Bundessozialgericht, Urteil vom 18.02.2016, Az. B 3 P 5/14 R

3. Senat | REWIS RS 2016, 15974

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Soziale Pflegeversicherung - Wohngruppenzuschlag - Familienverbund - Zusammenleben zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung - gemeinschaftliche Beauftragung einer Präsenzkraft und Festlegung ihres konkreten Aufgabenkreises zur Erfüllung dieses Zwecks - Verbot des Vertragsschlusses mit Familien- oder Haushaltsangehörigen - Schutz von Ehe und Familie


Leitsatz

1. Familien, die zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung in einer Wohnung zusammen leben, können Anspruch auf Wohngruppenzuschlag haben.

2. Mit dem grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie ist vereinbar, dass familiäre Wohngruppen nur dann einen Wohngruppenzuschlag als Leistung der Pflegeversicherung erhalten, wenn eine Pflegekraft gemeinschaftliche Aufgaben über die individuelle häusliche Versorgung der Wohngruppenmitglieder hinaus übernimmt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 27. August 2014 und des [X.] vom 17. Januar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines [X.] nach § 38a [X.].

2

Die 1927 geborene, an den Folgen des Alters leidende Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie bezieht Leistungen bei häuslicher Pflege der [X.] als Kombinationsleistung (§ 38 [X.]). Zusammen mit ihrem 1931 geborenen Ehemann, zwei Söhnen, einer Schwiegertochter und drei erwachsenen Enkeln lebt sie auf einem landwirtschaftlichen Hof. Der Ehemann der Klägerin - der Beigeladene zu 1. - und ein [X.] der Klägerin - der Beigeladene zu 2. - beziehen ebenfalls Leistungen bei häuslicher Pflege als Kombinationsleistung; der Ehemann von der Beklagten nach der [X.] und der an einer Behinderung leidende [X.] von der Beigeladenen zu 3. nach der [X.]I. Die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. und 2. bewohnen einen im Hofgebäude abgetrennten Wohnbereich mit separaten Schlafzimmern, Bad, Wohn- und Essraum. Die im Haus befindliche Küche wird von allen Bewohnern gemeinschaftlich genutzt. Die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. und 2. werden durch einen ambulanten Pflegedienst und die im Haus lebende Schwiegertochter betreut.

3

Der im Januar 2013 gestellte Antrag der Klägerin auf Bewilligung des [X.] nach § 38a [X.] blieb erfolglos (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid vom [X.]). Das Zusammenleben innerhalb eines Familienverbundes verfolge nicht den Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung innerhalb einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung.

4

Das [X.] hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] verurteilt, der Klägerin für die [X.] ab 1.1.2013 einen [X.] in Höhe von 200 Euro monatlich zu zahlen (Urteil vom 17.1.2014). Bei verfassungskonformer Auslegung (Art 6 Abs 1, Art 3 Abs 1 GG) sei § 38a [X.] auch auf das Zusammenleben in einem Familienverbund anzuwenden. Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Das familiäre Leben stehe dem [X.] der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung iS des § 38a [X.] jedenfalls dann nicht entgegen, wenn es sich - wie hier - um erwachsene Pflegebedürftige in einer Großfamilie handele. In einer familiären Wohngruppe lasse sich die gemeinschaftlich organisierte Pflege in häuslicher Umgebung leichter durchführen als in fremder Umgebung. Dadurch könne die Inanspruchnahme von stationärer Pflege vermieden werden. Die Einbeziehung von familiären Wohngruppen in § 38a [X.] entspreche dem Gesetzeszweck. Dass neben der pflegerischen Versorgung auch andere Gesichtspunkte - wie etwa besondere Beziehungen zu den Mitbewohnern, Freundschaften, gemeinsame Interessen oder die Förderung des familiären Zusammenhalts - für das gemeinsame Wohnen maßgeblich seien, stehe dem Anspruch nicht entgegen. § 38a [X.] enthalte keinen gesetzlichen Leistungssauschluss bei familiärer Pflege. Weder die familiäre Verbundenheit noch Unterstützungspflichten untereinander seien geeignet, den [X.] zu versagen. Die nicht konkret nachzuweisenden Aufwendungen, die für die Organisation von Wohngruppen anfielen, entstünden unabhängig von der Art der Zusammensetzung der Wohngruppe. Dies trage einem ohne Formalitäten und bürokratischen Aufwand zu verwirklichenden Leistungsanspruch Rechnung.

