Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2004, Az. VII ZR 167/02

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 174

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. Dezember 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 648 a a.F. Der Besteller verliert sein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber einer Abschlags-forderung des Unternehmers nicht, wenn er die nach § 648 a BGB geforderte [X.] nicht stellt (im Anschluß an [X.], Urteil vom 22. Januar 2004 - [X.], [X.] 157, 335). [X.], Urteil vom 16. Dezember 2004 - [X.] - OLG Stuttgart

LG Stuttgart

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2004 durch [X.] und [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 26. März 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.]. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Beklagte beauftragte die Klägerin im Mai 1994 mit Bauarbeiten zum Pauschalpreis von 1.900.000 DM netto; die VOB/B war vereinbart. Nach [X.] der Arbeiten erstellte die Klägerin im März 1997 ihre Schlußrechnung. Zu einer Abnahme kam es wegen Mängeln nicht. Die Klägerin hat restlichen Werklohn, hilfsweise Abschlagszahlung in Höhe von 993.565,24 DM geltend gemacht. Sie hat im April 2001 in dieser Hö-he Sicherheit gemäß § 648 a BGB gefordert, die der Beklagte nicht geleistet hat. Das [X.] hat die [X.] mangels Abnahme als nicht fällig abgewiesen; es hat nach Beweisaufnahme eine Abschlagsforderung in Höhe - 3 - von 703.055,23 DM errechnet und der Klägerin nach Abzug von [X.] 455.955,23 DM zugesprochen. Die Berufung des Beklagten, der ein Leistungsverweigerungsrecht wegen höherer Mängelbeseitigungskosten und wegen weiterer Mängel geltend macht, ist ohne Erfolg geblieben. Das Be-rufungsgericht hat zur Klärung der Frage, ob sich der Beklagte wegen des [X.] der Klägerin gemäß § 648 a BGB seinerseits noch auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln berufen könne, die Revision zugelassen. Der Beklagte verfolgt mit seiner Revision sein Klageabweisungs-begehren weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). [X.] Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein fälliger Anspruch auf Abschlag in der vom [X.] ausgeurteilten Höhe zu, weil der Beklagte keine Sicherheit geleistet habe und damit sein Zurückbehaltungsrecht entfallen sei. Eine Gegenforderung aus der Haftung wegen des Gefälles der Tiefgarage bestehe nicht. - 4 - I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. 1. Das Berufungsgericht hat zutreffend das Verlangen der Klägerin nach Sicherheit gemäß § 648 a BGB durch Bezugnahme auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil für wirksam erachtet. Die Revision rügt zu Unrecht, die Klägerin habe nicht wirksam Sicherheit verlangt, da sie ihr Verlangen erst Jahre nach Beginn des Rechtsstreits, [X.] diverser Mängel und ihrer Erklärung, zur Vornahme der erforderlichen Mangelbeseitigung nicht bereit zu sein, gestellt habe. Die Klägerin hat die Nachbesserung nicht grundsätzlich verweigert, sondern sich auf ihr Leistungs-verweigerungsrecht im Hinblick auf die nicht erbrachte Sicherheit gemäß § 648 a BGB berufen. Die Revision zeigt keinen Vortrag der Parteien auf, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte. 2. