Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.05.2021, Az. EnVR 14/20

Kartellsenat | REWIS RS 2021, 6221

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Energiewirtschaftsrechtliche Verwaltungssache: Anpassung der Erlösobergrenze für die zweite Regulierungsperiode aufgrund einer bereits eingetretenen nachhaltigen Änderung der Versorgungsaufgabe durch Parameteränderungen auf der Hochspannungsebene - Erweiterungsfaktor III


Leitsatz

Erweiterungsfaktor III

1. Auf bis zum 30. Juni 2013 gestellte Anträge auf Anpassung der Erlösobergrenze für die zweite Regulierungsperiode, mit der eine bereits eingetretene nachhaltige Änderung der Versorgungsaufgabe auf der Hochspannungsebene im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 ARegV geltend gemacht wird, findet der Ausschluss des Erweiterungsfaktors nach § 10 Abs. 4 ARegV keine Anwendung.

2. Parameteränderungen in der Hochspannungsebene, die bereits Gegenstand eines bis zum 30. Juni 2013 gestellten Antrags auf Anpassung der Erlösobergrenze waren, sind auch bei der Anpassung der Erlösobergrenze für die zweite Regulierungsperiode aufgrund weiterer, in den Folgejahren gestellter Anträge beim Erweiterungsfaktor zu berücksichtigen.

3. Auf nach dem 30. Juni 2013 eingetretene Parameteränderungen in der Hochspannungsebene, die zu einer nachhaltigen Änderung der Versorgungsaufgabe geführt haben, findet § 10 ARegV keine Anwendung. In solchen Fällen gilt § 23 Abs. 7 ARegV entsprechend für 2013 erstmals aktivierte Kosten.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 18. Dezember 2019 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] einschließlich der notwendigen Auslagen der Gegenseite tragen die Antragstellerin zu 15 % und die Bundesnetzagentur zu 85 %.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.660.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Antragstellerin betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Am 28. Juni 2013 beantragte sie bei der [X.] die Anpassung der Erlösobergrenze für die zweite [X.]. Dabei begehrte sie die Anerkennung eines [X.] nach § 10 [X.], mit dem u.a. eine Änderung der Versorgungsaufgabe durch [X.] auf der [X.] im Zeitraum von 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2013 berücksichtigt werden sollte. Die [X.] erkannte im Hinblick auf eine Entscheidung des [X.] in einem Parallelverfahren ([X.], [X.], 87) mit bestandskräftigem Beschluss vom 1. Juni 2018 den beantragten [X.] an.

2

Die Antragstellerin beantragte am 30. Juni 2017 eine weitere Anpassung der Erlösobergrenze. Mit Beschluss vom 24. Oktober 2018 genehmigte die [X.] eine Anpassung der Erlösobergrenze zum 1. Januar 2018, wobei sie die im Beschluss vom 1. Juni 2018 berücksichtigten [X.] in der [X.] ebenso unberücksichtigt ließ wie von der Antragstellerin geltend gemachte weitere, im zweiten Halbjahr 2013 eingetretene [X.] in der [X.].

3

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht den Beschluss insoweit aufgehoben, als die [X.] die Anpassung der Erlösobergrenze aufgrund eines [X.] für das Jahr 2018 hinsichtlich der Investitionen und Kosten in der [X.], die vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2013 zu einer Parameteränderung geführt haben, abgelehnt hat, und die [X.] verpflichtet, die Antragstellerin unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu bescheiden. Im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung von im zweiten Halbjahr 2013 eingetretenen [X.] in der [X.] hatte die Beschwerde keinen Erfolg. Dagegen wenden sich die vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der [X.].

