Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.05.2017, Az. 5 StR 19/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2017, 11195

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Gegenstand

Rechtsbeugungsvorwurf gegen unzuständigen Richter wegen Haftbefehlserlass


Tenor

1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des [X.]gegen das Urteil des [X.] vom 13. Juni 2016 werden verworfen.

2. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren insgesamt entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

3. Der Nebenkläger [X.]trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

4. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und der Nebenkläger [X.]je zur Hälfte.

5. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des [X.] wird auf Kosten der Staatskasse verworfen, die auch die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat.

- Von Rechts wegen -

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der Rechtsbeugung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die hiergegen von der Staatsanwaltschaft und dem Nebenkläger [X.]eingelegten Revisionen sind unbegründet. Auch die Kostenbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.

I.

2

Dem Angeklagten liegt gemäß der durch Beschluss des [X.] vom 29. Juli 2008 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 30. August 2007 im [X.] Folgendes zur Last:

3

Als Vorsitzender des [X.] habe er in einem gegen den Nebenkläger [X.]geführten Strafverfahren in einem Fortsetzungstermin am 7. April 2005 aufgrund einer von ihm angenommenen Verdunkelungshandlung die Verhaftung dieses [X.] und dessen damaligen Verteidigers, des [X.] [X.], sowie anschließend der Frau des [X.] [X.]bewirkt und auf Antrag des früheren Mitangeklagten Oberstaatsanwalt [X.]    Haftbefehle gegen alle drei erlassen, obwohl er bezüglich des [X.] [X.]  und der Ehefrau des [X.] [X.]hierfür nicht zuständig gewesen sei. Ohne Rechtsgrundlage habe der Angeklagte die bei der Staatsanwaltschaft gegen den Nebenkläger [X.] und die Ehefrau des [X.] [X.]geführten Ermittlungsverfahren zu dem gegen den Nebenkläger [X.]geführten Hauptverfahren verbunden. Zu diesem Zeitpunkt sei ein gegen ihn in der Hauptverhandlung am 24. März 2005 gestelltes Ablehnungsgesuch noch anhängig gewesen und erst am 11. April 2005 abschlägig beschieden worden. Zudem habe er - obwohl unzuständig - erneut die Durchsuchung der Kanzleiräume des [X.] [X.] angeordnet und dessen Kontakt mit seiner Verteidigerin bezüglich eines Gesprächs über Kanzleifragen verhindert. Über die am Freitag, dem 8. April 2005, eingelegten [X.] habe er pflichtwidrig erst am Montag, dem 11. April 2005, entschieden und am 12. April 2005 die Fertigung von [X.] und die Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft veranlasst. Erst am 14./15. April 2005 sei es zur Freilassung der drei Inhaftierten und zur Aufhebung der Haftbefehle gekommen.

II.

4

Aufgrund einer ersten Hauptverhandlung ist der Angeklagte durch das [X.] [X.] am 19. Juni 2009 wegen Rechtsbeugung in Tateinheit mit schwerer Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen den früheren Mitangeklagten Oberstaatsanwalt [X.]    wurde eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Dieses Urteil hat der [X.] durch Beschluss vom 7. Juli 2010 (5 [X.]) auf die Revisionen der Verurteilten aufgrund jeweils durchgreifender Verfahrensrügen mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen.

5

Mit Urteil vom 8. Dezember 2011 hat das [X.] [X.] den Angeklagten und den früheren Mitangeklagten [X.]    von dem anklagegegenständlichen Vorwurf freigesprochen. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wurde das Urteil, soweit es den Angeklagten M.     betraf, durch Urteil des [X.]s vom 11. April 2013 (5 [X.]) wegen [X.] mit den Feststellungen aufgehoben und zu neuer Entscheidung und Verhandlung an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen; die gegen den Freispruch des damaligen Mitangeklagten [X.]    gerichteten Revisionen wurden verworfen.

III.

6

Das [X.] hat nunmehr Folgendes festgestellt:

7

Der Angeklagte war seit 1998 als [X.] beim [X.] tätig, einem kleinen Gericht mit lediglich sechs [X.]stellen unter Einschluss des Direktors. Hier war er unter anderem mit der Erledigung von Strafsachen befasst und auch zunächst als Ermittlungsrichter eingesetzt.

8

Im [X.] mangelte es im [X.] an geeigneten Nachlasspflegern, weshalb von [X.]i 1999 bis April 2002 die für [X.] zuständige Rechtspflegerin den ihr bekannten Nebenkläger und damaligen Jurastudenten    [X.]sukzessive mit der Pflegschaft von 25 Nachlässen betraute. [X.]unterhielt in der örtlichen Anwaltskanzlei [X.] & [X.]  , deren Sozius der Nebenkläger [X.]  war, einen Büroraum und verrichtete dort juristische Zuarbeiten. In der Folgezeit vermischte der Nebenkläger [X.]pflichtwidrig Nachlassgelder mit dem eigenen Vermögen, verwendete diese für persönliche Aufwendungen und führte damit hochriskante Wertpapiergeschäfte durch. In sechs [X.] veruntreute er allein Gelder in Höhe von über 400.000 Euro.    [X.]hatte zu diesem Zeitpunkt als Student keine regelmäßigen größeren Einkünfte oder sonstiges Vermögen. Seine bis zur Geburt des [X.] im Jahr 2003 als Kindergärtnerin tätige Ehefrau    [X.].  (früher [X.].  ) erzielte jährliche Einnahmen in Höhe von ca. 20.000 Euro.