5

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision. Sie rügt die Verletzung des § 38a [X.] und verweist zur Begründung auf das "Gemeinsame Rundschreiben des [X.] und der Verbände der Pflegekassen auf Bundesebene zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des [X.] vom 17.4.2013" (im Folgenden: "Gemeinsames Rundschreiben", abrufbar unter [X.]), wonach das Zusammenleben innerhalb eines Familienverbundes nicht den Zweck der gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung in einer gemeinsamen Wohnung verfolge (Nummer 2.2 Gemeinsames Rundschreiben zu § 38a [X.], Fassungen vom [X.] und vom 19.12.2014 ). Der Vorschrift des § 38a [X.] liege das besondere Konzept der sogenannten "neuen Wohnformen" zugrunde. Sprachlich zum Ausdruck komme dies in dem Begriff der "Wohngruppe". Hierunter falle nicht das traditionelle Wohnen in einer aus mehreren Generationen bestehenden Familie. Vielmehr bezwecke die Regelung die Förderung neuer Wohnkonzepte für Pflegebedürftige als Alternative sowohl zur stationären Pflege als auch zur Pflege in der Familie ("Modellvorhaben"). Die bloße Aufrechterhaltung der jeweiligen Lebensgestaltung nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit - wie das Zusammenleben von mehreren Personen in einem Familienverbund in einem ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäude - sei daher nicht geeignet, die nach der gesetzlichen Regelung erforderliche Zweckbestimmung einer gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zu begründen. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht liege hierin nicht.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 27. August 2014 und das Urteil des [X.] vom 17. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt die vorinstanzlichen Urteile. Das von der Beklagten erwähnte Gemeinsame Rundschreiben schränke in rechtswidriger Weise den Gesetzeswortlaut von § 38a [X.] ein. Danach seien nämlich keine Wohngruppen ausgeschlossen, die aus Familienmitgliedern bestehen. Auch sie könnten den Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung verfolgen. Dass das gemeinschaftliche Wohnen mit weiteren Zwecken einhergehe, stehe dem [X.] nicht entgegen.

9

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Daher waren die angefochtenen Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

A. Die Klägerin verfolgt ihren im Januar 2013 gestellten Antrag auf Gewährung des [X.] zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage 54 Abs 1 und 4 SGG). Ein Anspruch auf Bewilligung dieser Leistung steht ihr nach § 38a [X.] aber nicht zu. Zwar ist mit dem [X.] davon auszugehen, dass Familienverbünde nach dem Wortlaut sowie einer am Sinn und Zweck orientierten Auslegung der Norm nicht generell von ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind (B.). Jedoch muss auch die aus Familienmitgliedern bestehende Wohngruppe zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zusammenleben. Dieser über die individuelle häusliche Pflege und Betreuung der einzelnen Bewohner der Gruppe hinausgehende Zweck wird nach außen durch die gemeinsame Beauftragung einer Person, der zur Erfüllung dieses Zwecks bestimmte Aufgaben übertragen sind, objektiviert (1. bis 4.). Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht (5.). Aus Verfassungsrecht kann sie keinen weitergehenden Anspruch herleiten (6.).

B. Rechtsgrundlage für den im Januar 2013 gestellten Antrag ist für die [X.] bis zum 31.12.2014 § 38a [X.] idF des Art 1 [X.]3 des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes (PNG vom 23.10.2012, [X.] 2246 - aF) und für die [X.] ab 1.1.2015 § 38a [X.] idF des Art 1 [X.] 8 des [X.] ([X.] vom 17.12.2014, [X.] 2222), geändert durch Art 8 [X.] des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vom 23.12.2014 ([X.] 2462 - nF). Vorliegend ist die aktuelle Gesetzesfassung von § 38a [X.] erst nach Erlass der mit der Revision angefochtenen gerichtlichen Entscheidung in [X.] getreten. Die gültige Gesetzesfassung hat aber im Hinblick auf die hier streitigen Voraussetzungen - über eine Konkretisierung des [X.] hinaus - zu keiner maßgeblichen Rechtsänderung geführt. Auch wenn die [X.] von § 38a [X.] einen unterschiedlichen Wortlaut aufweisen, kann die Klägerin weder nach neuer noch nach alter Rechtslage einen [X.] beanspruchen.

