Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2008, Az. 5 StR 431/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4472

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Nachschlagewerk: ja [X.]St : ja [X.] : ja StGB § 66b Zur Anwendbarkeit der Vorschrift des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB. [X.], Beschluss vom 15. April 2008 [X.] 5 StR 431/07 [X.] (Oder) [X.]

5 StR 431/07 [X.] vom 15. April 2008 in der Strafsache gegen wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der [X.] wahrung
- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 15. April 2008 beschlos-sen: Die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des [X.] (Oder) vom 10. Mai 2007 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. G r ü n d e
1 Das [X.] hat die nachträgliche Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB angeordnet. Der Verurteilte hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt, mit der er die [X.] materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Der Verurteilte wurde am 3. Juni 1993 durch das Bezirksgericht [X.] (Oder) wegen Mordes und wegen Totschlags zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Das Urteil wurde am 15. Dezember 1993 rechtskräftig. 2 a) Dieser Verurteilung lag folgendes Geschehen zugrunde: 3 Am Abend des 29. April 1992 fuhr der Verurteilte zum Haus der [X.]

[X.], um mit ihr [X.] die ihn zuvor abgewiesen hatte [X.] gegebenenfalls auch gegen ihren Willen geschlechtlich zu verkehren. Er hatte sich diesen Zeitpunkt ausgewählt, weil er wusste, dass ihr Ehemann nicht anwesend sein würde. Er brach in das in einem [X.] Ort gelegene Haus von Frau [X.]

ein, indem er sich über ein eingeschlage-4 - 3 - nes Fenster Zugang verschaffte. Frau [X.]

, die durch die Geräusche auf den Einbrecher aufmerksam geworden war, bat ihn, zu gehen. Der [X.], auf den eine Blutalkoholkonzentration von maximal 1,7 Promille einwirkte, versetzte ihr daraufhin Faustschläge in das Gesicht, ergriff ein Messer und trieb sie damit vor sich her. Spätestens nachdem er ihr mehrere Stichverlet-zungen an den Armen beigebracht hatte, entschloss er sich, Frau [X.] zu töten. Er stach mit einem zur Spitze hin kegelförmig zulaufenden Werkzeug mehrmals wuchtig auf ihren Rumpf ein, wodurch Herzbeutel und [X.] eröffnet sowie ein Lungenlappen durchtrennt wurden. Sodann schlug er elf-mal heftig mit einem Beil oder [X.] auf den Kopf seines Opfers ein, was zur vollständigen Zertrümmerung von Hirn- und [X.] führte. [X.] Verletzungen führten innerhalb weniger Minuten zum Tod von Frau [X.]