9

Nach Entdeckung der Taten des [X.] [X.]Anfang 2002 wurden Ermittlungen gegen ihn geführt. Es wurden zahlreiche undurchsichtige [X.]rgeldabflüsse und -zuflüsse festgestellt, zudem etwa 200 [X.]. Ohne dass eine Zuordnung und Abgrenzung von Geldverlusten hinsichtlich der einzelnen Nachlässe durchgeführt worden war, erhob die Staatsanwaltschaft [X.] (Oder) am 25. November 2002 gegen den Nebenkläger [X.]Anklage zur [X.] des [X.]s [X.] (Oder). Darin wurde dem Nebenkläger [X.]vorgeworfen, aus sechs Nachlässen insgesamt über 437.000 Euro veruntreut zu haben; bezüglich der übrigen 19 Nachlässe wurde das Verfahren vorläufig eingestellt. Eine detaillierte Darstellung der veruntreuten Beträge sowie der Entnahmen und Kontobewegungen enthielt die Anklageschrift nicht, auch Beweismittel zum Zufluss und dem Verbleib der Gelder wurden nicht angeführt. Trotz dieser Defizite ließ das [X.] [X.] (Oder) die Anklage zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Schöffengericht - [X.]. In dem Beschluss stellte die [X.] entgegen der Aktenlage fest, dass der Angeklagte [X.]  weitgehend geständig sei; zudem sei eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe nicht zu erwarten. Angesichts des Umfangs der deutlich über 1.000 Seiten aufweisenden Akten, der Komplexität der Vorwürfe, der Tatsache, dass der Angeklagte gerade nicht geständig war und auch im Hinblick auf die Straferwartung wäre eine Eröffnung des Verfahrens vor dem [X.] [X.] (Oder) geboten gewesen. Besonders wenig nachvollziehbar war, dass trotz der Möglichkeit anderweitiger Verweisung mit [X.] gerade dasjenige Amtsgericht mit der strafrechtlichen Aufarbeitung des Falls betraut wurde, durch das der Nebenkläger [X.]mit den [X.] beauftragt worden war und das ihn hätte beaufsichtigen müssen.

Als nach dem Geschäftsplan berufener Vorsitzender des Schöffengerichts in [X.] wurde der Angeklagte für den Fall zuständig; Verteidiger des [X.] war zunächst Rechtsanwalt        [X.]aus [X.]. Vor Beginn der Hauptverhandlung holte der Angeklagte zunächst das Gutachten einer Wirtschaftssachverständigen zur Klärung der [X.], des Verbleibs von [X.] und zu den [X.]n ein. Nach Eingang des Gutachtens im September 2003 terminierte er die Strafsache beginnend mit dem 16. Oktober 2003 auf zunächst fünf Verhandlungstage bis Mitte November 2003.

Anfang Oktober 2003 meldete sich der Nebenkläger [X.] als zweiter Verteidiger des [X.] [X.]  . Aufgrund des Gutachtens der Wirtschaftssachverständigen zu den Geldabflüssen bei [X.]gab es bereits Verdachtsmomente gegen den Nebenkläger [X.], weil danach im Tatzeitraum ohne nachvollziehbaren Grund erhebliche Zahlungen von [X.]an [X.]   geflossen sein sollten. Gegen den Nebenkläger [X.] wurde wegen des Verdachts einer Beteiligung an den angeklagten Taten ein Ausschließungsverfahren nach §§ 138a, 138c [X.] geführt und am 22. Oktober 2003 auch ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Untreue eingeleitet, das später um den Vorwurf wegen Geldwäsche erweitert wurde.

Aufgrund dieser Änderung der Sachlage wurde die anberaumte Hauptverhandlung zunächst wieder abgesetzt und die Wirtschaftssachverständige damit beauftragt zu klären, ob sich aus den ihr vorliegenden Unterlagen Hinweise auf eine Beteiligung des [X.] [X.]  an den Taten des [X.] [X.]ergäben. Nach den bisherigen gutachterlichen Feststellungen war der Verbleib von mehr als 100.000 Euro [X.] ungeklärt, zudem waren danach im Tatzeitraum erhebliche Zahlungen des [X.] [X.]an den Nebenkläger [X.], die Anwaltskanzlei [X.]  & [X.]  und an die Tochter des [X.] C.    [X.] geflossen. In der Folgezeit wurden weitere Ermittlungen zur Klärung dieser Zahlungen vorgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft des [X.] hielt den [X.] zunächst aus formalen Gründen für unzureichend und sandte ihn zurück. Deshalb blieb der einer Beteiligung an den damals angeklagten Taten des [X.] [X.]verdächtige Nebenkläger [X.] weiterhin Verteidiger in dem Strafverfahren gegen [X.]  . Die materiellen Voraussetzungen zur Ausschließung des [X.] [X.] als Verteidiger des [X.] [X.]lagen indes vor und die Ausschließung wurde im Berufungsverfahren durch das [X.], bestätigt vom [X.], ausgesprochen.

