Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2011, Az. 1 StR 407/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 2415

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 407/11

vom
13. Oktober
2011
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges oder Computerbetruges

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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 13. Oktober
2011 [X.]:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. März 2011 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
1. Der Angeklagte hatte als Angestellter eines [X.] eine zent-rale Rolle in einem näher geschilderten System zur Erlangung von Mobiltelefo-nen und Notebooks auf Kosten der Telefongesellschaft. Ihr wurde unter Vorla-ge manipulierter Personalpapiere vorgespiegelt, (überwiegend) nicht existie-rende oder (in einigen Fällen) wegen falscher Angaben kaum ermittelbare [X.]en wollten Mobilfunkverträge abschließen. Nachdem eine -
im Einzelfall nicht mehr feststellbar -
automatisiert oder durch einen Mitarbeiter der Gesell-schaft durch Abgleich mit [X.] vorgenommene
Bonitätsprüfung wie eingeplant wegen der
erfundenen Angaben nichts Negatives ergeben hatte, wurden die Geräte in den Shop übersandt, die der Angeklagte und weitere Be-teiligte für sich behielten und verwerteten.

2. Auf Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wahlweise wegen (gewerbsmäßigen) Betrugs oder (gewerbsmäßigen) [X.] in 51 Fällen zu drei Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.

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3. Seine uneingeschränkt eingelegte, auf die Sachrüge gestützte [X.] ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). In der Revisionsbegründung des ge-s-n-tragt (§ 344 Abs. 1 StPO), den Strafausspruch aufzuheben; im Übrigen, so heißt es abschließend, sei die Sachrüge allgemein erhoben. In einem späteren Schriftsatz legt eine Wahlverteidigerin dar, warum hier kein Betrug vorliege. Trotz des zum Revisionsumfang insgesamt nicht völlig klaren Vorbringens geht der [X.] hier von einer umfassenden Urteilsanfechtung aus.

4. Die Revision meint, der Schuldspruch könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Angeklagte keinen Einfluss darauf gehabt habe, mit wem die Telefongesellschaft nach Durchführung einer Bonitätsprüfung einen Vertrag
abschließe; da dies allein deren Risiko sei, liege keine Täuschung i.S.d. § 263 StGB vor. Dieses Vorbringen versagt. Grundsätzlich reicht es aus, wenn die Täuschung (eine mit falschem Namen und/oder Anschrift bezeichnete [X.] will einen Vertrag abschließen), den Irrtum des Getäuschten (diese Person r-sacht hat (vgl. [X.] in SSW-StGB,
§ 263 Rn. 86; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB,
28. Aufl., § 263 Rn. 43; Tiedemann in
LK,
11. Aufl.,
§ 263 g-hervorgerufenen Irrtums über deren Existenz entstehen konnte. Es war in dem in Kenntnis der Abläufe bei der Telefongesellschaft geschaffenen System an-gelegt, dass der im Abgleich der [X.] liegende Überprüfungsme-chanismus ins Leere gehen musste. Unter diesen Umständen stellt sich daher die Frage nach einer Risikoverteilung nicht, ohne dass der [X.] der Frage nachgehen müsste, ob dies in anderen Fallgestaltungen Bedeutung gewinnen 3
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kann. Die Auffassung der Revision, die gebotene Übertragung der Grundsätze zur verfassungskonformen Auslegung des [X.] (vgl. [X.] NJW
2010, 3209; [X.], Beschluss vom 13. September 2010 -
1 [X.]/09
NJW 2011, 88; NJW 2011, 1747), ergebe (dennoch), dass hier mangels rele-vanter Täuschung kein Betrug vorliege, zeigt einen Rechtsirrtum des Landge-richts nicht auf.