1. Nach § 38a Abs 1 [X.] haben Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 205 Euro monatlich, wenn sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zwecke der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig iS der §§ 14, 15 [X.] sind oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a [X.] bei ihnen festgestellt wurde ([X.]), sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45b [X.] oder § 123 [X.] beziehen ([X.]), eine Person von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das [X.]sleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten ([X.]) und keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs 1 [X.] für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres [X.] Umfeldes sichergestellt werden kann ([X.] 4).

§ 38a Abs 1 [X.] aF bestimmte, dass Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 200 Euro monatlich haben, wenn sie in ambulant betreuten Wohngruppen in einer gemeinsamen Wohnung mit häuslicher pflegerischer Versorgung leben ([X.]), Leistungen nach § 36, § 37 oder § 38 beziehen ([X.]), in der ambulant betreuten Wohngruppe eine Pflegekraft tätig ist, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet ([X.]), und es sich um ein gemeinschaftliches Wohnen von regelmäßig mindestens drei Pflegebedürftigen handelt mit dem Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung, dem die jeweils maßgeblichen heimrechtlichen Vorschriften oder ihre Anforderungen an Leistungserbringer nicht entgegenstehen ([X.] 4). Nach § 38a Abs 2 [X.] aF lag keine ambulante Versorgungsform im Sinne von Absatz 1 vor, wenn die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt ist (Satz 1).

2. Da die Klägerin Leistungen der häusliche Pflege in Form der Kombinationsleistung nach § 38 [X.] bezieht, gehört sie zum anspruchsberechtigten Personenkreis für die Gewährung des [X.] (§ 38a Abs 1 [X.] [X.]). Die weitere Voraussetzung des Zusammenlebens in einer ambulant betreuten Wohngruppe (§ 38a Abs 1 [X.] [X.]) liegt ebenfalls vor. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt kein sachlicher Grund vor, Familienverbünde vom Anwendungsbereich des § 38a [X.] generell auszuschließen. Vielmehr gebietet die Auslegung dieser Vorschrift unter Beachtung verfassungsrechtlicher Vorgaben (Art 6 Abs 1, Art 3 Abs 1 GG), dass auch Wohngruppen, in denen die Mitglieder familiär miteinander verbunden sind, von der Norm erfasst sind.

a) § 38a [X.] enthält keine Definition des Begriffs der "Wohngruppe". Zwar findet sich in den Heimgesetzen der Länder in Bezug auf ambulant betreute Wohnformen ganz überwiegend der Begriff der "Wohngemeinschaft" (vgl [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl 2013, § 38a Rd[X.]1). Die Wohngemeinschaft wird in der Regel definiert als Wohnform, die dem Zweck dient, pflegebedürftigen oder behinderten Menschen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt unter gleichzeitiger Inanspruchnahme externer Pflege- und [X.] gegen Entgelt zu ermöglichen. In der Praxis werden die beiden Begriffe "Wohngruppe" und "Wohngemeinschaft" weitgehend synonym verwandt, sodass aus der unterschiedlichen Begriffsbildung kein struktureller oder rechtlicher Unterschied hergeleitet werden kann ([X.]/[X.], aaO, § 38a Rd[X.] 6; [X.], [X.] 2013, 226, 227). Daher verschließt sich der Begriff der Wohngruppe in § 38a [X.] nicht von vornherein der familiären Bindung der Mitglieder untereinander.

b) Von Bedeutung für die nach § 38a [X.] geförderte Wohnform ist, dass es sich um eine "ambulant betreute Wohngruppe" handeln muss. Denn Ziel der durch das PNG mit Wirkung vom 30.10.2012 neu eingeführten Regelung von § 38a [X.] aF war die Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen, um den Bedürfnissen vieler Pflegebedürftiger zu entsprechen, um stationäre Pflege zu vermeiden und so den Vorrang der ambulanten vor der stationären Versorgung zu stärken (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.]). Parallel zu dem neu eingeführten [X.] wurden mit §§ 45e und 45f [X.] Regelungen zur Förderung der neuen Wohn- und Betreuungsformen geschaffen, denen Modellvorhaben insbesondere für demenzkranke Pflegebedürftige nach § 8 Abs 3 [X.] zugrunde lagen (vgl [X.], [X.] 2013, 50, 51, 57). Auch wenn Wohngruppen grundsätzlich in stationärer und in ambulanter Form organisiert sein können, bezieht sich § 38a [X.] ausdrücklich nur auf ambulant betreute Wohngruppen. Das in der ursprünglichen Fassung (§ 38a Abs 2 Satz 1 [X.] aF) enthaltene Kriterium der "freien Wählbarkeit" des [X.] sollte ausschließen, dass der Anspruch auf den Zuschlag nach § 38a [X.] für stationäre Formen des betreuten Wohnens geöffnet wird (vgl BT-Drucks 17/9669, [X.]). Auch der Neufassung des § 38a [X.] durch das [X.] liegt die Zielsetzung zugrunde, Pflegewohnformen außerhalb der stationären Pflegeeinrichtungen und außerhalb des klassischen "betreuten Wohnens" leistungsrechtlich besonders zu unterstützen (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]). Durch § 38a Abs 1 [X.] 4 Halbs 1 [X.], der den Anspruch auf den [X.] davon abhängig macht, dass keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs 1 [X.] für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen, soll ausgeschlossen werden, dass der Anspruch aus § 38a [X.] für stationäre oder [X.] Wohnformen geöffnet wird (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]).

