Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.03.2013, Az. X B 14/13

10. Senat | REWIS RS 2013, 7617

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Gegenstand

(Aussetzung eines gegen einen Folgebescheid gerichteten Klageverfahrens - Anspruch auf Akteneinsicht - Voraussetzungen für In-camera-Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO - Prüfung der etwaigen Unwirksamkeit von Grundlagenbescheiden im Verfahren gegen die Folgebescheide - Keine Nichtigkeit des Feststellungsbescheids bei Nichtexistenz der GbR)


Leitsatz

1. NV: Ist ein Grundlagenbescheid bereits ergangen, aber angefochten worden, ist die Aussetzung eines Klageverfahrens gegen einen Folgebescheid zwar nicht zwingend, stellt im Rahmen der erforderlichen Ermessungsentscheidung aber den Regelfall dar. Dies gilt auch dann, wenn das Verfahren gegen den Grundlagenbescheid bereits seit längerer Zeit anhängig ist, das dortige Gericht aber mitteilt, dass in absehbarer Zeit mit einer Entscheidung zu rechnen sei .

2. NV: Ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht nur in Bezug auf solche Akten, die dem Gericht vorliegen .

3. NV: Die Einleitung eines In-camera-Verfahrens nach § 86 Abs. 3 FGO setzt voraus, dass das FG die Vorlage bestimmter Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften angefordert hat und die ersuchte Behörde sich daraufhin geweigert hat, dieser Anordnung nachzukommen .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Schuldners (Schuldner), der gemeinsam mit einem [X.]itgesellschafter ([X.]) einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hatte.

2

In dem Klageverfahren, das Ausgangspunkt der vorliegenden Beschwerde ist, geht es um die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) gegen den Schuldner erlassenen Einkommensteuerbescheide 2000 und 2004. Die in diesen Bescheiden angesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat das [X.] aus ([X.] über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns einer GbR übernommen. Das für die [X.] zuständige Betriebs-[X.] hat angenommen, zwischen dem Schuldner und [X.] habe eine einheitliche GbR bestanden, die drei [X.]ietshäuser erworben, saniert, deren Aufteilung in Wohnungs- bzw. Teileigentum betrieben und die künftigen [X.]iteigentumsanteile noch vor Durchführung der Aufteilung an verschiedene Erwerber veräußert habe. Nach Auffassung des Schuldners --die der Kläger übernommen [X.] sollen hingegen drei getrennte [X.] bestanden haben. Der Schuldner und [X.] sind zwischenzeitlich zerstritten.

3

Im [X.] an eine Außenprüfung erließ das Betriebs-[X.] für die nach seiner Auffassung existierende einheitliche GbR am 23. Juni 2005 einen [X.]sbescheid für 2004 und am 29. September 2005 einen geänderten [X.]sbescheid für 2000. In den vorliegenden Akten befindet sich nur der Feststellungsbescheid für 2000; dieser ist an den Schuldner adressiert und trägt den Hinweis, dass [X.] einen Bescheid gleichen Inhalts erhalten habe.

4

Der Schuldner erhob gegen den [X.]sbescheid für 2000 vor dem damaligen Finanzgericht ([X.]) Berlin (heute [X.]) sowohl eine Anfechtungsklage als auch eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit. Über diese Klagen hat das [X.] bisher nicht entschieden. Der Kläger hat darüber hinaus vorgetragen, das [X.] habe auch über die zur Feststellungsklage gehörenden Eilverfahren --einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung-- nicht entschieden.

5

Gegen den [X.]sbescheid für 2004 legte der Schuldner beim Betriebs-[X.] Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren ruht bis zur Entscheidung über die gegen den [X.]sbescheid für 2000 anhängigen Klageverfahren.