4

II. [X.] haben keinen Erfolg.

5

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung ([X.], [X.], 197) im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Die von der Antragstellerin in den Jahren 2012 und 2013 aufgewandten Kosten, die bis zum 30. Juni 2013 zu einer Parameteränderung in der [X.] geführt hätten, fielen bei wortlautgetreuer Anwendung des § 10 Abs. 4 [X.] in der seit dem 22. August 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: § 10 Abs. 4 [X.] nF) aus dem Anwendungsbereich des § 10 [X.] heraus, sobald die Antragstellerin einen Folgeantrag stelle. Sie könnten auch nicht durch das Instrument der genehmigten [X.] nach § 23 [X.] erfasst werden.

7

Dass solche Investitionskosten sowohl aus dem Regime des [X.] als auch dem der [X.] herausfielen, stelle sich als eine planwidrige Regelungslücke dar, die über eine verfassungskonforme Anwendung des [X.] gemäß § 10 [X.] für alle bis zum 30. Juni 2013 gestellten Erstanträge und für alle Folgeanträge bis zum 30. Juni 2017 von [X.] wegen Erweiterungsinvestitionen zu schließen sei.

8

Hingegen komme eine Berücksichtigung von im zweiten Halbjahr 2013 eingetretenen [X.] in der [X.] nicht in Betracht. Zwar bestehe auch insoweit eine planwidrige Regelungslücke. Diese sei aber durch die Öffnung des Instruments der genehmigten [X.] für in diesem Zeitraum aktivierte Kosten zu schließen.

9

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Die Rechtsbeschwerde der [X.] hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung des für die [X.] geltend gemachten [X.] hinsichtlich solcher [X.] zusteht, die bis zum 30. Juni 2013 eingetreten und bereits Gegenstand des Antrags der Antragstellerin auf Anpassung der Erlösobergrenze vom 28. Juni 2013 waren.

[X.]) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird eine während der [X.] eingetretene nachhaltige Änderung der Versorgungsaufgabe durch einen [X.] berücksichtigt. Durch diesen Faktor kann auf Antrag des Netzbetreibers (§ 4 Abs. 4 [X.] [X.]) die von der [X.] zu Beginn der [X.] festgelegte Erlösobergrenze angepasst werden. § 10 Abs. 2 Satz 2 [X.] definiert eine nachhaltige Änderung der Versorgungsaufgabe dahingehend, dass sich die dort genannten Parameter, nämlich die Fläche des versorgten Gebietes ([X.]), die Anzahl der Anschlusspunkte (Nr. 2), die [X.] (Nr. 3) sowie sonstige von der Regulierungsbehörde nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 [X.] festgelegte Parameter (Nr. 4) im [X.] dauerhaft und in erheblichem Umfang geändert haben.

[X.]) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.], die hier in Rede stehenden [X.] in der [X.], die bis zum 30. Juni 2013 eingetreten und Gegenstand eines bis zu diesem Zeitpunkt gestellten Antrags der Antragstellerin auf Anpassung der Erlösobergrenze waren, müssten beim [X.] weiterhin Berücksichtigung finden.

Mit der am 22. August 2013 in [X.] getretenen Verordnung zur Änderung von Verordnungen auf dem Gebiet des [X.] vom 14. August 2013 ([X.] I, [X.]) wurde allerdings § 10 Abs. 4 [X.] dahingehend geändert, dass die Regelungen über den [X.] bei Hochspannungsnetzen von [X.] keine Anwendung (mehr) finden. Das Beschwerdegericht hat jedoch zutreffend den mangels entsprechender [X.] zu weit geratenen Anwendungsbereich der Vorschrift wegen einer planwidrigen Regelungslücke eingeschränkt. Auf bis zum 30. Juni 2013 gestellte Anträge auf Anpassung der Erlösobergrenze für die zweite [X.] wegen einer Veränderung der Versorgungsaufgabe auf der [X.] findet die Regelung danach keine Anwendung. [X.] in der [X.], die bereits Gegenstand eines bis zum 30. Juni 2013 gestellten Antrags auf Anpassung der Erlösobergrenze waren, sind auch bei der Anpassung des [X.] aufgrund weiterer, in den Folgejahren gestellter Anträge in der zweiten [X.] zu berücksichtigen.

