Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.08.2021, Az. 4 B 5/21

4. Senat | REWIS RS 2021, 3592

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Gegenstand

Fiktionsbestätigung in der Sächsischen Bauordnung ist Frage des (irrevisiblen) Landesrechts


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2020 ergangenen Urteil des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 140 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 [X.] - [X.] 2020, 173 Rn. 4).

4

Die [X.]eschwerde wirft sinngemäß die Frage auf,

ob bei Vollständigkeit der im vereinfachten Verfahren nach § 63 [X.] einzureichenden Unterlagen nach der gesetzlichen Intention des § 69 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine "Vollständigkeitsfiktion" mit der Folge eintritt, dass die Frist für die Genehmigungsfiktion nach § 69 Abs. 5 Satz 1 [X.] zu laufen beginnt.

5

Die Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Denn in einem Revisionsverfahren wäre der Senat nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO an die von dem Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Landesrechts gebunden.

6

Dass die [X.]eschwerde eine Regelungslücke geltend macht, ändert hieran nichts. Die [X.]eschwerde beruft sich auf § 162 Abs. 1 [X.]G[X.], wonach eine [X.]edingung als eingetreten gilt, wenn der Eintritt der [X.]edingung von der [X.], zu deren Nachteil er gereichen würde, wider [X.] und Glauben verhindert wird. Das darin zum Ausdruck kommende Gebot, sich so zu verhalten, wie [X.] und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die es auf [X.] des [X.]undes- wie des Landesrechts gibt. Ob im Einzelfall ein Grundsatz des [X.]undesrechts oder Landesrechts einschlägig ist, hängt von der Qualität des Rechts ab, zu dessen Ergänzung der allgemeine Grundsatz herangezogen wird; [X.]undesrecht wird durch [X.]undesrecht, Landesrecht durch Landesrecht ergänzt ([X.]VerwG, Urteil vom 14. April 1978 - 4 C 6.76 - [X.]VerwGE 55, 337 <339> und [X.]eschlüsse vom 29. Oktober 1997 - 8 [X.] 194.97 - [X.]uchholz 406.11 § 127 [X.]auG[X.] Nr. 88 S. 50 sowie vom 19. September 2000 - 4 [X.] 65.00 - [X.]uchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 15). Es ist daher eine Frage des irrevisiblen Landesrechts, ob die Frist für die Fiktion der [X.]augenehmigung nach dem Grundsatz von [X.] und Glauben zu laufen beginnt, wenn die [X.]ehörde trotz vollständiger Unterlagen die den Fristlauf auslösende Vollständigkeitsbescheinigung nicht erteilt.

7

2. Es liegt auch keine Divergenz zu dem [X.]eschluss des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 29. August 2014 - 4 [X.] 1.14 - ([X.]RS 82 Nr. 174 Rn. 8) vor. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts aufgestellten, die Entscheidung des [X.]undesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

8

Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerde nicht gerecht. Sie arbeitet bereits keinen Rechtssatz des angegriffenen Urteils heraus, mit dem das Oberverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts abgewichen sein soll. Die Entscheidungen sind im Übrigen auch nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift ergangen. Der in beiden Entscheidungen angesprochene Grundsatz von [X.] und Glauben wird vielmehr auf verschiedene Rechtsvorschriften angewandt, die zudem dem [X.]undes- bzw. Landesrecht angehören.

9

3. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt für die [X.]ezeichnung eines [X.], dass der Mangel sowohl in den ihn (vermeintlich) begründeten Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Die [X.]eschwerde beruft sich zwar auf einen Verfahrensfehler, lässt aber jede weitere Darlegung vermissen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 5/21

02.08.2021

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 19. November 2020, Az: 1 A 1279/17, Urteil

§ 63 BauO SN 2016, § 69 Abs 2 S 1 BauO SN 2016, § 69 Abs 5 S 1 BauO SN 2016, § 162 Abs 1 BGB, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.08.2021, Az. 4 B 5/21 (REWIS RS 2021, 3592)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3592

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