Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.08.2012, Az. 7 B 1/12

7. Senat | REWIS RS 2012, 4022

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde; rechtliches Gehör; grundsätzliche Bedeutung bei Fragen des auslaufenden bzw. ausgelaufenen Rechts


Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von [X.], das ihre Rechtsvorgängerin auf der Grundlage der Vorschriften des Wassergesetzes der [X.] für in [X.] gelegene Kraftwerke für das letzte Quartal 1990 auf ein Konto der [X.] Obere Elbe/[X.] gezahlt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sei bezüglich der Zahlung für eines der Kraftwerke gegeben. Die diesbezügliche Einzahlung auf das Konto der [X.] bei der [X.] habe zu einer Vermögensverschiebung zu Gunsten des [X.]eklagten geführt. Denn nach den [X.]estimmungen des [X.] habe es sich bei der Direktion im [X.]punkt der Einzahlung im November 1990 um eine [X.]ehörde des [X.]eklagten gehandelt. Unerheblich sei, ob der [X.]etrag danach möglicherweise an den [X.] weitergeleitet und wie der Haushalt des [X.]eklagten damals verwaltet worden sei. Die Vermögensverschiebung habe materiellem Recht nicht entsprochen. Denn spätestens ab dem 3. Oktober 1990 habe es für die Erhebung eines [X.]s nach dem Wassergesetz der [X.] eine rechtliche Grundlage nicht mehr gegeben.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde des [X.]eklagten.

II.

3

Die auf die Zulassungsgründe eines [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Der Anspruch des [X.]eklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist nicht verletzt.

5

Dieser Anspruch verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der [X.]eteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie entscheidungserheblich sind ([X.], [X.]eschluss vom 17. November 1992 - 1 [X.]vR 168/89 u.a. - [X.]E 87, 363 <392 f.> m.w.N.; [X.]VerwG, Urteile vom 29. November 1985 - [X.]VerwG 9 [X.] 49.85 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 177 S. 65 m.w.N. und vom 20. November 1995 - [X.]VerwG 4 [X.] 10.95 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22). Eine Verletzung des Anspruchs ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene [X.] auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben ([X.], [X.]eschluss vom 10. Juni 1975 - 2 [X.]vR 1086/74 - [X.]E 40, 101 <104 f.>). Dazu muss das Gericht nicht auf sämtliches Tatsachenvorbringen und alle Rechtsauffassungen eingehen, die im Verfahren von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind ([X.], [X.]eschlüsse vom 10. Juni 1975 a.a.[X.] und vom 5. Oktober 1976 - 2 [X.]vR 558/75 - [X.]E 42, 364 <368>). [X.] des Tatsachenvorbringens einer Partei, der nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts von zentraler [X.]edeutung für den Ausgang des Verfahrens ist, muss in den Gründen der Entscheidung behandelt werden (Urteil vom 20. November 1995 a.a.[X.]). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist dann festzustellen und gegeben, wenn auf den Einzelfall bezogene Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines [X.]eteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist ([X.], [X.]eschlüsse vom 1. Februar 1978 - 1 [X.]vR 426/77 - [X.]E 47, 182 <187 f.> und vom 19. Mai 1992 - 1 [X.]vR 986/91 - [X.]E 86, 133 <146>). Solche Umstände sind vorliegend nicht erkennbar.