6

Unter dem 24. November 2005 erließ das [X.] gegen den Schuldner Einkommensteuerbescheide für 2000 und 2004. Der Schuldner legte auch hiergegen Einspruch ein, begründete diesen zwar nicht, bat in seinem Einspruchsschreiben aber um Übersendung der [X.]sbescheide. Im [X.]ärz 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Nachdem der Kläger den vom [X.] zur Insolvenztabelle angemeldeten [X.] widersprochen hatte, nahm das [X.] das Einspruchsverfahren wieder auf. [X.]it der Einspruchsentscheidung vom 21. November 2006 stellte es die [X.] --in geringfügig niedrigerer Höhe als in den Einkommensteuerbescheiden, was nicht näher begründet wurde-- gemäß § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung als Insolvenzforderungen fest. Die Einspruchsentscheidung weist als Einspruchsführer den Schuldner aus; der Kläger wird als "Bevollmächtigter" bezeichnet.

7

[X.]it der hiergegen erhobenen Klage machte der Kläger geltend, Einkommensteuer sei nicht festzusetzen, weil die [X.]sbescheide nichtig, zumindest aber rechtswidrig seien. Die vom Betriebs-[X.] angenommene GbR habe niemals bestanden. Die Feststellungsbescheide seien an die GbR bekanntgegeben worden, was wegen der Nichtexistenz der GbR unwirksam sei. [X.] habe sich die GbR gemeinsam mit dem Betriebs-[X.] "ausgedacht". Die Bescheide seien "dem Kläger" nicht bekanntgegeben worden.

8

Im Klageverfahren lässt sich der Kläger von einer Steuerberatungs-GmbH ([X.]) vertreten, die zuvor bereits den Schuldner vertreten hatte. [X.]ehrere unter dem Briefkopf der [X.] erstellte und beim [X.] eingereichte Schriftsätze sind nicht von den Vertretern dieser Gesellschaft, sondern vom --nicht postulationsfähigen-- Schuldner persönlich unterschrieben worden. Die [X.] hat lediglich für ein vorgelagertes Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), nicht aber für das Klage- oder Beschwerdeverfahren eine vom Kläger unterschriebene Prozessvollmacht vorgelegt.

9

[X.]it Beschluss vom 22. Januar 2010 setzte das [X.] das Klageverfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die beim [X.] bzw. beim Betriebs-[X.] anhängigen Klage- bzw. Einspruchsverfahren gegen die [X.]sbescheide 2000 und 2004 aus. Zur Begründung führte es aus, der Kläger erhebe ausschließlich Einwendungen gegen die Grundlagenbescheide. Der Aussetzung stehe nicht entgegen, dass der Kläger auch die Existenz der GbR in Frage stelle, weil auch diese Frage im anhängigen Klageverfahren auf Feststellung der Nichtigkeit des [X.]sbescheids für 2000 geklärt werden könne. Dieser Beschluss wurde nicht angefochten.

Am 17. Oktober 2012 hat der Kläger beantragt, das ausgesetzte Klageverfahren fortzuführen. Er behauptet, ein Abschluss der Klageverfahren gegen den [X.]sbescheid 2000 und der entsprechenden Eilverfahren sei nicht absehbar. Alle Versuche, das [X.] zur Bearbeitung dieser Verfahren zu bewegen, seien ohne Erfolg geblieben. Zudem seien die [X.]sbescheide offenkundig nichtig. So habe das [X.] in einem von [X.] geführten Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von PKH ausgeführt, zwischen [X.] und dem Schuldner habe zu keinem Zeitpunkt eine "[X.]" bestanden, sondern allein eine "[X.]odernisierungsgesellschaft" für eines der drei [X.]ietshäuser (Beschluss vom … September 2011 …). Auch habe das zuständige Amtsgericht den Schuldner in einem Steuerstrafverfahren mit Urteil vom … Januar 2012 freigesprochen, weil nicht habe geklärt werden können, ob in den Jahren 2000 und 2001 überhaupt Gewinne "in steuerlich verwertbarer Weise" hätten realisiert werden können.

Auf Anfrage des [X.] hat das [X.] am 23. November 2012 mitgeteilt, dass in den Klageverfahren gegen die [X.]sbescheide "leider erst" mit einer Entscheidung im ersten Halbjahr 2013 zu rechnen sei.