(1) Eine wortlautgetreue Anwendung des § 10 Abs. 4 [X.] hätte zur Folge, dass einem nach früherer Rechtslage an sich begründeten Antrag auf Anpassung der Erlösobergrenze aufgrund einer bereits eingetretenen nachhaltigen Änderung der Versorgungsaufgabe auf der [X.] im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.], welcher fristgemäß bis zum 30. Juni 2013 (§ 4 Abs. 4 Satz 2 [X.]) bei der Regulierungsbehörde gestellt wurde, bei einer Entscheidung der Regulierungsbehörde nach Inkrafttreten der Verordnung am 22. August 2013 der Erfolg versagt werden müsste. Antragsteller, über deren Antrag nicht bis zu diesem Zeitpunkt entschieden wurde, würden gegenüber den anderen Antragstellern benachteiligt. Dies war von dem Verordnungsgeber, der die Rechtsstellung der Betreiber von [X.]n auf der [X.] verbessern und gerade nicht verschlechtern wollte, offenkundig nicht bezweckt.

(a) Der Nachteil des Ausschlusses eines [X.] wird nicht durch den mit der Neuregelung geschaffenen § 23 Abs. 7 [X.] ausgeglichen. Danach können Betreibern von [X.]n [X.]n auch für Erweiterungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen in der [X.] durch die Regulierungsbehörde genehmigt werden. Wie der [X.] bereits entschieden hat, ist bei wortlautgetreuer Anwendung der hierfür vorgesehenen Antragsfristen der zeitliche Anwendungsbereich des § 23 Abs. 7 [X.] für Investitionen der [X.] und 2013 nicht eröffnet ([X.], Beschluss vom 12. Juni 2018 - [X.] 31/17, [X.], 483 Rn. 13 - [X.]). Für im [X.] ganz oder teilweise [X.] gewordene Investitionen hätte nach § 23 Abs. 3 Satz 1 [X.] in der bis zum 21. März 2012 geltenden Fassung der Antrag auf Genehmigung eines Investitionsbudgets spätestens sechs Monate vor Beginn des Kalenderjahres, in dem die Investitionskosten wirksam werden sollen, d.h. zum 30. Juni 2011, gestellt werden müssen. Für im [X.] erstmals ganz oder teilweise [X.] gewordene Investitionen hätte gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 [X.] in der seit 23. März 2012 geltenden Fassung ein Antrag neun Monate vor Beginn des Kalenderjahres, in dem die Investitionen erstmals [X.] wurden, d.h. zum 31. März 2012, gestellt werden müssen. Eine Antragstellung für Investitionen im Sinne des Absatz 7 kam damit bei wortlautgetreuer Anwendung erstmals zum 31. März 2014 und damit für die im [X.] aktivierten Kosten in Betracht. Von dieser vom Wortlaut ausgehenden Auslegung ist die [X.] zwar im Wege einer Erweiterung des zeitlichen Anwendungsbereichs insoweit abgewichen, als sie für erstmals im Jahr 2014 [X.]e Investitionen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zum 31. März 2013 gewährt und damit eine Anpassung der Erlösobergrenze zum 1. Januar 2014 ermöglicht hat. Darüber hinaus hat sie nach den getroffenen Feststellungen im Rahmen von Anträgen auf Genehmigung einer [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2014 auch bereits im [X.] aktivierte Anlagegüter berücksichtigt. Für eine darüber hinaus gehende Erstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 23 Abs. 7 [X.] gibt der Wortlaut dieser Norm aber nichts her ([X.], [X.], 483 Rn. 13 - [X.]). Nach dem klaren Willen des Verordnungsgebers sollte die Möglichkeit, Umstrukturierungsmaßnahmen auf der [X.] des [X.] über [X.]n nach § 23 [X.] zu berücksichtigen, erst "zukünftig" (BT-Drucks. 447/13, [X.]) bestehen, d.h. ab Inkrafttreten der Neuregelung am 22. August 2013 (vgl. [X.], [X.], 4). Eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 7 [X.] auf einen vor Verkündung der Verordnung nach alter Rechtslage entscheidungsreifen Sachverhalt, wie er hier hinsichtlich der den Gegenstand des Antrags vom 28. Juni 2013 bildenden [X.] bis zum 30. Juni 2013 vorliegt, kommt daher nicht in Betracht.