c) Die nach dem Wortlaut und den Gesetzesmaterialien von § 38a [X.] ausschließlich erfassten ambulant betreuten Wohngruppen existieren in den Grundformen der selbst organisierten Wohngruppe (selbstverantwortete Wohngruppe, Wohngruppe in [X.]) und der fremd organisierten Wohngruppe (betreiberverantwortete/anbieterorientierte Wohngruppe, trägerinitiiertes Modell). Bei der selbst organisierten Wohngruppe geht die Initiative zur Gründung von den Bewohnern oder ihren Angehörigen aus. Bei den fremd organisierten Wohngruppen kann als Initiator zB ein Verein, ein Pflegedienst (vgl [X.], [X.], 140, 141) oder ein Vermieter (vgl Schmäing, [X.], 144, 145) hinter der Wohngruppe stehen. Das PNG hatte bei Einführung des § 38a [X.] in erster Linie die selbst organisierte Wohngruppe vor Augen (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.]), erfasst jedoch auch fremd organisierte Wohngruppen (vgl BT-Drucks 17/9669, [X.]). Entsprechendes gilt für das [X.] (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]). Auch diesen Vorgaben stehen Wohngruppen, die familiär miteinander verbunden sind, nicht entgegen.

d) Hinsichtlich der Personen hat § 38a Abs 1 [X.] [X.] die Zahl der Mitglieder der Wohngruppe einerseits begrenzt, andererseits auch Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, die keine Pflegestufe erfüllen (§§ 45a [X.], 123 [X.]) als Mitbewohner in die Wohngruppe miteinbezogen (Pflegebedürftige mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen, davon mindestens zwei Pflegebedürftige iS von §§ 14, 15 [X.] oder mit erheblicher Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a [X.]; vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]).

e) Der [X.] verschließt sich Familien nicht, wenn nach beiden Gesetzesfassungen die Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zusammenleben muss. Von einer gemeinsamen Wohnung kann ausgegangen werden, wenn der Sanitärbereich, die Küche und, wenn vorhanden, der Aufenthaltsraum einer abgeschlossenen Wohneinheit von allen Bewohnern jederzeit allein oder gemeinsam genutzt werden. Die Wohnung muss von einem eigenen, abschließbaren Zugang vom [X.], von einem Treppenhaus oder einem Vorraum zugänglich sein. Nicht von der Regelung erfasst werden [X.]en von Pflegebedürftigen in der Nachbarschaft, lose Zusammenschlüsse ohne gemeinsame Wohnung (vgl BT-Drucks 17/9669, S 22).

3. Allerdings müssen auch familiär miteinander verbundene [X.] in einer Wohnung "zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung" leben (§ 38a Abs 1 [X.] [X.] , § 38a Abs 1 [X.] 4 [X.] aF). Ob dieser durch den [X.] geförderte [X.] vorliegt, oder ob andere [X.]e im Vordergrund stehen, ist im Einzelfall anhand der (behaupteten) inneren und der äußeren Umstände festzustellen. Alle festgestellten inneren und äußeren Umstände sind in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände zu bewerten. Erforderlich ist, dass der innere Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung nach außen hin objektiviert wird. Dies kann regelmäßig durch die gemeinschaftliche Beauftragung einer [X.] und Festlegung ihres konkreten Aufgabenkreises zur Erfüllung dieses Zwecks (§ 38a Abs 1 [X.] [X.], s auch [X.] aF) erfolgen.

