Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2014, Az. X ZR 95/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4871

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZR 95/11
vom
17. Juni 2014

in der Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat am
17. Juni 2014
durch [X.], die Richter [X.], Dr. Grabin-ski
und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:

Die Vergütung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. [X.]. E.

für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens wird
unter Zurückweisung seines weitergehenden Antrags auf 11.387,71

zsteuer festgesetzt.
Gründe:

[X.] Der gerichtliche Sachverständige hat in dem durch Vergleich beende-ten
[X.]
ein schriftliches Gutachten erstellt
und dafür eine Vergütung von 33.660

msatzsteuer vorgeschlagen. Nachdem beide Parteien dem Vorschlag widersprochen haben, hat er diesen näher spezi-fiziert. Für das Studium von Akten
und Schriftsätzen
sowie die Recherche des Stands der Technik
sind 116 Stunden und für die endgültige Erstellung des Gutachtens weitere 64 Stunden, insgesamt also 180 Stunden zum "zweifachen Gebührensatz nach § 9 ([X.]) [X.]" (170

, insgesamt 30.600

angesetzt;
für Aufwendungen betreffend die fotografische Auswertung und Do-

.
1
-
3
-
I[X.] Der geltend gemachte Vergütungsanspruch ist nur teilweise gerecht-fertigt.
1. Die Vergütung des Sachverständigen bestimmt sich nach dem Justiz-vergütungs-
und -entschädigungsgesetz in der bis zum
31. Juli 2013 geltenden Fassung
([X.] 2004 I S. 718, 776), weil der Sachverständige vor Inkrafttreten des [X.] vom 23. Juli 2013 ([X.]
I S. 2586) herangezogen worden ist (§ 24 [X.]).
2. Angesichts des Umfangs des [X.] und unter Berück-sichtigung aller Umstände vermag der Senat die Notwendigkeit von mehr als 100 Stunden Arbeitszeit nicht anzuerkennen.
a) Der Gutachtenauftrag bezog sich nicht auf einen umfassenden Be-weisbeschluss, wie er üblicherweise der Hinzuziehung von gerichtlichen Sach-verständigen durch den Senat in [X.] zugrunde lag, auf die das [X.] in der bis zum 30. September 2009 geltenden [X.] Anwendung fand
(Muster bei [X.], [X.], 4. Aufl., Rn. 337), und zu dessen Erfüllung vom Sachverständigen eine eingehende Auseinandersetzung mit der geschützten Erfindung einschließlich ihrer Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit gegenüber dem gesamten in das jeweilige Verfahren eingeführten Stand
der Technik
unter Berücksichti-gung des Streitstoffs in den Gerichtsakten erwartet wurde (vgl. etwa [X.], [X.] vom 25. September 2007

X ZR 52/05 Rn.
5). Der Sachverständige ist
vielmehr,
nachdem auf den Streitfall das [X.] in der seit dem 1. Okto-ber 2009 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. § 147
Abs. 2 [X.]), auf-grund des [X.] des Senats vom 20. November 2012 tätig ge-worden. Dabei konnte er zum einen
für die Begutachtung von der im Beschluss dargelegten Bewertung des Sach-
und Streitstands ausgehen, so wie dieser 2
3
4
5
-
4
-
sich dem Senat nach der vorangegangenen mündlichen Verhandlung darbot. Zum anderen waren auf der Grundlage dieser Bewertung im Beschluss vier konkrete Beweisfragen formuliert, die der Sachverständige beantworten sollte.
b) Soweit es den konkret anrechenbaren zeitlichen Aufwand betrifft, ist diesem nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dadurch eine Ober-grenze gesetzt, dass ein gerichtlicher Sachverständiger, zumal ein Hochschul-lehrer, fachliche Kompetenz gerade für das Gebiet besitzt und besitzen muss, auf das sich die Begutachtung bezieht. Zwischen Fachkunde und zeitlichem Begutachtungsaufwand muss eine gewisse plausible Proportionalität gewahrt bleiben ([X.], Beschluss vom 28. Mai 2013 -
X [X.], [X.], 863 Rn. 5 mwN -
Sachverständigenentschädigung
VI).
Insoweit ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass die technische Lehre des Streitpatents sich auf der Grundlage der übersichtlichen Streitpatentschrift schnell und leicht erschließt. Soweit es die vom Senat gestellte Frage anbe-langt, ob die Verhältnisse und Gegebenheiten in der Automobilindustrie und der Stand der Technik im Bereich der Laserschweißtechnologie am [X.] hinreichende Voraussetzungen dafür
boten, dass der mit dem Problem des Streitpatents befasste Fachmann eine Lösung auf dem vom Streitpatent be-schrittenen Weg suchen konnte, ist zu berücksichtigen, dass dieser Hintergrund bereits in zwei zu den Akten gereichten
Privatgutachten dargestellt
und von den Parteien durch Fachliteratur weiter dokumentiert und [X.] war. An schriftlichen Entgegenhaltungen mit einer konkreten technischen Lehre war im Wesentlichen nur ein Dokument ([X.]) zu würdigen. Auch unter Einbeziehung
des Umstands, dass der Sachverständige zur Beantwortung der Frage II
3 des [X.] nach dem Anregungsgehalt der im Anlagen-konvolut D
1 dokumentierten Lösung Vergleichsberechnungen angestellt hat, und dass ihm mit dem Auftrag insbesondere zur Veranschaulichung der im 6
7
-
5
-
Stand der Technik angewendeten Schweißverfahren mehrere [X.] übergeben worden waren, die er im Gutachten dokumentiert hat, lässt sich die Anerkennung eines
höheren
Begutachtungsaufwands
als insgesamt [X.] nicht plausibel begründen
und rechtfertigen. Das gilt umso mehr, als die schriftliche Ausarbeitung des Gutachtens sich in der Sache auf 10 Seiten be-schränkt, wobei grafische und fotografische Darstellungen einen nicht ganz un-erheblichen Raum einnehmen. Zwischen der Länge einer schriftlichen [X.] und dem mit ihrer Erarbeitung verbundenen Aufwand muss zwar keine lineare Korrelation bestehen. Hier
ist aber auch umgekehrt nichts dafür
ersicht-lich, dass die schriftliche Ausarbeitung die sehr gedrängte Darstellung der auf-wendigen Durchdringung eines schwierigen Stoffs und umfangreichen Materials darstellt.
3. Die Tätigkeit des gerichtlichen Sachverständigen im Patentnichtig-keitsverfahren entspricht aufgrund ihrer Komplexität keinem
konkreten in §
9 Abs. 1 [X.] aufgeführten Sachgebiet
und ist deshalb nach billigem Ermessen einer dieser Gruppen, und zwar regelmäßig der [X.] in § 9 [X.] aF zuzuordnen (vgl. [X.] [X.], 863