Dass danach das eine Instrument ([X.]) auf die [X.] nicht mehr und das neue Instrument ([X.]) noch nicht anwendbar ist, führt zu einer Schlechterstellung der [X.] auf der [X.]. Denn die Kosten für [X.]n könnten zwischenzeitlich mangels Anwendbarkeit beider Instrumentarien nicht mehr ohne zeitlichen Verzug in der Erlösobergrenze berücksichtigt werden (vgl. [X.]. 860/11, [X.] und 8 zu § 23 [X.]).

(b) Dieses Ergebnis widerspricht dem Willen des Verordnungsgebers. Die durch das Entfallen des [X.] bedingte Schlechterstellung stünde im Widerspruch zum erklärten Zweck der Neuregelung, die Investitionsbedingungen in der [X.] zu verbessern und verlässliche Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen. Anlass der Neuregelung war die Befürchtung, Netzinvestitionen zur Integration erneuerbarer Energien bei einzelnen Netzbetreibern auf der [X.] könnten nicht adäquat über das vorhandene Instrument des [X.] nach § 10 [X.] abgedeckt werden, was sich nachteilig auf die Investitionsbereitschaft einzelner Netzbetreiber und die Integrationsgeschwindigkeit erneuerbarer Energien auswirken könnte ([X.]. 447/13, S. 11 f.). Nach Einschätzung des Verordnungsgebers wurde die bisherige eingeschränkte Genehmigungsfähigkeit für [X.]n auf der [X.] den aufgrund der Energiewende entstandenen und entstehenden geänderten Anforderungen an die [X.] nicht mehr gerecht. Die [X.] weise gegenüber anderen Spannungsebenen spezifische Eigenschaften auf, bei denen abhängig vom Einzelfall einmal die Transporteigenschaften und dann wieder die Verteilereigenschaften überwiegen könnten. Dies führe dazu, dass sich die Situation hinsichtlich des notwendigen Netzausbaus bei einzelnen Netzbetreibern in dieser Spannungsebene deutlich unterscheiden könne und daher individuell beurteilt werden sollte. Für eine individuelle Beurteilung sei das Instrument der [X.] besser geeignet als der eher pauschale Ansatz des [X.] ([X.]. 447/13, [X.]). Es sollten verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen in die [X.] geschaffen und damit die Integration erneuerbarer Energien in das Energieversorgungssystem unterstützt werden ([X.]. 447/13, [X.]).