a) Mit dem von der Pflegekasse pauschal gewährten [X.] sollen jene Aufwendungen zweckgebunden abgegolten werden, die der Wohngruppe durch die gemeinschaftliche Beauftragung der [X.] entstehen (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.] f; BT-Drucks 18/2909, [X.]). Damit wird dem besonderen Aufwand Rechnung getragen, der Folge der neu organisierten pflegerischen Versorgung als Wohnform ist. Die Leistung wird pauschal zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation sowie Sicherstellung der Pflege in der Wohngemeinschaft gewährt (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.]). Auf einen konkreten Nachweis der entstandenen Kosten wird verzichtet (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.]). Die Pflegekassen sind berechtigt, die mit der [X.] vereinbarten Aufgaben in Zweifelsfällen zu erfragen (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]) wie auch entsprechende Unterlagen über den vereinbarten Aufgabenkreis anzufordern (vgl § 38a Abs 2 [X.] 5 [X.]).

b) Voraussetzung für die Bewilligung des Zuschlags war nach § 38a Abs 1 [X.] [X.] aF, dass in der Wohngruppe mindestens eine Pflegekraft tätig ist - die keine ausgebildete Pflegefachkraft sein muss (vgl BT-Drucks 17/10170, [X.]) -, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet (sog [X.]). Mit Hilfe dieses Kriteriums sollte schon nach alter Gesetzesfassung das organisierte gemeinschaftliche Wohnen von mindestens drei Pflegebedürftigen mit dem Zweck der gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung sichergestellt werden (vgl dazu BT-Drucks 17/9369, [X.]). Diese Voraussetzung verdeutlicht, dass der [X.] keine schlichte Aufstockung der den Mitgliedern der Wohngruppe ohnehin individuell gewährten Leistungen der häuslichen Pflege (§§ 36 ff [X.]) bewirken sollte. Vielmehr ist ein hiervon taugliches Abgrenzungskriterium aufgestellt worden, das der neuen Wohnform der gemeinsamen Organisation der pflegerischen Versorgung und des gemeinschaftlichen Lebens Rechnung trägt. § 38a Abs 1 [X.] [X.] hat diese Voraussetzung dahin näher konkretisiert, dass eine von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragte Person - unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung - allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das [X.]sleben fördernde Tätigkeiten verrichtet oder hauswirtschaftliche Unterstützung leistet. Der Leistungsanspruch wurde dadurch aber nicht verschärft. Die Neufassung erging mit Rücksicht auf praktikable Überprüfungsmöglichkeiten des Leistungsanspruchs durch die Behörden (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]).

Die in § 38a Abs 1 [X.] [X.] genannten unterschiedlichen Aufgaben stehen zwar im Zusammenhang mit der individuellen pflegerischen Versorgung durch die Pflegeperson; die dort genannten Aufgaben gehen aber deutlich darüber hinaus und sind auf die Förderung des gemeinschaftlichen Wohnens ausgerichtet, wie allgemein organisatorische, verwaltende aber auch betreuende Aufgaben, die der Wohngemeinschaft zugutekommen oder die das [X.]sleben sogar ausdrücklich fördern. Die Verrichtung einer der alternativ genannten Aufgaben in § 38a Abs 1 [X.] [X.] ist bereits ausreichend. Soweit ergänzend auch die hauswirtschaftliche Unterstützung für die Gewährung des Zuschlags in der Norm genannt wird (s Abs 1 [X.]), zählt hierzu die Beaufsichtigung der Ausführung dieser Verrichtung oder die Anleitung zur Selbstvornahme. Deshalb liegt zB hauswirtschaftliche Unterstützung nicht vor, wenn die Reinigungskraft oder eine [X.], die lediglich hauswirtschaftliche Tätigkeiten verrichtet, diese Tätigkeiten selbst erbringt, ohne den Pflegebedürftigen in diese Tätigkeiten miteinzubeziehen (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]). Neben der Unterstützung durch die [X.] bleiben aber regelmäßig bei allen Aufgaben - im Sinne einer "geteilten Verantwortung" - Beiträge der Bewohnerinnen und Bewohner selbst, ihres persönlichen und [X.] Umfelds oder von bürgerschaftlich Tätigen zur Versorgung notwendig (vgl aaO).