Der für die Strafsache immer noch zuständige Angeklagte beraumte erneut Termin zur Hauptverhandlung an, und zwar zunächst auf den 16. Dezember 2004 und den 6. Januar 2005. Vertreter der Staatsanwaltschaft war dabei zumeist der früher [X.] [X.]   . Insgesamt dauerte die Hauptverhandlung 14 Verhandlungstage, an deren Ende am 30. Juni 2005 der Nebenkläger [X.]wegen gewerbsmäßiger Untreue in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt wurde, die im April 2011 im [X.] auf eine solche von drei Jahren und drei Monaten ermäßigt wurde; diese Entscheidung ist seit dem 17. Februar 2012 rechtskräftig.

Der Gang der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht war davon geprägt, dass sich der Nebenkläger [X.]nicht zur Sache einließ und der Nebenkläger [X.] „streitbar“ verteidigte, insbesondere von Anfang an „regelmäßig“ sachlich unberechtigte Befangenheitsanträge stellte.

Zwischenzeitlich war der Erwerb zweier Pkw der [X.]rke [X.] mittels [X.]rzahlung zum Preis von ca. 45.000 und 53.000 Euro durch den Nebenkläger [X.] im [X.] 2000 verdächtig geworden, ebenso die alleinige Nutzung eines dieser hochwertigen Fahrzeuge, eines [X.] 330 xd, durch das Ehepaar [X.]  , obgleich dieser Pkw auf die Kanzlei [X.] zugelassen und die Kosten von der Kanzlei steuerlich abgesetzt worden waren. Der Nebenkläger [X.]hatte zu seinen Fahrzeugen angegeben, die PKW seien aus seinen privaten Mitteln und aus Mitteln der Kanzlei bezahlt worden. Demgegenüber vermutete die Staatsanwaltschaft, dass die hierfür aufgewendeten Gelder aus vom Nebenkläger [X.]veruntreuten [X.] stammen könnten. Zur Klärung dieser Frage beantragte die Staatsanwaltschaft nach dem ersten [X.] die Durchsuchung der Anwaltskanzlei und der Privatwohnung des [X.] [X.] nach § 103 [X.]. Der Angeklagte erließ am 5. Januar 2005 daraufhin unter Berufung auf §§ 102, 103 [X.] zwei Durchsuchungsbeschlüsse in dem „Ermittlungs- und Strafverfahren“ gegen beide Nebenkläger. Zudem ordnete er die Durchsuchung der Wohnräume des Ehepaars [X.]an, um Unterlagen betreffend die [X.]fahrzeuge und die Einkommensverhältnisse zu finden. Der Angeklagte nahm an der Einsatzbesprechung der Polizei hinsichtlich der von ihm angeordneten Durchsuchungen teil und war dann auch bei der Durchsuchung der Räume des [X.] [X.]  anwesend um festzustellen, ob einzelnen Unterlagen Beweisbedeutung zukam. Mehrfach hierzu befragt, gab [X.]   an, er könne sich an keine schriftlichen Vereinbarungen zu dem von der Familie [X.]genutzten PKW [X.] 330 xd erinnern. Unter den bei der Durchsuchung aufgefundenen Unterlagen war ein auf den Februar 2001 datierter handschriftlicher „Darlehensvertrag“ zwischen der Ehefrau des [X.] [X.]und dem Nebenkläger [X.]  , wonach die damals wenig verdienende und nicht über erhebliches Vermögen verfügende      [X.].  , spätere [X.].  , dem Nebenkläger [X.] ein zinsloses Darlehen über 85.000 DM gewährte und hierbei versicherte, dass es sich um ihr Geld handele. Zudem wurde eine weitere handschriftliche Vereinbarung zwischen beiden gefunden, wonach    [X.].   für die Nutzung des [X.] monatlich über 1.300 DM des Darlehens erlässt. Darüber hinaus wurde eine handschriftliche Aufzeichnung des [X.] [X.] sichergestellt, in denen es um die Berechnung der Erwerbskosten des [X.] unter Anrechnung von 4.000 DM mit dem Vermerk „[X.]“ ging. Hieraus ergab sich - auch für die beigezogene Steuerfahndung - der Verdacht, dass der [X.] eigentlich von und für den Nebenkläger [X.]erworben und der Kauf aus steuerlichen Gründen und zur Verschleierung der Geldflüsse über die Kanzlei abgewickelt worden war.

Zudem ergab sich gegen die Ehefrau des [X.] [X.]aus den bei der Durchsuchung im [X.] [X.]aufgefundenen Unterlagen der Verdacht, dass sich diese an der Verschleierung der von [X.] veruntreuten Gelder beteiligt habe, weil sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen wäre, einen Betrag in Höhe von 85.000 DM aufzubringen. Gegen    [X.].  wurde deshalb Ende Januar 2005 ein Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche eingeleitet, gegen den Nebenkläger [X.]  ein solches wegen Steuerhinterziehung, das mit seiner rechtskräftigen Verurteilung endete.