Die Nichtanwendbarkeit des [X.] auf der [X.] war nach der Begründung der Verordnung "notwendige Folge" der Ausweitung des Anwendungsbereichs der [X.]n nach § 23 [X.] auf [X.]. Es sollte lediglich eine Doppelberücksichtigung von Investitionskosten in der Erlösobergrenze sowohl über den [X.] als auch die Genehmigung von [X.]n vermieden werden (vgl. [X.]. 447/13, [X.]). Für Investitionen, auf die § 23 Abs. 7 [X.] noch keine Anwendung findet, besteht eine solche Gefahr der Doppelberücksichtigung nicht. Es sind zwar Fälle denkbar, in denen eine bis zum 30. Juni 2013 eingetretene Parameteränderung zu [X.]n im Jahr 2014 führt. So kann beispielsweise ein dauerhaft hoher [X.]wert die Gefahr einer zu geringen Kapazität indizieren und eine Erweiterung der Netzkapazität erforderlich machen. Auch in diesen Fällen besteht aber regelmäßig keine Gefahr der Doppelberücksichtigung. Denn insoweit kommt dem vor dem 30. Juni 2013 beantragten [X.] entsprechend § 23 Abs. 6 Satz 1 [X.] grundsätzlich der Vorrang zu und ist für die Genehmigung einer [X.] kein Raum. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kosten der geplanten [X.] durch den [X.] nicht einmal ansatzweise abgedeckt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Januar 2018 - [X.] 9/17, [X.], 210 Rn. 27 - [X.]). [X.]n und [X.] sind unterschiedliche Instrumente, mit denen Veränderungen der Versorgungsaufgabe berücksichtigt werden. Die [X.] erkennt die mit der konkreten Investition verbundenen Kosten schon in der Planungsphase als dauerhaft nicht beeinflussbar an, während sich der [X.] von den mit der Veränderung der Versorgungsaufgabe konkret verbundenen Kosten löst und stattdessen an die Veränderung von (exogenen) Strukturdaten anknüpft. Der Vorrang des einen Instruments vor dem anderen folgt damit nicht aus der Natur der Sache, sondern steht im Regelungsermessen des Gesetz- oder Verordnungsgebers ([X.], [X.], 210 Rn. 22 - [X.]). § 23 Abs. 6 Satz 1 [X.] sieht in seinem Anwendungsbereich, zu dem jedenfalls vor der Einfügung des Absatz 7 auch die [X.] gehörte, die vorrangige Anwendbarkeit des [X.] vor. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Regelung des § 23 Abs. 7 [X.] als lex specialis die Anwendbarkeit des Absatz 6 auf die [X.] ausschließt ([X.], [X.] 2014, 170, 173) oder daneben anwendbar bleibt (Lüdtke-Handjery/[X.]/[X.] in [X.], [X.], 2. Aufl. 2019, [X.] § 23 Rn. 185). Daraus, dass der in § 23 Abs. 7 Satz 2 [X.] enthaltene Katalog der entsprechend anwendbaren Regelungen Absatz 6 nicht enthält, lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Verordnungsgeber für den Fall des Nebeneinanders von nach altem Recht zu gewährendem [X.] und nach neuem Recht zu genehmigender [X.] entgegen seinem ausdrücklich erklärten Willen eine Doppelberücksichtigung begründen wollte. Es spricht im Gegenteil alles dafür, dass der Verordnungsgeber ein Nebeneinander von [X.] und [X.] nicht bedacht hat und deshalb eine Vorrangregelung nicht für erforderlich hielt. Die sich daraus ergebende planwidrige Regelungslücke ist durch eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 6 Satz 1 [X.] zu schließen. Aus der [X.] der Neuregelung ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der vom Verordnungsgeber intendierten Förderung der Investitionsbereitschaft der Netzbetreiber bedarf es nur im Hinblick auf zukünftige noch nicht geplante Maßnahmen. Machen bereits eingetretene [X.] eine [X.] erforderlich, bedarf es keiner weiteren Anreize zur Durchführung der [X.]. Vor etwaigen Härten wird der [X.] - wie bisher - dadurch geschützt, dass der Vorrang dann nicht gilt, wenn die Kosten der geplanten [X.] durch den [X.] nicht einmal ansatzweise abgedeckt werden (vgl. [X.], [X.], 210 Rn. 27 - [X.]).

(c) Aus dem Schweigen des Verordnungsgebers zu der Forderung des [X.] nach einer Übergangsregelung ergibt sich nicht, dass die Anwendbarkeit des [X.] auf bis zum 30. Juni 2013 gestellte Anträge betreffend die [X.] dem klaren Willen des Verordnungsgebers widerspricht. Allerdings wurde dort die Notwendigkeit einer Übergangsregelung damit begründet, dass andernfalls Investitionen, die im [X.] erstmalig [X.] werden, in der 2. [X.] nicht mehr im [X.] berücksichtigt werden könnten (Stellungnahme zum Entwurf der Änderungen von Verordnungen auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsgesetzes [Strom- und [X.], [X.], [X.]] vom 18. April 2013, [X.]). Das Schweigen des Verordnungsgebers hierzu lässt jedoch die Deutung zu, dass er, sollte er das Anliegen der Stellungnahme erwogen haben, von einer Weitergeltung des [X.] ausgegangen ist und keinen Anlass für eine entsprechende Klarstellung sah.