c) Der Aufgabenkreis der von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinsam beauftragten [X.], die die gemeinschaftlich organisierte pflegerische Versorgung sicherstellt, muss mithin im og Sinne klar bestimmt sein, sich hinreichend deutlich von Hilfestellungen der individuellen pflegerischen Versorgung, aber auch von rein familiären Verpflichtungen abgrenzen. Der [X.] kann an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassen, ob für die Beauftragung der [X.] nach § 38a Abs 1 [X.] [X.] das für die häusliche Pflege in § 77 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 [X.] verankerte Verbot des Vertragsschlusses mit Familien- oder Haushaltsangehörigen greift. Dieser Ausschluss ist als verfassungsgemäß erachtet worden, weil der Gesetzgeber berücksichtigen durfte, dass Pflegeleistungen von diesem Personenkreis aufgrund gesetzlicher (§§ 1353, 1618a BGB) oder sittlicher Verpflichtung unentgeltlich erbracht werden. Mit dem Pflegegeld für die "ehrenamtliche" Pflege (vgl BT-Drucks 12/5262, [X.]) durch Angehörige wurde lediglich eine finanzielle Anerkennung vorgesehen, die durch die [X.] Absicherung der Pflegeperson in der Unfall- und Rentenversicherung (§ 44 [X.]) ergänzt wurde (vgl [X.] vom 18.3.1999 - [X.], 1, 7 = [X.]-3300 § 77 [X.] [X.] und BSG [X.]-3300 § 77 [X.] S 4; dazu zuletzt [X.] vom [X.] - 1 BvR 1133/12 - NZ[X.]14, 414, 415 Rd[X.] 5). Dies trägt dem Charakter der Pflegeversicherung als ergänzende Leistung Rechnung, die keine Vollversorgung gewährleistet, sondern im Bereich der häuslichen und der teilstationären Pflege neben die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung tritt (§ 4 Abs 2 Satz 1 [X.]).

d) Der [X.] weist darauf hin, dass je nach Wahl der Wohngruppe verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für die Verwendung des [X.] in Frage kommen, für die jeweils unterschiedliche rechtliche Vorgaben gelten:

aa) Wird der Zuschlag dafür genutzt, eine von der Pflegekasse nach § 77 [X.] anerkannte Einzelpflegekraft zu entlohnen (so BT-Drucks 17/9369, [X.]), greift für einen solchen mit der Pflegekasse abgeschlossenen Vertrag das in § 77 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 [X.] verankerte Verbot des Vertragsschlusses mit Verwandten oder Verschwägerten des Pflegebedürftigen bis zum dritten Grad sowie mit Personen, die mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher [X.] leben. Wenn überdies bei der Einführung des [X.] von der "Beschäftigung einer Pflegekraft" die Rede war, die in der Wohngruppe tätig ist (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.]), ist zu beachten, dass Pflegekräfte mit dem Pflegebedürftigen, dem sie Leistungen der häuslichen Pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringen, kein Beschäftigungsverhältnis eingehen dürfen (§ 77 Abs 1 Satz 4 [X.]).

bb) Soll dem [X.] eine ähnliche Funktion wie dem Pflegegeld (§ 37 [X.]) zukommen (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.]), so darf er kein Entgelt sein, sondern entsprechend dem Pflegegeld nicht mehr als eine materielle Anerkennung der erbrachten Aufgaben auch für Angehörige sein, selbst wenn zwischen der Pflegekraft und den Mitgliedern der Wohngruppe ein Auftragsverhältnis besteht, das schriftlich zu fixieren ist (§ 38a Abs 2 [X.] 5 [X.]). Das gesetzliche Konzept des [X.] war von dem Gedanken getragen, dass die familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege unentgeltlich erbracht wird (vgl dazu zuletzt [X.] vom [X.] - 1 BvR 1133/12 - NZ[X.]14, 414, 415 Rd[X.] 5). Ob die für das Pflegegeld aufgezeigten Grundsätze unmittelbar oder entsprechend für den pauschal zur häuslichen Pflege zusätzlich gewährten [X.] gelten, kann offen bleiben, weil der [X.] in diesem Rechtsstreit hierüber nicht entscheiden muss. Jedenfalls fehlen sowohl dem Gesetz als auch den Gesetzesmaterialien eindeutige Anhaltspunkte, dass auch Familien- oder Haushaltsangehörige von der Wohngruppe beauftragt werden dürfen.

