bestand. 2 a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Ange-klagte zwar die Verkehrsunfälle jeweils absichtlich herbeigeführt und dadurch die Sicherheit des Straßenverkehrs durch einen ähnlichen, ebenso gefährlichen 3 - 4 - Eingriff im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB beeinträchtigt (vgl. [X.], Urteile vom 20. Februar 2003 [X.] 4 [X.], [X.]St 48, 233, und vom 22. Juli 1999 [X.] 4 StR 90/99, NJW 1999, 3132). Der Straftatbestand des § 315b Abs. 1 StGB setzt aber darüber hinaus voraus, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. Eine solche Gefährdung belegen die Urteilsgründe nicht. aa) Die zu den einzelnen Unfällen getroffenen Feststellungen geben kei-nen hinreichenden Anhalt dafür, dass in den genannten [X.] konkret gefährdet worden sind. Das Urteil enthält ins-besondere keine Angaben zu den Geschwindigkeiten der Fahrzeuge im Zeit-punkt der Kollision (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Oktober 2009 [X.] 4 StR 408/09, [X.], 216), die Intensität des Aufpralls wird nicht mitgeteilt bzw. [X.] im Fall 3 [X.] als gering bezeichnet ([X.]: "leichter Anstoßfi), und Verletzungen bei unfallbeteiligten [X.] sind ersichtlich nicht eingetreten. 4 [X.]) Auch die Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert ist nicht hinreichend belegt. Hierbei ist über den Gesetzeswortlaut hinaus erfor-derlich, dass der Sache von [X.] im Urteil bereits nicht eindeutig festgestelltem [X.] bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (vgl. [X.], [X.] vom 29. April 2008 [X.] 4 [X.], [X.], 580; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 315b Rn. 16), dessen Höhe nach der am Marktwert zu [X.] Wertminderung zu berechnen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Sep-tember 2010 [X.] 4 StR 245/10, [X.], 215). Der maßgebliche Grenzwert lag im Tatzeitraum bei 1.500 DM (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 2002 [X.] 4 StR 103/02, BHGSt 48, 119; Beschluss vom 27. September 2007 [X.] 4 StR 1/07, [X.], 83). 5 - 5 - Der Senat kann weder anhand der mitgeteilten Schadensbilder noch aufgrund der Feststellungen zu den einzelnen Unfallabläufen beurteilen, ob den Fahrzeugen der Geschädigten in den vier Fällen infolge der vom Angeklagten provozierten Verkehrsunfälle ein Schaden von mindestens 1.500 DM drohte. Im Fall 1 liegt der tatsächlich entstandene Schaden mit 300 DM deutlich unter [X.], in den übrigen Fällen ist er nicht beziffert, wird aber vom [X.] jeweils als "sehr geringfi ([X.]) bezeichnet und dürfte die Wertgrenze damit ebenfalls nicht erreichen. Zwar kann der tatsächlich eingetretene Scha-den geringer sein als der für die Tatbestandsverwirklichung maßgebliche [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 29. April 2008 [X.] 4 [X.], [X.], 580). Nach den mitgeteilten Schadensbildern (Fall 3: "geringfügiger [X.], [X.]; Fall 7: "Lackabschürfungen und kleine Blechverformun-genfi, [X.]; Fall 15: "Schaden am Kotflügel und der [X.], [X.]) liegt es indes eher fern, versteht sich aber jedenfalls nicht von selbst, dass ein [X.] Schaden drohte (vgl. [X.], Beschluss vom 27. September 2007 [X.] 4 StR 1/07, [X.], 83); auch die Feststellungen zum jeweiligen Un-fallhergang geben hierfür nichts her. Insbesondere kann auf einen bedeutenden Schaden an den Fahrzeugen der Geschädigten nicht aus der Höhe der vom Angeklagten bei den gegnerischen Haftpflichtversicherungen für die [X.] der von ihm geführten Fahrzeuge betrügerisch erlangten oder geforderten Beträge geschlossen werden (vgl. [X.], Beschluss vom 29. April 2008 [X.] 4 [X.], [X.], 580). 6 b) Die danach gebotene Aufhebung der Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den genannten vier Fällen zieht nur die Auf-hebung der zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen, zur Ge-fährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert und der insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen nach sich. Im Übrigen sind die [X.] - gen zum äußeren Tatgeschehen, zur absichtlichen Herbeiführung der [X.] mit dem Ziel der Geltendmachung unberechtigter [X.] und zum Schädigungsvorsatz des Angeklagten frei von [X.]; sie können deshalb bestehen bleiben. 