(d) Für eine Fortgeltung des [X.] spricht auch Sinn und Zweck der von § 4 [X.] ermöglichten Anpassungen der jährlichen Erlösobergrenze. Diese sind ein zentraler Bestandteil des [X.]. Die Norm zielt darauf ab, die für die Dauer der [X.] festgelegte Erlösobergrenze hinreichend flexibel für Änderungen innerhalb der [X.] zu halten ([X.], Beschluss vom 11. Februar 2020 - [X.] 122/18, [X.], 419 Rn. 12 - Anpassung der Erlösobergrenze). Daraus folgt, dass die fortlaufende Anpassung der Erlösobergrenze an die tatsächlichen Veränderungen möglichst lückenlos zu gewährleisten ist ([X.], [X.], 419 Rn. 21 - Anpassung der Erlösobergrenze). Hätte der Verordnungsgeber beabsichtigt, tatsächlich eingetretene Veränderungen für eine Übergangszeit bei der Anpassung der Erlösobergrenze unberücksichtigt zu lassen, hätte er dies zum Ausdruck gebracht.

(2) Zu Recht ist das Beschwerdegericht der Auffassung, dass [X.] in der [X.], die - wie hier - bereits Gegenstand eines bis zum 30. Juni 2013 gestellten Antrags auf Anpassung der Erlösobergrenze für die zweite [X.] waren, auch bei der Anpassung des [X.] aufgrund weiterer, in den Folgejahren gestellter Anträge betreffend die zweite [X.] zu berücksichtigen sind.

(a) Allerdings ist bei der Ermittlung des [X.] bei den Parametern zur Erfassung einer nachhaltigen Änderung der Versorgungsaufgabe des Netzbetreibers der im [X.] jeweils aktuelle Wert anzusetzen ([X.], Beschluss vom 3. März 2020 - [X.] 114/18, [X.], 465 Rn. 11 - [X.]). Dies gilt insbesondere auch für Folgeanträge (vgl. [X.], [X.], 465 Rn. 21 - [X.]). Bei wortlautgetreuer Anwendung des zum Zeitpunkt des [X.] geltenden § 10 Abs. 4 [X.] wäre danach eine Berücksichtigung der [X.] auf der [X.] bei dem hier in Rede stehenden Folgeantrag ausgeschlossen.

(b) Auch insoweit ist der Anwendungsbereich der Norm allerdings zu weit gefasst und bedarf wegen des eindeutigen Willens des Verordnungsgebers, die Rechtsstellung der Betreiber der [X.] auf der [X.] zu verbessern, einer einschränkenden Auslegung. Hätte der Verordnungsgeber die durch die Regelung bewirkte Schlechterstellung erkannt, hätte er eine entsprechende Übergangsregelung vorgesehen. Dies zeigt § 23 Abs. 2b Satz 9 [X.] in der Fassung vom 17. September 2016. Danach bleibt im Fall von Änderungsanträgen zu Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen, für die eine [X.] bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung durch die Regulierungsbehörde genehmigt worden ist, der in dieser Genehmigung festgesetzte [X.] unverändert und ist auf die beantragten Änderungen anzuwenden.

b) Auch die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die im zweiten Halbjahr 2013 eingetretenen [X.] in der [X.] wegen § 10 Abs. 4 [X.] beim [X.] keine Berücksichtigung finden können.

