Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2010, Az. VIII ZB 16/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 2523

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.] vom 12. Oktober 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] Nr. 3200 i.V.m. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 Eine Terminsgebühr nach Nr. 3200 in Verbindung mit Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 [X.] [X.] für die Vertretung in einem Gerichtstermin entsteht nur, wenn der Termin auch stattfindet. Dies setzt voraus, dass das Gericht, sofern der Termin nicht förmlich aufgerufen wird, zumindest konkludent mit dem Termin "begonnen" hat. [X.], Beschluss vom 12. Oktober 2010 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 12. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen [X.] und [X.], den Rich-ter Dr. Schneider und die Richterin [X.] beschlossen: Auf die Rechtsmittel der Kläger werden der Beschluss der 13. Zivilkammer des [X.] vom 10. Februar 2010 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] vom 26. März 2009 abgeändert. Die von den Klägern als Gesamtschuldnern an den Beklagten nach dem Beschluss des [X.] vom 27. November 2008 für das Berufungsverfahren zu erstattenden Kosten werden auf 1.177,62 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Dezember 2008 festgesetzt. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. [X.]: 865,37 • - 3 - Gründe: [X.] 1 Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte für die auf den 27. November 2008, 9.20 Uhr, angesetzte, jedoch nicht durchgeführte Beru-fungsverhandlung die beantragte Terminsgebühr in Höhe von 727,20 • [X.] kann. Die Kläger haben den Beklagten aus einer nachträglichen Neuberech-nung der Miete für das von ihm gemietete Wohnhaus auf Zahlung von 17.899,24 • nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die [X.] abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. 2 Mit Schriftsatz vom 26. November 2008 haben die Kläger die [X.] erklärt. Dieser Schriftsatz ist als Telefax bei dem [X.] ausweislich der Sendekennung am 27. November 2008 um 9.13 Uhr eingegangen. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat den Vorsitzenden der Zivilkammer kurz vor dem Termin telefonisch von der [X.]. Der Vorsitzende hat sodann den Termin vom 27. November 2008 aufgehoben. Aus einer dienstlichen Stellungnahme des [X.] ergibt sich, dass das Verfahren im Aushang vor dem Gerichtssaal nicht abge-setzt worden war, der Termin jedoch nicht aufgerufen, sondern der - sich selbst vertretende - Beklagte über die zwischenzeitlich eingegangene Berufungsrück-nahme informiert worden ist. 3 Der Beklagte hat für das Berufungsverfahren die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr beantragt und dazu vorgetragen, er sei erst im Termin von der Berufungsrücknahme informiert worden; von einem am 26. November 2008 um 19.24 Uhr in seinem Büro eingegangenen Fax der Klägervertreterin mit der [X.] - 4 - teilung der Berufungsrücknahme habe er erst am Folgetag nach Rückkehr von dem Gerichtstermin Kenntnis erlangt. 5 Das Amtsgericht hat die beantragte Terminsgebühr gegen die Kläger festgesetzt. Die sofortige Beschwerde der Kläger hatte keinen Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wenden sich die Klä-ger weiterhin gegen die Festsetzung der Terminsgebühr. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist auch begrün-det. Das Beschwerdegericht hat - wie zuvor schon die Rechtspflegerin - zu Un-recht die vom Beklagten beantragte Terminsgebühr gegen die Kläger festge-setzt. Eine Terminsgebühr ist in der Berufungsinstanz nicht entstanden. Dies führt zur Herabsetzung der gegen die Kläger festzusetzenden Kosten um 727,20 • nebst Mehrwertsteuer. 6 1. Das Beschwerdegericht hat die Erstattungsfähigkeit der Terminsge-bühr nach Nr. 3202 in Verbindung mit Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 [X.] [X.] mit der Begründung bejaht, der Beklagte habe, wie er anwaltlich versichert ha-be, bis zur [X.] keine Kenntnis von der Berufungsrücknahme gehabt. Ob eine Terminsgebühr auch dann entstehe, wenn der Beklagtenvertreter zur [X.] verhandlungsbereit erschienen sei, das Gericht die Sache aber wie hier wegen der zwischenzeitlich eingegangenen Berufungsrücknahme nicht mehr aufrufe, sei streitig. Um insoweit Zufälligkeiten zu vermeiden, sei nicht auf den Aufruf der Sache, sondern auf Zurechnungskriterien abzustellen. [X.] sei es den Klägern zuzurechnen, dass der Beklagte zur [X.] 7 - 5 - erschienen sei. Bei der Berufungsrücknahme per Fax am Vorabend des [X.] gegen 19.24 Uhr habe die Prozessbevollmächtigte der Kläger unter Zugrundelegung üblicher Zeiten nicht mehr davon ausgehen können, dass der Beklagte rechtzeitig informiert werde. Gleiches gelte für ihre Anrufe am [X.] bei Gericht. 