Bei der Durchsuchung der Wohnräume des Ehepaars [X.]  , zu der der Nebenkläger [X.]mit dem [X.] 330 xd vorfuhr, wurde auch ein weiterer Fahrzeugschlüssel und der Fahrzeugbrief dieses Pkws gefunden. Zudem ergab sich bei der Durchsuchung der Eindruck, dass das Ehepaar [X.]weiterhin zusammen wohnte. Der Nebenkläger [X.]hatte sich hingegen vor dem Hintergrund drohender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern im Oktober 2003 als von seiner Ehefrau seit 2002 getrennt lebend bezeichnet, obwohl beide erst im Dezember 2001 geheiratet und im August 2003 ein gemeinsames Kind bekommen hatten und zudem seit 2003 im Begriff waren, ein Einfamilienhaus zu errichten.

Vor diesem Hintergrund ordnete der Angeklagte am 6. Januar 2005 die Beschlagnahme des Pkw an, weil er als Beweismittel von Bedeutung sei und voraussichtlich der Einziehung oder dem Verfall unterliege. Ab dem zweiten [X.] am 6. Januar 2005 erschien auf Anordnung des [X.] statt des in die Sache umfangreich eingearbeiteten Staatsanwalts [X.].     der frühere Mitangeklagte Oberstaatsanwalt [X.]    .

In weiteren, auch von unberechtigten Ablehnungsanträgen des [X.] [X.]begleiteten [X.] ging es wesentlich um die Frage, wie sich der Erwerb des [X.] 330 xd vollzogen hatte und ob die [X.] des Ehepaars [X.]und des [X.] [X.]  - was nach Auswertung der Unterlagen nicht nahelag - es zugelassen hätten, den Kauf aus eigenen Mitteln zu finanzieren bzw. einen entsprechenden Darlehensbetrag aufzubringen. Wie der Angeklagte vor dem 7. April 2005 erfuhr, hatte der Nebenkläger [X.]zudem am 11. Januar 2005 in einem Zivilverfahren an Eides statt erklärt, seit 2002 von seiner Ehefrau getrennt zu leben. Aufgrund der infolge der Durchsuchung erlangten Erkenntnisse zur Wohnsituation des Ehepaars [X.]ging der Angeklagte davon aus, dass diese Erklärung falsch war.

Am 14. Februar 2005 beschloss das Präsidium des Amtsgerichts [X.] eine Änderung des [X.], auch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte nunmehr zu 90 % seiner Arbeitskraft an das [X.] [X.] (Oder) abgeordnet war und mit 10 % beim [X.] bis zum Abschluss des Strafverfahrens gegen den Nebenkläger [X.]verblieb. Als Ermittlungsrichter wurden nunmehr, abwechselnd nach geraden und ungeraden Wochen, [X.] am [X.]    und [X.]in am [X.].    bestimmt. Dem Angeklagten war lediglich noch das Verfahren gegen den Nebenkläger [X.]übertragen.

In dem Fortsetzungstermin der Hauptverhandlung gegen den Nebenkläger [X.]wurde am 10. März 2005 der Nebenkläger [X.] zeugenschaftlich vernommen. Er äußerte sich der Wahrheit zuwider über die Umstände des Erwerbs und der Nutzung des [X.] 330 xd. Für diese Falschaussage wurde [X.]  später rechtskräftig verurteilt. Inzwischen hatte das Verfahren, auch wegen einer ausführlichen regelmäßigen Berichterstattung des früheren Amtsgerichtsdirektors in einem lokalen TV-Sender, an öffentlicher Aufmerksamkeit gewonnen.

An dem 7. [X.] am 24. März 2005 wurde erneut ein Befangenheitsantrag gegen den Angeklagten gestellt. Zudem erklärte ein Zeuge, ihm gegenüber habe der Nebenkläger [X.]  angegeben, der Nebenkläger [X.]habe den [X.] 330 xd mit eigenem Geld bezahlt. Ein Polizeibeamter bekundete als Zeuge, nach seinen Erkenntnissen sei - entgegen zeugenschaftlichen Angaben des [X.] [X.]  - der [X.] der      [X.].  beim Kauf des [X.] in Zahlung gegeben worden. Damit spitzte sich in der Hauptverhandlung der Verdacht gegen den Nebenkläger [X.] wegen Falschaussage und Geldwäsche immer mehr zu. Um von der weiteren Sachaufklärung abzulenken, fragte [X.] wiederholt, auf welcher Rechtsgrundlage die Durchsuchung bei ihm erfolgt sei. Hierauf entgegnete der Angeklagte, um eine länger währende Diskussion zu beenden, die Durchsuchung sei auf der Grundlage der „[X.]“ vorgenommen worden. Auf Nachfrage [X.]  erklärte ihm der Angeklagte lachend, damit sei die „Hüttenstädter Prozessordnung“ gemeint, die guten Rechtsanwälten vor Ort bekannt sei und die eine Bestimmung enthalte, wonach der Strafprozess mit der Vollstreckung beginne. Für alle Beteiligten ersichtlich war dies als Scherz gemeint. Der Nebenkläger [X.]stellte daraufhin am nächsten [X.] einen weiteren Befangenheitsantrag.