. Zwischenzeitlich war ihr durch Geräusche aufgewachter dreijähriger [X.] hinzugekommen. Der Verurteilte entschloss sich, auch ihn zu töten, um ihn als Tatzeugen auszuschalten. Mit einem kantigen Gegenstand schlug er zehnmal auf Gesicht, Brust und Arme des Kindes ein, welches hierdurch töd-liche Verletzungen erlitt. Anschließend verstümmelte der Verurteilte die Leiche der getöteten Frau. Er brachte ihr Schnittverletzungen an den [X.], am [X.] und an den Brustwarzen bei. Sodann trennte er einen Teil der Brust und der Schamlippen ab und eröffnete den kompletten Unterbauch. Mit [X.] trieb er je ein Stuhlbein in [X.] und [X.] ein, eines der [X.] drang bis zum Herzbeutel vor. Außerdem legte er einen Tauchsieder und einen Toaster zwischen die Beine seines Opfers. Um seine Spuren zu verwischen, besorgte sich der Verurteilte Dieselkraftstoff als Brandbeschleu-niger, übergoss seine Opfer und Teile der Inneneinrichtung damit und ent-zündete den [X.]stoff. Dabei stand er außen vor dem Badezimmerfenster, um sich selbst nicht zu gefährden. Er verließ den [X.] unverzüglich. Das Feuer brannte nicht aus [X.] weiter, sondern erlosch alsbald wieder. 5 - 4 - b) Das Bezirksgericht hat die Tat zu Lasten
[X.]s als [X.] und die Tötung des Kindes als [X.] gewürdigt. Es konn-te angesichts des [X.] nicht ausschließen, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgrund eines Affekts erheblich vermindert war und hat [X.] unter Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB für den Totschlag eine Einzelfreiheitsstrafe von zehn Jahren, für den Mord eine sol-che von zwölf Jahren verhängt. Die Verhängung von Sicherungsverwahrung ist damals nicht erwogen worden, ebenso wenig im Übrigen eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nach § 21 StGB wegen eines stabilen [X.] Defekts mit der Folgemöglichkeit der Unterbringung nach § 63 StGB. 6 7 Tatsächlich konnte zum Zeitpunkt der Verurteilung die [X.]wahrung nicht angeordnet werden, denn die Vorschrift des § 66 StGB war auf im Beitrittsgebiet begangene Taten zunächst nicht anwendbar (Art. 1a Abs. 1 [X.], eingefügt durch Anlage 1 Kapitel III Sachgebiet C Ab-schnitt II Nr. 1a des [X.], [X.]). Die Vorschrift des § 66 Abs. 3 StGB war noch nicht in [X.] getreten. Die Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verbüßte der Verurteilte [X.]. Seit dem 28. April 2007 befindet er sich aufgrund des Beschlusses des [X.]s [X.] (Oder) vom 10. April 2007 im Vollzug der einst-weiligen Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 StPO. 8 2. Das [X.] hat nun, nach Verbüßung der Freiheitsstrafe, fest-gestellt, dass der Verurteilte gefährlich sei, da er einen in seiner gestörten Persönlichkeitsstruktur wurzelnden Hang zur Begehung schwerwiegender Taten habe. Diese erhebliche Gefährlichkeit habe sich nicht nur durch die begangenen Tötungsdelikte, sondern auch durch ernstzunehmende Todes-drohungen des Verurteilten gegen Polizei- und Justizbeamte während des Strafvollzugs offenbart. Die von dem Verurteilten ausgehende Gefahr sei zwar schon in dem 1993 geführten Verfahren erkennbar gewesen; damals - 5 - aber sei die Anordnung der Sicherungsverwahrung wegen der entgegenste-henden Regelung im [X.] nicht möglich gewesen. 3. Die [X.] gemäß § 66b Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 StGB hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. 9 a) Das [X.] hat die formellen Voraussetzungen des § 66b Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB zu Recht bejaht. Denn der Verurteilte ist wegen Mordes und Totschlags und damit wegen Katalogtaten im Sinne des § 66b Abs. 1 Satz 1 StGB verurteilt worden. Da für beide Katalogtaten jeweils zwei Jahre übersteigende [X.] und eine Gesamtfrei-heitsstrafe von 15 Jahren verhängt worden sind, liegen auch die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB vor. Dies beurteilt sich nach dem geltenden Gesetzeswortlaut des § 66b Abs. 1 Satz 1 StGB (jedenfalls klarstellend geändert durch Gesetz vom 13. April 2007 mit Wirkung zum 18. April 2007, [X.]) allein nach der zum Zeitpunkt der Entschei-dung über die nachträgliche Sicherungsverwahrung geltenden Rechtslage (vgl. zur früheren Rechtslage [X.] NStZ 2006, 276, 277). 