8 2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. a) Die Terminsgebühr in Zivilverfahren entsteht nach Teil 3 Vorbemer-kung 3 Abs. 3 [X.] [X.] für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gericht-lich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechun-gen auch ohne Beteiligung des Gerichts (außer für Besprechungen mit dem Auftraggeber). Was unter einem Termin im Sinne des [X.] zu verstehen ist, regelt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht. 9 Da das Gesetz die Vertretung "in" einem der aufgeführten gerichtlichen Termine voraussetzt, legt der Wortlaut nahe, dass dieser Termin auch stattfin-den muss. Ob ein Termin stattfindet, entscheidet das Gericht. Ein Gerichtster-min beginnt gemäß § 220 Abs. 1 ZPO mit dem Aufruf der Sache durch das [X.]. Dabei reicht es aus, wenn der Termin nicht förmlich aufgerufen wird, son-dern das Gericht konkludent mit dem Termin beginnt ([X.]/Müller-Rabe, [X.], 19. Aufl., [X.] Vorb. 3 Rn. 47, 49, 51). Hieran mangelt es indes im vorliegenden Fall. Nach der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden [X.] ist ein Aufruf der Sache nicht erfolgt. Ausweislich einer Aktennotiz des [X.] vom 15. Juni 2009 ([X.]) ist der Termin auch nicht "begon-nen" worden. Eine Terminsgebühr konnte daher nicht entstehen. 10 - 6 - b) An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, dass - wie hier - der gegnerische Anwalt in Unkenntnis der Berufungsrücknahme und der [X.]aufhebung zu der vorgesehenen [X.] erscheint. Eine entspre-chende Anwendung von Teil 4 Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] [X.] scheidet aus [X.] in [X.]/Jungbauer, [X.], 3. Aufl., Nr. 3104 [X.] Rn. 35 ff.). Nach dieser Vorschrift erhält der Rechtsanwalt in Strafsachen die Terminsgebühr auch dann, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet, es sei denn, er ist rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden. Da die vorgenannte Regelung in Vorbemerkung 4 jedoch nur für die Festsetzung der Terminsgebühr in Strafsachen gilt, eine sol-che Regelung in der für Zivilverfahren geltenden Vorbemerkung 3 Abs. 3 [X.] [X.] hingegen fehlt und sich aus den Gesetzesmaterialien zu den Gründen dieser Differenzierung nichts herleiten lässt (BT-Drucks. 15/1971, [X.], 221), ist davon auszugehen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, diese spezialgesetzliche Regelung nur in Strafsachen anzuwenden (so auch Ge-rold/[X.]/Müller-Rabe, aaO Rn. 51 mwN). 11 c) Für Zurechnungskriterien, wie sie das Beschwerdegericht hier zu Las-ten der Kläger heranzieht, ist insoweit kein Raum. Sie sind - anders als in Straf-sachen - im Zivilverfahren gesetzlich nicht vorgesehen. Sie verbieten sich auch unter dem Gesichtspunkt, dass die anwaltlichen Gebühren nach dem [X.] Pauschgebühren sind (vgl. § 15 Abs. 1 [X.]), mit denen verschiedene Tätigkeiten zu einem Gebührentatbestand [X.] und damit pauschal abgegolten werden. Sofern der Anwalt keine der nach dem pauschalen Gebührentatbestand vorgesehenen Tätigkeiten vorgenommen hat, kann die Gebühr auch nicht entstehen. 12 - 7 - 3. Da der Beklagtenvertreter weder an einem Termin teilgenommen hat noch - was unstreitig ist - an einer außergerichtlichen Erledigungsbesprechung mitgewirkt hat, ist die Terminsgebühr gemäß Nr. 3200 [X.] [X.] hier nicht ent-standen. Sie ist vom Beschwerdegericht zu Unrecht in Höhe von 727,20 • zu-züglich Mehrwertsteuer, insgesamt 865,37 • angesetzt worden. Um diesen Be-trag sind die im Übrigen unbestrittenen festgesetzten Kosten von 2.042,99 • somit zu ermäßigen. 13 II[X.] Der Beschluss des [X.] ist daher aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO). Da es keiner weiteren Feststellungen bedarf, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Auf die sofortige Beschwerde der Kläger ist der angefochtene Kostenfestsetzungs- 14 - 8 - beschluss unter Zurückweisung des weitergehenden [X.] wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern. [X.] [X.] [X.] Dr. Schneider Richterin [X.] ist erkrankt und daher ge-
hindert zu unterschreiben.

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 415 C 35737/07 - [X.], Entscheidung vom 10.02.2010 - 13 T 19710/09 -

Meta

VIII ZB 16/10

12.10.2010

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2010, Az. VIII ZB 16/10 (REWIS RS 2010, 2523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2523

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VIII ZB 16/10

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