In der anschließenden Vernehmung des [X.] [X.] erklärte dieser überraschend, er habe den [X.] Ende 2004 an      [X.].   aus steuerlichen Gründen verkauft; Unterlagen hierüber waren bei der Durchsuchung Anfang Januar 2005 nicht gefunden worden. Die Frage nach einer möglichen Rückdatierung verneinte [X.] . Der Angeklagte gab dem Nebenkläger [X.]  auf, am nächsten [X.], dem 7. April 2005, den Kaufvertrag mitzubringen. Seine Vernehmung wurde bis dahin unterbrochen.

Der Angeklagte und Oberstaatsanwalt [X.]    waren angesichts der bisherigen Erkenntnisse zu der Einschätzung gelangt, dass es sich, wenn der Nebenkläger [X.] einen solchen Kaufvertrag vorlege, um einen rückwirkend in [X.] hergestellten Scheinvertrag handele. Oberstaatsanwalt [X.]    hielt es deshalb für erforderlich, dass aufgrund der bestehenden Verdachtslage und wegen Verdunkelungsgefahr Haftbefehl gegen das Ehepaar [X.]und den Nebenkläger [X.]   ergehen müsse. Er fertigte am Morgen des 7. April 2005 drei Haftbefehlsanträge, die er stellen wollte, wenn [X.]den Kaufvertrag vorlegen würde. Der Angeklagte hatte von der Wirtschaftssachverständigen die Mitteilung erhalten, bei den im Januar 2005 sichergestellten Unterlagen habe sich kein Kaufvertrag über den [X.] gefunden. Bei der Durchsuchung am 5. Januar 2005 hatte [X.]   gegenüber Beamten der Steuerfahndung erklärt, es gebe keine weiteren schriftlichen Vereinbarungen hierzu. Nach alledem war auch der Angeklagte davon überzeugt, dass bei Vorlage des behaupteten Kaufvertrags das Ehepaar [X.]im Zusammenwirken mit dem Nebenkläger [X.]  Beweismittel verfälschte, um die Aufklärung des Falls zu erschweren und die Sache zu verdunkeln.

Am 8. [X.] am 7. April 2005 wiederholte der Angeklagte zunächst einen Teil der Hauptverhandlung vom letzten Tag, weil die Möglichkeit bestand, dass das [X.] bei der letzten Sitzung wenige Minuten geschlossen gewesen sein könnte. Nach dieser Wiederholung beantragte Rechtsanwalt [X.]die Einstellung des Verfahrens wegen irreversibler Verletzung des Rechts der Öffentlichkeit; dieser Antrag diente angesichts der Heilung ausschließlich der Verfahrensverzögerung. Auch ein weiterer von Rechtsanwalt [X.]anschließend gestellter Befangenheitsantrag gegen den Angeklagten verfolgte diesen Zweck. Ohne die Entscheidung über den nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 [X.] unzulässigen Befangenheitsantrag ausdrücklich zurückzustellen, setzte der Angeklagte die Hauptverhandlung mit Vernehmung von Zeugen fort. Nach Belehrung gemäß § 55 [X.] und Vorhalt des Inhalts seiner Vernehmung am letzten [X.] wurde auch der Nebenkläger [X.]   weiter als Zeuge vernommen. Dabei überreichte er Kopien eines angeblich Ende Dezember 2004 zwischen      [X.].  und ihm geschlossenen Kaufvertrages betreffend den [X.] 330 xd und einer angeblichen Aufrechnungserklärung. Die entsprechenden Erklärungen des [X.] [X.] hielten der Angeklagte, die Schöffen und Oberstaatsanwalt [X.]    für falsch. Der Angeklagte, der wusste, dass Oberstaatsanwalt [X.]    bei Vorlage einer Kaufvertragsurkunde ohne nachvollziehbare Erklärung geneigt sein würde, gegen das Ehepaar [X.]und den Nebenkläger [X.]   Haftbefehle wegen Verdunkelungsgefahr zu beantragen, nahm an, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls gegen alle drei Betroffenen wegen Verdunkelungsgefahr erfüllt waren und [X.]   mit seinen Angaben im Zeugenstand gerade eine Straftat der uneidlichen Falschaussage begangen hatte. Er stand auf, wies auf [X.] und rief: „Sie sind festgenommen!“ Im vollbesetzten Zuschauerraum brandete Applaus auf, den der Angeklagte sofort unterband. Anschließend ordnete er die Festnahme des [X.] [X.]und seiner in der Hauptverhandlung nicht anwesenden Ehefrau an. Beide Nebenkläger wurden festgenommen. Als sich der [X.] anschickte, dem verhafteten Nebenkläger [X.]   wie üblich Handfesseln anzulegen, und [X.]   dem widersprach, erklärte der Angeklagte, der keinen Grund für ein Absehen vom üblichen Prozedere sah: „Das volle Programm.“      [X.].  wurde anschließend an ihrem Arbeitsplatz festgenommen. Aufgrund des zwischen den drei Strafverfahren bestehenden engen [X.] und seiner Befassung mit der Strafsache gegen      [X.]hielt sich der Angeklagte für den Erlass aller drei Haftbefehle für zuständig, obwohl nach der Änderung des [X.] im Februar 2005 keine Zuständigkeit hinsichtlich    [X.].  und des [X.] [X.] mehr bestand. Spätestens unmittelbar nach der Festnahme überreichte Oberstaatsanwalt [X.]    die drei schriftlich vorbereiteten Haftbefehlsanträge, wobei nicht mehr aufklärbar war, ob entsprechende Entwürfe bereits vor Beginn der Hauptverhandlung übergeben worden waren. Alle drei Anträge waren an das Schöffengericht [X.] adressiert. [X.]    wusste, dass die Ermittlungsverfahren gegen    [X.].  und den Nebenkläger [X.]   noch nicht abgeschlossen waren; er ging davon aus, dass der zu dieser Zeit urlaubsbedingt abwesende Dezernent Staatsanwalt [X.].    mit den [X.] einverstanden war.