2. Die Annahme jeweils zweier (selbständiger) Taten des versuchten [X.] in den Fällen 10 und 11 einerseits sowie 13 und 14 andererseits hält rechtlicher Prüfung ebenfalls nicht stand. 8 a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte die gegnerische Haftpflichtversicherung in den Fällen 10 und 13 eine Regulierung des von dem Vater des Angeklagten als Halter des [X.] jeweils geltend gemach-ten Schadens abgelehnt. Daraufhin brachte der Angeklagte "in weiterer Fortfüh-rung seines Tatplansfi ([X.] bzw. 19) seinen Vater dazu, die gegen die Versi-cherung erhobenen Ansprüche im Klagewege geltend zu machen, was jedoch ebenfalls erfolglos blieb. Das [X.] hat die außergerichtliche und die ge-richtliche Geltendmachung jeweils als selbständige Taten des versuchten [X.] gewürdigt. Da aber beide Handlungen auf die Erlangung derselben Schadensersatzzahlung abzielten und der Angeklagte mit dem Betreiben des Zivilverfahrens seinen ursprünglichen Tatplan weiter verfolgte, liegt jeweils ein tateinheitlicher Betrugsversuch vor (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Juli 1998 [X.] 4 StR 274/98, [X.], 110; [X.], Beschluss vom 24. Juli 2001 - 2 Ss 345/01, Justiz 2002, 132). 9 b) Die danach erforderliche Änderung des Schuldspruchs kann der Senat auch unter Berücksichtigung von § 265 [X.] selbst vornehmen, da der Ange-klagte sich gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als gesche-hen hätte verteidigen können. 10 - 7 - c) Die Änderung des [X.] bedingt hier die Aufhe-bung der Einzelstrafen für die Fälle 10 und 11 sowie 13 und 14, da der Schuld-umfang, der den auf der Grundlage des neu gefassten Schuldspruchs festzu-setzenden Einzelstrafen zugrunde zu legen ist, jeweils neu zu bestimmen ist. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier vorliegenden Rechts-fehler dagegen nicht. Der Senat weist darauf hin, dass das Verschlechterungs-verbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 [X.] der Verhängung von sechs Monate Frei-heitsstrafe übersteigenden Einzelstrafen für die beiden Taten des versuchten Betruges wegen der sich ergebenden Erhöhung des [X.] nicht ent-gegensteht ([X.], Urteil vom 24. März 1999 [X.] 3 [X.], [X.], 218; [X.], [X.], 6. Aufl., § 358 Rn. 30). Es ist lediglich geboten, dass jeweils die Summe der beiden bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten wird (vgl. [X.], Beschluss vom 4. März 2008 [X.] 5 StR 594/07, [X.], 168). 11 3. Schließlich tragen die Feststellungen auch die Verurteilung wegen ver-suchten Betruges in den [X.] und 18 der Urteilsgründe nicht. Das [X.] hat [X.] offenbar in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes [X.] angenommen, dass eine Schadensregulierung durch die Versicherung nicht erfolgt ist, und die Taten deshalb nur als versuchten Betrug gewürdigt. Es hat nicht geprüft, ob der Angeklagte von diesem Versuch jeweils strafbefreiend zurückgetreten ist. [X.] bestand jedoch nach den getroffenen Feststellungen Anlass. Anders als bei der erfolglosen gerichtlichen Geltendmachung in den [X.] und 13/14 und bei der endgültigen Ablehnung der Zahlung durch die Versicherung im Fall 16 liegt ein Fehlschlag des Versuchs, der die Möglichkeit eines Rücktritts [X.] (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 19. Mai 2010 [X.] 2 StR 278/09, [X.], 690 m.w.N.), in diesen Fällen nicht auf der Hand. Das [X.] hätte sich deshalb damit auseinandersetzen müssen, ob es dem Angeklagten nach 12 - 8 - seiner Vorstellung noch möglich war, eine Schadensregulierung zu erreichen, er aber von sich aus von der weiteren Verfolgung seines Ziels Abstand genommen hat. 4. Als Folge der Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen entfällt auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe. 13 [X.] [X.] [X.][X.] Mutzbauer

Meta

4 StR 22/11

12.04.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2011, Az. 4 StR 22/11 (REWIS RS 2011, 7692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7692

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