[X.]it dem im vorliegenden Beschwerdeverfahren angefochtenen Beschluss vom 4. Januar 2013 hat das [X.] den Antrag des [X.] auf Fortführung des Verfahrens abgelehnt. Die Gründe für die Aussetzung des Verfahrens bestünden fort. Der Umstand, dass die Dauer der Verfahren gegen die Grundlagenbescheide sehr lange sei, zwinge nicht zur Fortführung des ausgesetzten Klageverfahrens gegen die [X.], zumal das [X.] mitgeteilt habe, dass im ersten Halbjahr 2013 eine Entscheidung ergehen werde.

[X.]it seiner Beschwerde, der das [X.] nicht abgeholfen hat, vertritt der Kläger die Auffassung, ein Fortdauern der Aussetzung sei mit der Prozessförderungspflicht des [X.] nicht vereinbar. Vor allem werde die Aufnahme des Verfahrens aber begehrt, um Einsicht in drei sog. "Hinweisakten" des Betriebs-[X.] zu erlangen. Das Betriebs-[X.] habe diese Akten dem [X.] bisher nicht vorgelegt. Dies sowie die fortwährende Untätigkeit des [X.] begründe den Verdacht, dass sich in diesen "Hinweisakten" Unterlagen befinden, die dem Fortgang des Verfahrens dienen könnten. Außerdem habe "der Antragsteller" ein [X.], nachdem er im Strafverfahren freigesprochen worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Beschlusses des [X.] Köln vom 4. Januar 2013  5 K 5076/06 anzuordnen, dass das dortige Klageverfahren fortzuführen sei,
Akteneinsicht in die drei "Hinweisakten" des Betriebs-[X.] zu gewähren,
hilfsweise, diese Akten im Verfahren nach § 86 Abs. 3 [X.]O dem [X.] ([X.]) vorzulegen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Die Beschwerde ist unbegründet.

Der angefochtene Beschluss des [X.], den Antrag des [X.] auf Fortführung des ausgesetzten Verfahrens abzulehnen, weist keinen Rechtsfehler auf.

a) Gemäß § 74 [X.]O kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei.

Ist ein Grundlagenbescheid noch nicht ergangen, ist ein Klageverfahren gegen den [X.] zwingend auszusetzen (Senatsurteil vom 17. Mai 1995 [X.], [X.], 478, [X.] 1995, 640, unter II.4.); das Ergehen eines Endurteils würde in einem solchen Fall einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens darstellen. Ist --wie hier-- der Grundlagenbescheid bereits ergangen, aber gleichfalls angefochten, ist eine Aussetzung des Verfahrens gegen den [X.] zwar nicht zwingend, stellt im Rahmen der erforderlichen Ermessensentscheidung aber den Regelfall dar ([X.] vom 29. Januar 1998 I[X.]118/97, [X.] 1998, 869).

b) Vorliegend hat das [X.] zwar in seinen schriftlichen Hinweisen, die dem angefochtenen Beschluss vorangegangen sind, --insoweit rechtlich unzutreffend-- formuliert, eine Fortführung würde einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens darstellen. Diese Formulierung hat es im angefochtenen Beschluss aber nicht wiederholt, sondern deutlich gemacht, dass ihm bei der Entscheidung Ermessen zukommt.

c) [X.] des [X.] zur Fortdauer der Aussetzung lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

Es hat zutreffend erkannt, dass die Gründe für eine Aussetzung des Verfahrens --das Fehlen rechtskräftiger Entscheidungen über die Grundlagenbescheide, die für den Ausgang des Klageverfahrens maßgebend sind-- fortbestehen, zumal auch dann, wenn ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist, die Aussetzung eines Klageverfahrens gegen den [X.] den Regelfall darstellt und eine Fortsetzung des Verfahrens besonders zu begründen wäre (siehe oben a).

Die Erwägung des [X.], trotz der bereits sehr langen Dauer der vor dem [X.] Berlin-Brandenburg geführten Verfahren gegen den [X.] 2000 sei die Fortdauer der Aussetzung im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass das [X.] Berlin-Brandenburg eine Entscheidung für das erste Halbjahr 2013 angekündigt habe, ist jedenfalls vertretbar. Der Kläger muss seine --angesichts der bereits erreichten Verfahrensdauer nachvollziehbaren-- Bemühungen um eine Beschleunigung der Verfahren in erster Linie gegenüber dem [X.] Berlin-Brandenburg entfalten. Dass er in jenen Verfahren bereits von den Rechtsbehelfen der §§ 198 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes Gebrauch gemacht hätte, die ihm zur Erreichung einer Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung stehen, hat er nicht vorgetragen.

