Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.12.2018, Az. B 5 RE 1/18 B

5. Senat | REWIS RS 2018, 441

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Darlegungspflicht - Klärungsfähigkeit - Entscheidungserheblichkeit


Tenor

Die Beschwerden der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 31. Januar 2018 werden als unzulässig verworfen.

Auf die Beschwerde des Beigeladenen zu 1 wird das Urteil des [X.] vom 31. Januar 2018 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 31.1.2018 hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem [X.] verneint.

2

Die Klägerin ist seit dem 11.7.2000 kraft Gesetzes Pflichtmitglied der Architektenkammer [X.] (Beigeladene zu 2) sowie seit dem [X.] kraft Gesetzes Mitglied des Versorgungswerks der Architektenkammer [X.] ([X.] zu 1). Seit dem [X.] ist sie auf Grundlage eines Anstellungsvertrages vom 16.3.2015 als Sachbearbeiterin für den technischen Einkauf mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden bei der [X.], H. tätig.

3

Die Klage gegen den den Befreiungsantrag der Klägerin ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 9.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] ist erfolgreich gewesen (Gerichtsbescheid des [X.] vom 10.11.2016). Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] mit Urteil vom 31.1.2018 den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es [X.] ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Befreiung nach § 6 Abs 1 [X.] [X.] nicht erfüllt seien, weil die Klägerin keine berufsspezifische [X.] ausübe. Die von ihr verrichtete Tätigkeit könne nicht dem Kernbereich der versorgungs- und kammerrechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil haben die Klägerin und die Beigeladenen Beschwerde eingelegt. Sie berufen sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] sowie Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] . Die Beigeladenen machen darüber hinaus Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] geltend.

5

II. [X.] der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 sind unzulässig (dazu [X.]), während die Nichtzulassungsbeschwerde des Beigeladenen zu 1 zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet ist (dazu C.).

6

A. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]),

-       

das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

7

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 [X.] [X.] dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.] und 2 [X.] zu verwerfen.

8

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, [X.], 2. Aufl 2014, § 160a Rd[X.]2 ff).

9

Die Klägerin misst folgenden Fragen grundsätzliche Bedeutung bei:

        

1. "Ist eine berufsspezifische Tätigkeit dann nicht ausreichend, wenn sie nur einen Randbereich des beruflichen Spektrums umfasst? Ist es deshalb erforderlich, dass die Tätigkeit im Kernbereich der [X.] rechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden kann, bzw. die Tätigkeit die typischen, prägenden Aufgaben nach Maßgabe des Kammer- und Versorgungsrechts umfasst"?

        

2. Setzen "die berufsspezifischen Aspekte einer Architektentätigkeit den planerischen Aspekt unbedingt voraus … und worin (besteht) diese ggf."?

        

3. Ist "eine berufsspezifische Tätigkeit des Architekten nach den Kerntätigkeiten zu beurteilen … und eine Randtätigkeit nicht ausreichend"?

        

4. "Wenn eine Kerntätigkeit zur Beurteilung notwendigerweise ausgeführt werden muss, welche Tätigkeiten (sind) als Kerntätigkeit im Berufsbild eines Architekten zu beurteilen"?

        

5. "Welche Tätigkeiten (müssen) mindestens ausgeführt werden … , damit der Antragsteller als Architekt gilt"?

Es ist bereits fraglich, ob die Beschwerdebegründung mit diesen Formulierungen hinreichend deutlich abstrakt-generelle Rechtsfragen zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 [X.]) aufwirft (vgl Senatsbeschluss vom [X.] - B 5 R 8/10 B - BeckR[X.]010, 68786 Rd[X.]0; [X.] Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 [X.]/07 B - BeckR[X.]009, 50073 RdNr 7). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen einer Grundsatzrüge prüfen kann ([X.], [X.] 2007, 261, 265; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.]81). Es gehört nicht zu den Aufgaben des [X.], aus dem Vortrag des Beschwerdeführers eine entsprechende Rechtsfrage herausz[X.]rbeiten (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]6 S 48). Im vorliegenden Fall bleibt unklar, ob sich die Fragen ausschließlich auf die landesrechtliche Vorschrift des § 1 Abs 1 und 5 [X.] (idF vom [X.]) oder zumindest teilweise auch auf die bundesrechtliche Norm des § 6 Abs 1 [X.] [X.] beziehen.