Nach Vorführung der drei Festgenommenen am Nachmittag desselben [X.] fertigte der Angeklagte unter einem einheitlichen Aktenzeichen eine Haftentscheidung in Form eines einheitlichen Haftbefehls mit gesonderter Begründung. Er setzte in großer Eile und „kaum sorgsam durchdacht“ ([X.]) handschriftlich einen Beschluss ab, wonach die Verfahren, also die anhängige [X.] und die zwei ermittlungsrichterlichen Gs-Verfahren, „zur gemeinsamen Entscheidung gemäß §§ 2, 4 [X.] verbunden“ würden, wobei die Schöffensache führe. Der Angeklagte bezweckte damit eine Verbindung der Haftsachen, ohne dass sich feststellen ließ, dass er der Verbindungsentscheidung etwa zuständigkeitsbegründende Wirkung zumaß. Es lag ihm fern, die Zuständigkeit und Verfahrensherrschaft der Staatsanwaltschaft für die laufenden Ermittlungsverfahren wider besseren Wissens mit dem Verbindungsbeschluss an sich zu reißen. Vielmehr sah er auch hierbei seine Zuständigkeit aufgrund des engen [X.] als gegeben an. Sein Motiv war, weitere [X.] der drei Festgenommen zu verhindern und damit das Strafverfahren gegen den Nebenkläger [X.]und die Ermittlungsverfahren gegen      [X.].  und den Nebenkläger [X.]   zu sichern. Bei [X.] am Abend wurde die Zuständigkeit des Angeklagten von keinem der drei Verteidiger der Festgenommenen in Zweifel gezogen.

Im Laufe des nächsten [X.], eines Freitags, gingen [X.] bezüglich aller drei Festgenommenen beim [X.] ein. Der Angeklagte hatte an diesem Tag als Einzelrichter in Zivilsachen Sitzung am [X.] [X.] (Oder). Am Morgen ordnete er die Durchsuchung der Geschäftsräume des [X.] [X.] zwecks Auffindens des nach seiner Ansicht rückdatierten Kaufvertrags an. Im Laufe des [X.] wurde er vom Direktor des Amtsgerichts [X.] fernmündlich über den Eingang der [X.] unterrichtet und sagte zu, sich am folgenden Montag, wenn er wieder in [X.] sei, damit zu befassen. Am Montag half der Angeklagte, den [X.] nicht ab und verfügte die Anlage von [X.] und deren Weiterleitung über die Staatsanwaltschaft [X.] (Oder) an das Beschwerdegericht. Am gleichen Tag wurde das gegen den Angeklagten gestellte Ablehnungsgesuch vom 24. März 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Dass der Angeklagte den Kontakt des [X.] [X.]  mit seiner Verteidigerin bezüglich eines Gesprächs über Kanzleifragen pflichtwidrig verhindert hat, hat das [X.] nicht festgestellt.

Am nächsten [X.], dem 14. April 2005, ließ der Angeklagte die drei Festgenommenen vorführen. Zunächst wurde wiederum ein Befangenheitsantrag mit der Begründung gestellt, durch die vorläufigen Festnahmen habe der Angeklagte zum Ausdruck gebracht, dass er sich bezüglich der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen [X.] und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben schon endgültig festgelegt habe. Der Angeklagte setzte gleichwohl die Hauptverhandlung fort. Aus den Angaben eines als Zeuge vernommenen Polizeibeamten ergaben sich weitere deutliche Hinweise darauf, dass der Nebenkläger [X.] die Unwahrheit gesagt hatte.      [X.].  machte nach Belehrung gemäß §§ 52, 55 [X.] Angaben zu den Umständen des Erwerbs des [X.], die offensichtlich falsch waren. Der Nebenkläger [X.] hielt als Zeuge daran fest, dass    [X.].  den Kaufvertrag über den [X.] am 30. Dezember 2004 in seiner Kanzlei unterschrieben habe, konnte aber nicht erklären, weshalb dieser Vertrag bei der Durchsuchung nicht aufgefunden worden war. Die in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Aufhebung der Haftbefehle gegen die Nebenkläger beschied der Angeklagte am selben Tag abschlägig und ordnete die Fortdauer der Untersuchungshaft an.