5. Entsprechendes gilt im Ergebnis für das sonstige Revisionsvorbrin-gen. Ergänzend ist lediglich hinsichtlich des Strafausspruchs zu bemerken:

Der Angeklagte ist [X.] Staatsbürger, der seit seiner Geburt (1985) in [X.] lebt. Wegen der Höhe der Strafe, so führt die Revision aus, lä-gen beim Angeklagten gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 56 Abs. 1 Nr. 2 und § 56 Abs. 1 e-könnten besondere Härten nicht hinlänglich berücksichtigt werden. Dies hätte bei der Strafzumessung erörtert werden müssen.

Der [X.] sieht keinen Rechtsfehler.

[X.] Folgen einer Tat sind regelmäßig keine bestimmen-den Strafzumessungsgründe (st. Rspr.;
vgl. [X.], Beschluss vom 29. Juli 2010 -
1 [X.]; [X.], Beschluss vom 31. August 2007 -
2 StR 304/07, [X.], 298
[X.]). Dies gilt auch bei einer zwingend vorgeschriebenen [X.] ([X.],
Beschlüsse vom 31. August 2007 -
2 StR 304/07, [X.], 298 und 5.
Dezember 2001 -
2 [X.], [X.], 196 [X.]); anderes kann nur dann gelten, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die die Ausweisung 5
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als besondere Härte erscheinen lassen ([X.],
aaO). Der [X.] braucht jedoch nicht der Frage nachzugehen, wie derartige Umstände, die sich jedenfalls von den notwendig oder erfahrungsgemäß häufig mit einer Ausweisung verbunde-nen Belastungen wegen einzelfallbedingter Besonderheiten in klar erkennbarer Weise nachhaltig unterscheiden müssen, konkret beschaffen sein könnten.
Hier fehlt es nämlich schon an einer zwingend vorgeschriebenen Ausweisung. Auch bei einer Regelausweisung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 [X.] kann nämlich die Ausländerbehörde bei bedeutsamen atypischen Umständen von einer Ausweisung absehen (vgl. [X.] in [X.]/[X.],
[X.], § 56 [X.] Rn. 25 ff.
[X.]). Es ist daher davon auszugehen, dass auch in derar-tigen Fällen die Ausländerbehörden ungewöhnliche Besonderheiten im Rah-men ihrer gerichtlich überprüfbaren Entscheidung zu bedenken haben (vgl. [X.],
[X.],
aaO), eine Erörterung der Voraussetzungen einer Regelauswei-sung als wesentlicher Strafzumessungsgrund ist daher nicht geboten.

6. dass gegen den Angeklagten -
mehrere Monate lang auch vollzogene -
Unter-suchungshaft angeordnet werden musste. Dieser offenbar als stets strafmil-dem erstmals inhaftierten Angeklagten aus nicht konkret genannten [X.] einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund (vgl. [X.], Urteil vom 19. Mai 2010 -
2 [X.], [X.] 2011, 100; Urteil vom 19. Dezember 2002 -
3 [X.], [X.]-RR 2003, 110; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung,
4. Aufl., Rn.
434 jew. [X.]). [X.] Vollzug von Untersuchungshaft (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 21. Dezember 1993 -
5 [X.], [X.] 1994, 198; [X.], Urteil vom 14.
Juni 2006 -
2 StR 34/06, [X.], 2645)
oder Krankheit während der [X.]
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tersuchungshaft (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 25. November 1983 -
2 [X.], [X.], 151 )
können
allenfalls dann strafmildernd sein, wenn damit ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden sind
(zusammenfassend Fischer,
StGB,
58. Aufl., §
46 Rn. 72, 73 [X.]). Allein der Hinweis auf ein eingeschränktes Wohlbefin-den belegt dies nicht. All dies hat sich aber nur zu Gunsten des
Angeklagten ausgewirkt.

[X.]Wahl Rothfuß

Ri[X.] Prof. Dr. [X.] ist

urlaubsabwesend und deshalb

an der Unterschrift gehindert.

Graf

Nack

Meta

1 StR 407/11

13.10.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2011, Az. 1 StR 407/11 (REWIS RS 2011, 2415)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2415

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 220/09

2 StR 102/10

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