Sollte die Klägerin den Bedeutungsgehalt des § 1 Abs 1 und 5 [X.] für klärungsbedürftig halten, ist darauf hinzuweisen, dass Landesrecht grundsätzlich nicht revisibel ist und die Beschwerdebegründung nicht darlegt, warum im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Revisibilität anzunehmen sei (vgl hierzu Urteile des Senats vom 7.12.2017 - B 5 RE 10/16 R - [X.] 4-2600 § 6 [X.]4, auch zur Veröffentlichung in [X.]E vorgesehen und vom 22.3.2018 - B 5 RE 5/16 R - [X.] 4-2600 § 6 [X.]6 vorgesehen). Die Prüfung, ob überhaupt revisibles Recht vorliegt, obliegt allein dem Beschwerdeführer (vgl auch [X.]E 56, 45, 51 = [X.] 2100 § 70 [X.] S 8).

Sollten sich Fragen 1 und 3 zumindest auch auf § 6 Abs 1 [X.] [X.] beziehen, wäre jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend aufgezeigt.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] [X.]7). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des [X.] zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das [X.] zu diesem [X.] noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat ([X.]/[X.]/[X.], aaO, [X.] Rd[X.]83 mwN).

Hieran fehlt es. Die Klägerin hat sich nicht mit dem Urteil des Senats vom 7.12.2017 (aaO) auseinandergesetzt. In dieser Entscheidung, die sich mit dem Anspruch eines Tierarztes auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befasst hat, hat sich der Senat eingehend mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen eine verkammerte Tätigkeit nach § 6 Abs 1 [X.] [X.] befreiungsfähig ist.

2. Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das [X.] einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des [X.], des [X.] oder des [X.] aufgestellt hat.

Eine derartige Divergenz hat die Klägerin nicht dargetan. Sie rügt eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem Urteil des 11. Senats des [X.] vom 27.6.2017 - L 11 R 2694/16. Landessozialgerichtliche Entscheidungen stellen jedoch ausweislich des Wortlauts des § 160 Abs 2 [X.] [X.] keine divergenzfähigen Entscheidungen im Sinne der Norm dar.

B. Die Nichtzulassungsbeschwerde der zu 2 beigeladenen Architektenkammer ist unzulässig, weil sie nicht durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist, und daher ebenfalls gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.] und 2 [X.] zu verwerfen.

Zwar ist gemäß § 69 [X.], § 75 Abs 4, § 160 Abs 1 [X.] auch der Beigeladene als Verfahrensbeteiligter zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde berechtigt. Er muss allerdings durch die angefochtene Entscheidung materiell beschwert sein. Dies setzt voraus, dass er geltend machen kann, aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils nach § 141 [X.] unmittelbar in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt zu sein (vgl [X.]E 81, 207, 208 = [X.] 3-2500 § 101 [X.] S 8 mwN; [X.]E 118, 30 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], Rd[X.]4; [X.] Urteil vom [X.] - 3 C 3/95 - Juris Rd[X.]6 mwN). Dies trifft auf die Beigeladene zu 2 nicht zu; sie hat hierzu auch nichts vorgetragen.

Die Bindungswirkung erfasst grundsätzlich nur die Urteilsformel; sie ist auf den in der Urteilsformel enthaltenen Gedanken beschränkt. Tatsächliche Feststellungen und rechtliche Erwägungen, die den Urteilsspruch tragen, sind zwar zum Verständnis heranzuziehen, nehmen aber an der Rechtskraft nicht teil ([X.] [X.] 3-1500 § 75 [X.]1 S 40 mwN).

Die Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung besagt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Hierdurch wird die Beigeladene zu 2 nicht unmittelbar in ihren Rechten betroffen.