Bei der Staatsanwaltschaft hatten die drei Verhaftungen zu intensiven Gesprächen mit der Behördenleitung geführt. Hierbei wurde insbesondere die Verbindung der Verfahren kritisiert, zudem das Vorliegen von [X.] in Zweifel gezogen. Der aus dem Urlaub zurückgekehrte Staatsanwalt [X.].      wurde mit der Freilassung      [X.].  s und des [X.] [X.] beauftragt und setzte beides am 14. April 2005 um. Als der Angeklagte am 15. April 2005 davon erfuhr, war er empört und beschwerte sich beim Behördenleiter der Staatsanwaltschaft massiv über die Freilassung der beiden. Auf dessen Vorhalt, der Angeklagte sei für beide Festgenommene nicht zuständig gewesen, entgegnete dieser, er habe weder Akten noch laufende Ermittlungsverfahren zu seiner Strafsache verbunden. [X.] [X.] sei er der zuständige [X.], sein Verbindungsbeschluss sei zulässig und die Voraussetzungen für den Erlass der Haftbefehle lägen weiterhin vor. Nachdem das Gespräch mit weiteren Vorhaltungen des [X.] der Staatsanwaltschaft endete, ordnete der Angeklagte die Entlassung des [X.] [X.]an. Sodann beschloss er die Aufhebung der Haftbefehle gegen das Ehepaar [X.]  , einige Tage später auch des Haftbefehls gegen den Nebenkläger [X.].

Am 20. April 2005 fertigte der Angeklagte einen handschriftlichen Vermerk, wonach er unmittelbar vor dem Termin am 7. April 2005 die Frage seiner Zuständigkeit mit der geschäftsplanmäßig berufenen [X.].   erörtert habe und er mit dieser einig sei, dass der Geschäftsverteilungsplan dahin auszulegen sei, dass er auch für [X.]ßnahmen gegen Dritte wie die Ehefrau [X.].  und den Nebenkläger [X.]  zuständig sei, wenn sich die Sache aus dem Verfahren gegen     [X.]ergebe. Unter dem 21. April 2005 bestätigte die [X.]in [X.].   , dass dieser Vermerk in vollem Umfang zutreffe. Ob es am 7. April 2005 eine solche Unterredung gab, ließ sich letztlich nicht abschließend klären.

[X.]

Die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen die zum Freispruch führende Beweiswürdigung des [X.]s richtet, ist unbegründet. Das [X.] hat sich in [X.] Weise die Überzeugung davon verschafft, dass der Angeklagte tatsächlich davon ausging, für den Erlass aller drei verfahrensgegenständlichen Haftbefehle zuständig zu sein. Damit fehlte dem Angeklagten der Vorsatz, das Recht fehlerhaft anzuwenden, weshalb eine Strafbarkeit sowohl wegen Rechtsbeugung (§ 339 StGB) als auch wegen Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) ausscheidet.

1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 [X.]). Spricht es einen Angeklagten frei, weil es Zweifel nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Insbesondere ist es ihm verwehrt, die Beweiswürdigung des Tatgerichts durch seine eigene zu ersetzen. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich somit darauf, ob dem Tatgericht bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, etwa hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des [X.]es, wenn sie Lücken aufweist, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden. Ferner ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft, wenn die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt werden oder sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass die einzelnen Beweisergebnisse in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden. Weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst ist es geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteile vom 11. April 2013 - 5 [X.] und vom 21. Dezember 2016 - 1 [X.], je mwN).

2. Gemessen an diesen [X.]ßstäben hält der Freispruch des Angeklagten revisionsgerichtlicher Überprüfung stand:

a) Seine Überzeugung davon, dass der Angeklagte rechtsirrig von seiner Zuständigkeit für den Erlass aller drei Haftbefehle ausging, hat das [X.] nach umfassender Würdigung der erhobenen Beweise mit einer Vielzahl tragfähiger Argumente begründet: Die subjektive Annahme eigener Zuständigkeit sei gerade vor dem Hintergrund der engen Verflechtung aller Tatvorwürfe und der im Verfahren gegen alle drei Beteiligte durchgeführten Durchsuchungen sowie die gemeinschaftlichen Verdunkelungshandlungen nachvollziehbar. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte aus sachfremden Erwägungen die Zuständigkeit wider besseres Wissen an sich gezogen habe, um zu Lasten der von der Verhaftung betroffenen [X.]rsonen eine von ihm gewünschte Entscheidung herbeizuführen, die bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften voraussichtlich nicht zu erreichen gewesen wäre. Vielmehr seien die Haftentscheidungen überzeugend begründet worden. Gegen das Vorliegen eines entsprechenden Vorsatzes spreche bereits, dass die Rechtsfrage zur Tatzeit durchaus kontrovers beurteilt worden sei, ob aus § 125 Abs. 1 [X.] die gleichrangige unmittelbare Zuständigkeit jedes [X.]s bei dem Amtsgericht folge, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet sei.