6

Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorbringen des [X.]eklagten, wonach in Gestalt der Erklärung der Rechtsvorgängerin der Klägerin über die [X.]erechnung des [X.]s ein [X.] für das Erlangte gegeben sei, ausweislich der diesbezüglichen Ausführungen im Tatbestand seines Urteils ([X.] Rn. 2, 23) und der dortigen Wiedergabe der Erwiderung der Klägerin ([X.] Rn. 15) zur Kenntnis genommen. Es hat diesen Vortrag in den Entscheidungsgründen auch verbeschieden, indem es darauf abstellt, dass es spätestens für die [X.] ab dem 3. Oktober 1990 für die Erhebung des [X.]s keine rechtliche Grundlage mehr gegeben habe ([X.] Rn. 36), und zur Erläuterung auf einschlägige Gerichtsentscheidungen verweist (siehe insbesondere [X.], Urteil vom 9. Februar 1994 - 2 A 82/92 - [X.] 1994, 260 <261 f.> sowie - dem folgend - [X.], Urteil vom 5. Oktober 1995 - 2 KO 5/93 - ZfW 1997, 133 ). Darin kommt zugleich die Auffassung zum Ausdruck, dass die Regelungen des [X.]-Rechts über Selbstverpflichtungen der genannten Art ungeachtet ihrer rechtlichen Einordnung nicht mehr anwendbar waren. Soweit der [X.]eklagte rügt, dass das Oberverwaltungsgericht seinen Vortrag in dessen rechtlicher [X.]edeutung nur unzulänglich verarbeitet habe, vermag dies der [X.] nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert nicht die Einhaltung eines vom [X.]etroffenen als angemessen erachteten Umfangs der rechtlichen Auseinandersetzung mit [X.] seinen Argumenten.

7

2. Grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Dies wäre nur dann der Fall, wenn für die Entscheidung des [X.] eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von [X.]edeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

8

Die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,

ob aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 EV in Verbindung mit § 22 Ländereinführungsgesetz unmittelbar folgt, dass ab 3. Oktober 1990 der Vermögenszuwachs bei dem [X.]eklagten eingetreten und damit das Land Leistungsempfänger ist,

bezieht sich auch in ihrem fallübergreifenden Gehalt auf ausgelaufenes Recht. Solche Rechtsfragen haben nach ständiger Rechtsprechung des [X.]esverwaltungsgerichts trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche [X.]edeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll (vgl. etwa [X.]eschlüsse vom 9. Dezember 1994 - [X.]VerwG 11 PKH 28.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 3, vom 13. Juli 2007 - [X.]VerwG 3 [X.] 16.07 - [X.] 451.511 § 6 [X.] Nr. 9 sowie - für das Übergangsstadium der [X.] - vom 5. Juni 1998 - [X.]VerwG 11 [X.] 45.97 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 18 S. 24 = ). Eine Ausnahme von der Regel, dass Fragen des auslaufenden bzw. ausgelaufenen Rechts die Zulassung der Grundsatzrevision nicht rechtfertigen, ist in der Rechtsprechung des [X.]esverwaltungsgerichts dann anerkannt, wenn die Klärung der Rechtsfragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin von [X.]edeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der [X.]eschwerdeführer darlegungspflichtig. Es müssen Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von [X.] dargetan und ersichtlich sein (vgl. [X.]eschluss vom 20. Dezember 1995 - [X.]VerwG 6 [X.] 35.95 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 12). Dem trägt die [X.]egründung der [X.]eschwerde mit dem unsubstantiierten - und von der [X.]eigeladenen bestrittenen - Hinweis auf eine Vielzahl von weiteren Fällen nicht ausreichend Rechnung.

9

Entsprechendes gilt für die Frage, mit der der [X.]eklagte die Rechtsnatur einer Selbsterklärung nach den Vorschriften des Wasserrechts der [X.] geklärt wissen will (siehe [X.]eschluss vom 20. Juli 1994 - [X.]VerwG 8 [X.] 92.94 - ZfW 1995, 16) sowie für die Frage, wer als Empfänger der Zahlung anzusehen und bei wem demnach die Vermögensmehrung eingetreten ist; für die [X.]eantwortung der letztgenannten Frage soll nach Auffassung des [X.]eklagten die Überleitungsvorschrift des Art. 9 Abs. 2 EV von maßgeblicher [X.]edeutung sein.

Meta

7 B 1/12

08.08.2012

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 20. September 2011, Az: 4 A 512/09, Urteil

§ 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.08.2012, Az. 7 B 1/12 (REWIS RS 2012, 4022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4022

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