Die Urteilsformel bewirkt insbesondere nicht die Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin in der Architektenkammer; diese ist allein von ihrer Eintragung in der Architektenliste abhängig (vgl § 3 Abs 1 Alt 1 der Satzung der Architektenkammer [X.] vom 25.11.2017 und § 3 [X.]). Die Eintragung wird nach § 7 [X.] gelöscht, wenn einer der dort genannten Gründe verwirklicht ist. Diese werden durch die Urteilsformel nicht berührt. Eine unmittelbare Betroffenheit sonstiger Rechtspositionen der Beigeladenen zu 2 ist ebenfalls nicht ersichtlich (vgl §§ 1 - 19 der Satzung der Architektenkammer [X.] sowie die übrigen Vorschriften des [X.]).

C. Die Beschwerde des zu 1 beigeladenen Versorgungswerks ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] begründet (§ 160a Abs 5 [X.]).

1. Der Beigeladene zu 1 ist durch das angefochtene Urteil im oben dargelegten Sinne beschwert. Wird das einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung verneinende Urteil des [X.] rechtskräftig, ist der Beigeladene zu 1 hieran gemäß § 141 Abs 1 [X.], § 69 [X.] [X.] gebunden. In diesem Fall hat die Klägerin an den Beigeladenen zu 1 keinen Beitrag in Höhe des an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlenden Beitrags (vgl § 17 Abs 1 der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer [X.] - Stand: 1.1.2018), sondern ¼ des [X.] zu entrichten, falls sie keine Befreiung vom Versorgungswerk beantragt (vgl § 17 Abs 2 [X.] der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer [X.]). Dies wirkt sich umso nachteiliger aus, je mehr die Klägerin ihre wöchentliche Arbeitszeit erhöht. Sollte die Klägerin einen Antrag auf Befreiung vom Versorgungswerk stellen, kann der Beigeladene zu 1 diesem nicht entgegentreten. Gemäß § 12 Abs 1 [X.] iVm § 11 Abs 1 der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer [X.] werden als Angestellte eingetragene Mitglieder der Architektenkammer vielmehr von der Teilnahme befreit, solange sie Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Durch die Befreiung endet die Teilnahme (§ 14 [X.] [X.] der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer [X.]).

2. Der Beigeladene zu 1 hat auch entsprechend den Erfordernissen des § 160a Abs 2 [X.] [X.] den Verfahrensmangel der fehlenden notwendigen Beiladung des Arbeitgebers der Klägerin gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] dargetan. Der Verfahrensmangel liegt auch vor.

a) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, sind diese gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] beizuladen. Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht hat. Es handelt sich somit um einen Streit über das Bestehen der Versicherungspflicht. Bei einem solchen Rechtsstreit kann die Entscheidung gegenüber Arbeitgeber und Versichertem nur einheitlich ergehen ([X.] Urteil vom 23.2.1977 - 12 RK 14/76 - Juris Rd[X.]4; vgl auch [X.] [X.] 1500 § 75 [X.]9 S 41; [X.] Urteil vom 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R - Juris Rd[X.]5 = [X.] 3-5868 § 3 Nr 5).

Die Entscheidung über die Versicherungspflicht greift unmittelbar in die Rechtssphäre des Arbeitgebers ein. Sie bestimmt, ob er im Außenverhältnis Beitragsschuldner ist, oder dem Arbeitnehmer gegenüber teilweise ausgleichspflichtig ist.