Bei der Saalverhaftung habe es sich - auch angesichts der sonst ruhigen und besonnenen Verhandlungsführung - nicht um eine „effektheischende öffentliche [X.]chtdemonstration“, sondern um eine unmittelbare Reaktion auf die Verdunkelungshandlungen des [X.] [X.] während laufender Hauptverhandlung gehandelt. Das Prozedere der Verhaftung habe ähnlichen Fällen entsprochen. Der Angeklagte habe zudem keinerlei persönlichen Nutzen aus der Verhaftung gezogen, sondern angesichts der Verhaftung eines Rechtsanwalts mit einer umfangreichen rechtlichen Überprüfung seines Vorgehens rechnen müssen. Der handschriftlich abgesetzte kurze Verbindungsbeschluss erschöpfe sich sachlich darin, dass über die drei Haftbefehlsanträge einheitlich entschieden werde. Der Angeklagte habe seine Rechtsauffassung auch nach außen, etwa gegenüber dem Behördenleiter, nachdrücklich vertreten. Hinweise für eine sachfremde Motivation seien weder dem beruflichen Vorleben noch der damaligen [X.] zu entnehmen.

b) Diese Überzeugungsbildung des [X.]s lässt angesichts der festgestellten Besonderheiten des vom Angeklagten geführten Strafverfahrens Rechtsfehler nicht erkennen. Das [X.] hat bei seiner Würdigung alle wesentlichen Gesichtspunkte des Falls erörtert und gegeneinander abgewogen.

Auch der Inhalt wichtiger Zeugenaussagen wie derjenigen des früheren Mitangeklagten [X.]    ist in dem mit 175 Seiten überaus ausführlichen Urteil in ausreichendem Umfang wiedergegeben. Aus Rechtsgründen war hier keine umfangreichere Darstellung des Ergebnisses der Beweisaufnahme geboten.

c) Das weitere Prozedere des Angeklagten ist - wie der [X.] bereits in seinem Urteil vom 11. April 2013 bei insoweit gleichbleibenden landgerichtlichen Feststellungen näher ausgeführt hat - weder für sich noch in seiner Gesamtschau geeignet, den Vorwurf der Rechtsbeugung gegen den Angeklagten zu begründen oder das Vorgehen im Zusammenhang mit der Verhaftung in gänzlich anderem Licht erscheinen zu lassen.

V.

Die mit der Sachrüge begründete Revision des [X.] [X.]ist aus den unter [X.] ausgeführten Erwägungen ebenfalls unbegründet.

Der [X.] hält die Revision des [X.] [X.]allerdings - anders als der [X.] - für zulässig. Eine bindende Entscheidung des [X.]s darüber, dass eine Straftat zum Nachteil dieses [X.] ausscheide, lag mit dem [X.]surteil vom 11. April 2013 nicht vor. Zwar war das zur Entscheidung berufene [X.] gemäß § 358 Abs. 1 [X.] an die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde lag, gebunden. [X.] sind bei der Aufhebung aus sachlich-rechtlichen Gründen indes nur diejenigen Ausführungen, die der Aufhebung zugrunde liegen. Keine formelle Bindungswirkung haben hingegen Rechtsausführungen, mit denen - wie bei der Frage der materiellen Rechtsmäßigkeit des Haftbefehls gegen den Nebenkläger [X.]- die Ansicht des Tatgerichts gebilligt wird oder die nur Ratschläge und Empfehlungen für die neue Entscheidung enthalten (vgl. [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 358 Rn. 6 mwN). Zudem ist das Tatgericht im Falle der Aufhebung sämtlicher Feststellungen wie durch das [X.]surteil vom 11. April 2013 nicht gehindert, andere Tatsachen festzustellen und Rechtsfragen zu entscheiden, die zu beantworten das Revisionsgericht aufgrund der früheren Feststellungen keinen Anlass hatte (vgl. [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26. Aufl., § 358 Rn. 13 mwN).

VI.

Die vom [X.] getroffene Kostenentscheidung weist keinen Rechtsfehler auf. Die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Kostenbeschwerde hat deshalb keinen Erfolg.

VII.

Die Kosten- und Auslagenentscheidungen beruhen auf § 473 Abs. 1 und 2 [X.] (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 6. Dezember 2007 - 3 [X.], [X.], 146, und vom 30. November 2005 - 2 [X.], [X.], 128 [LS]).

Mutzbauer     

       

Sander     

       

Schneider

       

Dölp     

       

[X.]     

       

Meta

5 StR 19/17

10.05.2017

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Potsdam, 13. Juni 2016, Az: 22 KLs 14/13

§ 239 Abs 1 StGB, § 339 StGB, § 261 StPO, § 358 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.05.2017, Az. 5 StR 19/17 (REWIS RS 2017, 11195)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11195

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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