10 b) Rechtsfehlerfrei hat das [X.] einen Hang des Verurteilten zur Begehung schwerer Straftaten sowie seine Gefährlichkeit für die [X.] festgestellt. Diese Gefährlichkeitsprognose hat das [X.] auf eine umfassende Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Verurteilten unter besonderer Berücksichtigung seiner Vorverurteilungen und der Entwicklung während des Strafvollzuges gestützt. Hierzu hat es auf der Grundlage von Gutachten zweier Sachverständiger [X.] deren Ergebnisse sich zudem mit dem während des Vollzugs eingeholten Sachverständigengutachten decken [X.] nachvollziehbar ausgeführt, dass bei dem Verurteilten eine dissoziale Per-sönlichkeitsstörung, ein sexueller Sadismus sowie eine Vielzahl sogenannter psychopathischer Einstellungs- und Verhaltensmuster vorlägen. Der Verur-teilte weise eine seit Jahren tief verwurzelte Neigung auf, seinen Willen nachhaltig zu verfolgen und bedingungslos durchzusetzen, durch Empathie-11 - 6 - empfinden werde er dabei nicht gehemmt. Dies begründe einen Hang zu gravierenden Taten gegen die körperliche Unversehrtheit und zu sadistisch motivierten Tötungsdelikten. Im Zusammenhang mit seinem hohen Krän-kungspotential und der destruktiven sadistischen Veranlagung, die sich in den [X.] zeigten, sich aber auch in vorhergehenden Tierquälereien als Vorstufe des Auslebens sadistischer Phantasien angedeutet hätten, ber-ge die Persönlichkeitsstruktur des Verurteilten ein besonders hohes Rückfall-risiko, es bestehe die hohe Wahrscheinlichkeit von erneuten schweren sadis-tischen Gewalthandlungen. Die Gefährlichkeit des Verurteilten manifestiere sich zudem in ernstzunehmenden Todesdrohungen gegenüber den bei der [X.] ermittelnden Polizeibeamten, von denen sich das [X.] auf-grund einer sorgfältigen und revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Be-weiswürdigung überzeugt hat. 12 Neben dieser ausführlichen und schlüssigen Begründung der Gefähr-lichkeit anhand individueller Kriterien hat das [X.] die Darlegung sta-tistischer Rückfallrisiken ersichtlich nur ergänzend herangezogen (vgl. hierzu [X.]St 50, 121, 130 f.). c) Auch die übrigen Anordnungsvoraussetzungen des § 66b Abs. 1 StGB liegen vor. Allerdings hat das [X.] nicht die für die [X.] Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB erforderlichen neuen Tatsachen angenommen, die erst nach der [X.] entstanden sind oder vom [X.] des [X.] nicht erkannt werden konnten und auf eine erhebliche Gefährlichkeit hinweisen ([X.]St 50, 180, 188; 50, 275, 278; 50, 373, 378; [X.] NStZ-RR 2007, 370, 371). Stattdessen hat es sich auf die am 18. April 2007 in [X.] getretene Vorschrift des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB gestützt, wonach materieller Anlass für die nachträgliche Anordnung der Maßregel auch sein kann, dass zum Zeitpunkt der Verurteilung die vom Verurteilten ausgehende Gefahr schon erkennbar gewesen ist, aus rechtlichen Gründen aber keine 13 - 7 - Sicherungsverwahrung angeordnet werden konnte. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. [X.]) Die sachlichen Voraussetzungen des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB hat das [X.] zu Recht angenommen. Gegen den Verurteilten konnte aus rechtlichen Gründen bei der Verurteilung vom 15. Juni 1993 keine Siche-rungsverwahrung angeordnet werden. Die Vorschrift des § 66 StGB war [X.] auf im Beitrittsgebiet begangene Taten [X.] wie hier [X.] nicht anwendbar (Art. 1a Abs. 1 [X.], eingefügt durch Anlage 1 Kapitel III Sachge-biet C Abschnitt II Nr. 1a des [X.], [X.]). [X.] waren weder die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 noch die des Abs. 2 StGB erfüllt. Erst die mit Wirkung zum 31. Januar 1998 eingeführ-te Regelung des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB (eingefügt durch [X.] vom 26. Januar 1998, [X.]) schuf die Möglichkeit der Anordnung der Maßregel bei der Begehung von zwei [X.] auch ohne Vorverurteilungen. 