Die Entscheidung des [X.] erweist sich zudem auch deshalb als ermessensgerecht, weil es dem Kläger auch im vorliegenden Verfahren gegen die [X.]e offenbar in erster Linie darum geht, Einsicht in Akten des [X.] zu nehmen. Dieses Begehren muss er aber vorrangig in den Verfahren des [X.] Berlin-Brandenburg verfolgen, an denen das [X.] --anders als im vorliegenden [X.] selbst beteiligt ist.

d) Zwar weist der Kläger im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass eine etwaige Unwirksamkeit der Grundlagenbescheide auch im Verfahren gegen die [X.]e geprüft werden könnte (vgl. [X.] vom 25. März 1986 III B 6/85, [X.], 225, [X.] 1986, 477, unter 2.). Sein bisheriges Vorbringen zur Unwirksamkeit der Grundlagenbescheide ist aber --auch unter Berücksichtigung des jetzigen [X.] so unsubstantiiert, dass das [X.] es bei seiner Entscheidung über die Fortdauer der Aussetzung außer Betracht lassen durfte.

aa) Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die [X.]e seien deshalb nichtig, weil die GbR, deren Gewinne in diesen Bescheiden festgestellt würden, niemals existiert habe, hat er dem [X.] bisher keine nachvollziehbare Sachverhaltsdarstellung unterbreitet, aus der sich im Klageverfahren gegen die [X.]e ausnahmsweise die Notwendigkeit einer eigenständigen Prüfung der Wirksamkeit der Grundlagenbescheide ergeben könnte. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Nichtexistenz der GbR nur zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Nichtigkeit des entsprechenden Feststellungsbescheids führt ([X.] vom 27. März 1986 I S 16/85, [X.] 1986, 632, unter 1.b).

bb) Auch zu den vermeintlichen Bekanntgabemängeln fehlt es an einem substantiierten Vortrag des [X.].

(1) Soweit der Kläger behauptet, die Bekanntgabe sei unwirksam, weil die Bescheide an die GbR gerichtet gewesen seien, hat er diese Behauptung nicht belegt. Jedenfalls der dem erkennenden Senat vorliegende [X.] für 2000 weist als Bekanntgabeadressaten --in rechtlich zutreffender [X.] den Schuldner aus. Dass es sich bei dem [X.] in den vorgelegten Akten enthaltenen-- [X.] für 2004 anders verhalten könnte, hat der Kläger nicht dargelegt.

(2) Soweit der Kläger rügt, die Bescheide seien ihm selbst nicht bekanntgegeben worden, übersieht er, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet war. Für eine Bekanntgabe an den Kläger gab es daher seinerzeit keine Veranlassung.

(3) Soweit der Kläger bestreitet, dass der Schuldner die [X.]e erhalten habe, ist auch dies unsubstantiiert.

Der Schuldner persönlich hat gegen beide [X.]e Einspruch eingelegt. Dafür hätte es keinen Grund gegeben, wenn er die Bescheide nicht erhalten hätte.

Jedenfalls der [X.] für 2000 --der Bescheid für 2004 liegt dem erkennenden Senat nicht [X.] war an den Schuldner adressiert; der Kläger selbst hat diesen Bescheid dem [X.] vorgelegt. Da der Kläger sich nicht dazu geäußert hat, wie er in den Besitz dieses Bescheids gelangt sein könnte, ist davon auszugehen, dass dieser sich in den Unterlagen des Schuldners befunden hat, die der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter in Besitz genommen hat.

2. Der Antrag auf Einsicht in die drei "Hinweisakten" des [X.] Berlin-Brandenburg wird abgelehnt.

Ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht nur in Bezug auf solche Akten, die dem Gericht vorliegen ([X.] vom 14. Januar 2011 VIII B 56/10, [X.] 2011, 630). Die drei "Hinweisakten" liegen dem erkennenden Senat aber nicht vor.