Sachverständigenent-schädigung
VI). Hieraus folgt auch im Streitfall ein anrechenbarer Stundensatz von 95 Euro.

Für die vom Sachverständigen angesetzte Verdoppelung des Stunden-satzes fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Die Berücksichtigung eines erhöhten Stundensatzes setzt zunächst die Zustimmung zumindest einer Partei (vgl. § 13 Abs. 1, 2,
6 [X.] aF) voraus, die hier indes weder vorab noch nach-träglich erteilt wurde.
Die außerdem erforderliche Zustimmung des Gerichts soll im Übrigen nur erteilt werden, wenn das Eineinhalbfache des nach § 9 [X.] zulässigen Honorars nicht überschritten wird (§ 13 Abs. 2 [X.]).
8
9
-
6
-
4. Für die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Aufwendungen für die fotografische Auswertung und Dokumentation diverser [X.] fehlt
es
im Wesentlichen an einer Grundlage im Gesetz. Mit der Vergütung nach den §§
9 bis 11
[X.] sind auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Er-stattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene [X.] abgegolten. Das schließt die in der spezifizierten Rechnung angeführten Aufwendungen für die fotografische "Auswertung" der [X.] ein. Deren Dokumentation ist über die nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu ersetzenden 2 pro Foto hinaus nicht erstattungsfähig. Gesondert ersetzt werden lediglich für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens aufgewendete notwendige besondere Kosten, beispielsweise Ausgaben für im Zusammenhang mit der Begutachtung unterirdischer Baumängel erforderlichen
Aushub von Erdreich oder notwendige Aufwendungen für Hilfskräfte (§ 12 [X.]). Um solche Kosten geht es bei der besagten Rechnungsposition nicht und es ist auch nicht ersicht-lich, inwieweit derartige nach § 12 [X.] erstattungsfähige Kosten, zumal in dem geltend gemachten Umfang, entstanden sein könnten.
5.

angefangene 1.000
Anschläge (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]), insgesamt [X.] geschätzte 18

. Weiter hinzuzusetzen sind gemäß §
7
Abs. 2 [X.] die Auslagen für zehn Mehrexemplare à
12
Seiten, insgesamt also 120 Seiten, wo-von dem Sachverständigen für die ersten 50 Seiten je 0,50

und für die weite-ren Seiten je 0,15 zustehen, mithin insgesamt 35,50

sgesamt also:
10
11
-
7
-
100 Stunden je 9

9.500,00

8 Fotos

Schreibauslagen
18

Mehrexemplare

35

Summe
9.569

Umsatzsteuer

1.818,21

insgesamt

11.387,71

.
Meier-Beck
[X.]
Grabinski

Deichfuß
Kober-Dehm
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 13.04.2011 -
5 Ni 1/10 ([X.]) -

Meta

X ZR 95/11

17.06.2014

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2014, Az. X ZR 95/11 (REWIS RS 2014, 4871)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4871

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

L 12 SF 263/19 (LSG München)

Anträge auf richterliche Festsetzung § 4 JVEG - § 189 Abs. 2 SGG


X ZR 137/09 (Bundesgerichtshof)

Sachverständigenentschädigung: Einverständnis der Parteien mit abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bemessenden Vergütung; Zustimmung nur …


X ZR 52/05 (Bundesgerichtshof)


2 Ws 419/14 (Oberlandesgericht Köln)


L 15 RF 17/16 (LSG München)

Vergütungsumfang für Sachverständigengutachten - Erwerbsminderungsrente


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

X ZR 95/11

X ZR 137/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.