In der gesetzlichen Rentenversicherung schuldet der Arbeitgeber gemäß § 174 [X.] iVm § 28e [X.] im Außenverhältnis gegenüber dem Versicherungsträger die Beiträge für den versicherungspflichtig Beschäftigten in vollem Umfang und macht die Beitragshälfte des Arbeitnehmers (vgl § 168 Abs 1 [X.]) diesem gegenüber durch Lohnabzug geltend (§ 28g [X.]). Für Beschäftigte, die nach § 6 Abs 1 [X.] [X.] von der Versicherungspflicht befreit sind, zahlt der Arbeitgeber hingegen gemäß § 172a [X.] einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Beitrags zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, höchstens aber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden wären. In der berufsständischen Versorgung ist mithin nur das Mitglied Beitragsschuldner, während der Arbeitgeber dem Mitglied den Arbeitgeberbeitrag als Zuschuss schuldet (Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines [X.] zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 3.8.2011 - BT-Drucks 17/6764 [X.]2 zu [X.]0).

b) Hinsichtlich der von § 160 Abs 2 [X.] [X.] geforderten möglichen Kausalität zwischen geltend gemachtem Verfahrensmangel und der angefochtenen Entscheidung stellt sich bei der Rüge der unterlassenen notwendigen Beiladung iS von § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] die Frage, ob der Beschwerdeführer auch darlegen muss, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsauffassung des [X.] - auf dem Mangel beruhen kann (so [X.] Beschluss vom 28.12.2017 - [X.] [X.] 71/17 B - Juris RdNr 7; [X.] Beschluss vom 17.5.2018 - [X.] [X.] 1/18 B - Juris RdNr 6; Beschluss des Senats vom [X.] - B 5 R 38/18 B - Juris Rd[X.]0; vgl auch [X.] Beschluss vom [X.] [X.] 22/17 B - Juris RdNr 6), oder ob bei einem solchen Verfahrensverstoß der Einfluss auf die Entscheidung entsprechend einem absoluten Revisionsgrund (§ 202 [X.] [X.] iVm § 547 ZPO) unwiderlegbar vermutet wird (so [X.] Beschluss vom 8.5.2008 - [X.]/07 - Juris RdNr 9; [X.] Beschluss vom 14.11.2008 - IV B 136/07 - Juris RdNr 40; [X.] Beschluss vom 21.12.2011 - [X.]/10 - Juris RdNr 6; vgl auch [X.] in Gräber, FGO, 8. Aufl 2015, § 115 RdNr 97).

Für letztere Rechtsauffassung spricht, dass die unterbliebene echte Beiladung iS von § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist ([X.]E 61, 197, 199 = [X.] 7723 § 9 [X.] [X.]; [X.] [X.] 4-3250 § 14 [X.] Rd[X.]6; [X.] Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 22/10 R - Juris Rd[X.]8) und die Unterlassung einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens darstellt, weil die Vorschrift eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung regelt (vgl [X.] Beschluss vom 8.5.2008 - [X.]/07 - Juris RdNr 9; [X.] Beschluss vom 14.11.2008 - IV B 136/07 - Juris RdNr 40; [X.] Beschluss vom 21.12.2011 - [X.]/10 - Juris RdNr 6; vgl auch B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/ [X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 75 Rd[X.]3a mwN). Insbesondere aber ist die Unterlassung einer notwendigen Beiladung iS von § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] mit der Verletzung rechtlichen Gehörs eines Beteiligten vergleichbar, der daran gehindert wird, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Der nach § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] notwendig [X.] wird durch die Unterlassung der Beiladung an jedwedem Vorbringen und damit auch an einer Anhörung in der mündlichen Verhandlung gehindert, obwohl die Entscheidung - wie bei den Hauptbeteiligten - unmittelbar in seine Rechtssphäre eingreift. Im ersten Fall sind aber grundsätzlich keine näheren Darlegungen zur Kausalität erforderlich (vgl nur [X.] Beschluss vom [X.] KR 144/10 B - Juris RdNr 5 mwN). Letztlich bedarf die angesprochene Frage hier keiner Entscheidung.

Der [X.] hat nämlich aufgezeigt, dass die Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Es besteht die Möglichkeit, dass bei Beteiligung des Arbeitgebers der Klägerin am Verfahren und seiner Darstellung ihrer Tätigkeit das [X.] eine andere Bewertung der Leistungen der Klägerin als Architektin vorgenommen hätte.

c) Da § 168 [X.] [X.] dem [X.] lediglich die Möglichkeit eröffnet, eine notwendige Beiladung im Revisions-, nicht aber im Beschwerdeverfahren nachzuholen (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 168 Rd[X.]c mwN aus der Rspr), kommt nur die Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache an die Vorinstanz in Betracht.