cc) Wird der [X.] für die Tätigkeiten eines ambulanten [X.] (§ 36 [X.]) in Anspruch genommen, muss sichergestellt sein, dass sich die nach § 38a Abs 1 [X.] [X.] zu erledigenden Aufgaben hinreichend deutlich von der benötigten individuellen pflegerischen Versorgung unterscheiden. Es reicht daher nicht aus, dass die Versicherten ihren Anspruch auf [X.] an den in der Wohngruppe tätigen Pflegedienst abtreten, ohne dass klar ist, wofür die Mittel konkrete Verwendung finden sollen (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]). Nicht zu übersehen ist, dass der pauschale [X.] auch im Fall der Einschaltung eines ambulanten [X.] (§ 36 [X.]) nicht höher ausfällt, als wenn die gemeinschaftlich organisierte pflegerische Versorgung durch eine nicht professionelle Pflegeperson erfolgt. Dies unterscheidet sich von der ansonsten im Bereich der häuslichen Pflege unterschiedlichen finanziellen Ausgestaltung durch das reduzierte Pflegegeld bei selbst beschafften Pflegehilfen (§ 37 [X.]) einerseits und der Inanspruchnahme von ambulanten Pflegediensten (§ 36 [X.]) andererseits.

4. Im Ergebnis folgt aus der Auslegung von § 38a [X.] und entgegen der Ansicht der Beklagten (vgl dazu das Gemeinsame Rundschreiben unter Nummer 2.2), dass familiäre Familienverbünde nicht vom [X.] allein aufgrund ihrer familiären oder verwandtschaftlichen Verhältnisse ausgeschlossen sind. Auch wenn sich die primäre Förderung von neuen ambulant betreuten Wohnformen an solche Personen richten mag, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht (mehr) in einem Familienverbund leben. Die vom [X.] vorgenommene Auslegung des Gesetzestextes widerspricht entgegen der Auffassung des Rundschreibens weder dem Wortlaut oder dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers noch erweist sich diese Auslegung im Hinblick auf den Gesetzeszweck als kontraproduktiv, sondern wahrt die prinzipielle Zielrichtung des Gesetzgebers (vgl [X.]E 119, 247, 258 f). Da familiär miteinander verbundene [X.] nicht generell vom [X.] ausgeschlossen sind, bedarf es keiner weitergehenden Ausführungen, ob ein solcher Ausschluss verfassungskonform wäre.

5. Nach den entwickelten Maßgaben erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung des [X.] nicht, weil es der [X.] mit ihrem Ehemann und dem behinderten [X.] am strukturellen Merkmal des Zusammenlebens zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung fehlt, objektiviert durch die Beauftragung einer Person, die die Aufgaben der organisierten pflegerischen Versorgung für die Pflegepersonen übergreifend erledigt 38a Abs 1 [X.] und 3 [X.]; § 38a Abs 1 [X.] und 4 [X.] aF). Das hier maßgebliche Differenzierungskriterium für die Versagung des [X.] ist somit nicht das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Mitbewohnern, sondern dass es innerhalb der Familie an der zusätzlich notwendigen organisierten Struktur der pflegerischen Versorgung fehlt, die über die individuelle häusliche Pflege hinausgeht. Eine solche Wohnsituation lag bei der Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) nicht vor. Danach erfolgte die herkömmliche häusliche Pflege in Form der Kombinationsleistung (§ 38 [X.]) von Sachleistung durch einen ambulanten Pflegedienst (§ 36 [X.]) und von anteiligem Pflegegeld (§ 37 [X.]) für die Erbringung von Pflegeleistungen und die Unterstützung von Familienangehörigen. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass allein die Aufrechterhaltung der bisherigen Lebensgestaltung nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit die Zweckbestimmung einer gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung nicht zu begründen vermag. Die bindend festgestellten Tatsachen tragen daher nicht den vom [X.] gezogenen rechtlichen Schluss, dass die Klägerin sämtliche Voraussetzungen von § 38a Abs 1 [X.] aF erfüllte. Vielmehr konnte dies nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen ausgeschlossen werden, sodass auch eine Zurückverweisung nach § 170 Abs 2 SGG nicht in Betracht kam.

6. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. Eine verfassungswidrige Benachteiligung von Familien (Art 6 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG) liegt nicht vor.

a) Über die verfassungsrechtlich verankerte allgemeine Pflicht Ehe und Familie zu schützen, können aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen hergeleitet werden ([X.] vom [X.] - 1 BvR 1133/12 - NZ[X.]14, 414, 416; [X.]E 130, 240, 252 = [X.]-7835 Art 1 [X.] S 4 mwN). Solche Ansprüche können sich allenfalls unter dem besonderen Aspekt des [X.] von Ehe und Familie gegenüber sonstigen gesellschaftlichen Gruppen und damit als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG ergeben (vgl BSG vom 18.3.1999 - [X.]-3300 § 77 [X.] S 6).

