Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2016, Az. 3 StR 486/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16367

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:110216B3STR486.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 486/15
vom
11. Februar 2016
in der Strafsache
gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Beschwerde-führers
und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 11.
Februar 2016 gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24.
August 2015 im Ausspruch über den [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, Besitzes von [X.] in nicht geringer Menge, Abgabe von Betäubungsmitteln in 142 Fällen, Erwerbs von Betäubungsmitteln in neun Fällen sowie wegen Besitzes von [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs [X.] verurteilt, sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen und gegen ihn den Verfall von [X.]
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schwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts ge-stützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel er-sichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs.
2 StPO.
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuld-
und Strafausspruch, zur Einziehungsentscheidung sowie zur Anordnung des (einfachen) [X.] keinen Rechtsfehler zu [X.] des Angeklagten ergeben. Der Ausspruch über die Anordnung des erwei-terten [X.] kann hingegen keinen Bestand haben.
1. Nach den insoweit maßgeblichen Feststellungen des [X.]s er-hielt der Angeklagte im Zeitraum von Anfang des Jahres 2011 bis zum [X.] Bargeld in Höhe von 360.000

jeweils einen Koffer mit Geld ausgehändigt hatte, in mindestens zehn Tranchen aus [X.] abholte. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er habe etwa Hafen in [X.] heimlich Kohle von Schiffen abgeladen und anderweitig verkauft worden sei; weitere Bargeldeinzahlungen auf seinen Konten in Höhe m-mer hat offen gelassen, ob das Bargeld tatsächlich aus den "[X.]n" stamme oder aus weiteren, über die Anklagevorwürfe hinausgehenden [X.]n; jedenfalls rühre es -
wie auch der Angeklagte einge-räumt habe -
aus rechtswidrigen Taten her. Dafür spreche neben den finanziel-len Verhältnissen des Angeklagten die Art und Weise des Transports, "die kei-nen legalen Schluss" zulasse. Die den Geldwerten zugrunde liegenden Strafta-ten seien nicht näher konkretisierbar, so dass ein gesondertes Strafverfahren insoweit ausscheide.
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2. Diese Feststellungen und rechtlichen Ausführungen tragen die Anord-nung des erweiterten [X.] in Höhe von 36