14 15 [X.]) Da es für die Entscheidung über die Anordnung der Sicherungs-verwahrung auf die Gültigkeit der genannten Vorschrift des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB (Gesetz vom 13. April 2007, [X.]) ankommt, hat der Senat die Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG geprüft. Er hält die Vor-schrift des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB [X.] trotz beachtlicher entgegenstehender Argumente [X.] letztlich nicht für verfassungswidrig (zum Prüfungsmaßstab vgl. [X.] 80, 59, 65; 85, 329, 333; anders Art. 100 Abs. 2 GG, wonach Zwei-fel genügen). Über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung wird das [X.] gegebenenfalls auf eine Verfassungsbe-schwerde des Verurteilten abschließend zu entscheiden haben. (1) Die Norm verstößt nicht gegen das Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 Abs. 3 GG, da dieses Prozessgrundrecht für die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, zu denen die Sicherungsverwah-rung zählt, nicht gilt. 16 - 8 - Das [X.] hat für den Anwendungsbereich des absoluten [X.] aus Art. 103 Abs. 2 GG bereits entschieden, dass dieser nur die repressive, schuldabhängige Strafe erfasst, die der [X.] zukünftiger Straftaten, also dem Schutz der Allgemeinheit [X.] Maßregel der Sicherungsverwahrung [X.] und zwar ungeachtet ihrer [X.] strafähnlichen Ausgestaltung [X.] hingegen nicht, da für diese nicht die Schuld, sondern die Gefährlichkeit bestimmend sei (vgl. [X.] 109, 133; [X.] [X.] Kammer [X.] NJW 2006, 3483, 3484). Der so begründete Ausschluss der Maßregeln der Besserung und Sicherung ist auf das Doppelbestrafungs-verbot des Art. 103 Abs. 3 GG zu übertragen ([X.] in Schmidt-Bleibtreu/[X.], Kommentar zum Grundgesetz 11. Aufl. 2008 Art. 103 Rdn. 42; [X.] in [X.], Grundgesetz 4. Aufl. 2007 Art. 103 Rdn. 85). Hierfür spricht bereits die übereinstimmende Verwendung des Begriffs —be-straft werdenfi in Art. 103 Abs. 2 und Abs. 3 GG (hierauf abstellend auch De-genhardt [X.]O; [X.] NStZ 2005, 307, 308), was nur auf die Strafe als vergel-tende Sanktion bezogen ist (vgl. [X.] 55, 28, 30 für die [X.]; aA, aber nicht tragend [X.], Beschluss vom 19. Oktober 2007 [X.] 3 StR 378/07 [X.] ohne nähere Begründung). Auch aus dem Gewährleis-tungsgehalt des Doppelbestrafungsverbots, der aus der Norm heraus und aus dem Gesamtzusammenhang der Verfassung zu bestimmen ist (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Grundgesetz Art. 103 Rdn. 265), folgt kein weiter gefasster Schutzbereich, als dies für Art. 103 Abs. 2 GG gelten soll. Denn beide Prozessgrundrechte sind dem materiellen Freiheitsschutz die-nende, gegen den St[X.]t gerichtete, besondere Abwehrrechte ([X.] in von [X.]/[X.], [X.] 5. Aufl. Art. 103 Rdn. 36). Wenn sich der Schutz vor Rückwirkung somit nach der Rechtsprechung des [X.] nicht auf die Maßregel erstreckt, kann folglich für das [X.] bis in [X.] nichts anderes gelten. 17 (2) Der Senat hält trotz gewisser, namentlich aufgrund der strafähnli-chen Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung bestehender Bedenken den rechtsst[X.]tlich gebotenen Vertrauensschutz in Verbindung mit dem [X.] (Art. 2 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) durch die Vor-schrift des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB [X.] soweit es den hier relevanten Anwen-dungsbereich betrifft [X.] nicht für verletzt. Dass Tatsachen, die aus rechtlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnten, gleich gestellt werden mit sol-chen, die zum Zeitpunkt der [X.] nicht erkennbar waren, [X.] bei der gebotenen Begrenzung auf Extremfälle [X.] ein