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des [X.], die Klägerin könne ihre Abschlagsforderung ohne Rücksicht auf Mängel geltend machen, weil der Beklagte keine Sicherheit gestellt habe. Diese Auffassung läßt sich mit § 648 a BGB nicht vereinbaren. a) Der [X.] hat in mehreren Entscheidungen, die nach Verkündung des Berufungsurteils ergangen sind, ausgeführt, der Gesetzgeber habe dem Unternehmer keinen Anspruch auf Sicherheit verschafft ([X.], Urteil vom 22. Januar 2004 - [X.], [X.] 157, 335 = [X.], 826 = [X.] 2004, 365 = NZBau 2004, 259; Urteil vom 22. Januar 2004 - [X.] ZR 267/02, [X.], 834 = NZBau 2004, 264; Urteil vom 22. Januar 2004 - [X.] ZR 68/03, [X.], 830 = NZBau 2004, 261). Vielmehr hat der [X.] 5 - geber ihm lediglich die Möglichkeit eingeräumt, die Leistung zu verweigern, wenn die zu Recht beanspruchte Sicherheit nicht gestellt wird. Außerdem hat der Unternehmer das Recht, dem Besteller zur Nachholung der Sicherheitslei-stung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, daß er den [X.] kündige, wenn die Sicherheit nicht bis zum Ablauf der Frist gestellt werde, § 648 a Abs. 5 Satz 1, § 643 Satz 1 BGB. Nach Ablauf dieser Frist gilt der [X.] als aufgehoben, § 643 Satz 2 BGB. Damit hat der Gesetzgeber dem Un-ternehmer eine Möglichkeit verschafft, sich von dem Vertrag mit der Wirkung zu lösen, daß er die bis zur Aufhebung des Vertrages noch nicht erbrachten Lei-stungen nicht mehr erbringen muß. Auf diese Weise erhält der Unternehmer auch die Berechtigung, die Werkleistung abschließend abzurechnen. So wird der Schwebezustand aufgelöst, der dadurch entsteht, daß der Unternehmer einerseits die weitere Leistung mangels Sicherheit nicht erbringen muß, ande-rerseits dann aber auch die Voraussetzungen für die Abnahme des Werkes und damit die Fälligkeit der Schlußvergütung nicht schafft. Der Gesetzgeber hat für den Fall, daß der Unternehmer die Vertragsaufhebung wählt, die Rechtsfolgen dahin geregelt, daß dem Unternehmer nur der Vergütungsanspruch nach [X.] des § 645 Abs. 1 BGB zusteht und der Anspruch auf Ersatz des Vertrau-ensschadens nach Maßgabe des § 648 a Abs. 5 BGB. Hat die bis zur Aufhebung des Vertrages erbrachte Leistung Mängel, so ist jedenfalls dann § 645 Abs. 1 BGB anzuwenden, wenn diese Mängel bereits gerügt waren und der Unternehmer die Beseitigung der Mängel von einer [X.]sleistung abhängig gemacht hat. Denn der Unternehmer hat dann zu erkennen gegeben, daß er nicht bereit ist, die Mängelbeseitigung ohne Sicher-heitsleistung vorzunehmen. Das bedeutet, daß der Vergütungsanspruch um den infolge des Mangels entstandenen Minderwert zu kürzen ist. Sofern die Mängelbeseitigung möglich ist und nicht wegen unverhältnismäßig hoher Ko-sten verweigert werden kann, ist die Vergütung regelmäßig um die Kosten zu - 6 - kürzen, die notwendig sind, den Mangel beseitigen zu lassen, sonst um den Minderwert des Bauwerks ([X.], Urteil vom 22. Januar 2004 - [X.], [X.] 157, 335). b) Wählt ein Unternehmer die Möglichkeit der Vertragsaufhebung nicht, kann er zwar eine fällige Abschlagszahlung verlangen. Der Besteller kann sich jedoch dieser Forderung gegenüber auf ein Leistungsverweigerungsrecht we-gen Mängeln berufen, auch wenn er eine Sicherheit nach § 648a BGB nicht geleistet hat. Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] kann der Besteller gegenüber einer Abschlagsforderung ein Leistungsverweige-rungsrecht wegen Mängeln geltend machen, dessen Bemessung sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet ([X.], Urteil vom 21. Dezember 1978 - [X.] ZR 269/77, [X.] 73, 140, 143; Urteil vom 9. Juli 1981 - [X.] ZR 40/80, [X.] 1981, 577 = [X.] 1981, 265; Urteil vom 25. Oktober 1990 - [X.] ZR 201/89, [X.], 81 = [X.] 1991, 67). Dabei kann gegebenenfalls berücksichtigt werden, daß der Besteller keine Sicherheit stellt. Wählt dagegen der Unternehmer die Vertragsaufhebung und hat er seine Leistung nicht mangelfrei erbracht, so ist sein Vergütungsanspruch um den in-folge des Mangels entstandenen Minderwert zu kürzen. 3. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsurteil keinen Bestand, soweit das Berufungsgericht der Klägerin den ausgeurteilten Betrag ungeachtet der Mängelrügen des Beklagten zugesprochen hat. a) Das Berufungsgericht muß den Parteien Gelegenheit geben, sich auf die dargestellte, im Rechtsstreit bisher nicht erwogene Rechtslage einzustellen. Es wird unabhängig von dem weiteren Verhalten der Parteien auch zu klären haben, ob die behaupteten Mängel vorliegen und die vom [X.] festge-stellten Mangelbeseitigungskosten zutreffen. Stellt sich in der neuen Verhand-- 7 - lung heraus, daß das [X.] die Mängelbeseitigungskosten zutreffend er-mittelt hat und weitere Mängel nicht vorliegen, so kann die Klägerin den ausge-urteilten Betrag verlangen. Ihr Sicherheitsbegehren ist dann ohnehin irrelevant, weil keine weiteren Leistungen zu erbringen sind. b) Anderenfalls ist nach dem jetzigen Sachstand zu berücksichtigen, daß die Klägerin noch keine Nachfrist gesetzt hat. Sie kann die noch offene [X.] geltend machen. Das Leistungsverweigerungsrecht der [X.] ist zu berücksichtigen. Nach dem in der Revision zu unterstellenden Sachverhalt erreichen bereits die einfachen Mängelbeseitigungskosten den noch offenen Werklohn. Danach hätte eine Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung zu erfolgen. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob die [X.] hinsichtlich der anerkannten Mängel zutreffend berechnet worden sind. Soweit sich ein höherer Betrag ergibt, steht dem Beklagten ein Leistungsver-weigerungsrecht zu. Die Höhe dieses Leistungsverweigerungsrechts kann im Hinblick darauf, daß bereits ein rechtskräftig entschiedener Abzug für die Män-gel vom Werklohn stattgefunden hat, nicht über die Kosten der [X.] für die betreffenden Mängel hinausgehen. Das Berufungsgericht wird weiter zu klären haben, inwieweit die [X.] zusätzlichen Mängel bestehen und in welcher Höhe sie ein Leistungsver-weigerungsrecht begründen. [X.] die Klägerin auf einer vorherigen Absicherung ihrer Forderung, so kann sie nur den sich aus § 645 Abs. 1 BGB ergebenden, geminderten [X.] geltend machen. Eine Nachfrist ist entbehrlich, wenn der [X.], wie bisher, die Sicherheitsleistung verweigert. Die Klägerin kann dann erklären, daß sie im Hinblick auf die verweigerte Sicherheitsleistung die Män-- 8 - gelbeseitigung ablehne, so daß der Erfüllungsanspruch des Beklagten [X.]. c) Das Berufungsgericht wird seine Feststellungen, eine Haftung der Klägerin wegen des zu geringen Gefälles der Tiefgarage bestehe nicht, ver-deutlichen müssen. Sofern es lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten ausschließen will, gelten die vorstehenden Hinweise entsprechend. Soweit es einen aufrechenbaren Gegenspruch für möglich, aber nicht für [X.] erachtet, fehlen jedwede Feststellungen zur Anspruchsgrundlage. Die Begründung, die Klägerin treffe wegen der Anordnung des Architekten kein Verschulden, trägt nicht. Die Anordnung des Architekten befreit sie nicht von ihrer Pflicht, auf Bedenken hinzuweisen (§ 4 Nr. 3 VOB/B). Dressler [X.] Kuffer

[X.]

[X.]

Meta

VII ZR 167/02

16.12.2004

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2004, Az. VII ZR 167/02 (REWIS RS 2004, 174)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 174

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