[X.]) Gegen eine einschränkende Auslegung spricht, dass eine Anpassung des [X.] gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 [X.] erst zum 1. Januar 2015, und damit zukünftig erfolgen könnte. Die Besserstellung sollte nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers "zukünftig" (BT-Drucks. 447/13, [X.]) aber allein durch die Anwendung des Instruments der genehmigten [X.] erreicht werden. Falls der Verordnungsgeber dabei nur solche [X.]n im Blick gehabt haben sollte, die nach dem 22. August 2013 begonnen worden sind (vgl. [X.], [X.], 483 Rn. 17 - [X.]), hätte er allerdings nicht bedacht, dass während des Zeitraums vom 1. Juli 2013 bis zum 31. Dezember 2013 eine Lücke hinsichtlich der Berücksichtigung von Investitionen entsteht. Nach dem Ausgeführten könnten weder die in 2013 entstandenen Investitionskosten, die vom 1. Juli bis zum 31. Dezember zu einer Parameteränderung führten, noch die durch im selben Zeitraum begonnene [X.]n verursachten Investitionen ohne zeitlichen Verzug in der Erlösobergrenze berücksichtigt werden. Denn darauf fänden weder das Instrument des [X.] noch das Instrument der genehmigten [X.] Anwendung. Diese Lücke ist indes durch eine entsprechende Anwendung von § 23 Abs. 7 [X.] zu schließen (vgl. [X.], [X.], 483 Rn. 20 - DB-Energie GmbH). Dem entsprach nach den Feststellungen des [X.] auch die Praxis der [X.], die im Rahmen von Anträgen auf Genehmigung einer [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2014 auch bereits im [X.] aktivierte Anlagegüter berücksichtigt hat. Ein solcher Antrag hätte allerdings gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 [X.] in der seit 23. März 2012 geltenden Fassung neun Monate vor Beginn des Kalenderjahres, in dem die Investitionen erstmals [X.] wurden, d.h. zum 31. März 2012, gestellt werden müssen. Da die Neuregelung zu diesem Zeitpunkt unvorhersehbar war, liegen aber die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 32 Abs. 1 VwVfG vor. Dass die Jahresfrist gemäß § 32 Abs. 3 VwVfG abgelaufen war, ist unschädlich. Der Wiedereinsetzungsantrag war vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt nicht möglich. Unter "höherer Gewalt" wird ein Ereignis verstanden, das auch durch die größte den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte ([X.], NVwZ 2014, 1237 Rn. 30). Da erst mit Zuleitung des [X.] durch die Bundesregierung an den Bundesrat am 29. Mai 2013 ([X.]. 447/13, Begleitschreiben) die geplante Änderung öffentlich wurde (vgl. [X.], Beschluss vom 25. März 2021 - 2 BvL 1/11, juris Rn. 66), konnten die Betroffenen auch bei größter Sorgfalt die Notwendigkeit eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erkennen.

[X.]) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erfordern auch Erwägungen des Vertrauensschutzes und die Grundsätze des [X.] keine fortgesetzte Anwendung des § 10 [X.] auf Investitionen, die nach dem 30. Juni 2013 zu [X.] geführt haben. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Grundsätze des [X.] hier zumindest in analoger Anwendung gelten (vgl. [X.], [X.], 419 Rn. 20 - Anpassung der Erlösobergrenze).

(1) Eine echte Rückwirkung, die grundsätzlich unzulässig ist (Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. [X.], [X.], 300 Rn. 56; Beschluss vom 25. März 2021 - 2 BvL 1/11, juris Rn. 51), liegt schon nicht vor, weil nicht nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingegriffen wird (vgl. [X.], [X.], 300 Rn. 41; [X.], NVwZ-RR 2016, 467 Rn. 25).

(2) Es bedarf keiner Entscheidung, ob es sich hier um eine unechte Rückwirkung handelt, welche einen bereits vor der Verkündung ins Werk gesetzten Sachverhalt voraussetzt (vgl. [X.], Beschluss vom 25. März 2021 - 2 BvL 1/11, juris Rn. 59). Eine unechte Rückwirkung begegnet hier nämlich keinen Bedenken im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz.