Art 3 Abs 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln (stRspr vgl [X.]E 71, 255, 271). Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht (stRspr vgl [X.]E 87, 1, 36 = [X.]-5761 Allg [X.] S 7). Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also rechtlich gleich behandeln will (vgl [X.]E 21, 12, 26). Die Auswahl muss allerdings sachgerecht getroffen werden (vgl [X.]E 67, 70, 85 f). Art 3 Abs 1 GG ist danach verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl [X.]E 76, 256, 329).

b) Hiervon ausgehend, kann die Klägerin nicht verlangen, als Familienverbund besser gestellt zu werden als nicht familiär miteinander verbundene Wohngruppen. Das Merkmal des [X.] der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung, objektiviert durch die gemeinschaftliche Beauftragung einer Pflegekraft zur Sicherstellung dieses [X.], gilt für familiäre wie für nicht familiäre Wohngruppen gleichermaßen. Es ist ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, mit Hilfe dessen der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, neue, nicht stationäre Wohn- und Betreuungsformen zu fördern. Mit Rücksicht auf den demografischen Wandel sollten Alternativen zu bestehenden Pflegestrukturen entwickelt werden (vgl BT-Drucks 17/9369, [X.]), die über die herkömmliche individuelle häusliche Pflege hinausgehen. Damit werden - ohne dass in bestehende Leistungsansprüche eingegriffen wurde - neue Formen der pflegerischen Versorgung eröffnet, unter denen Pflegebedürftige auswählen können (vgl § 2 Abs 2 [X.]). Für Familien bleibt - ungeachtet der hier offengelassenen Frage, ob Wohngruppen auch Familien- oder Haushaltsangehörige als sog [X.] beauftragen können - die uneingeschränkte Möglichkeit, einen ambulanten Pflegedienst, eine ausgebildete oder auch nicht professionelle Pflegekraft mit diesen Aufgaben zu beauftragen, um dem [X.] gerecht zu werden. Dass der Gesetzgeber die Leistung des [X.] zweckgebunden an bestimmte Merkmale geknüpft hat, um der neuen Wohnform tatsächliche Geltung zu verschaffen (vgl BT-Drucks 18/2909, [X.]), ist sachgerecht und nicht unangemessen. Daher ist kein Grund ersichtlich, Familien den [X.] unabhängig von der Sicherstellung der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zu gewähren. Hierin liegt kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot von Ehe von Familie.

7. [X.] beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 3 P 5/14 R

18.02.2016

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: P

vorgehend SG Münster, 17. Januar 2014, Az: S 6 P 166/13, Urteil

§ 38a Abs 1 Nr 1 SGB 11 vom 23.10.2012, § 38a Abs 1 Nr 2 SGB 11 vom 23.10.2012, § 38a Abs 1 Nr 3 SGB 11 vom 23.10.2012, § 38a Abs 2 S 1 SGB 11 vom 23.10.2012, § 38a Abs 1 Nr 1 SGB 11 vom 23.12.2014, § 38a Abs 1 Nr 3 SGB 11 vom 23.12.2014, § 38a Abs 2 Nr 4 SGB 11 vom 23.12.2014, § 38a Abs 2 Nr 5 SGB 11 vom 23.12.2014, § 2 Abs 2 SGB 11, § 4 Abs 2 S 1 SGB 11, § 8 Abs 3 SGB 11, § 36 SGB 11, § 37 SGB 11, § 38 SGB 11, § 45a SGB 11, § 45e SGB 11, § 45f SGB 11, § 77 Abs 1 S 2 Halbs 1 SGB 11, § 77 Abs 1 S 4 SGB 11, § 123 SGB 11, § 1353 BGB, § 1618a BGB, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, PNG, PSG I

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.02.2016, Az. B 3 P 5/14 R (REWIS RS 2016, 15974)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15974

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

L 4 P 63/18 (LSG München)

Familienwohngruppe


S 21 P 57/17 (SG Nürnberg)

Kein Wohngruppenzuschlag bei fehlender Präsenzkraft


B 3 P 2/19 R (Bundessozialgericht)

Private Pflegeversicherung - Wohngruppenzuschlag - Erfordernis der "gemeinschaftlichen Beauftragung" einer für die Wohngruppe tätigen Person …


B 3 P 3/19 R (Bundessozialgericht)

(Soziale Pflegeversicherung - Wohngruppenzuschlag - "ambulante" Versorgungsform iSd § 38a Abs 1 S 1 SGB …


S 12 P 22/15 (Sozialgericht Stralsund)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1133/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.