3. Die Voraussetzungen für das vom Kläger hilfsweise begehrte Verfahren nach § 86 Abs. 3 [X.]O liegen nicht vor.

a) Zu den Grundvoraussetzungen für ein solches "In-camera-Verfahren" gehört, dass das [X.] die Vorlage bestimmter Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften angeordnet hat und die ersuchte Behörde sich daraufhin geweigert hat, dieser Anordnung nachzukommen ([X.] vom 18. Juli 2006 [X.]65/06, [X.] 2006, 1699, unter [X.], und vom 18. September 2007 III S 31/07, [X.] 2008, 83, unter II.2.a).

Daran fehlt es. Weder hat das [X.] im vorliegenden Klageverfahren die drei "Hinweisakten" des [X.] angefordert noch hat das [X.] sich einer solchen Anordnung des [X.] widersetzt.

b) Im Übrigen wäre der Antrag auf Durchführung eines Verfahrens nach § 86 Abs. 3 [X.]O nicht beim Rechtsmittelgericht, sondern beim [X.] als dem "Gericht der Hauptsache" zu stellen (§ 86 Abs. 3 Satz 2 [X.]O). Solange das dortige Klageverfahren indes ausgesetzt ist, wäre die Prozesshandlung, die in einem Antrag nach § 86 Abs. 3 [X.]O zu sehen ist, "ohne rechtliche Wirkung" (§ 249 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).

4. Es wird darauf hingewiesen, dass im Falle einer künftigen Fortführung des Klageverfahrens Anlass bestehen könnte, ausnahmsweise eine [X.] anzufordern (zu den hierfür geltenden Maßstäben vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2012 [X.]190-196/11, [X.] 2012, 1164, m.w.N.).

Für das Klageverfahren hat die als Prozessbevollmächtigte auftretende [X.] ausschließlich eine vom Schuldner --nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein [X.] unterzeichnete [X.] vorgelegt. Diese ist im vorliegenden Verfahren indes unbeachtlich, da der Schuldner nicht am Verfahren beteiligt ist. Eine Vollmacht des [X.] ist nur im vorgelagerten Verfahren über die Gewährung von [X.] vorgelegt worden, war aber ausdrücklich auf jenes Verfahren beschränkt.

Tatsächlich scheint der Schuldner das Verfahren in erheblichen Umfang selbst zu führen. Er hat zahlreiche an das [X.] gerichtete Schriftsätze unter Verwendung des Briefbogens der als Prozessbevollmächtigte auftretenden [X.] persönlich unterschrieben. Auch soweit die auf den Briefbogen der [X.] gefertigten Schriftsätze nicht vom Schuldner, sondern von für die [X.] vertretungsbefugten Personen unterschrieben worden sind, sind sie inhaltlich teilweise so gefasst, dass zu vermuten ist, dass ihr Inhalt nicht von einer der in § 62 Abs. 2 Satz 1 [X.]O genannten Personen stammt, sondern vom [X.] postulationsfähigen-- Schuldner persönlich. Hierfür spricht auch, dass in diesen Schriftsätzen die Bezeichnung "Kläger" oder "Antragsteller" häufig nicht für den tatsächlichen Kläger dieses Verfahrens --den [X.], sondern für den nicht am Verfahren beteiligten Schuldner verwendet wird.

Hinzu kommt, dass der [X.] des [X.] im --parallel gelagerten-- Verfahren IV S 1/13 erfolglos eine vom Kläger unterzeichnete Vollmacht angefordert hat und daraufhin die Kosten des dortigen Verfahrens der als vollmachtloser Vertreterin aufgetretenen [X.] auferlegen musste.

Meta

X B 14/13

06.03.2013

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 4. Januar 2013, Az: 5 K 5076/06, Beschluss

§ 74 FGO, § 78 FGO, § 86 Abs 3 FGO, § 175 Abs 1 Nr 1 AO, § 351 Abs 2 AO, § 124 AO, § 125 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.03.2013, Az. X B 14/13 (REWIS RS 2013, 7617)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7617

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