(a) Eine unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig ([X.]E 127, 1, 16 f.; 131, 20, 39; 148, 217, 255 Rn. 135; Beschluss vom 25. März 2021 - 2 BvL 1/11, juris Rn. 53). Denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des [X.] der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel zulasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz ([X.], Beschluss vom 25. März 2021 - 2 BvL 1/11, juris Rn. 53). Der Gesetzgeber muss aber, soweit er künftige Rechtsfolgen an bereits ins Werk gesetzte Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt werden. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsst[X.]tlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt ([X.]E 127, 1, 18; 131, 20, 40; Beschluss vom 25. März 2021 - 2 BvL 1/11, juris Rn. 54).

(b) Nach diesen Grundsätzen ist die Vorschrift des § 10 Abs. 4 [X.] in der obigen Auslegung nicht zu beanstanden.

([X.]) Mit der Neuregelung wurde eine Verbesserung der Investitionsbedingungen auf der [X.] bezweckt (oben Rn. 17). Da für die individuelle Beurteilung das Instrument der [X.] besser geeignet ist als der eher pauschale Ansatz des [X.], ist die Berücksichtigung der Investitionen ausschließlich über das Instrument der [X.] ein geeignetes und erforderliches Mittel.

([X.]) Bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des durch die Abschaffung des [X.] auf der [X.] enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe bleibt die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt. Hinsichtlich der hier in Rede stehenden, seit dem 1. Juli 2013 eingetretenen [X.] in der [X.] konnten sich die Betroffenen auf eine mögliche Änderung der Rechtslage für die Zukunft einstellen, weshalb darauf beruhende Dispositionen weniger schutzwürdig sind. Der Verordnungsentwurf mit der hier in Rede stehenden Änderung des § 13 Abs. 4 [X.] und der Anfügung des Abs. 7 an § 23 [X.] wurde durch die Bundesregierung dem Bundesrat am 29. Mai 2013 zugeleitet ([X.]. 447/13, Begleitschreiben). Dadurch wurde die geplante Änderung öffentlich und die zukünftigen Änderungen der Verordnung vorhersehbar (vgl. [X.], Beschluss vom 25. März 2021 - 2 BvL 1/11, juris Rn. 66).

([X.]) Aufgrund dessen muss die Antragstellerin hinnehmen, dass auf nach dem 30. Juni 2013 eingetretene [X.] in der [X.] § 10 [X.] keine Anwendung mehr findet. Soweit die Rechtsbeschwerde darin eine Schlechterstellung der Antragstellerin gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern und den in der Nieder- und Mittelspannungsebene investierenden [X.] sieht, kann sie daraus für sich nichts herleiten, weil es insoweit bereits an einer Vergleichbarkeit der Gruppen von Netzbetreibern fehlt (vgl. [X.], [X.], 483 Rn. 18).

[X.]     

      

[X.]     

      

[X.]

      

Picker     

      

Rombach     

      

Meta

EnVR 14/20

04.05.2021

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 18. Dezember 2019, Az: VI-3 Kart 883/18, Beschluss

§ 10 Abs 1 S 1 ARegV vom 14.08.2013, § 10 Abs 4 ARegV vom 14.08.2013, § 23 Abs 7 ARegV vom 14.08.2013

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.05.2021, Az. EnVR 14/20 (REWIS RS 2021, 6221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6221

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 Kart 883/18 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


VI-3 Kart 38/16 (V) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


EnVR 31/17 (Bundesgerichtshof)

Ermittlung der Kapital- und Betriebskosten für energiewirtschaftliche Investitionsmaßnahmen nach neuem Recht: Berücksichtigung der vor 2014 …


EnvR 31/17 (Bundesgerichtshof)


VI-3 Kart 170/15 (V) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 BvL 1/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.