Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.04.2017, Az. 3 StR 453/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 12132

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Gegenstand

Strafverfolgungsentschädigung für Untersuchungshaft: Ausschluss bei Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beschuldigten und der Strafverfolgungsmaßnahme; Unterbrechung des Ursachenzusammenhangs infolge rechtsfehlerhafter Sachbehandlung seitens der Justiz


Tenor

Die Angeklagte ist für die in der [X.] vom 14. März 2016 bis zum 21. Dezember 2016 vollzogene Untersuchungshaft aus der Staatskasse zu entschädigen.

Gründe

1

1. Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2016 das Urteil des [X.] vom 6. Juli 2016, soweit es die Angeklagte betraf, mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren gegen sie eingestellt. Zugleich hat er ihre Freilassung angeordnet, nachdem seit dem 14. März 2016 auf Grund des Haftbefehls des [X.] vom 10. März 2016 Unter-suchungshaft gegen sie vollzogen worden war. Die Angeklagte ist noch am 21. Dezember 2016 entlassen worden.

2

2. Der Senat ist nach § 8 [X.] für den Ausspruch über die Entschädigung der Angeklagten zuständig, weil er die das Verfahren abschließende Entscheidung getroffen hat; weitere, vom Tatrichter zu treffende Feststellungen sind nicht mehr erforderlich. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung wegen der erlittenen Untersuchungshaft sind nach § 2 Abs. 1 [X.] gegeben. Ausschluss- oder Versagungsgründe bestehen nicht:

3

a) Insbesondere ist die Entschädigung nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausgeschlossen.

4

Zwar liegt ein in Bezug auf die Untersuchungshaft grob fahrlässiges Verhalten der Angeklagten vor. Zum einen beging sie nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen als Mittäterin rechtswidrig und schuldhaft den dem Haftbefehl vom 10. März 2016 zugrundeliegenden Wohnungseinbruchdiebstahl (vgl. - zu grober Fahrlässigkeit durch Begehung des verfahrensgegenständlichen Delikts - [X.], Beschlüsse vom 19. Dezember 1979 - 3 StR 396/79, [X.]St 29, 168, 171; vom 1. September 1998 - 4 [X.], [X.]R [X.] § 5 Abs. 2 Satz 1 Fahrlässigkeit, grobe 6). Zum anderen forderte sie den Erlass des Haftbefehls dadurch leichtfertig heraus (vgl. [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., § 5 [X.] Rn. 11 mwN), dass sie nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verhalten zeigte, auf Grund dessen das [X.] zu Recht davon ausging, sie wolle sich - nunmehr - dem Strafverfahren entziehen.

5

Jedoch ist die Entschädigung nur ausgeschlossen, soweit die Angeklagte die Strafverfolgungsmaßnahme auch verursacht hat. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der erforderliche Ursachenzusammenhang durch eine rechtsfehlerhafte Sachbehandlung seitens der Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte unterbrochen sein kann (s. auch [X.], Urteil vom 14. Februar 1995 - 1 [X.], [X.]R [X.] § 5 Abs. 2 Satz 1 Ursächlichkeit 2; Beschluss vom 1. September 1998 - 4 [X.], aaO). Eine derartige Unterbrechung tritt jedenfalls dann ein, wenn der Rechtsfehler zum Zeitpunkt der Anordnung oder Aufrechterhaltung der Maßnahme bei sorgfältiger Prüfung ohne weiteres erkennbar war (zu diesem Prüfungsmaßstab s. KG, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 4 Ws 48/11, [X.], 30, 31; [X.] [X.]/[X.], § 5 [X.] Rn. 10 f.; [X.]/[X.], aaO Rn. 7).

6

So liegt es hier. Schon bei [X.] fehlte es - wie im Beschluss vom 21. Dezember 2016 unter II. 1. b) dargelegt - an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrages; zudem war es ausgeschlossen, einen solchen noch einzuholen. Beides hätte eine sorgfältige Prüfung zweifelsfrei ergeben. Das [X.] hat indes bei der Beurteilung der [X.] augenscheinlich übersehen, dass die Regelung des § 77 Abs. 2 StGB auf das [X.] nach § 247 StGB nicht anwendbar ist, und sich dementsprechend mit einem originären Antragsrecht der Strafantragsteller erst gar nicht befasst. Weitere Tatvorwürfe gegen die Angeklagte waren weder angeklagt noch Gegenstand des Haftbefehls.

7

b) Auch ist die Entschädigung auf Grund der vorbenannten Erwägungen nicht nach der - gegenüber § 5 Abs. 2 [X.] nachrangigen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Dezember 1979 - 3 StR 396/79, aaO [X.] ff.) - Ermessensvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu versagen, die inhaltlich der Kostenregelung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 [X.] nachgebildet ist (s. hierzu Beschluss vom 21. Dezember 2016 unter [X.] 1.).

[X.]   

        

Ri[X.] Dr. Schäfer befindet sich
im Urlaub und ist daher gehindert
zu unterschreiben.

        

[X.]

                 

[X.]

                 
        

Berg   

        

   Hoch   

        

Meta

3 StR 453/16

25.04.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 21. Dezember 2016, Az: 3 StR 453/16, Beschluss

§ 5 Abs 2 S 1 StrEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.04.2017, Az. 3 StR 453/16 (REWIS RS 2017, 12132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12132


Verfahrensgang

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Az. 3 StR 453/16

Bundesgerichtshof, 3 StR 453/16, 25.04.2017.

Bundesgerichtshof, 3 StR 453/16, 21.12.2016.


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