solcher ist im vorliegenden Fall offensichtlich gegeben [X.] keinen durchgreifenden verfas-sungsrechtlichen Bedenken und ist in gewisser Weise in der Rechtsprechung des [X.]s bereits angelegt ([X.] 109, 190, 236). Es ist in der Rechtsprechung schon grundsätzlich entschieden, dass die in § 66b StGB vorgesehene tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) für den Fall, dass die [X.] vor dem Inkrafttreten dieser Norm begangen worden war, bei enger Begrenzung des [X.] verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist ([X.] 109, 190, 236; [X.] [X.] Kammer [X.] NJW 2006, 3483, 3484; [X.]St 50, 121, 124; 50, 180, 185). Da der Schutzbereich des absoluten [X.] nach Art. 103 Abs. 2 GG nicht eröffnet ist, sind die Belange des Vertrauensschut-zes einer Abwägung gegen die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl zugänglich ([X.] 109, 133, 186; 109, 190, 236; [X.] [X.] Kammer [X.] NJW 2006, 3483, 3484). Der mit der Regelung verfolgte Schutz der Allgemeinheit vor einzelnen besonders gefährlichen Verurteilten (vgl. BT-Drucks 15/2887 [X.], 10) ist ein überragendes [X.], dahinter tritt der Vertrauensschutz und das Freiheitsgrundrecht des [X.] zurück ([X.] [X.]O). 19 Bei der Übertragung dieser vom [X.] vorge-nommenen Wertung auf die Regelung des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB ergibt sich Folgendes: 20 - 10 - Dem Gebot der Rechtssicherheit und dem Schutz des Vertrauens ist bei der Entscheidung über die nachträgliche Anordnung der [X.]wahrung bisher durch die enge Auslegung des Begriffs der neuen Tatsachen (vgl. hierzu [X.] [X.] Kammer [X.] NJW 2006, 3483, 3484 m.w.N.) und durch das Prinzip des Vorrangs der primären Sicherungsverwahrung ([X.]St 50, 373, 380; [X.], Beschluss vom 15. April 2008 [X.] 5 [X.], zur Veröffent-lichung in [X.]St bestimmt) besonders Rechnung getragen worden. [X.] ermöglicht § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB eine so bislang nicht vorgese-hene Neubewertung von Umständen, die zur Zeit der [X.] nicht beachtlich waren (vgl. [X.]St 50, 284, 296). Dies kann bei der Abwä-gung zu einer stärkeren Gewichtung der berührten [X.] führen ([X.] NJW 2007, 1558, 1562). Andererseits erfährt die Schutzwür-digkeit des Vertrauens durch § 2 Abs. 6 StGB, wonach die Entscheidung über Maßregeln von Anfang an unter dem Vorbehalt einer gesetzlichen Än-derung steht, eine Einschränkung (vgl. [X.] 109, 133, 185). Denn [X.] als in den bisherigen Fällen, in denen wegen des Vorrangs der primären Sicherungsverwahrung nicht in die Rechtskraft der ablehnenden Entschei-dung eingegriffen werden durfte ([X.]St 50, 373, 380; [X.], Beschluss vom 15. April 2008 [X.] 5 [X.]), liegt mit § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB eine ge-setzgeberische Ermächtigung hierzu vor. Solange gewährleistet ist, dass die Anwendung auf einige wenige hochgefährliche Verurteilte [X.] wie im [X.] Fall [X.] beschränkt bleibt, liegt nicht auf der Hand, dass der [X.] damit seinen Beurteilungsspielraum für Maßnahmen zur Gewährung der Sicherheit der Allgemeinheit (vgl. [X.] 109, 133, 187) überschritten ha-ben könnte. 21 Der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung steht im konkreten Fall nicht entgegen, dass die maßgeblich die Gefährlichkeitsprog-nose tragende Diagnose einer Persönlichkeitsstörung und eines sexuellen Sadismus, soweit ersichtlich, bei der [X.] keinen Niederschlag 22 - 11 - gefunden hat. Da diese Umstände ohnehin nicht zur Anordnung der Siche-rungsverwahrung hätten führen können, bestand für den damaligen Tatrich-ter kein Anlass zur Bewertung der Gefährlichkeit (vgl. hierzu [X.], StGB 55. Aufl. § 66b Rdn. 23). [X.] [X.] Jäger

Meta

5 StR 431/07

15.04.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2008, Az. 5 StR 431/07 (REWIS RS 2008, 4472)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4472

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