Zwar ist das [X.] im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegan-gen, dass sich der Angeklagte in den fünf Fällen des Handeltreibens mit [X.] in nicht geringer Menge sowie durch den Besitz von Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge (strafbar gemäß §
29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) jeweils wegen Anlasstaten strafbar
gemacht hat, die gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB die Anordnung des erweiterten Verfalls zulas-sen. Die Voraussetzungen der Anordnung sind nach der
gesetzlichen Regelung erfüllt, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, dass diese [X.] für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind (§ 73d Abs. 1 Satz 1 StGB). Für diese Annahme reicht allerdings nach ständiger Rechtspre-chung des
[X.] auch eine "ganz hohe Wahrscheinlichkeit" der deliktischen Herkunft nicht aus, vielmehr ist für die Anordnung des erweiterten Verfalls erforderlich, dass das Tatgericht aufgrund erschöpfender Beweiserhe-bung und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, der Angeklagte habe die von der Anordnung erfassten Gegenstände aus rechtswid-rigen Taten erlangt, ohne dass diese selbst im Einzelnen festgestellt werden müssten ([X.], Beschluss vom 22. November 1994 -
4
StR 516/94, [X.]St 40, 371, 372 f.; Urteil vom 7.
Juli 2011 -
3 [X.], [X.]R StGB § 73d Anwen-dungsbereich 3 mwN). Die Vorschrift des §
73d StGB ist zudem gegenüber §
73 StGB subsidiär ([X.], Beschluss vom 7. Januar 2003 -
3 [X.], [X.], 422,
423; Urteil vom 11. Dezember 2008 -
4 [X.], [X.]R StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschluss vom 20. April 2010 -
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StR 119/10, [X.], 255; LK/[X.], StGB, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Eine Anwendung kommt erst in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des 4
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§
73 StGB erfüllt sind ([X.] aaO). Dies hindert es, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte
aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines ge-sonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen des
vorrangig anwendbaren § 73 StGB zu prüfen sind ([X.], Beschluss vom 8.
August 2013 -
3 [X.], [X.], 82, 83).
Diese Maßgaben hat die [X.] in mehrfacher Hinsicht nicht [X.]:
Zunächst entbehrt die Überzeugungsbildung hinsichtlich der
deliktischen e-weisgrundlage: Soweit das [X.] darauf abstellt, der Angeklagte habe eingeräumt, das Geld aus rechtswidrigen Taten -
es bewertet die "[X.]" ohne nähere Begründung als in Mittäterschaft begangene [X.] -
erlangt zu haben, verkennt es, dass der Angeklagte insoweit lediglich -
sofern sie überhaupt getätigt wurden, was die [X.] gerade offen gelassen hat -
zu höheren Erlösen geführt hätten, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.
Die vom [X.] aufgezeigte Alternative, das Geld könne aus weite-ren Betäubungsmitteldelikten stammen, ist ebenfalls nicht belegt. Zwar müssen [X.] im Sinne von § 73d Abs.
1 Satz
1 StGB nicht im Einzelnen fest-gestellt werden; die vorliegend gegebene bloße Behauptung der Möglichkeit solcher Taten reicht hier indes auch deshalb nicht hin, weil die [X.] die Herkunft des Geldes aus [X.] gerade als Indiz dafür gewertet hat, dass es nicht aus den verfahrensgegenständlichen Betäubungsmitteldelikten stamme. 6
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Dann aber entbehrt die nicht näher begründete Annahme, der Angeklagte habe gleichwohl [X.] in [X.] oder mit Beteiligung [X.] (Mit-)Täter getätigt, die in anderthalb Jahren zu solch hohen Erlösen geführt hätten, einer nachvollziehbaren Begründung. Dies genügt den aufgezeigten Anforderungen, die an die Darlegung der tatrichterlichen Überzeugungsbildung zu stellen sind, nicht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29.
August 2002 -
3 [X.], [X.], 366, 367; vom 28.
Juli 2004 -
2 [X.], [X.], 347).
Soweit die [X.] auf die deliktische Herkunft des Geldes aus der Art und Weise des Transports geschlossen hat, lässt die Wendung, diese lasse "keinen legalen Schluss" zu, besorgen, dass das [X.] mögliche, nicht fernliegende andere Erklärungen für den festgestellten Bargeldtransport nicht in den Blick genommen hat: Zwar deutet der festgestellte konspirative Transport von Bargeld in Koffern auf eine beabsichtigte Verschleierung hin. Daraus lässt sich jedoch nicht der alleinige Schluss auf eine deliktische Herkunft des Geldes ziehen; eine ebenso naheliegende Erklärung kann insbesondere bei Geldtrans-porten über Landesgrenzen hinweg etwa der Versuch sein, (legale) Einkünfte ihrer Besteuerung zu entziehen.
[X.] rechtlich bedenklich ist zudem, dass die [X.] entgegen §
73d Abs.
4, §
73c Abs.
1 StGB weder geprüft hat, ob der Wert des [X.] noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden war (§
73c Abs. 1 Satz
2 StGB), noch, ob die Anordnung des (erweiterten) Verfalls in der genann-ten Höhe -
insbesondere mit Blick auf eine Resozialisierung des Angeklagten -
eine unbillige Härte für ihn darstellen kann (§
73c Abs.
1 Satz
1 StGB). Dazu hätte insbesondere Anlass bestanden, weil das [X.] bei der Anordnung des Verfalls des aus den abgeurteilten Straftaten [X.] den Betrag unter 9
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ausdrücklicher Bezugnahme auf §
73c Abs.
1 Satz

e-grenzt hat.
Da bereits die aufgezeigten Rechtsfehler zur Aufhebung des Ausspruchs über den erweiterten Wertersatzverfall führen, kommt es
nicht mehr darauf an, dass auch die Annahme des [X.]s, die [X.] ließen sich nicht näher konkretisieren, insbesondere mit Blick auf die "[X.]" denkbar knapp begründet ist. Insoweit lassen die Urteilsgründe auch nicht erkennen, ob
die [X.] die über §
73d Abs.
1 Satz
3 StGB anwendbare Regelung des §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB betreffend den Vorrang von Ersatzansprüchen der Verletzten in den Blick genommen hat.
Nach alledem bedarf die Entscheidung über die Anordnung des erweiter-ten [X.] umfassend neuer Prüfung und Entscheidung.
[X.] [X.]Mayer

Gericke Tiemann
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Meta

3 StR 486/15

11.02.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2016, Az. 3 StR 486/15 (REWIS RS 2016, 16367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16367

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