3. Auf die weiteren vom Beigeladenen zu 1 vorgebrachten Revisionszulassungsgründe kommt es nach alldem nicht an (vgl auch [X.] vom 21.12.2011 - [X.]/10 - Juris RdNr 7).

4. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird das [X.] zu beachten haben, dass sich die Frage, ob eine befreiungsfähige Beschäftigung iS von § 6 Abs 1 [X.] [X.] vorliegt, nach den Urteilen des Senats vom 7.12.2017 (aaO) und 22.3.2018 (aaO) ausschließlich in Anwendung der Normen des Kammer- und Versorgungsrechts entscheidet, und daher der Tatbestand des § 6 Abs 1 [X.] [X.] nicht durch ungeschriebene Tatbestandsmerkmale - wie die Approbationspflichtigkeit der ausgeübten Tätigkeit oder sonstige einschränkende Umstände - angereichert und dadurch in seinem Anwendungsbereich eingeengt werden darf.

In diesem Zusammenhang weist der Senat erneut darauf hin, dass Landesrecht zwar grundsätzlich nicht revisibel ist, etwas anderes jedoch dann gilt, wenn das [X.] bei der Auslegung von Landesrecht allgemein geltende Auslegungsgrundsätze verletzt, die dem Bundesrecht angehören (vgl Urteil des Senats vom 7.12.2017, aaO, Rd[X.]7 f).

Insoweit wird das [X.] zu bedenken haben, dass nach § 1 Abs 1 [X.] Berufsaufgabe des Architekten "insbesondere" die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und [X.] Planung von Bauvorhaben ist, und der Begriff "insbesondere" eine Öffnungsklausel für weitere Tätigkeitsfelder eines Architekten darstellt. Ferner wird zu berücksichtigen sein, dass der Landesgesetzgeber in Abs 5 über die unmittelbare Planung und Ba[X.]usführung hinausgehende Aufgaben ergänzend in das Gesetz aufgenommen hat, um der Entwicklung Rechnung zu tragen, dass Bauherren zunehmend eine umfassende Betreuung ihrer Projekte erwarten, die teilweise weit vor der eigentlichen Planungstätigkeit ansetzt und mitunter auch noch nach Übergabe des Vorhabens fortbestehen kann (Gesetzentwurf der Landesregierung - Gesetz zur Änderung des Bauberufsrechts und anderer Gesetze, Landtag von [X.] - [X.] 15/7857, [X.]8 zu § 1 Abs 5 [X.]).

Des Weiteren wird das [X.] zu beachten haben, dass nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom [X.] - Juris Rd[X.]4), auf die der Senat bereits in seinem Urteil vom 7.12.2017 (aaO, Rd[X.]0) hingewiesen hat, auch eine Tätigkeit "in einem Randbereich" eines verkammerten Berufs eine die Zwangsmitgliedschaft in der [X.] begründende Berufsausübung ist. In diesem Zusammenhang hat das [X.] hervorgehoben, dass der Zweck des Kammerrechts, die [X.] des Berufsstandes zu wahren, es rechtfertige, alle Tätigkeitsbereiche zu erfassen, also auch "Randgruppen", die in Grenzbereichen zu anderen Berufen tätig seien (vgl [X.], aaO). Ob angesichts dieser Rechtsprechung eine Unterscheidung zwischen einem Kernbereich und einem Randbereich verkammerter Tätigkeiten mit daran anknüpfenden unterschiedlichen Rechtsfolgen zulässig erfolgen kann, dürfte zweifelhaft sein.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des [X.] zur Hauptsache vorbehalten.

Meta

B 5 RE 1/18 B

13.12.2018

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: RE

vorgehend SG Mannheim, 10. November 2016, Az: S 4 R 825/16, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 4 S 1 SGG, § 169 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.12.2018, Az. B 5 RE 1/18 B (REWIS RS 2018, 441)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 441

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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