Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2014, Az. V ZR 169/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6931

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V
ZR
169/13
vom

20. März 2014

in dem Rechtsstreit

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 20. März 2014
durch die
Richter Dr.
Lemke
und
Dr.
[X.],
die
Richterinnen [X.] und Weinland
und den Richter Dr.
Kazele
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird der Be-schluss des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10.
Juni
2013 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 95.000

Gründe:
I.
Der Kläger verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 17.
November
1999 eine Teilfläche von 452 m² eines Grundstückes für 173.000
DM an die Beklagten, die als Eigentümer in das Grundbuch eingetra-gen wurden. Mit der Begründung, bei Abschluss des Kaufvertrages geschäfts-unfähig gewesen zu sein, erhob er 2009 Klage auf Zustimmung zur Berichti-gung des Grundbuchs dahingehend, dass nicht die Beklagten, sondern er Ei-gentümer des Grundstücks
sei. Das [X.] hat nach Einholung eines psy-chiatrischen Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Das [X.]
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mergericht hat die Berufung des [X.] durch Beschluss gemäß §
522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.].

II.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger den Beweis für eine Geschäftsunfähigkeit bei Abschluss des Kaufvertrages nicht erbracht. Die auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens geäußerten Zwei-fel des [X.]s seien nicht von der Hand zu weisen. Zu Recht nehme die-ses an, dass eine Vernehmung der Ärzte und Psychologen, die den Kläger im Zeitraum 1999/2000 untersucht hatten, nicht geboten gewesen sei. Denn der Sachverständige -
und ihm folgend das [X.] -
habe die sich aus den seitens des [X.] vorgelegten ärztlichen Attesten ergebenden Äußerungen dieser Personen als wahr unterstellt und sie seiner Bewertung zugrunde gelegt.
Die Vernehmung der Ärztin [X.]und der Psychologin [X.]sei
auch deshalb nicht geboten, weil der Gerichtssachverständige in einem vor dem [X.] geführten Parallelverfahren zu deren Äu-ßerungen, wie sie in dem von dem Kläger vorgelegten Privatgutachten I.
festgehalten
seien, mündlich Stellung genommen habe und zu keinem anderen Ergebnis gekommen sei.

III.
Die Beschwerde hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise 2
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verletzt hat. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht eine Verletzung des [X.] durch die Zurückweisung des Beweisangebots auf Vernehmung der den Kläger im Zeitraum 1999/2000 behandelnden Ärzte und Psychologen [X.], Dr.
E.
De. , [X.], [X.]
und
[X.].
1. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 19. Januar 2012 -
V [X.], [X.], 164 Rn. 8 mwN).
Geht es um den Geisteszustand einer Person in der Vergangen-heit, so ist die Verwertung eines ärztlichen Attests im Wege des [X.] anstelle der beantragten unmittelbaren Anhörung des (sachverständi-gen) Zeugen unzulässig, wenn sich der Beweisantritt auf die dem Attest zu-grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen bezieht (Senat, Beschluss vom 18. September 2013 -
V [X.], juris Rn. 5; vgl. auch [X.], Urteil vom 10.
Juli 1997 -
III ZR 69/96, NJW 1997, 3096, 3097).
2. Danach hat das Berufungsgericht zu Unrecht von der Vernehmung der von dem Kläger benannten Zeugen abgesehen.
a) Der Kläger hat zum Nachweis seiner Behauptung, er sei bei [X.] aufgrund einer krankhaften Störung seiner Geistestätigkeit geschäfts-unfähig gewesen, die persönliche Vernehmung der ihn 1999/2000 behandeln-den Ärzte und Psychologen beantragt. [X.] meint das Berufungs-gericht, die Vernehmung der Zeugen sei deshalb nicht erforderlich, weil das [X.] und der Gerichtssachverständige die in den Attesten enthaltenen Angaben als wahr unterstellt hätten. Eine Einführung schriftlicher Zeugenanga-ben im Wege des [X.] kommt nicht in Betracht, wenn die Partei von ihrem Recht Gebrauch macht, die unmittelbare Vernehmung des Zeugen 4
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zu beantragen (Senat, Beschluss vom 18. September 2013 -
V [X.], juris Rn. 7 mwN).
b) Die Vernehmung der Ärztin D. und der Psychologin [X.]war
auch nicht im Hinblick auf die in einem Urteil des [X.], in welchem es um die Geschäftsfähigkeit des [X.] im Jahr 2000 ging, wiedergegebenen mündlichen Ausführungen des Gerichtssachverständigen entbehrlich. Abgesehen davon, dass in dem dortigen Verfahren die beiden Zeuginnen nicht vernommen worden waren (was zur Aufhebung des Urteils führte, Senat, Beschluss vom 18. September 2013 -
V [X.], juris), [X.] der Hinweis des Berufungsgerichts auf mündliche Äußerungen des Sach-verständigen in einem Parallelverfahren die beantragte Vernehmung von [X.] im hiesigen Verfahren nicht zu ersetzen.
3. Der Beweisantritt ist entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschlie-ßen, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt, wenn es dem Beweisangebot des [X.] -
zweckmäßigerweise im Beisein des Sach-verständigen (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juli 1997 -
III ZR 69/96, NJW 1997, 3096, 3097 mwN) -
nachgeht. Die benannten Zeugen haben den Zustand des [X.] in
dem maßgeblichen Zeitpunkt erlebt. Ihre tatsächlichen [X.] bilden eine wesentliche Grundlage für die sachverständige Begutach-tung. Der Sachverständige selbst hatte bei seiner mündlichen Anhörung darauf hingewiesen, dass er bei Vorliegen anderer Anknüpfungstatsachen möglicher-weise zu einem anderen Ergebnis bei der Begutachtung kommen würde.
4. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, zu den wirksam in den Prozess eingeführten Vorwürfen des [X.] gegen den gericht-lichen Sachverständigen im Zusammenhang mit der Verhandlung vor dem 7
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[X.] eine Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen.
5. Die weiteren mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Von einer näheren Begründung wird gemäß §
544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Lemke
[X.]
Brückner

Weinland
Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.10.2011 -
38 [X.]/09 -

KG Berlin, Entscheidung vom 10.06.2013 -
26 [X.]/11 -

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Meta

V ZR 169/13

20.03.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2014, Az. V ZR 169/13 (REWIS RS 2014, 6931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6931

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